Teil 1 – Saisonbilanz, Spielweise, Taktik:
Die allgemeine Saisonbilanz:
6. Platz, 55 Punkte, 59:43 Tore, Qualifikation zur Euro-League – 3. der Heimtabelle mit 36 Punkten und 9. der Auswärtstabelle mit 19 Punkten – das alles sind die nackten Zahlen, Daten und Fakten zum Ende der Saison für die Borussia.
Ich bin mir sicher, mehr als 90% der Fans hätten dieses Ergebnis vor der Saison blind unterschrieben und wären hochzufrieden gewesen, einschließlich mir. Und realistisch betrachtet entspricht es auch genau dem, was ein Verein wie Borussia Mönchengladbach aktuell wohl leisten und erreichen kann. Denn die 5 Vereine, Bayern, BVB, Schalke, Bayer und VW sind nun einmal finanziell seit Jahren in ganz anderen Dimensionen zuhause und haben sowohl was Gehälter, als auch Ablösesummen für Neuzugängen betrifft einfach ganz andere Möglichkeiten als die Borussia.
Und doch bleibt da ein wenig Wehmut im Rückblick der Saison, denn es gab dieses Jahr diese kleine Chance, in die Phalanx der Top-Vereine einzudringen und unter den ersten 4 zu landen. Und für einen Verein wie die Borussia bieten sich solche Chancen eben nicht so oft und wenn muss sie sie nutzen, wenn sie den Abstand zu den Großen verringern und zum Rest vergrößern will.
Klar, auf dem Papier fehlen 6 Punkte, das ist am Ende aber deutlicher als es wirklich war. In der Hinrunde Platz 3 mit 33 Punkten, das war top und eine Superbasis. Und doch war für mich der 17. Spieltag der Beginn des Scheiterns im Hinblick auf Platz 4. Unnötigerweise verspielte man gegen Wolfsburg zuhause kurz vor Schluß den Sieg trotz großer Chancen zum 3:1. Und damit eben auch den Nimbus der 8 Heimsiege in Folge. In der Rückrunde kamen dann nur noch 3 weitere dazu….
Leider wurde diese tolle Ausgangsposition an den ersten 7 Spieltagen der Rückrunde weiter verschenkt. Nicht mit der Niederlage gegen Bayern, vielleicht auch nicht mit der in Hannover, einem der 3 schwächsten Spiele der Saison, viel eher mit den 5 Spielen danach. Schon gegen Bayer war die Niederlage überflüssig, danach vergab Gladbach 3 mögliche Siege gegen Bremen, Hoffenheim und Braunschweig, jeweils nach Führung, gegen Hoffe sogar 2:0, jeweils durch grausame individuelle Fehler, zweimal in den letzten 5 Minuten und in Braunschweig wurde dann noch ein glasklares Tor nicht anerkannt. Danach fing sich die Mannschaft, hatte aber trotzdem noch drei richtig schwache Auftritte, in Freiburg, in Frankfurt, sowie gegen den VfB. Die Heimniederlage gegen Augsburg war auch völlig unnötig, das Spiel muss nach 30 Minuten 3.0 stehen. Das letzte Spiel in Wolfsburg war auch schwach, bekommt aber mildernde Umstände, weil da die EL-Quali sicher war. Nimmt man diese Spiele zusammen, wird deutlich, dass 6-8 Punkte mehr möglich gewesen wären und teils leichtfertig verschenkt wurden. Und mit diesen wäre Platz 4 absolut machbar gewesen.
Insgesamt war es höchstens eine durchschnittliche Rückrunde mit 22 Punkten.
Die detailliertere Analyse – Spielweise und Spieltaktik:
Woran lag es also, was haben Spieler, Mannschaft und Trainer richtig, was falsch gemacht, was lief gut, was weniger gut, wo muss die Mannschaft sich verbessern ?
Zunächst einmal zeigte sich schon in der Vorbereitung, dass Favre das Spielsystem des Teams umstellen wollte, eindeutig zu einem eher ballbesitzorientierten Fussball, der Dominanz ausstrahlt und zu höherer Flexibilität und Variabilität im Angriff und der Offensive. Darauf zielten auch die Neuzugänge Kruse, Raffael und Kramer ab, 3 Volltreffer, wie sich herausstellen sollte. Insgesamt spielte Gladbach zum einen höher als im letzten Jahr, zum anderen aber auch deutlich ballbesitzorientierter.
