C
Chapineaú
Guest
Jaja, ich gebe es ja zu - Traditionsverein klingt ziemlich hochgestochen. Und zu wichtig. Vermutlich kennen 90 % der Fanlageruser diesen Verein nicht mal namentlich. Aber hier im Norden, an der westküste Schleswig Holsteins, doch, da ist (oder war...) der ISV schon eine Art Traditionsverein.
Anno 1979 habe ich hier meine ersten Stadionerfahrungen gemacht. Es war in der damaligen Oberliga Nord, in der der ISV über Jahre hinweg eine feste Größe war. Ich war auch ziemlich irritiert, als auf dem Lehmwohl - dem Stadion des ISV - eine Horde brüllender Fans über die Bande sprang, minutenlang auf dem Spielfeld umhertanzte, eine St. Pauli Fahne im Anstosskreis ausbreitete und "Absteiger, Absteiger" gröhlte - wusste ich doch selbst in meinem zarten Alter schon, dass St. Pauli selbst noch zwei Jahre zuvor in der Bundesliga spielte...Naja. Mit der Einführung der eingleisigen zweiten Bundesliga in der Saison 81/82 war dann auch wirklich Schluß mit der Oberliga Nord. Der ISV stieg ab in die Verbandsliga...
...und träumte jahrelang davon, wieder in die Oberliga Nord zurückzukehren. In den Spielzeiten 84/85 und 85/86 war man wirklich dicht davor. Man wurde zwei mal Meister der Verbandsliga Schleswig Holstein, scheiterte aber jeweils knapp in der Aufstiegsrunde. Zumindest für mich bleibt ein Ligaspiel aus der Zeit gegen Kilia Kiel vor 4.000 Zuschauern bei strömendem Regen unvergessen. 4.000 Zuschauer. Das wäre damals durchaus ein respektabler Besuch für ein Zweitligaspiel gewesen.
In den nächsten 20 Jahren passiert wenig bemerkenswertes. Der ISV spielte meistens in der Verbandsliga und auch für einige Jahre in der damaligen Oberliga Hamburg / Schleswig Holstein. Große Perspektiven gab es genausowenig wie große Sorgen. Jedenfalls schien es so. Man war ein Establishment in der Region, für mehr reicht es halt nicht.
Bis vor einem Jahr. Man hatte definitiv die beste Mannschaft der letzten 20 Jahre beisammen. Und erstmals seit eben 1986 wurde man Meister der Verbandsliga. Durchaus verdient, die Truppe zeigte Spielkultur und Spielfreude. Endlich, Itzehoe schafft den Sprung zurück in die Oberliga Nord...es sollte wieder gegen Meppen, Wilhelmshaven und Neumünster gehen - und nicht mehr gegen Todesfelde oder Moisling.....
Denkste
Der Vorstand des ISV entschied, dass man auf den Aufstieg verzichtet....Die Reisekosten wären zu hoch, die Oberliga sei ein unkalkulierbares Risiko. Zugegeben, die Zuschauerzahlen waren stark rückläufig. In jener Saison kam der ISV gerade mal auf einen Zuschauerschnitt von 261. Aber das Potential der Mannschaft war vorhanden. Die Zuschauer hier vor Ort sind auch gewiss wieder für den ISv zu begeistern - oder nicht? Wir werden es nie erfahren. Es kam wie es kommen musste. Die Mannschaft zerfiel nachdem bekannt wurde, dass man nicht aufsteigen durfte. Und diejenigen, die blieben, hatten auf einmal alles - aber Lust zum Fussballspielen wohl nicht mehr. Man durfte nicht aufsteigen, weil es der eigene Vorstand nicht wollte...Wie holt man ambitionierte Spieler der Region? Mit Aussagen wie : Wir versuchen hier was aufzubauen - und wenn es gelingt, keine Angst, steigen wir nicht auf - ihr braucht dann nicht gegen Meppen zu verlieren, ihr schlagt dann weiterhin Todesfelde...? Wohl kaum...
Natürlich holte man somit auch keinerlei gute Neuverpflichtungen. Dem Verein liefen die Spieler weg, die zweite Mannschaft musste vom Spielbetrieb abgemeldet werden.
Die erste Mannschaft steht nun, kurz vor Saisonende, so gut wie als Absteiger fest. Der amtierende Meister der Verbandsliga wird direkt durchgereicht in die Bezirksoberliga. Man entkommt Moisling und Todesfelde - und tauscht sie gegen Vaale und Tellingstedt. Der Zuschauerschnitt ist nochmal um etwa 100 auf 165 gesunken.
Nun müsste man meinen, zumindest bei DIESEN treuesten aller treuen Zuschauern vor Ort würde sich der Verein bedanken. Nö. Nicht "mein" ISV....Seit etwa einem Jahr leistet man sich einen extrem schlechten Möchtegerncomedian als Stadionsprecher. OK, über Geschmack lässt sich (nicht) streiten und vielleicht findet jemand Sprüche wie "„Ich habe eben einen Anruf aus Wilster bekommen.
