Quo vadis Fohlenelf?

atreiju

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Teil 1 – Saisonbilanz, Spielweise, Taktik:

Die allgemeine Saisonbilanz:

6. Platz, 55 Punkte, 59:43 Tore, Qualifikation zur Euro-League – 3. der Heimtabelle mit 36 Punkten und 9. der Auswärtstabelle mit 19 Punkten – das alles sind die nackten Zahlen, Daten und Fakten zum Ende der Saison für die Borussia.

Ich bin mir sicher, mehr als 90% der Fans hätten dieses Ergebnis vor der Saison blind unterschrieben und wären hochzufrieden gewesen, einschließlich mir. Und realistisch betrachtet entspricht es auch genau dem, was ein Verein wie Borussia Mönchengladbach aktuell wohl leisten und erreichen kann. Denn die 5 Vereine, Bayern, BVB, Schalke, Bayer und VW sind nun einmal finanziell seit Jahren in ganz anderen Dimensionen zuhause und haben sowohl was Gehälter, als auch Ablösesummen für Neuzugängen betrifft einfach ganz andere Möglichkeiten als die Borussia.

Und doch bleibt da ein wenig Wehmut im Rückblick der Saison, denn es gab dieses Jahr diese kleine Chance, in die Phalanx der Top-Vereine einzudringen und unter den ersten 4 zu landen. Und für einen Verein wie die Borussia bieten sich solche Chancen eben nicht so oft und wenn muss sie sie nutzen, wenn sie den Abstand zu den Großen verringern und zum Rest vergrößern will.

Klar, auf dem Papier fehlen 6 Punkte, das ist am Ende aber deutlicher als es wirklich war. In der Hinrunde Platz 3 mit 33 Punkten, das war top und eine Superbasis. Und doch war für mich der 17. Spieltag der Beginn des Scheiterns im Hinblick auf Platz 4. Unnötigerweise verspielte man gegen Wolfsburg zuhause kurz vor Schluß den Sieg trotz großer Chancen zum 3:1. Und damit eben auch den Nimbus der 8 Heimsiege in Folge. In der Rückrunde kamen dann nur noch 3 weitere dazu….

Leider wurde diese tolle Ausgangsposition an den ersten 7 Spieltagen der Rückrunde weiter verschenkt. Nicht mit der Niederlage gegen Bayern, vielleicht auch nicht mit der in Hannover, einem der 3 schwächsten Spiele der Saison, viel eher mit den 5 Spielen danach. Schon gegen Bayer war die Niederlage überflüssig, danach vergab Gladbach 3 mögliche Siege gegen Bremen, Hoffenheim und Braunschweig, jeweils nach Führung, gegen Hoffe sogar 2:0, jeweils durch grausame individuelle Fehler, zweimal in den letzten 5 Minuten und in Braunschweig wurde dann noch ein glasklares Tor nicht anerkannt. Danach fing sich die Mannschaft, hatte aber trotzdem noch drei richtig schwache Auftritte, in Freiburg, in Frankfurt, sowie gegen den VfB. Die Heimniederlage gegen Augsburg war auch völlig unnötig, das Spiel muss nach 30 Minuten 3.0 stehen. Das letzte Spiel in Wolfsburg war auch schwach, bekommt aber mildernde Umstände, weil da die EL-Quali sicher war. Nimmt man diese Spiele zusammen, wird deutlich, dass 6-8 Punkte mehr möglich gewesen wären und teils leichtfertig verschenkt wurden. Und mit diesen wäre Platz 4 absolut machbar gewesen.

Insgesamt war es höchstens eine durchschnittliche Rückrunde mit 22 Punkten.


Die detailliertere Analyse – Spielweise und Spieltaktik:

Woran lag es also, was haben Spieler, Mannschaft und Trainer richtig, was falsch gemacht, was lief gut, was weniger gut, wo muss die Mannschaft sich verbessern ?
Zunächst einmal zeigte sich schon in der Vorbereitung, dass Favre das Spielsystem des Teams umstellen wollte, eindeutig zu einem eher ballbesitzorientierten Fussball, der Dominanz ausstrahlt und zu höherer Flexibilität und Variabilität im Angriff und der Offensive. Darauf zielten auch die Neuzugänge Kruse, Raffael und Kramer ab, 3 Volltreffer, wie sich herausstellen sollte. Insgesamt spielte Gladbach zum einen höher als im letzten Jahr, zum anderen aber auch deutlich ballbesitzorientierter.