Ziel von Favres Spielidee war nicht – wie in der Fabelsaison 11/12 – die absolute Kompaktheit im Mittelfeld, gepaart mit überfallartigen Kontern bei Balleroberung mit den beiden pfeilschnellen Reus und Herrmann über den genialen Passgeber Arango und den Wandspieler Hanke, sondern ein eher geduldiges, manchmal langweilig anzuschauendes aber hochkonzentriertes Passspiel, bei dem der Gegner viel laufen muss und dann, sobald sich eine Lücke bietet, blitzschnell umgeschaltet und mit schnellen Kombinationen oder Pässen in die Tiefe operiert wird.
Im Gegensatz zu der Meinung mancher agierte Borussia eben nicht als Kontermannschaft, sondern über Ballbesitz und – kontrolle. Das Zauberwort Favres hierbei war und ist Geduld, Geduld, Geduld und nochmals Geduld – warten können, sicher spielen, bis der Gegner eben diese Geduld verliert und Fehler macht und Lücken anbietet. Grundvoraussetzung für diese Taktik ist eine hohe Ballsicherheit aller Mittelfeldspieler und Stürmer, viel Laufaufwand, hohe technische Fertigkeiten bei der Ballan-, mit- und weiternahme und ein hohes Maß an Spielintelligenz. Zudem ständige Rochaden des offensiven Quartetts. Deswegen hatte auch Luuk de Jong keinen Platz mehr in diesem System, zumal Favre sowieso kein großer Freund von Flanken von außen ist, da diese sich seiner Meinung nach leicht verteidigen lassen.
Der Erfolg dieser neuen Taktik stellte sich nicht sofort ein, vor allem auswärts fehlte es zu Beginn der Saison an Effizienz und Durchschlagskraft , zuhause ermöglichte es auch der Spielplan ein wenig, dass die Spiele alle, teils auch glücklich wie gegen Nürnberg und vor allem Dortmund gewonnen wurden. Meist gelang der Borussia das erste Tor und danach lief der Gegner zumeist in die Taktikfalle, weil er mehr riskieren musste. Auswärts dagegen, ich denke da vor allem an die Spiele in Hoffenheim, Augsburg und Berlin, aber auch in Leverkusen, bei denen die Mannschaft gut spielte, aber nichts zählbares erzielte, fehlte oft das Quäntchen Glück und auch die optimale Chancenverwertung. Mit dem Sieg in Hamburg änderte sich dies.
Natürlich waren Raffael, Arango, Herrmann und Kruse die Schlüsselspieler für den Erfolg der Hinrunde, ja der gesamten Saison, mindestens einer dieser 4 war an fast 90% der erzielten Tore beteiligt. Und doch gab es noch einen weiteren Faktor, der ganz entscheidend war, das Duo auf der 6, Kramer und Xhaka, die sich beide hervorragend ergänzten, die Rennmaschine Kramer mit dem taktischen Gespür und sehr guter Zweikampfführung und der Antreiber und Ballverteiler Xhaka, der in der Hinrunde glänzend spielte, oft weniger bemerkt, aber eben der Taktgeber war, der das Tempo bestimmte, das Spiel führte und an sich riss, sich oft zwischen die IV fallen ließ und von dort als Art Spielmacher fungierte.
Zudem gelang es der Viererkette sehr stabil zu stehen und nur sehr wenige Torchancen zuzulassen und wenige individuelle Fehler zu machen. Dazu Marc Andre ter Stegen als – ja ich weiß, manche belächeln mich jetzt - Weltklassetorwart dahinter. Ter Stegen spielte in der Hinrunde absolut fehlerfrei, in Favres System spielte er eine sehr große Rolle, weil er eben auch permanente Anspielstation für alle Defensivspieler ist und viele Spielzüge mit einleitet, zudem hat er eine große Ausstrahlung und agiert defensiv als Abfangjäger und Quasilibero, ähnlich wie Neuer bei Bayern. Die Entdeckungen der Vorrunde waren dann Jantschke als IV und Korb als RV, als Dominguez sich verletzte. Interessanterweise stand die IV sogar mit dem kleinen Jantschke besser als zuvor mit Domniguez und mit Blick auf die letzten Spiele der Rückrunde bin ich gespannt, ob diese beiden nicht sogar die Stamm-IV der nächsten Saison bilden werden und Dominguez als LV in der Viererkette bleibt.