Die beschweren sich dort, weil man das Lehmwohldstadion nicht mehr hören kann.“ " oder "„An dieser Stelle möchte ich noch ein paar Geburtstagsgrüsse nach England schicken. Die Queen feierte ihren 140.Geburtstag. Was für ein Alter. Ach was sag` ich, die Frau hat die Pyramiden mit aufgebaut.“" lustig - ich nicht. Aber darum soll es auch nicht vorrangig gehen. Dieser Stadionsprecher, mit eigener Kolumne auf der HP des Vereins ( www.isv09.de) zetert Woche für Woche über die "Tribünen Trainer" los, weil sich einige zahlende Zuschauer doch tatsächlich noch die Freiheit rausnehmen, das Spiel der Mannschaft zu kritisieren...Na ja, so wird man denn wohl auch die letzten der treuen Zuschauer los.
Übrigens, 200 Meter vom Lehmwohlstadion entfernt, steht die Lehmwohldhalle. Dort spielt der MTV Itzehoe (mittlerweile als "Eagles Itzehoe") Basketball. Vergangene Saison in der 2. Regionalliga, nächste Saison in der 1. Regionalliga. die Basketballer hatten um die 500 Zuschauer im Schnitt. Im entscheidenden Spiel um den Aufstieg musste trotz Behelfstribünen 100 Leuten der Zutritt verwehrt werden, um die 1.000 Leute waren in der Halle. Es gibt sie also noch, die Sportbegeisterung in Itzehoe. Nur hat sie sich verlagert. Mich wundert es nicht. Ein besonderes Armutszeugnis gab es am Wochenende im Gästebuch des Vereins. Dort kritisiert jemand die Mannschaft (die gerade mal wieder 0:5 untergegangen war), und wird dafür vom Admin der HP mit REALEN bürgerlichen Namen angemahnt...Nee, also mein ISV ist das nicht mehr. Bin ich ein Erfolgsfan, weil ich mir gewünscht hätte, dass man die sportliche Chance nutzt und das Wagnis Oberliga eingeht? Vielleicht. Aber muss man sich als Fan auch noch das Recht auf Meinungsäusserung absprechen lassen und sich von einem, wie ich finde, wirklich extrem unkomischen "Comedian" sein Wort verbieten lassen? Ich denke nicht. In den letzten Jahren war ich nur noch selten im Stadion, aber in meiner Kindheit und Jugend immer - über viele Jahre hinweg. Und auch in den 90ern noch, als es alles ziemlich grau und durchschnittlich war. Warum? Weil es "mein" lokaler Verein war.
Er ist es nicht mehr.
Anno 1979 habe ich hier meine ersten Stadionerfahrungen gemacht. Es war in der damaligen Oberliga Nord, in der der ISV über Jahre hinweg eine feste Größe war. Ich war auch ziemlich irritiert, als auf dem Lehmwohl - dem Stadion des ISV - eine Horde brüllender Fans über die Bande sprang, minutenlang auf dem Spielfeld umhertanzte, eine St. Pauli Fahne im Anstosskreis ausbreitete und "Absteiger, Absteiger" gröhlte - wusste ich doch selbst in meinem zarten Alter schon, dass St. Pauli selbst noch zwei Jahre zuvor in der Bundesliga spielte...Naja. Mit der Einführung der eingleisigen zweiten Bundesliga in der Saison 81/82 war dann auch wirklich Schluß mit der Oberliga Nord. Der ISV stieg ab in die Verbandsliga...
...und träumte jahrelang davon, wieder in die Oberliga Nord zurückzukehren. In den Spielzeiten 84/85 und 85/86 war man wirklich dicht davor. Man wurde zwei mal Meister der Verbandsliga Schleswig Holstein, scheiterte aber jeweils knapp in der Aufstiegsrunde. Zumindest für mich bleibt ein Ligaspiel aus der Zeit gegen Kilia Kiel vor 4.000 Zuschauern bei strömendem Regen unvergessen. 4.000 Zuschauer. Das wäre damals durchaus ein respektabler Besuch für ein Zweitligaspiel gewesen.
In den nächsten 20 Jahren passiert wenig bemerkenswertes. Der ISV spielte meistens in der Verbandsliga und auch für einige Jahre in der damaligen Oberliga Hamburg / Schleswig Holstein. Große Perspektiven gab es genausowenig wie große Sorgen. Jedenfalls schien es so. Man war ein Establishment in der Region, für mehr reicht es halt nicht.
Bis vor einem Jahr. Man hatte definitiv die beste Mannschaft der letzten 20 Jahre beisammen. Und erstmals seit eben 1986 wurde man Meister der Verbandsliga. Durchaus verdient, die Truppe zeigte Spielkultur und Spielfreude. Endlich, Itzehoe schafft den Sprung zurück in die Oberliga Nord...es sollte wieder gegen Meppen, Wilhelmshaven und Neumünster gehen - und nicht mehr gegen Todesfelde oder Moisling.....