Ziel von Favres Spielidee war nicht – wie in der Fabelsaison 11/12 – die absolute Kompaktheit im Mittelfeld, gepaart mit überfallartigen Kontern bei Balleroberung mit den beiden pfeilschnellen Reus und Herrmann über den genialen Passgeber Arango und den Wandspieler Hanke, sondern ein eher geduldiges, manchmal langweilig anzuschauendes aber hochkonzentriertes Passspiel, bei dem der Gegner viel laufen muss und dann, sobald sich eine Lücke bietet, blitzschnell umgeschaltet und mit schnellen Kombinationen oder Pässen in die Tiefe operiert wird.

Im Gegensatz zu der Meinung mancher agierte Borussia eben nicht als Kontermannschaft, sondern über Ballbesitz und – kontrolle. Das Zauberwort Favres hierbei war und ist Geduld, Geduld, Geduld und nochmals Geduld – warten können, sicher spielen, bis der Gegner eben diese Geduld verliert und Fehler macht und Lücken anbietet. Grundvoraussetzung für diese Taktik ist eine hohe Ballsicherheit aller Mittelfeldspieler und Stürmer, viel Laufaufwand, hohe technische Fertigkeiten bei der Ballan-, mit- und weiternahme und ein hohes Maß an Spielintelligenz. Zudem ständige Rochaden des offensiven Quartetts. Deswegen hatte auch Luuk de Jong keinen Platz mehr in diesem System, zumal Favre sowieso kein großer Freund von Flanken von außen ist, da diese sich seiner Meinung nach leicht verteidigen lassen.

Der Erfolg dieser neuen Taktik stellte sich nicht sofort ein, vor allem auswärts fehlte es zu Beginn der Saison an Effizienz und Durchschlagskraft , zuhause ermöglichte es auch der Spielplan ein wenig, dass die Spiele alle, teils auch glücklich wie gegen Nürnberg und vor allem Dortmund gewonnen wurden. Meist gelang der Borussia das erste Tor und danach lief der Gegner zumeist in die Taktikfalle, weil er mehr riskieren musste. Auswärts dagegen, ich denke da vor allem an die Spiele in Hoffenheim, Augsburg und Berlin, aber auch in Leverkusen, bei denen die Mannschaft gut spielte, aber nichts zählbares erzielte, fehlte oft das Quäntchen Glück und auch die optimale Chancenverwertung. Mit dem Sieg in Hamburg änderte sich dies.

Natürlich waren Raffael, Arango, Herrmann und Kruse die Schlüsselspieler für den Erfolg der Hinrunde, ja der gesamten Saison, mindestens einer dieser 4 war an fast 90% der erzielten Tore beteiligt. Und doch gab es noch einen weiteren Faktor, der ganz entscheidend war, das Duo auf der 6, Kramer und Xhaka, die sich beide hervorragend ergänzten, die Rennmaschine Kramer mit dem taktischen Gespür und sehr guter Zweikampfführung und der Antreiber und Ballverteiler Xhaka, der in der Hinrunde glänzend spielte, oft weniger bemerkt, aber eben der Taktgeber war, der das Tempo bestimmte, das Spiel führte und an sich riss, sich oft zwischen die IV fallen ließ und von dort als Art Spielmacher fungierte.

