G
g.P.
Guest
Neulich hab ich mal überlegt, welche Slogans ich von Vereinen kenne, und außer Mia san Mia und Echte Liebe ist mir keiner eingefallen. Als ich dann später die anderen gelesen habe, kannte ich dann schon den einen oder anderen, aber spontan wären sie mir nicht eingefallen.
Ich finde das Thema eigentlich ganz interessant. Ein wohlüberlegter Slogan sagt viel über das Selbstverständnis des Vereins aus. Vielleicht auch was über die Fans. Ich bin dabei über ein paar Blogs gestolpert, die sich damit befasst haben und fasse einfach mal ein paar Dinge zusammen.
Zunächst mal, eine kleine Auflistung der Slogans im deutschen Fußball. Diese ist von 2012, daher stimmen die Ligen nicht alle. Ist mir jetzt aber egal.
Trainer Baade » Das Rezept für die Slogans der Fußballclubs
Besagter Blog stellt fest, dass es 5 wiederkehrende Aspekte bei Slogans gibt, die da wären:
1. Gemeinschaft
2. Authentizität
3. Treue
4. Lokalpatriotismus
5. Emotion
Wenig überraschend, denn diese Aspekte spielen ja auch beim Selbstverständnis der meisten Fans eine wichtige Rolle.
Überraschend dagegen, wie unfassbar unkreativ und austauschbar die meisten Slogans sind. Das ist teilweise überraschend, wenn man bedenkt, dass kaum eine Industrie über eine derart emotionalisierte und für Bindung empfängliche Kundschaft verfügt.
Es gibt allerdings ein paar Ausnahmen, die mir gut gefallen, bzw. die mehr sind als ein Lückenfüller, und auf die will ich jetzt kurz eingehen und halte euch an, ebenfalls eure Meinung dazu zu äußern.
Von den kleineren Vereinen stechen Hansa Rostock , Offenbacher Kickers, und der 1. FC Saarbrücken hervor.
Rostock deshalb, weil sie mit dem "Unsinkbar" tatsächlich einen Bezug zu ihrem Namen und Status als Hanse-Stadt wie auch dem Schiff im Logo schaffen. Verglichen mit z.B. "Wir! Gemeinsam! Jetzt!" (Osnabrück) ist dieser Slogan, der den Verein mit einem Schiff vergleicht (weiterdenkend, die Fans und Spieler als Besatzung etc.) nicht einfach auf einen anderen Verein münzbar. Schön dabei, dass hier nicht nur ein regionaler Bezug, sondern auch ein historischer Bezug geschaffen wird.
Ähnlich macht es der SV Darmstadt, wobei mir dieser Slogan nicht gut gefällt. Ich gebe zu, dass mir bei "Die Lilien sind DA" das Wortspiel mit dem KFZ-Kennzeichen für Darmstadt erst auf den zweiten Blick aufgefallen ist. Der regional-historische Bezug durch die Lilie im Logo, die auch zum Stadtwappen gehört, ist gegeben, aber was mir fehlt, ist das emotionale bzw. kämpferische. Hansa Rostocks Slogan beschwört die "Unsinkbarkeit" des Vereins, schafft das Bild einer gegen Stürme kämpfenden Crew. Lilien mögen als Symbol ein wenig undankbar sein, vielleicht kommt da deshalb nicht besseres bei raus.
Was mir bei den Offenbacher Kickers gefällt, ist die Unbescheidenheit. "Die Kickers sind göttlich" ist ungefähr so, wie wenn sich die Ärzte als "Beste Band der Welt" bezeichnen. Nach dem Motto: Beweise doch erst mal das Gegenteil! Mit dem "Heiligen Berg" wird zumindest auf das eigene Stadion Bezug genommen. Auch auffallend: Die Aufforderung, dorthin zu kommen. Während die meisten Slogans eher einen Status Quo behaupten, gibt es einige Vereine, die auf Mobilmachung setzen. Ich kenne die Situation bei den Kickers nicht, bei einem anderen Verein, über den ich nachher schreibe, passt das nahtlos ins Bild.
Der Saarbrückener Slogan gefällt mir deshalb ganz gut, weil er fast das Gegenteilige von Hansa Rostock, aber auch anderen, behauptet. Betont die Hansa noch ihren Standhaftigkeit, hat sich Saarbrücken bereits damit abgefunden, nicht an der Oberfläche zu schwimmen. Stattdessen legt man Wert darauf, auch als unterklassiger Verein noch eine Herzensangelegenheit zu sein. Auch das ist eine Mobilmachung, wenn auch keine direkte Aufforderung wie bei Offenbach, es versucht eher, die Treue bei den Fans zu wecken, die sich aufgrund sportlicher Misserfolge nicht mehr blicken lassen.