Denkste
Der Vorstand des ISV entschied, dass man auf den Aufstieg verzichtet....Die Reisekosten wären zu hoch, die Oberliga sei ein unkalkulierbares Risiko. Zugegeben, die Zuschauerzahlen waren stark rückläufig. In jener Saison kam der ISV gerade mal auf einen Zuschauerschnitt von 261. Aber das Potential der Mannschaft war vorhanden. Die Zuschauer hier vor Ort sind auch gewiss wieder für den ISv zu begeistern - oder nicht? Wir werden es nie erfahren. Es kam wie es kommen musste. Die Mannschaft zerfiel nachdem bekannt wurde, dass man nicht aufsteigen durfte. Und diejenigen, die blieben, hatten auf einmal alles - aber Lust zum Fussballspielen wohl nicht mehr. Man durfte nicht aufsteigen, weil es der eigene Vorstand nicht wollte...Wie holt man ambitionierte Spieler der Region? Mit Aussagen wie : Wir versuchen hier was aufzubauen - und wenn es gelingt, keine Angst, steigen wir nicht auf - ihr braucht dann nicht gegen Meppen zu verlieren, ihr schlagt dann weiterhin Todesfelde...? Wohl kaum...
Natürlich holte man somit auch keinerlei gute Neuverpflichtungen. Dem Verein liefen die Spieler weg, die zweite Mannschaft musste vom Spielbetrieb abgemeldet werden.
Die erste Mannschaft steht nun, kurz vor Saisonende, so gut wie als Absteiger fest. Der amtierende Meister der Verbandsliga wird direkt durchgereicht in die Bezirksoberliga. Man entkommt Moisling und Todesfelde - und tauscht sie gegen Vaale und Tellingstedt. Der Zuschauerschnitt ist nochmal um etwa 100 auf 165 gesunken.
Nun müsste man meinen, zumindest bei DIESEN treuesten aller treuen Zuschauern vor Ort würde sich der Verein bedanken. Nö. Nicht "mein" ISV....Seit etwa einem Jahr leistet man sich einen extrem schlechten Möchtegerncomedian als Stadionsprecher. OK, über Geschmack lässt sich (nicht) streiten und vielleicht findet jemand Sprüche wie "„Ich habe eben einen Anruf aus Wilster bekommen.
Die beschweren sich dort, weil man das Lehmwohldstadion nicht mehr hören kann.“ " oder "„An dieser Stelle möchte ich noch ein paar Geburtstagsgrüsse nach England schicken. Die Queen feierte ihren 140.Geburtstag. Was für ein Alter. Ach was sag` ich, die Frau hat die Pyramiden mit aufgebaut.“" lustig - ich nicht. Aber darum soll es auch nicht vorrangig gehen. Dieser Stadionsprecher, mit eigener Kolumne auf der HP des Vereins ( www.isv09.de) zetert Woche für Woche über die "Tribünen Trainer" los, weil sich einige zahlende Zuschauer doch tatsächlich noch die Freiheit rausnehmen, das Spiel der Mannschaft zu kritisieren...Na ja, so wird man denn wohl auch die letzten der treuen Zuschauer los.
Übrigens, 200 Meter vom Lehmwohlstadion entfernt, steht die Lehmwohldhalle. Dort spielt der MTV Itzehoe (mittlerweile als "Eagles Itzehoe") Basketball. Vergangene Saison in der 2. Regionalliga, nächste Saison in der 1. Regionalliga. die Basketballer hatten um die 500 Zuschauer im Schnitt. Im entscheidenden Spiel um den Aufstieg musste trotz Behelfstribünen 100 Leuten der Zutritt verwehrt werden, um die 1.000 Leute waren in der Halle. Es gibt sie also noch, die Sportbegeisterung in Itzehoe. Nur hat sie sich verlagert. Mich wundert es nicht. Ein besonderes Armutszeugnis gab es am Wochenende im Gästebuch des Vereins. Dort kritisiert jemand die Mannschaft (die gerade mal wieder 0:5 untergegangen war), und wird dafür vom Admin der HP mit REALEN bürgerlichen Namen angemahnt...Nee, also mein ISV ist das nicht mehr. Bin ich ein Erfolgsfan, weil ich mir gewünscht hätte, dass man die sportliche Chance nutzt und das Wagnis Oberliga eingeht? Vielleicht. Aber muss man sich als Fan auch noch das Recht auf Meinungsäusserung absprechen lassen und sich von einem, wie ich finde, wirklich extrem unkomischen "Comedian" sein Wort verbieten lassen? Ich denke nicht. In den letzten Jahren war ich nur noch selten im Stadion, aber in meiner Kindheit und Jugend immer - über viele Jahre hinweg. Und auch in den 90ern noch, als es alles ziemlich grau und durchschnittlich war. Warum? Weil es "mein" lokaler Verein war.
Er ist es nicht mehr.