Zudem gelang es der Viererkette sehr stabil zu stehen und nur sehr wenige Torchancen zuzulassen und wenige individuelle Fehler zu machen. Dazu Marc Andre ter Stegen als – ja ich weiß, manche belächeln mich jetzt - Weltklassetorwart dahinter. Ter Stegen spielte in der Hinrunde absolut fehlerfrei, in Favres System spielte er eine sehr große Rolle, weil er eben auch permanente Anspielstation für alle Defensivspieler ist und viele Spielzüge mit einleitet, zudem hat er eine große Ausstrahlung und agiert defensiv als Abfangjäger und Quasilibero, ähnlich wie Neuer bei Bayern. Die Entdeckungen der Vorrunde waren dann Jantschke als IV und Korb als RV, als Dominguez sich verletzte. Interessanterweise stand die IV sogar mit dem kleinen Jantschke besser als zuvor mit Domniguez und mit Blick auf die letzten Spiele der Rückrunde bin ich gespannt, ob diese beiden nicht sogar die Stamm-IV der nächsten Saison bilden werden und Dominguez als LV in der Viererkette bleibt.

Woran es lag, dass der Auftakt in der Rückrunde komplett daneben ging, vermag ich nicht an einem einzigen Punkt festzumachen oder genau zu klären, da kamen viele Faktoren zusammen.

Zum einen lag es an einer auf einmal deutlich schlechteren Chancenverwertung, sowohl gegen Leverkusen, als auch in Bremen, gegen Hoffenheim, gegen Augsburg, Freiburg, auch Braunschweig, zum anderen daran, dass gerade in den ersten 6,7 Spielen der Rückrunde vorher nicht gesehene eklatante individuelle Fehler gab, die alle zu Toren und Punktverlusten führten. Herrmann gegen Leverkusen, Daems/Kramer in Bremen, Stranzl gegen Hoffenheim, ter Stegen in Braunschweig usw. Xhaka und Kramer bekamen das MF nicht mehr so in den Griff wie in der Hinrunde, es fehlte manchmal an Geduld, Pässe wurden übereilt riskant gespielt, die defensive Gesamtstabilität passte nicht mehr optimal und vorne hatten bis auf Raffael alle Offensivkräfte an Form eingebüßt.

Jetzt zeigte sich leider auch, dass der Kader zu wenig Alternativen in der Hinterhand hatte und es auch an Spielern für einen Plan B mangelte, sprich einen Zentralstürmer, der mit Flanken bedient werden kann oder eine reine Kontertaktik. Die eingewechselten Ersatzkräfte offensiv, ob nun Younes, Hrgota, Mlapa oder wer auch immer konnten zumeist das Spiel nicht beleben oder verbessern. Auch im zentralen MF konnte Nordveit keine spielerischen Impulse geben.

Die Rückrunde konnte am Ende noch gerettet werden, weil mit dem Sieg in Dortmund ein Ruck durch die Mannschaft ging und auch ein wenig das Glück zurück kehrte und ein wenig das Selbstvertrauen. Schön spielte die Elf trotzdem eher selten, aber wieder erfolgreicher.

Konstanz wie in der Hinrunde fehlte aber und daran scheiterte die Mannschaft letztendlich auch, wenn wir auf Platz 4 schielen wollen. Denn in Frankfurt spielte die Mannschaft einfach zu leblos und leidenschaftslos, dieser unbedingte Siegeswille fehlte, ähnlich war es gegen den VfB und auch in Wolfsburg. Und gegen Freiburg spielte sie einfach komplett dämlich und ließ einen Gegner, der schon tot war, wieder auferstehen.

Für mich griff Favre in vielen Spielen zu spät ein, wenn es nicht lief und wechselte extrem spät. Zudem hielt er eben oft an einer Mannschaft fest und spielte immer das gleiche System, anstatt auch mal schnell darauf zu reagieren, wenn sich oft nach 20 Minuten zeigte, dass die Mannschaft mit ihrem normalen Spielsystem heute Probleme bekommen wird, er ist da eben sehr stur und sehr in seiner Philosophie gefangen. Mehr dazu jedoch dann in Teil 2, Trainer und Manager. Es zeigte sich, dass das Team, wenn Xhaka nicht spielte oder eben nicht top in Form war, enorme Probleme bekommt, wenn der Gegner aktiv presst und sich ansonsten zurück zieht, die Räume verdichtet und die Mitte verstärkt. Hier fehlte es dann oft an Tempo, an Ideen und Beschleunigung auch der Spieler, denn außer Herrmann sind die anderen offensiven nicht die Sprintertypen, das wird sich nächste Saison ändern. Bei Arango wurden die genialen Momente seltener, trotzdem ist es schade, dass er geht.