Woran es lag, dass der Auftakt in der Rückrunde komplett daneben ging, vermag ich nicht an einem einzigen Punkt festzumachen oder genau zu klären, da kamen viele Faktoren zusammen.
Zum einen lag es an einer auf einmal deutlich schlechteren Chancenverwertung, sowohl gegen Leverkusen, als auch in Bremen, gegen Hoffenheim, gegen Augsburg, Freiburg, auch Braunschweig, zum anderen daran, dass gerade in den ersten 6,7 Spielen der Rückrunde vorher nicht gesehene eklatante individuelle Fehler gab, die alle zu Toren und Punktverlusten führten. Herrmann gegen Leverkusen, Daems/Kramer in Bremen, Stranzl gegen Hoffenheim, ter Stegen in Braunschweig usw. Xhaka und Kramer bekamen das MF nicht mehr so in den Griff wie in der Hinrunde, es fehlte manchmal an Geduld, Pässe wurden übereilt riskant gespielt, die defensive Gesamtstabilität passte nicht mehr optimal und vorne hatten bis auf Raffael alle Offensivkräfte an Form eingebüßt.
Jetzt zeigte sich leider auch, dass der Kader zu wenig Alternativen in der Hinterhand hatte und es auch an Spielern für einen Plan B mangelte, sprich einen Zentralstürmer, der mit Flanken bedient werden kann oder eine reine Kontertaktik. Die eingewechselten Ersatzkräfte offensiv, ob nun Younes, Hrgota, Mlapa oder wer auch immer konnten zumeist das Spiel nicht beleben oder verbessern. Auch im zentralen MF konnte Nordveit keine spielerischen Impulse geben.
Die Rückrunde konnte am Ende noch gerettet werden, weil mit dem Sieg in Dortmund ein Ruck durch die Mannschaft ging und auch ein wenig das Glück zurück kehrte und ein wenig das Selbstvertrauen. Schön spielte die Elf trotzdem eher selten, aber wieder erfolgreicher.
Konstanz wie in der Hinrunde fehlte aber und daran scheiterte die Mannschaft letztendlich auch, wenn wir auf Platz 4 schielen wollen. Denn in Frankfurt spielte die Mannschaft einfach zu leblos und leidenschaftslos, dieser unbedingte Siegeswille fehlte, ähnlich war es gegen den VfB und auch in Wolfsburg. Und gegen Freiburg spielte sie einfach komplett dämlich und ließ einen Gegner, der schon tot war, wieder auferstehen.
Für mich griff Favre in vielen Spielen zu spät ein, wenn es nicht lief und wechselte extrem spät. Zudem hielt er eben oft an einer Mannschaft fest und spielte immer das gleiche System, anstatt auch mal schnell darauf zu reagieren, wenn sich oft nach 20 Minuten zeigte, dass die Mannschaft mit ihrem normalen Spielsystem heute Probleme bekommen wird, er ist da eben sehr stur und sehr in seiner Philosophie gefangen. Mehr dazu jedoch dann in Teil 2, Trainer und Manager. Es zeigte sich, dass das Team, wenn Xhaka nicht spielte oder eben nicht top in Form war, enorme Probleme bekommt, wenn der Gegner aktiv presst und sich ansonsten zurück zieht, die Räume verdichtet und die Mitte verstärkt. Hier fehlte es dann oft an Tempo, an Ideen und Beschleunigung auch der Spieler, denn außer Herrmann sind die anderen offensiven nicht die Sprintertypen, das wird sich nächste Saison ändern. Bei Arango wurden die genialen Momente seltener, trotzdem ist es schade, dass er geht.
