Die schlechteste Stimmung der Liga

Gefunden bei 11Freunde.de

„Wir haben künftig das ganze Stadion als Kurve“, frohlockte Karl-Heinz Rummenigge 2004 über die neue Arena in München. Wie man sich irren kann: Die Stimmung könnte nicht schlechter sein.

Als der FC Bayern den Fankatalog zur eben abgelaufenen Saison ausliefern ließ, lag jedem Exemplar ein Aufkleber bei, der wie schon so oft an die frühen Musikversuche Franz Beckenbauers erinnerte: Gute Freunde kann niemand trennen!

Rund anderthalb Jahre zuvor hatte der Verein es mit dem Slogan allerdings nicht so genau genommen. Es galt damals, die Jahreskartenbesitzer aus der »Süd«, der Fankurve des alten Olympiastadions, im neuen Stadion in Fröttmaning unterzubringen. Die Bayern-Führung entschied sich zur Verteilung der Anhängerschaft auf Nord- und Südkurve. Die clevere Idee: Bei damals rund 100?000 Mitgliedern und über 2000 Fanklubs sollte es doch möglich sein, den neuen Fußballtempel in einen Hexenkessel zu verwandeln, mit Fangesängen, wenn schon nicht in Dolby Surround, so doch zumindest in Stereo.

Die eingefleischte Anhängerschaft der Bayern registrierte die Pläne zur Umsetzung früh mit großem Unbehagen. Weiß man doch um das erstaunliche Phänomen, dass sich zwar republikweit Millionen zu den Bayern bekennen, es aber an tatsächlich aktiven Gefolgsleuten in München nicht mehr gibt als an anderen großen Fußballstandorten auch. Und wie bei vielen anderen Vereinen schwelte schon damals auch bei den Bayern ein sich verschärfender Konflikt zwischen alteingesessenen Fans, die in den 80er und 90er Jahren für die Stimmung verantwortlich waren, und den meist jungen Mitgliedern der »Schickeria München«, die seit 2002 versuchen, den »Ultragedanken« in der Südkurve zu etablieren.

Solche Streitigkeiten sind in Fankurven keine Seltenheit, zumal der an italienischen Vorbildern ausgerichtete Ultra-Support mit seinen Vorsängern, den spielunabhängigen Gesängen, der hierarchischen Capo-Struktur und dem Selbstbewusstsein, eine Art Fan-Elite zu bilden, vielen älteren Anhängern immer noch suspekt ist. Nun wurde dieser Generationenkonflikt in anderen Stadien zumeist zugunsten der Ultras entschieden, die schiere Masse der Anhänger gab stets den Ausschlag. In München jedoch eskalierte der Streit und hatte fatale Folgen für den gesamten Fanblock.

»Bayern« – »Scheiße«

Dabei hatte es mit der Stimmung in der neuen Arena vor Beginn der internen Auseinandersetzungen zunächst gut begonnen. Als die Münchner zu ihrem ersten Spiel im neuen Stadion gegen die Nationalmannschaft aufliefen, ertönte zum ersten Mal das Bayernecho. »Bayern« skandierte die Südkurve, »Bayern« antwortete die Gegenseite in einer Lautstärke, die im Olympiastadion schlicht unmöglich gewesen war. Die Premiere glückte, der Stereoeffekt trat ein und nachdem Jens Lehmann Bastian Schweinsteiger per Bodycheck in eine Werbebande befördert hatte, echauffierte sich zwar Oliver Bierhoff über das einsetzende Pfeifkonzert, in München indes schwärmen sie bis heute von dessen Lautstärke. Hinterher waren Vereinsbosse und die meisten Fans glücklich und sicher, dass alles noch viel besser werden würde. Doch die Euphorie legte sich schnell. Denn so schön das Echo gegen die Nationalmannschaft auch funktioniert hatte, so schnell erwies es sich im Alltag als untauglich. Von Beginn an machten sich die gegnerischen Fans im Oberrang der Nordkurve einen Spaß daraus, den Ruf »Bayern« auf ihre Art zu beantworten: »Scheiße« – was nicht im Sinne des Erfinders ist. Einkalkuliert wurde auch nicht, dass die Gästefans unter dem Dach akustisch deutlich im Vorteil sind, schon vergleichsweise wenige laute Stimmen reichen oft aus, um die unkoordinierten Münchner Fanblöcke zu übertönen. Das Problem ist dabei nicht allein die Teilung der Fans an sich, sondern auch ihre Folgen. Denn die Aufteilung auf zwei Kurven führte auch dazu, dass in der Südkurve Plätze für Zuschauer frei wurden, die nur mit sehr viel Phantasie dem harten Kern der Fanszene zugerechnet werden können und zwar eine fantastische Atmosphäre erwarten, nicht jedoch erzeugen. Und die bei Missfallen des Unterhaltungsprogramms pfeifen. Zu Dutzenden finden sich im Internetforum des Vereins verzweifelte Berichte von Fans, die von Familienvätern oder Rentnern in der Fankurve aufgefordert wurden, sich endlich hinzusetzen, dafür seien die Sitze da.