Generell waren Gladbachspiele oft keine Spiele für Schöngeister wie ich es eigentlich bin. Ich tue mich deshalb immer noch sehr schwer, mich mit Favres Gedulds-, Ballbesitz- und Taktikfussball komplett anzufreunden, vor allem eben dann, wenn ich spüre und merke, dass es nicht rund und von alleine läuft. Mir fehlt dann dieses gewisse Etwas, diese Leidenschaft, dieser Kampf- und Siegeswille, es wirkt dann immer so, als ob die Mannschaft mit angezogener Handbremse spielt, dahinter steckt aber Favres Philosophie der absoluten Fehlervermeidung, wenn es nicht läuft und der absoluten Geduld.

Manchmal ist es aber auch lustig zu beobachten, wie wenig die Sky-Kommentatoren sich offenbar mit den beiden Mannschaften taktisch beschäftigen, die sie kommentieren. Da wurde oft bei Gladbach bemängelt, dass nicht zielstrebig nach vorne gespielt wird, der Ball ewig zirkuliert ohne großen Raumgewinn und zu wenig riskiert wird, das Tempo fehlte – dabei ist das genau die Marschroute, die Favre ausgegeben hat, Ballkontrolle, Spielkontrolle, Ballbesitz, Geduld, den Gegner locken, auf Fehler und Lücken warten, eigene Fehler absolut vermeiden. Lieber 10 Sicherheitspässe, durch die der Ball in den eigenen Reihen bleibt als ein überhasteter Risikopass, der misslingt und dem Gegner einen Gegenstoß ermöglicht. Nein – begeistert hat mich unser Spiel selten - aber die Ergebnisse geben Favre am Ende recht.

Denn – und da schließt sich der Kreis – was will ein Fan an einer Saison kritisieren, in der das Saisonziel – obere Tabellenhälfte mit Chance auf den internationalen Wettbewerb – absolut erreicht wurde, in der Dortmund und Schalke, also 2 CL-Teilnehmer jeweils zweimal geschlagen wurden, man die siebtmeisten Tore geschossen und die viertwenigsten kassiert hat.

Es war eine gute Saison, keine optimale, es war eine erfolgreiche Saison, aber keine begeisternde, doch die Richtung des Vereins stimmt, dazu in den Teilen 2 (Trainer, Management), 3 (Umfeld, Finanzen) sowie 4 (Ausblick 14/15 – Kader und Taktik) mehr.
 

robdarken

Gesperrt - "Fanlager-Auszeit"
Gladbach muss jetzt endlich mal in die cl und ordentlich kohle scheffeln.

Ein mieses jahr und man fängt sonst wieder von vorne an.
 

atreiju

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Teil 2: Trainer Lucien Favre und Manager Max Eberl

Obwohl es offensichtlich - wie von mir vermutet - kaum einen interessiert hat und sich keine Diskussion zu Teil 1 wirklich entwickelt hat, mache ich mich heute jetzt mal an Teil 2 und werde mit dem Trainer Lucien Favre anfangen:

Lucien Favre - Trainerfuchs, Taktikgott oder Zauderer ?

Seit dem 14.02.2011 ist Favre Trainer bei Borussia. Um zu verstehen, wie Favre bei Borussenfans eingeordnet und gesehen wird, muss man sich noch einmal die damalige Situation der Borussia vor Augen führen. Trotz eines ordentlichen Kaders war die Mannschaft damals unter Frontzeck Letzter der Liga (sicher auch aufgrund von Verletzungspech), hatte gerade einmal 16 Punkte und 7 Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Borussia war wieder einmal abgestiegen trotz hoffnungsvoller Talente wie Neustädter, Herrmann und Reus, trotz erfahrener Spieler wie Dante, Arango, Stranzl usw. Die Mannschaft war tot, am Boden, ohne Selbstbewusstsein, die Schießbude der Liga, als Favre kam und sie rettete in einem unglaublichen Schlußspurt mit 20 Punkten in 12 Saisonspielen. Das Umfeld war chaotisch, die Initiative Borussia, u.a. mit Effenberg und Vogts wollte das Präsidium stürzen und den Verein ausgliedern, vieles ganz anders machen.