Generell waren Gladbachspiele oft keine Spiele für Schöngeister wie ich es eigentlich bin. Ich tue mich deshalb immer noch sehr schwer, mich mit Favres Gedulds-, Ballbesitz- und Taktikfussball komplett anzufreunden, vor allem eben dann, wenn ich spüre und merke, dass es nicht rund und von alleine läuft. Mir fehlt dann dieses gewisse Etwas, diese Leidenschaft, dieser Kampf- und Siegeswille, es wirkt dann immer so, als ob die Mannschaft mit angezogener Handbremse spielt, dahinter steckt aber Favres Philosophie der absoluten Fehlervermeidung, wenn es nicht läuft und der absoluten Geduld.
Manchmal ist es aber auch lustig zu beobachten, wie wenig die Sky-Kommentatoren sich offenbar mit den beiden Mannschaften taktisch beschäftigen, die sie kommentieren. Da wurde oft bei Gladbach bemängelt, dass nicht zielstrebig nach vorne gespielt wird, der Ball ewig zirkuliert ohne großen Raumgewinn und zu wenig riskiert wird, das Tempo fehlte – dabei ist das genau die Marschroute, die Favre ausgegeben hat, Ballkontrolle, Spielkontrolle, Ballbesitz, Geduld, den Gegner locken, auf Fehler und Lücken warten, eigene Fehler absolut vermeiden. Lieber 10 Sicherheitspässe, durch die der Ball in den eigenen Reihen bleibt als ein überhasteter Risikopass, der misslingt und dem Gegner einen Gegenstoß ermöglicht. Nein – begeistert hat mich unser Spiel selten - aber die Ergebnisse geben Favre am Ende recht.
Denn – und da schließt sich der Kreis – was will ein Fan an einer Saison kritisieren, in der das Saisonziel – obere Tabellenhälfte mit Chance auf den internationalen Wettbewerb – absolut erreicht wurde, in der Dortmund und Schalke, also 2 CL-Teilnehmer jeweils zweimal geschlagen wurden, man die siebtmeisten Tore geschossen und die viertwenigsten kassiert hat.
Es war eine gute Saison, keine optimale, es war eine erfolgreiche Saison, aber keine begeisternde, doch die Richtung des Vereins stimmt, dazu in den Teilen 2 (Trainer, Management), 3 (Umfeld, Finanzen) sowie 4 (Ausblick 14/15 – Kader und Taktik) mehr.
Die allgemeine Saisonbilanz:
6. Platz, 55 Punkte, 59:43 Tore, Qualifikation zur Euro-League – 3. der Heimtabelle mit 36 Punkten und 9. der Auswärtstabelle mit 19 Punkten – das alles sind die nackten Zahlen, Daten und Fakten zum Ende der Saison für die Borussia.
Ich bin mir sicher, mehr als 90% der Fans hätten dieses Ergebnis vor der Saison blind unterschrieben und wären hochzufrieden gewesen, einschließlich mir. Und realistisch betrachtet entspricht es auch genau dem, was ein Verein wie Borussia Mönchengladbach aktuell wohl leisten und erreichen kann. Denn die 5 Vereine, Bayern, BVB, Schalke, Bayer und VW sind nun einmal finanziell seit Jahren in ganz anderen Dimensionen zuhause und haben sowohl was Gehälter, als auch Ablösesummen für Neuzugängen betrifft einfach ganz andere Möglichkeiten als die Borussia.
Und doch bleibt da ein wenig Wehmut im Rückblick der Saison, denn es gab dieses Jahr diese kleine Chance, in die Phalanx der Top-Vereine einzudringen und unter den ersten 4 zu landen. Und für einen Verein wie die Borussia bieten sich solche Chancen eben nicht so oft und wenn muss sie sie nutzen, wenn sie den Abstand zu den Großen verringern und zum Rest vergrößern will.
Klar, auf dem Papier fehlen 6 Punkte, das ist am Ende aber deutlicher als es wirklich war. In der Hinrunde Platz 3 mit 33 Punkten, das war top und eine Superbasis. Und doch war für mich der 17. Spieltag der Beginn des Scheiterns im Hinblick auf Platz 4. Unnötigerweise verspielte man gegen Wolfsburg zuhause kurz vor Schluß den Sieg trotz großer Chancen zum 3:1. Und damit eben auch den Nimbus der 8 Heimsiege in Folge. In der Rückrunde kamen dann nur noch 3 weitere dazu….
