Nachdem der Sky-Chefkommentator am vergangenen Samstag schon angegriffen wurde, folgten am Dienstag neue Drohungen. Da hätte er gar Angst um sein Leben gehabt, hätte nicht eine Glasscheibe ihn von den Fans getrennt.
Es sind überraschend deutliche Worte, die Marcel Reif am Dienstag in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt wählte. Rückblick: Wie mehrfach berichtet, wurde der 65-Jährige Chefkommentator des Bezahlsenders Sky am Samstag vor dem Dortmunder Stadion auf dem Weg zur Arbeit von Fans belagert und bedroht. Die Meute schlug auf sein Auto ein, beschimpfte den Sportjournalisten. Noch am Wochenende sagte Reif, er sei solche Anfeindungen gewohnt. Anders reagierte sein Arbeitgeber. Sky-Sportchef Burkhard Weber sah die Grenze längst überschritten.
Am Dienstagabend nun war Reif für Sky beim Pokalspiel des BVB in Dresden im Einsatz – und wurde vor der Partie mit Bier überschüttet. Diese Aktion veranlasste auch den erfahrenen Fußball-Kommentator zum Umdenken. „Es hat sich etwas hochgeschaukelt, was jetzt bedrohliche Formen angenommen hat. Es geilen sich Leute daran auf, Macht auszuüben“, sagte er am Tag danach gegenüber der Zeitung Die Welt. Reif spricht offen darüber, dass er Angst um Leib und Leben gehabt hätte, wäre in Dresden nicht eine Glasscheibe zwischen ihm und den Anhängern gewesen. „Was ist, wenn mal einer dieser Verwirrten glaubt, er tut seinem Verein etwas Gutes, wenn er das Ganze noch ein bisschen mehr eskalieren lässt und einen meiner Kollegen oder mich körperlich attackiert?“ In Dresden seien es hasserfüllte Fratzen gewesen, spuckend und geifernd, die er gesehen habe. „Solchen Hass habe ich ehrlich gesagt zuvor noch nicht erlebt.“
Nach diesem Erlebnis sage auch er ganz offen: Jetzt ist Schluss, jetzt muss etwas getan werden. Die Anfeindungen kämen hauptsächlich von Anhängern des BVB – und da sei es wenig hilfreich, wenn auch Jürgen Klopp, der Trainer der Gelb-Schwarzen, wenig erwärmende Worte für Reif findet. Die Klubverantwortlichen sollten sich endlich mal positionieren, sagt der Chefkommentator von Sky. „Stattdessen höre ich von Jürgen Klopp Sätze wie "Der Reif findet in seinem Leben sowieso nichts mehr witzig", weil ich diesen Batman-und-Robin-Jubel von Aubameyang und Reus nicht toll fand. Das befeuert Entwicklungen, die ohnehin in die falsche Richtung gehen.“ Von den Krawall-Machern möchte sich Reif zwar nicht diktieren lassen, wann er das Mikro an den Nagel hängt, zur Zeit aber gehe er mit einem äußerst unguten Gefühl zur Arbeit.
Mit seinen beiden Söhnen, 11 und 14 Jahre alt, werde er kein Stadion mehr besuchen, meinte Reif. Sky hat ihn in eineinhalb Wochen wieder für eine Begegnung der Dortmunder Borussen eingeteilt – im Signal Iduna Park kommentiert er dann das Samstag-Abend-Spiel gegen den 1. FC Köln. „Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich mich derzeit schon frage, wie ich sicher ins Stadion komme. Es gibt keinen anderen Weg zu meinem Arbeitsplatz als den, den ich am vergangenen Samstag genommen habe, als die Idioten an meinem Auto gerüttelt und mir gedroht haben.“ Sein Sender habe die Bundesliga-Rechte gekauft und da gebe es gewisse Regularien. „Ich denke darüber nach, Borussia Dortmund aufzufordern, dafür zu sorgen, dass ich sicher zur Arbeit komme.“
Am Mittwochabend ist Marcel Reif ab 23.15 Uhr zu Gast im «Sportschau-Club» ► im Ersten.
quelle: quotenmeter.de