Odonkor: Heimweh auf Rechtsaußen

Kurz-de-Borussia

Dortmunder.
Ein Jahr nach der WM läuft David Odonkor immer noch allen Verteidigern davon - und ist doch nicht glücklich beim abstiegsbedrohten Betis Sevilla.

Von Ronald Reng

In der Umkleidekabine von Betis Sevilla hat die Polizei das Kommando übernommen. Alle hierbleiben, sagt die Polizei: zur eigenen Sicherheit. Ansonsten, so kommt es David Odonkor vor, "redet eine Stunde lang niemand ein Wort" in der Kabine seiner Fußballmannschaft. Müllcontainer brennen am vergangenen Samstag nach der 0:5-Niederlage von Betis in der spanischen Liga gegen CA Osasuna vor dem Stadion Heliópolis, hunderte Betis-Fans zielen mit Leuchtraketen, Steinen und Flaschen in Richtung Ehreneingang, wo die sein müssen, die sie enttäuscht haben, Präsidium, Mannschaft. Die Polizei antwortet, als sei dies ein Bürgerkrieg, mit Gummigeschossen.

Seine Frau, seine Schwester mit ihrem Baby und sein Agent, die beim Spiel zugeschaut haben, rennen mal in die eine Seitenstraße, dann in die andere, gut eine halbe Stunde lang. Es scheint keinen Fluchtweg vor dem Mob zu geben, ruft seine Frau ins Handy, David Odonkor hört es, eingesperrt in der Umkleide. Da klingt es wie ein ungewollt ironische Understatement, als er am nächsten Tag sagt: "Ich habe mir das hier alles etwas anders vorgestellt."

Es war Samstag, der 9. Juni. Das Datum müsste ihm etwas bedeuten. "Nein", sagt Odonkor und wird neugierig: "Warum?" Am 9. Juni des Vorjahres spielte er im Eröffnungsspiel der Weltmeisterschaft gegen Costa Rica zum ersten Mal für Deutschland. Das deutsche Sommermärchen begann und fünf Tage später erkannte Deutschland an David Odonkor, dass Utopia vielleicht doch existiert.



» In schlechten Momenten denkst du besonders oft an die guten zurück. «

David Odonkor
Wer könnte nicht noch genau sagen, wo er war, als Odonkor gegen Polen eingewechselt wurde, und Odonkor, in dem praktisch niemand außer Bundestrainer Jürgen Klinsmann einen Nationalspieler vermutet hatte, in der letzten Spielminute zum 1:0-Siegtor durch Oliver Neuville flankte. In diesem Moment, in jenem David Odonkor - schüchtern, knuddelig; der unwahrscheinlichste Held - offenbarten sich die deutschen Emotionen der WM in ihrer Reinheit: das wunderbare Gefühl, wenn Glück und Verrücktheit eins werden. Doch, sagt Odonkor ein Jahr später, nicht das Datum, aber den Augenblick habe er sehr präsent. "In schlechten Momenten denkst du besonders oft an die guten zurück."

Wenn Betis am kommenden Sonntag, am letzten Spieltag, in Santander nicht gewinnt, ist ein Team, das vor zwei Jahren noch Champions League spielte und entsprechende Ansprüche hegt, vermutlich abgestiegen. Zuvor hatte er schon über die Hälfte seiner ersten Saison in Spanien wegen einer Knieverletzung verloren. Deswegen ist nicht alles schwarz, was vergangenen Juni weiß war. Odonkor ist mit 23 Jahren momentan mehr denn je, wonach er sich bei seinem Kindheitsklub Borussia Dortmund immer vergeblich sehnte: Stammspieler. Im Training lacht er viel. Doch wer ihn besucht, ein Jahr nach dem Traumwandel der WM, fragt sich leise, wo denn die Freude hin ist in seinem Leben. Das Lachen im Training ist vor allem ein Mittel, das fehlende Spanisch zu ersetzen.

Er war im Sommer 2006 für Momente ein Weltklassespieler. Danach wollte er es natürlich für immer sein. Das Angebot von Betis, mit WM-Star-Gehalt, schien die Einladung dazu. Nun wohnt er mit seiner Frau in einem Sevillaner Vorort. Er sagt, sie gingen fast nie in die Stadt. Man stehe so lange im Stau. Er sagt, sie waren nur zweimal am Meer. Es sei immer so heiß. "Wir sitzen viel alleine zuhause." Sie haben deutsches Fernsehen. Wenn sonntags trainingsfrei ist, fliegt er manchmal nach Hause, nach Westfalen, für einen Tag. Hat er Heimweh? - "Das kann man so sagen."