Leider wurde diese tolle Ausgangsposition an den ersten 7 Spieltagen der Rückrunde weiter verschenkt. Nicht mit der Niederlage gegen Bayern, vielleicht auch nicht mit der in Hannover, einem der 3 schwächsten Spiele der Saison, viel eher mit den 5 Spielen danach. Schon gegen Bayer war die Niederlage überflüssig, danach vergab Gladbach 3 mögliche Siege gegen Bremen, Hoffenheim und Braunschweig, jeweils nach Führung, gegen Hoffe sogar 2:0, jeweils durch grausame individuelle Fehler, zweimal in den letzten 5 Minuten und in Braunschweig wurde dann noch ein glasklares Tor nicht anerkannt. Danach fing sich die Mannschaft, hatte aber trotzdem noch drei richtig schwache Auftritte, in Freiburg, in Frankfurt, sowie gegen den VfB. Die Heimniederlage gegen Augsburg war auch völlig unnötig, das Spiel muss nach 30 Minuten 3.0 stehen. Das letzte Spiel in Wolfsburg war auch schwach, bekommt aber mildernde Umstände, weil da die EL-Quali sicher war. Nimmt man diese Spiele zusammen, wird deutlich, dass 6-8 Punkte mehr möglich gewesen wären und teils leichtfertig verschenkt wurden. Und mit diesen wäre Platz 4 absolut machbar gewesen.
Insgesamt war es höchstens eine durchschnittliche Rückrunde mit 22 Punkten.
Die detailliertere Analyse – Spielweise und Spieltaktik:
Woran lag es also, was haben Spieler, Mannschaft und Trainer richtig, was falsch gemacht, was lief gut, was weniger gut, wo muss die Mannschaft sich verbessern ?
Zunächst einmal zeigte sich schon in der Vorbereitung, dass Favre das Spielsystem des Teams umstellen wollte, eindeutig zu einem eher ballbesitzorientierten Fussball, der Dominanz ausstrahlt und zu höherer Flexibilität und Variabilität im Angriff und der Offensive. Darauf zielten auch die Neuzugänge Kruse, Raffael und Kramer ab, 3 Volltreffer, wie sich herausstellen sollte. Insgesamt spielte Gladbach zum einen höher als im letzten Jahr, zum anderen aber auch deutlich ballbesitzorientierter.
Ziel von Favres Spielidee war nicht – wie in der Fabelsaison 11/12 – die absolute Kompaktheit im Mittelfeld, gepaart mit überfallartigen Kontern bei Balleroberung mit den beiden pfeilschnellen Reus und Herrmann über den genialen Passgeber Arango und den Wandspieler Hanke, sondern ein eher geduldiges, manchmal langweilig anzuschauendes aber hochkonzentriertes Passspiel, bei dem der Gegner viel laufen muss und dann, sobald sich eine Lücke bietet, blitzschnell umgeschaltet und mit schnellen Kombinationen oder Pässen in die Tiefe operiert wird.
Im Gegensatz zu der Meinung mancher agierte Borussia eben nicht als Kontermannschaft, sondern über Ballbesitz und – kontrolle. Das Zauberwort Favres hierbei war und ist Geduld, Geduld, Geduld und nochmals Geduld – warten können, sicher spielen, bis der Gegner eben diese Geduld verliert und Fehler macht und Lücken anbietet. Grundvoraussetzung für diese Taktik ist eine hohe Ballsicherheit aller Mittelfeldspieler und Stürmer, viel Laufaufwand, hohe technische Fertigkeiten bei der Ballan-, mit- und weiternahme und ein hohes Maß an Spielintelligenz. Zudem ständige Rochaden des offensiven Quartetts. Deswegen hatte auch Luuk de Jong keinen Platz mehr in diesem System, zumal Favre sowieso kein großer Freund von Flanken von außen ist, da diese sich seiner Meinung nach leicht verteidigen lassen.
