Operettenfußball
Portugal besiegt Iran 2:0 – Michael Eder (FAZ) verschmäht die Buttercremetorten Christiano Ronaldos und sättigt sich an Deco: „Er ist schnell, robust, jung. Er kann schießen, rechts, links, zielgenau, knallhart. Er ist ein genialer Techniker; er kann alles, was man nicht lernen kann, viel mehr muß ein Weltstar nicht mitbringen an Können und Talent. Und doch ist Ronaldo noch kein großer Spieler, sondern nur ein egozentrischer Kleinkünstler. Er hat wieder einmal eindrucksvoll bewiesen, wie sehr sein Spiel unter fortgeschrittener Arroganz leidet. Ronaldo könnte ein Löwe sein, aber er ist nur ein Pfau. Hacke, Spitze, eins, zwei, drei, lieber den Gegner lächerlich machen als den Ball zum wartenden Kollegen passen. Die durch die Bank spielstarken Portugiesen litten gegen eine in jeder Beziehung überforderte iranische Mannschaft lange unter ihrer Überheblichkeit, deren Verkörperung Ronaldo war. Es ist die gleiche Krankheit, die auch den Brasilianern im Spiel gegen Kroatien einen holprigen Start ins Turnier beschert hatte. Die Überheblichkeit kann zum brasilianischen Ronaldo-Syndrom wachsen, dazu, daß ein Fußballgenie und einer der besten Torjäger aller Zeiten auftritt wie der späte Buffy Ettmayer. Und sie kann in der portugiesischen Ronaldo-Variante dazu führen, daß sich ein Ausnahmespieler wie ein egomanischer Alleinunterhalter aufführt. Wäre nicht Deco gewesen, das Gegengewicht zu den eitlen Selbstdarstellern im Team, die Portugiesen hätten trotz aller Überlegenheit wohl auch nach der Pause kein Tor erzielt. Auch der gebürtige Brasilianer Deco ist ein brillanter Kicker, aber er ist auch ein Teamplayer. Er fordert den Ball – und gibt ihn wieder her. Schnörkel flicht er nur ein, wenn notwendig, um mal einen Gegner zu überlupfen, ansonsten zelebriert er ein klares, feines Spiel. (...) Welches portugiesische Modell setzt sich in den kommenden Partien durch: Art Deco, die Verbindung von Eleganz und Nutzen – oder Ronaldos Operettenfußball auf dem linken Flügel?“