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Bremen: Interview der Woche mit Fabian Ernst - 31.03.2005 11:09
"Mit Bayern ist ein hochklassiges Spiel unmöglich"
"Mit Bayern ist ein hochklassiges Spiel unmöglich"
Er ist Meister und will es wieder werden: Fabian Ernst(24) weiß, dass sich Werder im letzten Saisonabschnitt nicht mehr viel erlauben darf. Das geht schon am Samstag gegen Stuttgart los.
kicker: Sie haben gewiss Frohe Ostern gehabt, Herr Ernst?
Fabian Ernst: Ja, danke.
kicker: Vor allem im Hinblick auf die Perspektiven in der Nationalelf. Sie waren in Slowenien nicht dabei. Wie es heißt, dürfen sich alle diejenigen, die fehlten, als Gewinner fühlen.
Ernst: Von dieser Denkweise halte ich nicht viel. Es wird immer solche Spiele geben mit einem Gegner, der nichts zu verlieren hat und zunächst defensiv eingestellt ist.
kicker: Wie bewerten Sie Ihren Status bei Jürgen Klinsmann?
Ernst: Besser geworden. Ich hatte meine Chancen, habe sie genutzt. Ich kann eine feste Größe werden.
kicker: Doch Klinsmann setzt im defensiven Mittelfeld auf Frings.
Ernst: Im Mittelfeld herrscht wahrlich große Konkurrenz. Doch es gibt noch andere Rollen. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, wer mit wem spielt. Es geht um ein hohes Level in jedem Mannschaftsteil, damit wir erfolgreich sind.
kicker: Zentral defensiv - ist dies Ihre Lieblingsposition, auf der bei Werder Baumann spielt, für die Sie in Schalke favorisiert sind?
Ernst: Mit Abstrichen ja. Die Rolle ist mir sympathisch. Sie kommt meiner Veranlagung entgegen. Ich muss von weiter hinten kommen, das Spiel vor mir haben.
kicker: Duell der Verfolger gegen Stuttgart. Die letzte Chance?
Ernst: Wir sprechen jetzt über den Titelkampf? Eindeutig ja, für beide.
kicker: Und im Hinblick auf Platz 3?
Ernst: Da gucke ich nicht hin. Mich interessiert nur der Titel.
kicker: Titelträumereien bei sechs Punkten Rückstand auf die Spitze?
Ernst: Wenn, dann mit realem Hintergrund. Weder Bayern noch Schalke sind so souverän, so stabil. Die werden auch noch scheitern.
kicker: Das bedeutet: Werder darf selbst nicht scheitern.
Ernst: Richtig, höchstens ein Spiel der ausstehenden acht dürfen wir noch verlieren.
kicker: Ist Bremen dazu in der Lage?
Ernst: Ja, uns ist bewusst, dass wir nur noch Endspiele haben. Es ist ein schmaler Grat zwischen Erfolg und Scheitern. Wir dürfen uns keine Fehler mehr erlauben.
kicker: Nachgefragt: Ist Werder gerüstet für den Endspurt?
Ernst: Ja, wir sind stark, vom Potenzial her so stark, dass wir auch gegen die unmittelbaren Rivalen gewinnen können. Besser als Werder ist niemand, auch nicht Bayern, nicht Schalke. Wir sind am eigenen Versagen gescheitert.
kicker: Ist die Ohrfeige von Lyon verdaut?
Ernst: Ich kann nur für mich sprechen. Eindeutig ja.
kicker: Warum scheitert Werder diesmal in den großen Spielen?
Ernst: Die Spitzenspiele waren nicht entscheidend. Wir stehen nicht oben, weil wir diese nicht gewonnen haben. Sondern: Es waren unsere Ausfälle in den Partien gegen Mainz, Gladbach und HSV. "Jeder weiß, wie wir spielen. Wir können keinen überraschen."
kicker: Was fehlt in dieser Saison?
Ernst: Schwere Frage. Die Belastung ist höher durch die Champions League, eine Frage der Kraft. Zudem sehen uns die Gegner mit anderen Augen. Jeder weiß, wie wir spielen. Wir können keinen mehr überraschen.
kicker: Klingt da Kritik durch, dass durch die perfektionierte 4-4-2- Raute taktische Flexibilität fehlt?
Ernst: Nein, wir sind im Mittelfeld sehr variabel. Jeder kann das Spiel eröffnen. Es ist vielmehr so, dass die Gegner noch mehr auf Zerstören aus sind, auf zu null.
kicker: 4:4 zwischen dem VfB und Werder in der letzten Saison - davon schwärmen noch alle. Eine Wiederholung am Samstag?
Ernst: Möglich, weil Stuttgart anders spielt als die anderen. Die spielen mit, spielen nach vorn.
kicker: Es fällt auf, dass die Spitzenspiele sich in dieser Serie auf schwachem Niveau eingependelt haben. Woran liegt das?
Ernst: An den Bayern.
kicker: Wie bitte?
Ernst: Das können Sie ruhig schreiben. Mit Bayern ist ein hochklassiges Spiel unmöglich. Sie haben spielerisch noch nicht überzeugt.
kicker: Zu Ihrer Form: In der Hinserie nicht schlecht, doch nach der Pause wieder die alte Leistungsstärke. Stimmt diese Beobachtung?
Ernst: Ja, ich fühle mich nun besser. Nach der kurzen Vorbereitung im letzten Sommer bin ich schwer in Tritt gekommen. Bis meine Maschinerie läuft, dauert es schon.
kicker: Sie wechseln zu Schalke, immer wieder wegen der Finanzierung auf Pump mit Dortmund verglichen. Haben Sie keine Angst, dass den Gelsenkirchenern ein ähnliches Schicksal bevorsteht?
Ernst: Ich gehe dorthin, um Erfolg zu haben. Schalke hat vom Potenzial her eine Elf, die nicht im UI- Cup spielen sollte. Über Jahre hinweg muss die Champions League das Ziel sein. Schalke ist zu stark, um in Probleme zu kommen.
kicker: Werder galt im Double-Jahr als verschworene Gemeinschaft. Dann der Tiefschlag in Belek, die Handgreiflichkeiten zwischen Johan Micoud und Ihnen. Indiz für Spannungen?
Ernst: Ich könnte dazu viel sagen, will es aber nicht. Weil ich dann die ganze Sache wieder aufrollen müsste.
Interview: Hans-Günter Klemm
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