Der Erfolg dieser neuen Taktik stellte sich nicht sofort ein, vor allem auswärts fehlte es zu Beginn der Saison an Effizienz und Durchschlagskraft , zuhause ermöglichte es auch der Spielplan ein wenig, dass die Spiele alle, teils auch glücklich wie gegen Nürnberg und vor allem Dortmund gewonnen wurden. Meist gelang der Borussia das erste Tor und danach lief der Gegner zumeist in die Taktikfalle, weil er mehr riskieren musste. Auswärts dagegen, ich denke da vor allem an die Spiele in Hoffenheim, Augsburg und Berlin, aber auch in Leverkusen, bei denen die Mannschaft gut spielte, aber nichts zählbares erzielte, fehlte oft das Quäntchen Glück und auch die optimale Chancenverwertung. Mit dem Sieg in Hamburg änderte sich dies.
Natürlich waren Raffael, Arango, Herrmann und Kruse die Schlüsselspieler für den Erfolg der Hinrunde, ja der gesamten Saison, mindestens einer dieser 4 war an fast 90% der erzielten Tore beteiligt. Und doch gab es noch einen weiteren Faktor, der ganz entscheidend war, das Duo auf der 6, Kramer und Xhaka, die sich beide hervorragend ergänzten, die Rennmaschine Kramer mit dem taktischen Gespür und sehr guter Zweikampfführung und der Antreiber und Ballverteiler Xhaka, der in der Hinrunde glänzend spielte, oft weniger bemerkt, aber eben der Taktgeber war, der das Tempo bestimmte, das Spiel führte und an sich riss, sich oft zwischen die IV fallen ließ und von dort als Art Spielmacher fungierte.
Zudem gelang es der Viererkette sehr stabil zu stehen und nur sehr wenige Torchancen zuzulassen und wenige individuelle Fehler zu machen. Dazu Marc Andre ter Stegen als – ja ich weiß, manche belächeln mich jetzt - Weltklassetorwart dahinter. Ter Stegen spielte in der Hinrunde absolut fehlerfrei, in Favres System spielte er eine sehr große Rolle, weil er eben auch permanente Anspielstation für alle Defensivspieler ist und viele Spielzüge mit einleitet, zudem hat er eine große Ausstrahlung und agiert defensiv als Abfangjäger und Quasilibero, ähnlich wie Neuer bei Bayern. Die Entdeckungen der Vorrunde waren dann Jantschke als IV und Korb als RV, als Dominguez sich verletzte. Interessanterweise stand die IV sogar mit dem kleinen Jantschke besser als zuvor mit Domniguez und mit Blick auf die letzten Spiele der Rückrunde bin ich gespannt, ob diese beiden nicht sogar die Stamm-IV der nächsten Saison bilden werden und Dominguez als LV in der Viererkette bleibt.
Woran es lag, dass der Auftakt in der Rückrunde komplett daneben ging, vermag ich nicht an einem einzigen Punkt festzumachen oder genau zu klären, da kamen viele Faktoren zusammen.
Zum einen lag es an einer auf einmal deutlich schlechteren Chancenverwertung, sowohl gegen Leverkusen, als auch in Bremen, gegen Hoffenheim, gegen Augsburg, Freiburg, auch Braunschweig, zum anderen daran, dass gerade in den ersten 6,7 Spielen der Rückrunde vorher nicht gesehene eklatante individuelle Fehler gab, die alle zu Toren und Punktverlusten führten. Herrmann gegen Leverkusen, Daems/Kramer in Bremen, Stranzl gegen Hoffenheim, ter Stegen in Braunschweig usw. Xhaka und Kramer bekamen das MF nicht mehr so in den Griff wie in der Hinrunde, es fehlte manchmal an Geduld, Pässe wurden übereilt riskant gespielt, die defensive Gesamtstabilität passte nicht mehr optimal und vorne hatten bis auf Raffael alle Offensivkräfte an Form eingebüßt.
Jetzt zeigte sich leider auch, dass der Kader zu wenig Alternativen in der Hinterhand hatte und es auch an Spielern für einen Plan B mangelte, sprich einen Zentralstürmer, der mit Flanken bedient werden kann oder eine reine Kontertaktik. Die eingewechselten Ersatzkräfte offensiv, ob nun Younes, Hrgota, Mlapa oder wer auch immer konnten zumeist das Spiel nicht beleben oder verbessern. Auch im zentralen MF konnte Nordveit keine spielerischen Impulse geben.