Der Abstieg wäre ein Weg, aus Sevilla wegzukommen

Nur wer die Augen schließt, samstags im Heliópolis, bevor die Steine fliegen, kann ihn spielen hören und glauben, es sei noch immer WM: Das erstaunte Raunen der Fans verrät einem, dass er wieder den rechten Flügel hinunterstürmt. Niemand im Fußball ist schneller als Odonkor. Er hat eine merkwürdige Art zu flanken; er grätscht dabei. Niemand sonst macht das: den Ball vorlegen und hineinschlittern. "Ich weiß auch nicht, wieso ich das tue, das kommt instinktiv." Seit er vor einem Monat von seiner Knieverletzung zurückkam, ist er bei Betis gesetzt, denn in einem Team in Panik ist er die einzige verbliebene Garantie: Davon läuft er immer allen, und wenn wie gegen Osasuna bei den Mitspielern alles schief geht, gelingen ihm bei 15 Flanken immerhin fünf.

Odonkor ist Weltklasse in einem Detail: er kann eine stabile Defensive, ein festgefahrenes Spiel mit seinen Flankenläufen aufreißen. Aber sein Spiel kennt keine Varianten, er zieht nicht nach innen, ist auf engem Raum schachmatt. Es gibt nicht viele Trainer wie Betis’ Luis Fernández, die in solch einem Spieler mehr als einen idealen Einwechselspezialisten sehen. Am Sonntagabend bekommt Odonkor einen Anruf vom Klub. Fernández ist nach dem 0:5 entlassen.

Es ist ein Gedanke, den ein Profi nicht denken darf: Der Abstieg wäre ein Weg, aus Sevilla wegzukommen. Er hat sich Betis Sevilla für vier Jahre verpflichtet. Er sagt, "da muss ich jetzt durch". Aber natürlich gehen ihm auch andere Gedanken durch den Kopf, eingesperrt in der Umkleidekabine, noch drei Stunden nach Schlusspfiff. Die Familie ist zum Glück heil nach Hause gekommen. Um zwei Uhr nachts kann dann auch David Odonkor endlich aus dem Stadion. Die Mehrzahl der Fans war plötzlich weggerannt, dann doch recht pragmatisch in ihrem Zorn: Den letzten Bus in die Stadt wollten sie nicht verpassen.


Quelle: süddeutsche
 
Als er nach den ersten paar Spieltagen bei uns unzufrieden war und offenbar glaubte der größte Held auf Erden zu sein, wechselte er für ca. 6 Mio. Alle haben damals gesagt "Glückwunsch Dortmund, Transfer des Jahres", ich auch...

Dennoch find ichs schade, dass es so schlecht gelaufen ist für Odonkor, man muss fairerweise auch sagen, dass er wohl ne ganze Zeit lang verletzt war und so nie richtig Anschluss fand. Das der neue Verein dann noch in den Abstiegsstrudel gekommen ist, machte die Sache nicht leichter. Ich hoffe, dass es für ihn wieder bessere Zeiten gibt, denn auch wenn Odonkor technisch arg limitiert ist. Er ist mit seiner unglaublichen Geschwindigkeit immer eine gute taktische Variante wie wir bei der WM gesehen haben, zu mehr als nem Joker wird es imho aber dennoch nicht reichen...
 

Mattlok

Comunio Legende a.D.
Odonkor verdient ein Schweinegeld, mehr als er je in Deutschland verdienen würde - Ok er ist nicht glücklcih dort - da muss man halt abwegen was für einen Fussballprofi Priorität hat, 2,5 mal so viel cerdienen udn dafür da sein wo man sich wohl fühlt oder eben andersrum.
 

Kurz-de-Borussia

Dortmunder.
Vom 10. Spieltag bis zum 32. Spieltag hat er kein Spiel gemacht, das war wohl der Zeitraum der Verletzung... Am 32. und 33. Spieltag wurde er eingewechselt, danach war er tatsächlich Stamm für 4 Spieltage, ist aber auch nicht so wahnsinng lange :zwinker3: ...

na gut ok. der Artikel lässt auf was anderes schließen. habe die montasangabe überlesen

Seit er vor einem Monat von seiner Knieverletzung zurückkam, ist er bei Betis gesetzt, denn in einem Team in Panik ist er die einzige verbliebene Garantie
 

Mattlok

Comunio Legende a.D.
na gut ok. der Artikel lässt auf was anderes schließen. habe die montasangabe überlesen

Seit er vor einem Monat von seiner Knieverletzung zurückkam, ist er bei Betis gesetzt, denn in einem Team in Panik ist er die einzige verbliebene Garantie

passt doch, die sidn doch aktuell beim 37 Spieltag, der 32/33 dürfte doch grob vor nem monat gewesen sein...
 
Möchte mein erstes Posting hiermit korrigieren: "...zu mehr als nem Joker in nem guten Verein wird es imho aber dennoch nicht reichen..." :zahn:
 
B

beribert

Guest
Ich sehe hier vielmehr als nur die Probleme seiner Art Fußball zu spielen. Er ist einfach nicht integriert und schafft es auch nicht leicht sich integrieren zu lassen. Wenn er nicht aus seiner Wohnung rausgeht, die Sprache nicht lernt, sich nicht an die spanischen Verhältnisse irgendwie anpasst - das geht schon und erst recht in so einer tollen Stadt, wie Sevilla - dann wird es nie etwas werden.