Auf Vereinsseite gibt man sich vorläufig unbeeindruckt. Noch im Januar lobte Karl-Heinz Rummenigge im Stadionmagazin die »fantastische Atmosphäre« und hatte das »Gefühl, dass die Stimmung mit jedem Heimspiel noch besser wird«. Dennoch nutzte er die Gelegenheit, die Anhängerschaft für die Pfiffe während der wenig berauschenden Hinrunde zu ermahnen. Der Verein sei schließlich in Vorleistung gegangen und habe auf Wunsch der Fans »sämtliche Sitzschalen aus der Südkurve entfernt«. Was ist erstaunlicher, die Unkenntnis der Strukturen des eigenen Anhangs, die der Vorstandsvorsitzende hier offenbart, oder die Dreistigkeit, mit der er seine Ermahnungen vorbringt? Den »Treuesten der Treuen«, wie sie so gerne genannt werden, müssen diese Äußerungen die Zornesröte ins Gesicht treiben. Denn zwar gibt es in Nord- und Südkurve der Allianz Arena insgesamt rund 13?500 Stehplätze, allerdings heißt dies nicht mehr, als dass man die sogenannten Vario-Sitze bei Bundesligaspielen umgeklappt lassen kann und sich davor stellen darf. Lediglich direkt hinter dem Tor im Süden hat der Verein nachträglich rund 2000 reine Stehplätze mit Wellenbrechern errichten und das Ganze so hoch einzäunen lassen, dass sich manch ein Fan an den Affenkäfig im Tierpark Hellabrunn erinnert fühlt. Mehr glaubt sich der reichste Verein Deutschlands angesichts des stets notwendigen Umbaus für internationale Spiele nicht leisten zu können. Nur zum Vergleich: Auf Schalke, das Rummenigge selbst gerne als Beispiel anführt, gibt es eine einheitliche Nordkurve für Jahreskarteninhaber. Über 16?300 Fans finden dort einen reinen Stehplatzbereich ohne Sitze vor, die nur für internationale Partien wieder eingebaut werden. Eine solche Stehtribüne war für den FC Bayern keine Option. Und als wären der Konflikte noch nicht genug, ist das Verhältnis zwischen dem Verein und der »Schickeria«, der größten Ultra-Gruppierung am Ort, inzwischen hoffnungslos zerrüttet. Während anderswo, etwa in Frankfurt, die Klubvorstände bevorzugt den Dialog mit den aktiven Fans suchen, ging der FC Bayern im Zweifelsfall stets den Weg der Konfrontation. So im Sommer 2003 mit dem Versuch, die »Schickeria« und zwei weitere Fanvereinigungen mit Stadionverboten nach dem Gießkannenprinzip aus dem Olympiastadion zu verbannen. Damals mussten die verhängten Verbote gegen rund 300 Personen wieder aufgehoben werden, die vorgebrachten Beschuldigungen konnten nicht bewiesen werden. Was den Verein nicht daran hinderte, bei späteren Vorfällen immer wieder Kollektivstrafen zu verhängen, die Anhänger reagierten mit Plakaten in der Kurve, auf denen die Namen der Abwesenden standen.