Die Rückrunde konnte am Ende noch gerettet werden, weil mit dem Sieg in Dortmund ein Ruck durch die Mannschaft ging und auch ein wenig das Glück zurück kehrte und ein wenig das Selbstvertrauen. Schön spielte die Elf trotzdem eher selten, aber wieder erfolgreicher.
Konstanz wie in der Hinrunde fehlte aber und daran scheiterte die Mannschaft letztendlich auch, wenn wir auf Platz 4 schielen wollen. Denn in Frankfurt spielte die Mannschaft einfach zu leblos und leidenschaftslos, dieser unbedingte Siegeswille fehlte, ähnlich war es gegen den VfB und auch in Wolfsburg. Und gegen Freiburg spielte sie einfach komplett dämlich und ließ einen Gegner, der schon tot war, wieder auferstehen.
Für mich griff Favre in vielen Spielen zu spät ein, wenn es nicht lief und wechselte extrem spät. Zudem hielt er eben oft an einer Mannschaft fest und spielte immer das gleiche System, anstatt auch mal schnell darauf zu reagieren, wenn sich oft nach 20 Minuten zeigte, dass die Mannschaft mit ihrem normalen Spielsystem heute Probleme bekommen wird, er ist da eben sehr stur und sehr in seiner Philosophie gefangen. Mehr dazu jedoch dann in Teil 2, Trainer und Manager. Es zeigte sich, dass das Team, wenn Xhaka nicht spielte oder eben nicht top in Form war, enorme Probleme bekommt, wenn der Gegner aktiv presst und sich ansonsten zurück zieht, die Räume verdichtet und die Mitte verstärkt. Hier fehlte es dann oft an Tempo, an Ideen und Beschleunigung auch der Spieler, denn außer Herrmann sind die anderen offensiven nicht die Sprintertypen, das wird sich nächste Saison ändern. Bei Arango wurden die genialen Momente seltener, trotzdem ist es schade, dass er geht.
Generell waren Gladbachspiele oft keine Spiele für Schöngeister wie ich es eigentlich bin. Ich tue mich deshalb immer noch sehr schwer, mich mit Favres Gedulds-, Ballbesitz- und Taktikfussball komplett anzufreunden, vor allem eben dann, wenn ich spüre und merke, dass es nicht rund und von alleine läuft. Mir fehlt dann dieses gewisse Etwas, diese Leidenschaft, dieser Kampf- und Siegeswille, es wirkt dann immer so, als ob die Mannschaft mit angezogener Handbremse spielt, dahinter steckt aber Favres Philosophie der absoluten Fehlervermeidung, wenn es nicht läuft und der absoluten Geduld.
Manchmal ist es aber auch lustig zu beobachten, wie wenig die Sky-Kommentatoren sich offenbar mit den beiden Mannschaften taktisch beschäftigen, die sie kommentieren. Da wurde oft bei Gladbach bemängelt, dass nicht zielstrebig nach vorne gespielt wird, der Ball ewig zirkuliert ohne großen Raumgewinn und zu wenig riskiert wird, das Tempo fehlte – dabei ist das genau die Marschroute, die Favre ausgegeben hat, Ballkontrolle, Spielkontrolle, Ballbesitz, Geduld, den Gegner locken, auf Fehler und Lücken warten, eigene Fehler absolut vermeiden. Lieber 10 Sicherheitspässe, durch die der Ball in den eigenen Reihen bleibt als ein überhasteter Risikopass, der misslingt und dem Gegner einen Gegenstoß ermöglicht. Nein – begeistert hat mich unser Spiel selten - aber die Ergebnisse geben Favre am Ende recht.
Denn – und da schließt sich der Kreis – was will ein Fan an einer Saison kritisieren, in der das Saisonziel – obere Tabellenhälfte mit Chance auf den internationalen Wettbewerb – absolut erreicht wurde, in der Dortmund und Schalke, also 2 CL-Teilnehmer jeweils zweimal geschlagen wurden, man die siebtmeisten Tore geschossen und die viertwenigsten kassiert hat.
Es war eine gute Saison, keine optimale, es war eine erfolgreiche Saison, aber keine begeisternde, doch die Richtung des Vereins stimmt, dazu in den Teilen 2 (Trainer, Management), 3 (Umfeld, Finanzen) sowie 4 (Ausblick 14/15 – Kader und Taktik) mehr.