Trainersuche in der entscheidenden Phase - Club-Führung sieht Kuranyis Wechsel zum FC Schalke 04 gelassen
Staudt verspricht Topstürmer für den VfB
Stuttgart - Kevin Kuranyi ist weg, der neue Trainer noch nicht verpflichtet. Für VfB-Präsident Erwin Staudt kein Grund zur Panik: "Jetzt greift Plan B." Und darauf steht ganz oben der Name des Schweizer Nationalstürmers Alexander Frei.
VON GUNTER BARNER
Das schnelle Ende konnte niemanden mehr wirklich überraschen. Am Samstagmittag gegen 13 Uhr informierten Verantwortliche des FC Schalke 04 VfB-Präsident Erwin Staudt, dass sie offiziell mit Kevin Kuranyi Kontakt aufnehmen werden. Um 18 Uhr klingelte Staudts Handy. Am anderen Ende: Kevin Kuranyi. "Herr Staudt, ich habe mich entschieden - ich gehe nach Schalke." Der VfB-Chef staunte: "Das nenne ich produktives Arbeiten. Vom ersten Gespräch bis zum fix und fertigen Vertrag brauchen die gerade mal fünf Stunden."
Was der VfB-Präsident damit andeuten will: Der Transfer war von langer Hand vorbereitet. Weshalb Sportdirektor Herbert Briem "das Gerede" von Kevin Kuranyi über mangelnde Wertschätzung beim VfB auch nicht mehr hören will. "Wir haben immer betont, dass wir wissen, was wir an ihm haben. Und wir haben ihm mehrfach klar gemacht, dass wir die Zukunft mit ihm planen."
So oder so: Kuranyi unterschreibt beim Ligakonkurrenten einen Vertrag bis 2010 und will mit den Königsblauen "möglichst viele Titel gewinnen". Sein Gehalt auf Schalke dürfte bei drei Millionen Euro liegen. Der VfB Stuttgart bekommt knapp sieben Millionen Euro Ablöse. Es ist der größte Transfer in der Club-Geschichte. Verkaufen ist das eine, gut einkaufen das andere. "Keine Frage", sagt Briem, "wir werden Kevin gleichwertig ersetzen." Seine Vorstellung: Marco Streller übernimmt im Angriff die Rolle Kuranyis - mit seinem Landsmann Alexander Frei als spielerischem Stürmer an seiner Seite. "Keine Sorge, wir werden wieder einen Topstürmer holen", verspricht Staudt.
"Stuttgart wäre eine Überlegung wert", sagt Frei, der seine Tore für den französischen Erstligisten Stades Rennes schießt. Der Vertrag des Torschützenkönigs in Frankreich läuft bis 2006.
Drei Millionen Euro Ablöse wären wohl fällig. Fürs Schweizer Nationalteam traf der 26-Jährige in 35 Länderspielen 19-mal. Allerdings hat der wendige Angreifer noch immer an der Spuckaffäre während der Euro 2004 zu knabbern. Seine Attacke gegen den Engländer Steven Gerrard und die darauf folgenden Lügengeschichten verfolgen ihn bis heute. "Alex ist nicht abgeneigt, nach Stuttgart zu kommen", schätzt Marco Streller.
Und so wie die Dinge derzeit liegen, wäre
Alexander Hleb nicht abgeneigt, zu Arsenal London zu wechseln. Die Engländer bieten nach Informationen unserer Zeitung zwölf Millionen Euro für den dribbelstarken Weißrussen. Plus Zusatzzahlungen, die an die Zahl der Einsätze Hlebs gekoppelt werden. Das ist dem VfB Stuttgart zu wenig. Erwin Staudt will 15 Millionen Euro plus x. Gut möglich, dass die Engländer noch einschwenken. "Wir wollen Alexander Hleb nicht abgeben, aber im Fußball kann man nie etwas ausschließen", sagt Briem vorsichtig. Hlebs Wechsel wäre nach dem Makaay-Transfer der Bayern (18 Millionen Euro) der teuerste Vereinswechsel der BundesligaGeschichte.
Und für den neuen Trainer würden sich die Voraussetzungen schlagartig ändern. "Jetzt gehen wir in die Runden der Wahrheit", sagt Erwin Staudt. Wenn nicht alles täuscht, sind folgende Namen noch im Rennen: Trond Sollied (FC Brügge), Giovanni Trapattoni (zuletzt Benfica Lissabon)
und Walter Schachner (Grazer AK). Sollied feierte in der vergangenen Saison die belgische Meisterschaft mit dem FC Brügge. Der Norweger spricht einigermaßen Deutsch und fließend Englisch. "Das ist kein Problem", sagt der VfB-Präsident. Das könnte es dagegen bei den finanziellen Vorstellungen der Kandidaten geben. Staudt will nach Möglichkeit erfolgsorientierte Verträge. Kaum anzunehmen, dass sich Trapattoni darauf einlassen würde.
Der Trend geht in Richtung Sollied. Der 46-Jährige gilt als ein Verfechter modernen Angriffsfußballs und als gewiefter Taktiker. Von 1996 bis 1999 erarbeitete er sich mit Rosenborg Trondheim einen exzellenten Ruf. Die norwegischen Außenseiter ärgerten in der Champions League regelmäßig die Favoriten. Wie einst der VfB.