"Hoeneß' Kritik hat wehgetan"
Werders Rückkehrer Torsten Frings im Interview / "In Bremen habe ich die nötige Rückendeckung"
Das war 1998: Torsten Frings (re.) für Werder im Einsatz. Foto: dpa
Von Arne Flügge
BREMEN · DFB-Teammanager Oliver Bierhoff hat erkannt: "Torsten ist lockerer geworden." Nach Bekanntgabe des Wechsels von Nationalspieler Torsten Frings von Bayern München zu Werder Bremen scheint dem 28-Jährigen in der Tat eine Last von den Schultern gefallen zu sein. Warum er die Bayern nach nur einem Jahr wieder verlässt, wieso er mit Trainer Felix Magath nicht zurechtkam und welche Ziele er mit Werder hat, verrät Torsten Frings im Interview.
?Herr Frings, sind Sie froh, dass der ganze Transfer-Trubel - auch im Hinblick auf den Confed Cup - jetzt vorbei ist?
!"Ja. Ich bin froh, dass ich den Kopf wieder frei habe. Ich freue mich total auf Werder. Dort habe ich mich immer absolut wohl gefühlt. Ich bin damals nach sechs Jahren zwar weggegangen, habe Bremen aber nie aus den Augen verloren. Ich habe mein Haus in Achim behalten, weil für mich immer feststand, dass ich irgendwann mal nach Bremen zurückkehre, weil ich mich dort so wohl gefühlt habe."
?Dass es so schnell ging, damit haben Sie sicher nicht gerechnet.
!"Nein. Aber der Kontakt zu Trainer Thomas Schaaf und zu Werder ist nie abgebrochen. Deswegen freue ich mich umso mehr, dass ich jetzt wieder bei Werder spielen kann."
?Ziehen Sie wieder in Ihr altes Haus?
!"Nein, weil es zu klein ist. Mittlerweile habe ich zwei Kinder. Das Haus ist vermietet. Und die Mieter können beruhigt sein. Ich suche mir 'was anderes."
?Was waren Ihre Beweggründe für den Wechsel?
!"Ich habe mich in München vom ersten Tag an nicht wohlgefühlt. Bayern - das war nicht mein Ding. Ich hab' da von meiner Art her einfach nicht hingepasst. Und weil der Kontakt zu Bremen immer da war, hat mich Klaus Allofs gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, zurückzukommen. Und da habe ich nicht gezögert."
?Was war denn nicht "Ihr Ding" bei den Bayern?
!"Ich muss mich wohl fühlen, das habe ich nicht getan. Ich habe von meiner Mentalität her nicht zu den Bayern gepasst. Die genaueren Gründe möchte ich nicht erläutern, dann würde ich nur Ärger kriegen."
?Das klingt, als hätten Sie in diesem einen Jahr bei den Bayern mehr Zoff gehabt als vermutet?
!"Sportlich gesehen war es ein sehr erfolgreiches Jahr. Wir haben das Double geholt. Ich habe auch bis auf drei, vier Spiele zum Schluss alles gespielt. Von der Seite her kann man zufrieden sein. Aber wie gesagt: Ich hab' mich da nie richtig wohl gefühlt und habe nie das 100-prozentige Vertrauen vom Trainer gespürt, dass er hinter mir steht. Und deswegen möchte ich dahin zurück, wo ich weiß, dass ich mit Thomas Schaaf und Klaus Allofs Leute hinter mir habe, die mir den Rücken stärken, auch wenn's vielleicht mal nicht so gut läuft."
?Sie sprechen von fehlendem Vertrauen. Hat Bayern-Trainer Felix Magath Sie fallen lassen?
!"In gewisser Weise hat mich Magath schon unterstützt. Er hat mir aber nicht die absolute Rückendeckung gegeben, die ich gebraucht hätte. Ich hätte viel lieber auf meiner Position gespielt, auf der ich am stärksten bin - zentral vor der Abwehr, nicht irgendwo anders im Mittelfeld. Ich konnte daher meine Stärken nie richtig ausspielen."
?Ging es allein um die von Ihnen gewünschte Position? Ihr Verhältnis zu Magath war schon 1999 in Bremen nicht besonders . . .