Favre kam, sah und strukturierte das Spiel, plötzlich wurden es immer weniger Gegentore, vorne reichte immer wieder ein Tor, um zu gewinnen und zu punkten, im Tor stand auf einmal Marc Andre ter Stegen, ein 19-jähriger Jungspund. Im vorletzten Spiel schaffte man den Sprung auf den Relegationsplatz, den man auch dank Unterstützung des BVB mit dem Sieg gegen Frankfurt zuhause halten konnte. Und dann schaffte man in zwei selten nervenaufreibenden Spielen gegen den VfL Bochum doch noch den Klassenerhalt. Favre war ab diesem Zeitpunkt Legende...Diese Legende wurde 2011/12 ausgebaut mit einer fantastischen Saison, in der die Mannschaft mit tollem Fussball (Borussia Barcelona - Borussia Barcelona - Dailymotion-Video) begeisterte und sensationell Platz 4 belegte, zweimal Bayern schlug, ins Pokal-HF kam.

Doch dieser Erfolg hatte Schattenseiten - ähnlich wie bei Hertha BSC verlor Favre seine wichtigsten Spieler Dante, Reus und Neustädter. Zwar flossen dafür rund 23 Mio. € in die Kassen und Eberl konnte für knapp 30 Mio. € einkaufen gehen, doch diese Spieler waren eben kaum 1:1 für dieses Geld ersetzbar. Zumal Favre wohl schwer an dieser Entwicklung zu knabbern hatte und auch kein Freund tatkräftiger Entscheidungen bei Spielertransfers ist, zumindest, wenn er die Spieler nicht kennt. Es kamen Dominguez, Xhaka, de Jong, Mlapa, wobei vor allem de Jong mit 12 Mio. € der mit Abstand teuerste Transfer aller Zeiten der Borussia war.

Doch Favre vermittelte für mich nie den Eindruck, dass es sein Transfer, sein Wunschspieler war, stattdessen kamen seltsame Aussagen wie "er vertraue der Scouting-Abteilung", "er habe den Spieler nie gesehen" - offenbar war die Zusammenarbeit zwischen ihm und Eberl damals noch nicht optimal verzahnt, beide noch nicht auf einer Wellenlänge. Zudem sprach Favre ewig davon, dass ihm das Rückgrat der Mannschaft genommen worden sei und dies nicht zu ersetzen sei, dass man immer schauen müsse, wo man herkomme und bremste die Erwartungen immens. Und genau so spielte die Mannschaft 2012/13 auch, die CL-Quali wurde gegen Kiew nicht geschafft, obwohl man gar nicht so schlecht spielte und eigentlich das bessere Team war, aber eben durch individuelle Fehler die Quali herschenkte. In der Saison war nichts mehr zu sehen von der Finesse und dem begeisternden Fussball der Vorsaison, die Spiele waren oft schaurig anzuschauen, obwohl zeitweise die Ergebnisse stimmten. Es fehlte an Schnelligkeit, Spielwitz, Passgenauigkeit, Effizienz. Darauf reagierte der Trainer in seinen klaren Wünschen für Neuverpflichtungen für die neue Saison und durch eine damit verbundene neue taktische Ausrichtung, in der aber luuk de Jong, der Königstransfer von 2012, keinen Platz mehr hat.

Favre ist ein Trainer, der detailbesessen ist, ein Arbeitstier, ein Analytiker, ein Taktiktüftler, ein Trainer, der Spieler besser machen kann durch Hinweise und kleine Veränderungen. Fast jeder Spieler bei Borussia schwärmt davon, wieviel sie durch Favre gelernt haben, wie sie sich durch ihn weiterentwickelt haben, wie gut Favre Gegner analysiert, das Team auf den Gegner vobereitet. Favre hat Borussia Mönchengladbach jetzt in 3,5 Jahren einmal aus aussichtsloser Lage vor dem Abstieg bewahrt, einmal auf Platz 4 gebracht und einmal auf Platz 6, im schwächsten Jahr wurde Borussia 8., einen Platz, den Borussia vorher seit 1996 nicht erreicht hatte. Wie soll man als Borussiafan diesen Mann kritisieren, wenn man dabei bedenkt, dass rein vom Finanziellen her, Borussia innerhalb der Liga nur zwischen Platz 8-11 etwa einzusiedeln ist, was Umsatz, Kaderkosten , Sponsoreinnahmen etc. betrifft?