Geben wir es einfach unumwunden zu, der gute David ist nicht der Hellsten einer, um es vorsichtig auszudrücken. Vielleicht ist es für solche Typen einfach umso schwerer sich in einem vollkommen fremden Umfeld zu bewähren. Da mangelt es dann auch an den Grundvoraussetzungen, die da heißen Sprache lernen, Kultur und Mentalität des neuen Landes aufnehmen, um auch im Team anzukommen. Das alles hat er scheinbar nicht geschafft.

Schade, ein Wechsel zurück nach Deutschland erscheint die logische Konsequenz daraus zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:

Zoni

Herthafan aus Überzeugung
Tja, nur Klinsmann hat in Odonkor einen super Spieler gesehen. Nur schnell laufen bringt nur was in Malle am All Inclusive Buffet. Meiner Meinung nach hätt er die Verletzungspause auch nutzen können um intensiv Spanisch zu lernen, um so seine Integration vorranzubringen. Das es mit der Mannschaft nicht läuft, dafür kann Odonkor ja nix, und ob der Wechsel ein Fehler war nehm ich auch nicht an, denn nun scheint er ja mehr Geld zu bekommen, und hatte einige Spielzeiten. Ist halt die Frage, ob der neue Trainer noch auf ihn setzt.
Für Betis ist Odonkor aber wohl ein Fehleinkauf..... wenn auch ein ziemlich schneller.
 

Kurz-de-Borussia

Dortmunder.
Tja, nur Klinsmann hat in Odonkor einen super Spieler gesehen. Nur schnell laufen bringt nur was in Malle am All Inclusive Buffet.
Für Betis ist Odonkor aber wohl ein Fehleinkauf..... wenn auch ein ziemlich schneller.

Sehr schön gesprochen :lachtot: :spitze:

Nur wo soll Oodnkor hin, wenn Betis absteigt? Wäre zu Schade, wenn der Junge da unten versauert...
 

CouchCoach

Meister Fan
Mein Mitleid hält sich in Grenzen, er verdient gut und spielt regelmäßig. Das er private Probleme hatte war sicher nicht so schön für ihn (seine Frau hat ein Kind verloren), aber er schafft es schon. Wenn er an seinen Defiziten arbeitet (viel Glück :floet: ) wird er sich auch auf Dauer in Sevilla durchsetzen. Wäre nur dumm, wenn Betis absteigt.

Für Dortmund war es das Geschäft des Jahrhunderts! Gute Arbeit Herr Zorc :spitze:
 

Cashadin

Moderator
Teammitglied
Prinzipiell muss man auch dazusagen: Vieles bei der Betrachtung von Odonkor ist letztlich nicht mehr als ein festgefahrenes Klischee.

Odonkor ist für die Medien einer der rennt und flankt. Weitgehend richtig. Aber das ist in etwa so als ob Ze Roberto nur einer ist der dribbeln kann, Drogba nur hoch springen und köpfen und Jens Lehmann ja nur herauslaufen kann.

Es ist ein Klischee. Ich habe von Odonkor auch schon sehr viele kluge Pässe gesehen wenn er in die Mitte zog - und auch schon sehr gute Dribblings. Auch bietet er sich sehr sehr oft für Doppelpässe an. Wie sehr aber sein Bild vom Klischee geprägt ist sieht man auch oben in dem Artikel:

Die Stärken von Odonkor werden beschrieben als: Kann ein festgefahrenes Spiel und eine gesicherte Defensive aufreissen.

Seine Schwäche als: Ist auf engem Raum schachmatt.

Das ist nicht nur deshalb natürlich aus taktischer Sicht ziemlicher Blödsinn weil man natürlich sehr wohl gegen eine gesicherte Defensive auf sehr engem Raum agieren muss, der Autor also meint seine Schwäche sei seine Stärke und umgekehrt...oder schlicht sagen will: Manchmal funktioniert Odonkor, manchmal nicht, und ich habe keine Ahnung warum.

Aber vor allem ist es auch Quatsch weil die Einschätzung das Odonkor nur in solchen Spielen funktioniert falsch ist. Er funktioniert schliesslich gerade auch in offenen Spielen, bei denen der Gegner weit aufrückt. Und in solchen bei denen das Spiel schnell gemacht wird.

Er hat sogar im Nationaldress in Spielen funktioniert in denen man eine stabile Defensive brauchte und er die rechte Seite auch defensiv beackern musste.

Das Problem dabei ist, dass dies komplexer ist als nur die Darstellung: "Odonkor ist schnell aber limitiert"

Natürlich darf man Odonkor nicht zum Heilsbringer hochschreiben. Natürlich hat sein Spiel noch immer grobe Schwächen. Aber ihn auf das tolle Medienklischee zurechtzustutzen verkennt dass man sehr wohl auch solche Spieler sehr gut nutzen kann, und dass das Hauptproblem um Odonkor zu nutzen ist: Man braucht eine Taktik dafür die seine Stärken nutzt.

Das gilt aber letztlich für alle Spieler die ich kenne.

Odonkor bleibt weiterhin ein interessanter Spieler für die in Deutschland sehr dünn besetzte Aussenbahn - je eher er zurückkommt umso besser.
 
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