In der zweiten Liga tritt das von mir sogenannte Darmstadt-Syndrom nun häufiger auf, d.h. es wird ein regionaler Bezug geschaffen, dieser aber ausgenutzt. Bochum ("Mein Revier ist hier"), Hertha ("Aus Berlin. Für Berlin"), Kaiserslauter ("Das Herz in der Pfalz") und Cottbus ("Im Osten geht die Sonne auf") üben sich alle in Heimatliebe und Identität. Nur - jeder dieser Slogans könnte auch genausogut für einen anderen Verein aus der Gegend kommen, er könnte teilweise auch für die jeweiligen Tourismusverbände funktionieren, der Titel eines Schlagers oder einen Rap-Songs sein. Dass sie zudem nicht sonderlich einfallsreich sind, tut sein Übriges.
Aber ich sehe auch ein paar positive Beispiele - 1860 München, Union Berlin und St. Pauli.
Nun ist "Einmal Löwe, immer Löwe" nicht sonderlich originell, aber immer noch besser als Duisburgs "Die Zebras". Zum einen ist es natürlich so, dass der Löwe im München eine andere Rolle spielt als das Zebra. Er ist das Symbol Bayerns und fest regional fest verwurzelt, während das "Zebra" nur durch die gestreiften Trikots Einzug erhalten hat. Zum anderen scheint dieser Slogan aber einer zu sein, der "aus dem Volk" heraus entstanden ist. Ob das tatsächlich so ist, weißt ich nicht, aber er besticht nicht durch ein außergewöhnliches Wortspiel, sondern eher durch das Trotzige, Lakonische. Wie wir später feststellen werden, ist insbesondere das Trotzige wohl eine regionale Sache.
Es gibt für mich kaum einen Slogan, den ich treffender finde. Es ist eine Durchhalte-Parole und jeder weiß, was die 60er in den letzten Jahren durchmachen mussten. Die Leidensfähigkeit ist vielleicht DAS Alleinstellungsmerkmal der 60er und manchmal habe ich den Eindruck, es prägt ihre Fan-Identität. Während andere Fans lauthals brüllen, wie geil ihr Verein ist und warum er der Beste und Tollste usw. ist, neigen 60-Fans vermehrt zum Fatalismus. "Ja, ist scheisse, aber was soll ich machen..."
Union Berlin haut mich nicht vom Hocker. Aber zumindest ist "Verliebt in Union" als Anspielung auf "Verliebt in Berlin" irgendwo nett. Wollte ich mal erwähnen.
Der für mich einfallsreichste und beste Slogan ist "Non established since 1910". Ich bin ja nun kein großer St. Pauli-Fan, aber in Sachen Selbstvermarktung spielen sie in meinen Augen Champions League. Das trifft auch auf den Slogan zu, der nicht nur witzig ist, sondern auch die vermeintliche Unangepasstheit des Vereins betont. Das ganze ist kurz und knackig zusammengefasst und ein echter Lichtblick zwischen den ganzem anderen Gedöns.
Kommen wir zu der Bundesliga. Die beiden markantesten sind sicher die Slogans vom FC Bayern München und von Borussia Dortmund. Interessant außerdem die vom Vfl Wolfsburg und Bayer Leverkusen sowie Fortuna Düsseldorf.
Vorneweg möchte ich aber noch anmerken, wie grottenschlecht ich die Slogans von Bremen und Hamburg finde. Die Slogans sind genauso uninspiriert wie der Fußball, den die beiden Vereine derzeit spielen. Und was ist mit Schalkes "Wir leben dich!" Ernsthaft? "Wir leben dich!"? Aus welchem Schlager haben die das geklaut? Es kann doch nicht sein, dass einem Verein von Schalkes Größe und Wesen nicht besseres einfällt als dieser schwuchtelige Spruch.
Über Nürnberg und Hannover lasse ich mich gar nicht mehr aus, die sind keinen Kommentar wert.
Stattdessen aber Fortuna Düsseldorf, die uns mit zwei Slogans bereichern, die man beide ansehen sollte. Da wäre "Einfach nur Fußball". Hier ist vor allem der Umkehrschluss interessant, einen Effekt, den auch der BVB nutzt. Die Fortuna betont ihre Einfachheit und Bescheidenheit, die Besinnung auf das Wesentliche. Im Gegenzug bedeutet das, dass dies bei anderen Vereinen nicht mehr gegeben ist. Zwischen all der Show und dem Tam-Tam, dem Millionengeschäft Profi-Fußball, Sponsoren und Werbefuzzies, Pressekonferenzen und Skandalen positioniert sich die Fortuna damit als Oase des Ursprünglichen, den Jungs, die einfach nur kicken wollen.