Die schlechteste Stimmung der Liga

Die Schuldfrage also geklärt? Hier der herzlose Klub ohne Gefühl für die Wünsche und Nöte der Anhänger, dort die gutwilligen Fans, denen durch Bürokratie und Borniertheit das Leben schwer gemacht wird? Nicht ganz, denn die Ultras haben ihren Teil dazu beigetragen, dass mittlerweile viele unbeteiligte Anhänger genervt auf die Streitigkeiten reagieren und sogar die Stadionverbote für die »Schickeria«-Mitglieder befürworten. Unrühmlicher Höhepunkt: Am 5. Mai 2007 kam es auf einer Autobahnraststätte nahe Würzburg zu einem Angriff von Mitgliedern der »Schickeria« auf Anhänger des 1.?FC Nürnberg. Dabei wurde die Ehefrau des Nürnberger Busfahrers durch den Wurf einer gefüllten Plastikflasche schwer an Kopf und Auge verletzt.

Der FC Bayern reagierte umgehend: Alle 73 Insassen der beiden Münchner Busse erhielten bundesweites Stadionverbot, ungeachtet der Tatsache, dass die Mehrzahl der Businsassen nicht am Übergriff beteiligt war. Darüber hinaus werden künftig an die »Schickeria«, die nie den Status eines offiziellen Fanklubs haben wollte, keine Eintrittskarten mehr abgegeben. Für die Gruppe, die offiziell rund 700 Mitglieder hat, wobei allerdings längst nicht alle zu den Aktiven gezählt werden können, dürfte dies das Ende bedeuten. Auch wenn sich die Ultravereinigung von der Tat und den Akteuren distanzierte, wird ihr nun wohl zum Verhängnis, dass sie sich nie zu einer bedingungslosen Ablehnung von Gewalt hat entschließen können.

Die Randalierer haben die Fans in die Defensive gedrängt und dem Klub die besten Argumente für seinen rigiden Kurs geliefert. Auf eine Kehrtwende des FC Bayern bei der Frage nach einer einheitlichen Stehplatzkurve brauchen die Fans derzeit jedenfalls nicht zu warten. Zwar informierten sich Vereinsvertreter kürzlich bei einer Podiumsdiskussion über die Streitigkeiten unter den Fans. Anfragen zur Stehplatzkurve, zu Fahnenstocklängen oder Megaphonen in der Kurve wurden aber abgewiesen. Das wolle man zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren. Bis dahin bleibt, was Gästefans der Bayern immer schon und lange zu Unrecht konstatierten, was jetzt aber von vielen Roten selber festgestellt wird: die schlechteste Stimmung der Liga. Von Wolfsburg einmal abgesehen.
Wie wahr!
 

der_kalich

++[EDELMÜLLPOSTER]++

Wie alt. Die haelfte des Artikels gab es schon laenger, zumindest hab ich es schon irgendwo gelesen, ausserdem ist das voellig unerheblich. Fussballerisch kommt nun kaum mehr einer ran an den FCB, also muss man sich an uralten, schon laengst bekannten Dingen hochziehen.

Auf der Insel hat kaum ein Verein eine gescheite Stimmung - na und?!

A propos schlechteste Stimmung der Liga... Der Preis ging gestern an die Bremer Fans, die man ueberhaupt nicht gehoert hat.
 
Ich finde der Artikel trifft den Nagel auf den Kopf.

Wie oft ich schon als Bayern-Fan angesprochen wurde wegen der schlechten Stimmung kann ich schon gar nicht mehr zählen.

Ich habe auch das Gefühl das das niemand in der Vorstandsriege interessiert. Wenn man sich nurmal auf der HP beim Ticketing die Arena anschaut sieht man das hinter der Hauptgerade (Trainerbänkenseite) 2/3 der Karten nicht in den freien Verkauf gehen sondern nur an Sponsoren oder sonst was. Ist das schon traurig.

Die Nordkurve ist wirklick scheiße, wer wurde hier noch nicht von gegenerischen Fans mit Bier vollgeschüttet oder bepöpelt?

Die Blöcke gehören getauscht, damit wir das Bier auf die gegnerischen Fans schütten können.
 
Gegen Zürich hat sie aber über die vollen 90 Minuten supportet hab ich gehört.

es mag ja sein das die schickeria wieder supportet hat, aber wie gesehen waren wieder unzählige fahnen im spiel.sieht ja mal schick aus vor, nach dem spiel oder bei einem tor.aber nicht wenn man 90 min dahinter steht und für sein eintrittsgeld ne weinrote fahne oder ein doppelhalter vor der nase hat.dann lieber die kleine nette schwarze die seit ligabeginn im unteren bereich geschwungen wird.
 