Favre ist ohne wenn und aber ein sehr guter Trainer, er hat sehr viele Stärken, vor allem im taktischen Bereich, in der Fähigkeit zu analysieren, Spieler weiter zu entwickeln, doch er hat aus meiner Sicht auch ein paar Dinge, die bei ihm nicht optimal ausgeprägt sind, bei denen ich mir wünschen würde, dass er da stärker wird.

1.) Favre ist kein großer Motivator, er ist extrem sachlich und realistisch, er entfacht keine flammenden Feuer in seinen Spielern, das man das Gefühl hat, die kommen auf den Platz und fegen mit Adrenalin vollgepumpt über alles hinweg, nein, er ist ein Planer, einer, der extrem rational seinen Spielern den Weg zeigt, wie sie gewinnen können und was sie dafür tun müssen.

2.) Favre predigt immer Ruhe, Geduld, Geduld und Ruhe, sowie ein striktes Festhalten an seinem Matchplan. Er verändert nur ungern während eines Spiels schnell etwas, geht ungern ins Risiko, wechselt zumeist sehr, sehr spät, variiert nur selten die Taktik während eines Spiels, sondern predigt konsequentes Festhalten an der Marschroute, Geduld und Risikovermeidung. Er hasst nichts mehr als unnötige Ballverluste oder Risikopässe, die nicht zielführend sind. Er liebt offensiven Fussball, hohes Passtempo, schnelle Ballzirkulation und Kurzpassspiel, aber er verlangt dabei nahezu 100%-ige Sicherheit. Das führt dazu, dass er die Spieler lieber sich dreißigmal den Ball zuspielen lässt, seitlich und hintenrum, bevor es effektiv und schnell nach vorne geht, solange der Spieler nicht davon überzeugt ist, dass auch der raum für den Pass frei wird. Dies ist eben häufig nicht schön anzuschauen. Dazu gehört auch, dass Favre fast alles spielerisch lösen will, Ecken werden sehr selten geübt, da er sie im Verhältnis für zu ineffektiv hält und für relativ leicht verteidigbar. Gleiches gilt für hohe Flanken - damit nimmt sich Favre aber durchaus eine Möglichkeit, einen Gegner zuknacken, der an einem spielerisch schlechten Tag der Mannschaft es schaffte, die Kurzpässe zu unterbinden und kaum Torchancen aus dem Spiel anderweitig zuzulassen, dies passierte bei einigen schwächeren Gegnern letzte Saison mehrmals und führte zu unnötigen Punktverlusten.

Allerdings muss ich zugeben, dass er zumeist damit Erfolg hat, er gewinnt dadurch mehr Spiele als er verliert, allein es ist nicht meins...

3) Favre ist nach außen ein Tiefstapler, er formuliert Ziele sehr defensiv, schürt keine Euphorie, sondern realtiviert Erfolge eher. Dies ist sicher ab und an auch angebracht, Spieler, Fans, umfeld auf den Boden der tatsachen zurück zu holen, aber es nervt auch, wenn in dieser Saison immer noch zigmal davon gesprochen wird, woher wir kommen, dass ein einstelliger Platz mehr als gut ist, dass wir mit vielen nicht mithalten können und und und, wenn man in der Hinrunde 33 Punkte holt und auf Platz 3 steht...Da wünsche ich mir einfach mehr Mut, Ziele auch mal klar und offen zu formulieren und sie höher anzusetzen, auch wenn es schief gehen kann und auch wenn die Erreichung dieser Ziele nicht selbstverständlich ist.