Slogan 2 ist dagegen direkt an die Fans gerichtet: "Wo ist deine Heimat?" zielt offensichtlich darauf ab, alte Fans wieder zu gewinnen, bzw. potentielle Neue aus der Region zu gewinnen. Ich bin mir nicht sicher, ob die regionale Lage des Vereins hier eine Rolle spielt. Düsseldorf ist ja geradezu umringt von anderen hochklassigen Vereinen, Köln, Duisburg, Leverkusen, Dortmund, Schalke und Möchengladbach liegen in unmittelbarer Nähe und bedienen sich an überschneidenden Fan-Pools. Würde mich interessieren, ob ich da überinterpretiere oder ob die Lage tatsächlich ein Problem für Düsseldorfs Fanrekrutierung ist. Wenn jemand dazu was weiß, möge er mich erleuchten.
Wolfsburg ist offensichtlich auf der Suche nach Identität. Während Slogan Nummer 1 noch darauf hinweisen musste, was der VfL da eigentlich macht ("Das ist Fußball"), versucht Slogan 2 nun zu mobilisieren. "Wecke den Wolf in dir!" ist eine klare Aufforderung an bisher Nicht-Interessierte, eine Leidenschaft für den Verein zu wecken. Auffällig: Die Stadt Wolfsburg spielt dabei keine Rolle. Nicht der "Wolfsburger" soll geweckt werden, sondern nur der "Wolf". Klingt komisch, aber das passt zu der Rolle Wolfsburgs als Retortenstadt.
Anders Bayer Leverkusen: Mit dem etwas holprigen "Wir 04 - für Leverkusen" gibt der Verein nicht nur seine regionale Verbundenheit bekannt, er geht weiter: Er macht etwas für Leverkusen. Das bedeutet, wer Bayer Leverkusen unterstützt, unterstützt auch seine Stadt. Könnte das vielleicht daran liegen, dass Leverkusen ein Werksverein ist, d.h. der erste Bezug ein Konzern ist, während die meisten Vereine in erster Linie ihren Ort als Identitätsstifter haben?
Der auffälligste Slogan der letzten Jahre war sicherlich "Echte Liebe" vom BVB. Dafür gabs auch relativ viel Spott, auf der anderen Seite muss man anerkennen, dass es in Deutschland wohl keinen bekannteren Slogan als diesen gibt.
Zunächst mal zitiere ich mal den oben verlinkten Blog:
Ich möchte dazu aber noch etwas anmerken: Ich glaube, dass die Macher dieses Slogans sich sehr gut überlegt haben, warum sie diesen Slogan gewählt haben, und auch wenn sich jetzt wieder welche auf die Füße getreten fühlen werden, sei es gesagt: Er trifft den BVB-Nerv. Er spiegelt auch sehr deutlich das wieder, was andere Gruppen den BVB-Fans "vorwerfen". Ich möchte das auch gerne ausführen: Was ist "Echte Liebe?" Viele Vereine schreiben von Liebe, nur der BVB schreibt von "Echter Liebe". Das interessante ist dabei wieder das, was NICHT geschrieben wird. Wenn man für den BVB "Echte Liebe" empfindet, wie ist das dann bei den anderen Vereinen? Das ist dann wohl "Falsche Liebe". Der BVB wählt mit dem Slogan nicht die Quantität der Liebe, sondern die Qualität, und diese Qualität ist sein Alleinstellungsmerkmal.
Kann man dazu auch lesen: “Mia san mia” vs. “Echte Liebe” | clownfisch unchained
Es bleibt der FC Bayern München und das komisch anwirkende "Mia san Mia".
Dieser Slogan ist vor allem deshalb interessant, weil er der geschichtsträchtigste ist. Dazu zitiere ich zunächst mal aus diesem Artikel:
Ursprung des FC Bayern-Mottos: Woher das Mia san Mia stammt - Bayern - Süddeutsche.de
Was bedeutet also dieses "Mia san Mia"?
"Mia san mia" ist im Grunde der trotzige, ein wenig bäuerliche Ruf nach Beständigkeit. Er sagt: Wir sind, wie wir sind, und wir werden uns für euch nicht ändern." Dieses Trotzige ist bereits bei den 60ern aufgetaucht und ich habe den Verdacht, dass das kein Zufall ist.