!"Wir hatten wieder nicht die beste Beziehung. Er war nicht gerade mein Förderer. Es war halt nur ein Arbeitsverhältnis. So richtig harmonisch war es nicht. In der Hinsicht war es sicher nicht ideal. "
?Nun hat auch noch Uli Hoeneß vom Leder gezogen. Er sagte, Sie seien kein Leader-Typ, kein Fighter, man hätte sich in Ihnen getäuscht, Sie würden die Schuld immer bei anderen suchen. Wie sehr trifft Sie eine solche Kritik?
!"Das hat wehgetan und mich schon sehr getroffen, weil es einfach nicht stimmt. Ich möchte darauf aber nicht weiter eingehen, weil es mir eigentlich egal ist, was er sagt."
?Müssen Sie sich jetzt den Makel anheften lassen, beim FC Bayern gescheitert zu sein?
!"Nein. Ich habe rund 45 Pflichtspiele für die Bayern gemacht, wir haben das Double geholt. Doch ich habe gemerkt, ich passe einfach nicht dahin, und deswegen gehe ich da weg."
?Nehmen Sie für den Wohlfühleffekt in Bremen jetzt auch finanzielle Abstriche in Kauf?
!"Klar, ich muss auf sehr viel Geld verzichten. Das ist mir bewusst. Es ist aber kein Problem für mich. Das nehme ich in Kauf, um wieder bei Werder spielen zu können."
?Mit welchen Erwartungen kehren Sie zurück, was sind Ihre Ziele mit Werder?
!"Ich denke zunächst einmal, dass Werder sich in den letzten drei Jahren super weiterentwickelt hat. Als ich vor drei Jahren gegangen bin, war die Mannschaft noch nicht so stark wie jetzt. Ich möchte mit Werder den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Ich will oben angreifen und um die Meisterschaft mitspielen, ganz klar. Wer 2004 das Double geholt und 2005 die Qualifikation zur Champions League erreicht hat, für den kann das Ziel nur lauten, wieder unter die ersten drei zu kommen. Und dazu will ich meinen Teil beitragen."
?Thomas Schaaf sagt, dass nun in Bremen hohe Erwartungen an Sie gestellt werden und dass dies eine große Herausforderung für Sie wird. Sehen Sie das ähnlich?
!"Natürlich. Ich bin Stammspieler der Nationalmannschaft, habe sehr viele Länderspiele gemacht. Da stehe ich besonders unter Druck und werde mit anderen Augen gesehen. Das ist für mich persönlich aber kein Problem."
?Könnte der Wechsel ihren Stammplatz in der Nationalmannschaft gefährden?
!"Das glaube ich nicht. Ich bin in der Nationalmannschaft Stammspieler, und das werde ich auch bleiben. Egal, ob ich jetzt bei Bayern oder bei Werder spiele."
?Valerien Ismael hat gesagt er werde seinen Torjubel beibehalten und auch für die Bayern salutieren. Wie werden Sie künftig ihre Tore für Werder feiern?
!"Keine Ahnung. Ich hoffe natürlich, dass ich möglichst viele Tore für Werder schieße. Aber ich nehme mir da keinen speziellen Jubel vor."
?In Bremen hatten Sie die Nummer 22, bei den Bayern die Nummer acht. Beide sind bei Werder derzeit frei. Für welche entscheiden Sie sich?
!"Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Für mich ist es nur wichtig, dass ich zurückkomme."
?Sie hatten vor drei Jahren Ihren Abschied von Bremen erzwungen. Seinerzeit haben Sie auch sehr kritische Töne gegen Werder angeschlagen.
!"Ja, ich habe damals einige blöde Sachen gesagt. Im Nachhinein weiß ich, dass das falsch war. Mit dem, was ich gesagt habe, muss ich leben. Jetzt werde ich in Bremen wieder richtig Vollgas geben . . ."
?. . . um Felix Magath zu beweisen, dass Sie auf der Position vor der Abwehr eben doch am wertvollsten sind?
!"Nein, ich muss niemandem mehr etwas beweisen. Ich bin 28 Jahre, habe fast 250 Bundesligaspiele absolviert und bin Vizeweltmeister. Auch mir muss ich nichts beweisen, denn ich habe auch bei Bayern gezeigt, was ich kann. Ich möchte jetzt einfach wieder Spaß daran haben, Fußball zu spielen."