Nichtsdestotrotz, das alles ist Jammern auf hohem Niveau. Favre ist für mich ein Top-Trainer, der in D zu den 3-5 besten seiner Zunft gehlört. Dank ihm und Eberl herrscht Ruhe im Verein und auch Kontinuität, eine klare Philosophie, Zielgerichtetheit und eine stetige Entwicklung in den letzten 3 Jahren, fast könnte ich schreiben, ein kontinuierlicher Verbesserungsprozeß. Bis 2017 hat er dies Jahr verlängert und das ist auch gut so. Die Zusammenarbeit mit Max Eberl funktioniert inzwischen reibungslos und gut koordiniert, gerade im Hinblick auf Wünsche, die Mannschaft durch transfers weiter zu entwickeln und geeignete Spieler zu scouten. Favre äußert sich sehr klar darin, welche Fertigkeiten geeignete Spieler haben sollen, welche Stärken sie mitbringen müssen und Eberl sondiert nach diesen und auch menschlichen Qualitäten den Markt. Ich bin froh, ihn zu haben und bin sicher, dass er es schaffen wird, dass Borussia auch in den nächsten Jahren am internationalen Wettbewerb schnuppern und vielleicht bald auch mal CL spielen darf. Trotz klarer finanzieller Überlegenheit anderer Teams.

Max Eberl - der vorbeiradelnde Zufallsmanager, der sich mehr und mehr als Glücksgriff entpuppt

Eberl ist seit 1999 bei der Borussia, sein Spitzname ist Doppelpack, weil er nie ein Bundesligator geschossen hat...Berti Vogts meinte mal während der Aktivitäten der "Initiative Borussia", Eberl sei Sportdirektor geworden, weil er zufällig zur rechten Zeit mit dem Fahrrad am Park vorbei geradelt sei. Nun ja, Eberl war ab 2005 Nachwuchskoordinator und holte solche Talente wie Marin oder auch Herrmann zur Borussia, für mich hat er sich in den letzten Jahren sowohl in seiner Funktion und Tätigkeit aber auch nach außen hervorragend entwickelt als Sportdirektor. Seit 2008 ist er Sportdirektor und als solcher für u.a. folgende Transfers verantwortlich gewesen:

Bailly, Dante, Bradley, Arango, Bobadilla, Neustädter, Reus, Stranzl, Hanke, Nordveit, de Camargo, Wendt, Raffael, Kruse, Kramer und natürlich auch im Jahr 2012 de Jong, Xhaka und Dominguez. Auch wenn de Jong sicher ein Fehlgriff war, ist die Bilanz in meinen Augen absolut positiv.

Eberl arbeitet viel, lieber im Stillen, er selber sagt, Borussia muss früher an Spielern dran sein als die Konkurrenz und sie muss für eine bestimmte Kategorie Spieler attraktiv sein, damit sie den Verein als Entwicklungschance sehen und nutzen. er hat eine sehr klare Philosophie und Linie, die er verfolgt und auch wie er den Weg dorthin verfolgt. Ich hatte nach der Saison die Chance, mit ihm in einer sehr kleinen Runde eine Stunde lang zu diskutieren und sprechen und war von ihm sehr beeindruckt. Auch seine Offenheit, eigene Fehler einzugestehen und darüber zu sprechen, was alles noch besser gemacht werden kann, spricht aus meiner Sicht für ihn. Eberl ist gradlinig und konsequent und aht jetzt auch den Weg gefunden, wie Favre und er sich am besten in Sachen Transferpolitik ergänzen.

Eberl ist bei Gladbach auch wirklich derjenige, der sich auf das Sportliche, sprich die Entwicklung der Mannschaft und den Kader konzentriert, für Sponsoren, Finanzielles ist Schippers zuständig und entlastet ihn da.Er hat auch klare Ziele, die er mittelfristig mit Borussia verfolgt. Und auch wenn er ebenfalls Ziele öffentlich bewusst eher vorischtig formuliert und zurückhaltend, so gehört er schon zu denen, die intern auich einmal Dampf machen und Klartext reden.

