Wenn einer eine Reise tut
Wie heißt es so schön: Wenn einer Reise tut, dann kann er etwas erzählen. Gemeint im Sinne von Unterhaltung, Spannung und Amüsement. Im Fall von Borussia Mönchengladbach sind es alle zwei Wochen dieselben Geschichten, die von fehlender Leidenschaft, vermisstem Kampfeswillen und minimaler Punkteausbeute berichten. bundesliga.de über die Bilanz eines Bundesligisten fern der Heimat.
Auswärts gibt es wenig zu bejubeln
Die nackten Zahlen schocken selbst kühle Statistiker: Seit dem Wiederaufstieg im Jahr 2001 hat Borussia Mönchengladbach 81 Auswärtsspiele bestritten. 47 Niederlagen kassierten die Borussen und 26 Auftritte endeten Unentschieden. Ergo: Ganze acht Siege durften in nunmehr fast fünf Jahren bejubelt werden. Oder umgekehrt gesagt: In 73 Spielen auf fremdem Rasen blieben die Borussen sieglos. Zum Vergleich: In der Saison 1995/96, als sich die Gladbacher letztmals für das internationale Geschäft qualifizierten, waren es in 17 Spielen immerhin sieben. Unnötig zu erwähnen, dass die Gladbacher in der Rückrunde mit nur einem Zähler das schlechteste Auswärtsteam sind.
1 1/2 Erdumrundungen
Aus Sicht der Anhänger sieht die Bilanz noch erschreckender aus. bundesliga.de hat einmal nachgerechnet. Geht man davon aus, dass sich der gemeine Fan von Mönchengladbach aus auf den Weg in die weite Bundesliga-Welt macht, hat der treue Anhänger in den letzten knapp fünf Jahren etwa 57.390 Kilometer zurückgelegt. Bei einem Erdumfang von etwa 40.000 Kilometern haben die 'Fohlen'-Fans satte 1 ½ Erdumrundungen hinter sich. Spielt man das Spiel ein wenig weiter, feiern die Borussen alle 7173 Kilometer einen Sieg. Oder einfacher gesagt: Erst auf Hawaii gibt es einen 'Dreier'. Bei insgesamt 50 Auswärtszählern würde alle 1150 Kilometer, also in Barcelona, zumindest ein Punkt winken.
Die 562 Kilometer zur 0:3-Pleite in Kaiserslautern verarbeiteten die Anhänger auf ihre Weise: Mit einer gehörigen Portion Ironie. Das alleine das in den Jahren verfahrene Spritgeld für einen Neuwagen reichen würde, wird verdrängt. 'Wir fahren weit, wir fahren viel und verlieren jedes Spiel', schallte es auf dem Lauterer Betzenberg aus dem Fanblock der Gäste. Bierbecher flogen, verfehlten aber genauso ihr Ziel wie die verbalen Giftpfeile. Die sind aufgrund der Sprachbarriere zwischen Anhängern und den meisten Akteuren, die in fremden Stadien die Raute auf der Brust lediglich spazieren tragen, quasi wirkungslos.
'Was soll man machen, nach der ersten Enttäuschung macht sich wieder Hoffnung breit und letztendlich fährt man doch wieder.' Was sich nach Resignation anhört, ist in Wirklichkeit unerschütterliche Liebe zum Verein. Die zumeist vier bis fünftausend Masochisten 'tragen die Raute im Herzen', so die einhellige Meinung. Wer in der Vorwoche noch Ziel des Becherwurfs war, wird möglicherweise nur Tage später lauthals bejubelt. Die Suche nach dem 'Warum' endet meist in einer Sackgasse. Rational ist solch ein Verhalten nicht erklärbar. Wer Böses will, unterstellt den Fans Sensationsgier. Denn wer will ihn schon verpassen, den neunten Auswärtssieg nach der Rückkehr in die Bundesliga?
Internationale Träume
Die Crux ist, dass der Verein erstmals seit 1996 wieder von internationalen Tantiemen träumen darf. Denn trotz der neuerlichen Auswärtsschlappe sind es nur drei Punkte bis zum fünften Rang. Trainer Horst Köppel wird allerdings nicht müde, die Euphorie rund um den Borussia-Park einzudämmen. Und stellt sich dabei inzwischen sogar selbst in Frage: 'Auch der Trainer wird an dieser Leistung gemessen. Da stellt man sich wirklich die Frage, ob man als Trainer alles richtig macht.'
Alles richtig macht die Borussia zumindest vor heimischem Publikum. Die 7-5-2 Bilanz ist UEFA-Cup-reif. Warum dann diese Diskrepanz zur Auswärtsbilanz? Wenn schon der Coach ratlos ist, kann auch die freie Enzyklopädie Wikipedia nicht helfen. Bei der verzweifelten Suche nach weiteren Informationen zum Mythos 'Auswärtssieg' wird der User weitergeleitet – zum Begriff 'Heimspiel'.
Quelle:
http://www.bundesliga.de/intern/archiv/34834.php
Ohne Worte