Zoni

Herthafan aus Überzeugung
Sagt mal, nur rein informativ: Kann es sein das es nirgends so eine diskrepantz zwischen Ultras, "normalen" Fans und Vereinsführung gibt wie beim FC Bayern? Wenn ja, weiss einer woran das liegt, oder wo man die Gründe finden könnte? Liegt das daran, dass die Ultras bei Bayern sich selbst zu sehr abgrenzen, dass der normale Fan (und damit mein ich nicht den Stadiontourist, sondern halt den Otto-normal-Fan der keiner festen Richtung (Kutte, Ultra, was-weiß-ich) zuzuordnen ist)die nicht als Stimmungsmacher akzeptiert (und wenn nicht, warum nicht?), oder liegts doch einfach nur daran, dass halt Gott und die Welt in den Fanblock kommt (sprich Stadiontouristen, die keine Lust an Stimmungmache haben)? Würd mich mal interessieren, wie der Bayernfan darüber denkt.
 
Sagt mal, nur rein informativ: Kann es sein das es nirgends so eine diskrepantz zwischen Ultras, "normalen" Fans und Vereinsführung gibt wie beim FC Bayern? Wenn ja, weiss einer woran das liegt, oder wo man die Gründe finden könnte? Liegt das daran, dass die Ultras bei Bayern sich selbst zu sehr abgrenzen, dass der normale Fan (und damit mein ich nicht den Stadiontourist, sondern halt den Otto-normal-Fan der keiner festen Richtung (Kutte, Ultra, was-weiß-ich) zuzuordnen ist)die nicht als Stimmungsmacher akzeptiert (und wenn nicht, warum nicht?), oder liegts doch einfach nur daran, dass halt Gott und die Welt in den Fanblock kommt (sprich Stadiontouristen, die keine Lust an Stimmungmache haben)? Würd mich mal interessieren, wie der Bayernfan darüber denkt.

unser stadionsprecher hat vor dem spiel gegen barca und hannover eine durchsage gemacht, dass die fans im unterrang bitte aufstehen sollen, da es eine steh- und keine sitzkurve ist und die anderen fans auch noch in diesen block wollen.
mehr braucht man, glaub i, dazu nicht sagen.
 
Sagt mal, nur rein informativ: Kann es sein das es nirgends so eine diskrepantz zwischen Ultras, "normalen" Fans und Vereinsführung gibt wie beim FC Bayern? Wenn ja, weiss einer woran das liegt, oder wo man die Gründe finden könnte? Liegt das daran, dass die Ultras bei Bayern sich selbst zu sehr abgrenzen, dass der normale Fan (und damit mein ich nicht den Stadiontourist, sondern halt den Otto-normal-Fan der keiner festen Richtung (Kutte, Ultra, was-weiß-ich) zuzuordnen ist)die nicht als Stimmungsmacher akzeptiert (und wenn nicht, warum nicht?), oder liegts doch einfach nur daran, dass halt Gott und die Welt in den Fanblock kommt (sprich Stadiontouristen, die keine Lust an Stimmungmache haben)? Würd mich mal interessieren, wie der Bayernfan darüber denkt.

bei uns gibt es eine gruppierung die irgendwie ( zumindest mein eindruck ) versucht die " ganze " kurve in ihren besitz zu bringen.ob es mit bannern, doppelhaltern, gegen andere stimmung machen usw.... immer das gleiche.wie gesagt, man kann mit manchen echt gut auskommen aber der großteil der gruppierung versteht glaube ich den sinn der clubgründer bzw führer nicht.stänkern auf jeder podiumsdiskussion nur herum ( gibt es auch andere, keine frage ) aber bei dem verein sprechen immer alle von keiner gewalt, vernünftig usw.... verschmutzen aber ganz deutschland mit ihren hässlichen scheiß LEGALIZE IT und kiffer aufklebern.naja, daran liegt es meiner meinung auch das in der südkurve keine stimmung mehr bzw dem gegnerischen fanblock ein lächerliches spektakel bietet wenn jeder gegen jeden singt und jeder meint er ist der größte und macht am meisten stimmung.
:mahnen: ich finde die clubs die schon länger in der kurve sind, alte kuttenträger usw haben mehr rechte anzusingen usw wie ein 19 student der bayern fangesänge aus einem liederbuch lernen muß das ihm vor die nase gelegt wird.
 
Oben