Er ist zudem ein Genießer, ein Schlitzohr und hat Humor, wie ich eben selber feststellen konnte in dem Gespräch. Ich finde es beeindruckend, wie er schon sehr früh dies Jahr, vier wesentliche Transfers festzurren konnte und dabei relativ wenig ausgegeben hat. Leider hat allerdings ein Wunschtransfer, bei dem er ganmz nahe dran war, diesen zu realisieren nicht geklappt, aber ich lasse mich mal überraschen, wie die Transfersaison noch verlaufen wird. Ich glaube, da passiert noch etwas...

Eberl hat sich für mich als richtig guter Sportdirektor etabliert, ja, auch er hat schon Flops gehabt und wird sie wieder haben, wie jeder andere auch. Aber seine Art, seine Überzeugung, seine Mentalität, seine Philosophie und seine Tatkraft tuen Borussia gut und er ist dabei, Borussia zu einer Marke zu entwickeln, zu einem Verein, der Spielern ein Sprungbrett nach ganz oben bietet, die es bei den ganz großen Namen noch zu schwer haben, aber die das Potenzial hierfür mitbringen. Gladbach formt wieder Nationalspieler und das ist auch Eberls Verdienst.
 

Bremoli

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Ob es wirklich kaum einen interessiert, kann ich schlecht sagen, aber es gibt sicher schon Einige, wie mich, die gerne solche Beiträge lesen, allerdings nicht so viel dazu schreiben können.

Zur Spielweise und detaillierten Taktik kann ich einfach wenig sagen, weil ich dafür nicht genügend Spiele gesehen hab.
Favre ist sicherlich unbestritten ein Trainer, der Gladbach sehr geholfen und hier viel erreicht hat. Dass die Borussia mit ihren finanziellen Möglichkeiten nur zwischen den Rängen 8-11 rangiert, kann ich mir zwar nur schwehr vorstellen, da man immer wieder hört, wie glänzend der Verein doch mitlerweile aufgestellt ist, vor allem was mögliche Verbindlichkeiten, auch in Bezug auf das Stadion, angeht, aber um wirklich was dazu sagen zu können, fehlt mir da einfach der Einblick.
Eberl halte ich schon länger für einen guten Mann, der den Verein in die richtigen Bahnen gelenkt hat. Da kann ich dem von dir geschriebenen nur gänzlich zustimmen.
 

atreiju

Bekanntes Mitglied
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Der Teil Finanzen kommt ja erst noch, da gehe ich auf diesen Aspekt näher darauf ein, warum Gladbach eben nicht in den Top 6 ist, was die Finanzen betrifft.
 

atreiju

Bekanntes Mitglied
Teammitglied
ich mein, Du hast ja so viel geschrieben, und wenn man sich dabei nicht gut fühlt ist es halt Scheisse, vor allem wenn man das Gefühl hat dass es keinen so richtig interessiert. Nichtsdestotrotz denke ich dass Du in einem Fussballforum ganz gut aufgehoben bist :zahn:

Danke für dein Mitgefühl, wusste schon immer, du bist ein Guter... :bussi: :zwinker3:
 

atreiju

Bekanntes Mitglied
Teammitglied
Mal wieder ein typischer Eberl, wenn das klappt. Allerdings wohl leider ohne Kaufoption und nur für ein Jahr.
 

atreiju

Bekanntes Mitglied
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Leider war der Junge auch wieder große Teile der Vorrunde verletzt. Ich denke, es wird wohl erst nächste Saison dazu kommen, dass er seinen Durchbruch schaffen kann.
 

Stan-Kowa

Leide an Islamintoleranz
Gladbachs Ex-Trainer Hans Maier hat mal gesagt,das in jedem Kader zwei Spieler dabei wären,die ohne den Fussball unter der Brücke schlafen müssten....im aktuellen Kader der Borussen ist einer der beiden Granit Xhaka.
Ich hätte den Vertrag mit dem Dummkopf nicht verlängert.
Was bringt ein Spieler,der im Grunde in jedem Spiel nach spätestens einer Stunde ausgewechselt werden müsste,um nicht Gefahr zu laufen in Unterzahl zu geraten?
 
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