Der FC Bayern, dem man nachsagt, vor allem Fans im Osten zu haben ("München ist blau" usw), legt Wert darauf, ein bayerischer Verein zu sein und rückt das mit Lederhosen-Trikots und Volkstümlichkeiten in den Vordergrund. "Seht her, wir sind nicht nur die Söldner und Millionäre, wir sind vor allem Bayern", so lautet offensichtlich die Parole. Ich finde es faszinierend, dass diese eigentlich inhaltslose Phrase "Mia san Mia" doch so polarisiert und mehr aussagt, als man zunächst annehmen könnte und das bestätigt, was sich Bayern-Fans (Freistaat und Verein) wie auch Bayernskeptiker (-kritiker, -hasser) schon immer dachten.
Ich finde das Thema eigentlich ganz interessant. Ein wohlüberlegter Slogan sagt viel über das Selbstverständnis des Vereins aus. Vielleicht auch was über die Fans. Ich bin dabei über ein paar Blogs gestolpert, die sich damit befasst haben und fasse einfach mal ein paar Dinge zusammen.
Zunächst mal, eine kleine Auflistung der Slogans im deutschen Fußball. Diese ist von 2012, daher stimmen die Ligen nicht alle. Ist mir jetzt aber egal.
Trainer Baade » Das Rezept für die Slogans der Fußballclubs
1. Bundesliga
FC Bayern Forever a team. Mia san mia.
Borussia Dortmund Wieder hier, wieder im Revier (2004). Echte Liebe (2010).
Hamburger SV Die Raute im Herzen (2006). Leidenschaft verbindet (2009). Nur der HSV (2011).
Werder Bremen 100% Werder (2006). We win! (2006). Lebenslang Grün-Weiß (2012).
Hannover 96 Die Roten (2006). Die Roten. Seit 1896 (2006). Unsere Stadt. Unser Verein. Unsere Leidenschaft! (2011).
VfL Wolfsburg Das ist Fußball (2002). Weck den Wolf in Dir! (2008).
FC Schalke 04 Wir leben Dich (2012).
1. FC Nürnberg Wir sind der Club.
Fortuna Düsseldorf Einfach nur Fußball (200x). Wo ist Deine Heimat?
Bayer Leverkusen Wir 04 – für Leverkusen.
2. Bundesliga
1860 München Einmal Löwe, immer Löwe (2010).
MSV Duisburg Die Zebras (2006). Leben.Liebe.Leidenschaft.MSV (2011).
Hertha BSC Play Berlin (2003). Aus Berlin. Für Berlin. (2010).
VfL Bochum Mein Revier ist hier (2003).
Energie Cottbus Im Osten geht die Sonne auf.
1. FC Kaiserslautern Das Herz der Pfalz (2006).
Eintracht Braunschweig Wir sind Eintracht (2012).
Dynamo Dresden Tradition verpflichtet (2011).
FC St. Pauli Kampf der Drittklassigkeit (2004). Non established since 1910 (2010).
1. FC Köln Meine Liebe. Meine Stadt. Mein Verein (2011).
Union Berlin Verliebt in Union (200x). Nicht ohne Liebe (2011).
Jahn Regensburg Eine Stadt! Ein Team! Ein Traum!
3. Liga
Alemannia Aachen Echt. Klasse. (2005).
Arminia Bielefeld Die Leidenschaft geht weiter (2006). Die Blauen (2007).
1. FC Saarbrücken Liebe kennt keine Liga (2007).
Offenbacher Kickers Die Kickers sind göttlich. Komm auf den heiligen Berg (2005).
Karlsruher SC Original KSC – Fußball seit 1894 (2010).
VfL Osnabrück Wir. Gemeinsam. Jetzt! (2009).
Hansa Rostock Unsinkbar seit 1965 (2010).
Chemnitzer FC Die Himmelblauen.
SV Wehen Wiesbaden Unsere Stadt, unser Verein, unser Ziel: 2. Bundesliga (2011).
SV Darmstadt 98 Die Lilien bleiben DA (2008).
Besagter Blog stellt fest, dass es 5 wiederkehrende Aspekte bei Slogans gibt, die da wären:
1. Gemeinschaft
2. Authentizität
3. Treue
4. Lokalpatriotismus
5. Emotion
Wenig überraschend, denn diese Aspekte spielen ja auch beim Selbstverständnis der meisten Fans eine wichtige Rolle.
