Ende mit Scham und Schrecken
Schaaf entschuldigt sich für die 2:7-Blamage / Lyon hat Werder aller Illusionen beraubt
Im Hauptfach "Fußball" hatten sie kläglich versagt. Aber immerhin verdienten sich die Profis von Werder Bremen nach dem unwürdigen Achtelfinal-Aus in der Champions League noch eine gute Note im Nebenfach "Betragen". Mit dem letzten Rest an Würde, der ihnen nach der 2:7-Demütigung bei Olympique Lyon geblieben war, schlichen die Spieler in die Bremer Kurve des "Stade de Gerland" und bedankten sich bei knapp 2 000 mitgereisten Fans für deren Kommen. "Dass sie solch ein Spiel miterleben mussten, tut mir Leid. Dafür können wir uns nur entschuldigen", sagte Trainer Thomas Schaaf, dem der Frust und das Entsetzen über die peinliche Packung ins Gesicht gemeißelt war. Nie zuvor unter seiner Regie hatte Werder in einem Spiel sieben Tore gefangen. Nie zuvor waren die Bremer in einem Europacup-Spiel so vorgeführt worden. Und erst einmal ist ein Deutscher Meister in der Champions League dermaßen unter die Räder gekommen: Es war - - sieh' an - Werder Bremen. Am 30. März 1994 hatte es gegen den FC Porto eine 0:5-Klatsche gegeben. Doch Porto war für Schaaf am späten Mittwochabend ganz weit weg. Der 43-Jährige stand einzig unter dem lähmenden Einfluss des gerade Erlebten. "Dieses Spiel", resümierte er, "gehört sicher nicht zu meinen Highlights." Die hatten die Bremer in der Gruppenphase mit den Siegen über Valencia und Anderlecht geliefert. Und diese Partien ermutigten Sportdirektor Klaus Allofs auch, eine positive Bilanz der Champions-League-Saison zu ziehen: "Auch wenn der gute Eindruck durch die Niederlagen gegen Lyon verwischt wird, sind wir unter dem Strich zufrieden. Das Achtelfinale war unser Ziel, und das haben wir erreicht." Geschätzte 15 Millionen Euro dürfte Werder insgesamt eingenommen haben - auch das ist zufriedenstellend. Das Ende jedoch war erschütternd und ernüchternd. "Untergegangen" sei die Mannschaft, sagte Allofs unverblümt. Versenkt und vorgeführt von einem übermächtigen Gegner. Durch die Tore von Sylvain Wiltord (8., 55., 64.), Mickael Essien (17., 30.), Florent Malouda (60.) und Jeremy Berthod (80./Foulelfmeter) fühlte sich Fabian Ernst "bis auf die Knochen blamiert". Werder hatte der Torflut nur die Treffer von Johan Micoud (32.) und Valerien Ismael (59./Foulelfmeter) entgegenzusetzen - sonst aber absolut nichts. Die Leistung war - für jeden erkennbar - schockierend schlecht. "Wir haben uns abschlachten lassen", befand Kapitän Frank Baumann. Die eigentliche Absicht, das 0:3 aus dem Hinspiel, wettzumachen - oder wenigstens "das schöne, das tolle Gesicht" zu zeigen (O-Ton Schaaf) - schlug dabei völlig fehl. Gründe? Ursachen? Vielleicht die drei Stürmer, die die Bereitschaft zum Risiko dokumentierten? "Das mussten wir probieren, eine andere Möglichkeit gab es nicht", verteidigte Schaaf seine Taktik. Dass der Schuss dann nach hinten losgegangen ist, lag laut Fabian Ernst auch nicht "an der Auf-, sondern an der Einstellung". Kein Zweikampfverhalten, keine Disziplin im Spiel - das waren für Klaus Allofs die Komponenten, aus denen das Desaster gebaut war. In aussichtsloser Lage weiter nach vorne zu rennen, sei eben "nicht clever", meinte der Manager und stellte knallhart fest: "Wir waren bemüht, doch die Mittel waren untauglich. Wir haben ohne klaren Verstand gespielt. In Deutschland sind wir zwar eine Spitzenmannschaft. International sieht das aber anders aus." Logische Schlussfolgerung: Die in Sachen Fan-Pflege gut ausgebildeten Bremer Profis brauchen fußballerisch noch Fortbildungen, um zur absoluten Spitze Europas zu zählen. Oder wie Micoud es ausdrückt: "Der Unterschied zwischen uns und Lyon ist, dass wir neu sind in der Champions League und Olympique seit vier Jahren kontinuierlich vertreten ist. Da haben wir noch viel zu lernen."