Überraschend dagegen, wie unfassbar unkreativ und austauschbar die meisten Slogans sind. Das ist teilweise überraschend, wenn man bedenkt, dass kaum eine Industrie über eine derart emotionalisierte und für Bindung empfängliche Kundschaft verfügt.
Es gibt allerdings ein paar Ausnahmen, die mir gut gefallen, bzw. die mehr sind als ein Lückenfüller, und auf die will ich jetzt kurz eingehen und halte euch an, ebenfalls eure Meinung dazu zu äußern.
Von den kleineren Vereinen stechen Hansa Rostock , Offenbacher Kickers, und der 1. FC Saarbrücken hervor.
Rostock deshalb, weil sie mit dem "Unsinkbar" tatsächlich einen Bezug zu ihrem Namen und Status als Hanse-Stadt wie auch dem Schiff im Logo schaffen. Verglichen mit z.B. "Wir! Gemeinsam! Jetzt!" (Osnabrück) ist dieser Slogan, der den Verein mit einem Schiff vergleicht (weiterdenkend, die Fans und Spieler als Besatzung etc.) nicht einfach auf einen anderen Verein münzbar. Schön dabei, dass hier nicht nur ein regionaler Bezug, sondern auch ein historischer Bezug geschaffen wird.
Ähnlich macht es der SV Darmstadt, wobei mir dieser Slogan nicht gut gefällt. Ich gebe zu, dass mir bei "Die Lilien sind DA" das Wortspiel mit dem KFZ-Kennzeichen für Darmstadt erst auf den zweiten Blick aufgefallen ist. Der regional-historische Bezug durch die Lilie im Logo, die auch zum Stadtwappen gehört, ist gegeben, aber was mir fehlt, ist das emotionale bzw. kämpferische. Hansa Rostocks Slogan beschwört die "Unsinkbarkeit" des Vereins, schafft das Bild einer gegen Stürme kämpfenden Crew. Lilien mögen als Symbol ein wenig undankbar sein, vielleicht kommt da deshalb nicht besseres bei raus.
Was mir bei den Offenbacher Kickers gefällt, ist die Unbescheidenheit. "Die Kickers sind göttlich" ist ungefähr so, wie wenn sich die Ärzte als "Beste Band der Welt" bezeichnen. Nach dem Motto: Beweise doch erst mal das Gegenteil! Mit dem "Heiligen Berg" wird zumindest auf das eigene Stadion Bezug genommen. Auch auffallend: Die Aufforderung, dorthin zu kommen. Während die meisten Slogans eher einen Status Quo behaupten, gibt es einige Vereine, die auf Mobilmachung setzen. Ich kenne die Situation bei den Kickers nicht, bei einem anderen Verein, über den ich nachher schreibe, passt das nahtlos ins Bild.
Der Saarbrückener Slogan gefällt mir deshalb ganz gut, weil er fast das Gegenteilige von Hansa Rostock, aber auch anderen, behauptet. Betont die Hansa noch ihren Standhaftigkeit, hat sich Saarbrücken bereits damit abgefunden, nicht an der Oberfläche zu schwimmen. Stattdessen legt man Wert darauf, auch als unterklassiger Verein noch eine Herzensangelegenheit zu sein. Auch das ist eine Mobilmachung, wenn auch keine direkte Aufforderung wie bei Offenbach, es versucht eher, die Treue bei den Fans zu wecken, die sich aufgrund sportlicher Misserfolge nicht mehr blicken lassen.
In der zweiten Liga tritt das von mir sogenannte Darmstadt-Syndrom nun häufiger auf, d.h. es wird ein regionaler Bezug geschaffen, dieser aber ausgenutzt. Bochum ("Mein Revier ist hier"), Hertha ("Aus Berlin. Für Berlin"), Kaiserslauter ("Das Herz in der Pfalz") und Cottbus ("Im Osten geht die Sonne auf") üben sich alle in Heimatliebe und Identität. Nur - jeder dieser Slogans könnte auch genausogut für einen anderen Verein aus der Gegend kommen, er könnte teilweise auch für die jeweiligen Tourismusverbände funktionieren, der Titel eines Schlagers oder einen Rap-Songs sein. Dass sie zudem nicht sonderlich einfallsreich sind, tut sein Übriges.
Aber ich sehe auch ein paar positive Beispiele - 1860 München, Union Berlin und St. Pauli.
Nun ist "Einmal Löwe, immer Löwe" nicht sonderlich originell, aber immer noch besser als Duisburgs "Die Zebras". Zum einen ist es natürlich so, dass der Löwe im München eine andere Rolle spielt als das Zebra. Er ist das Symbol Bayerns und fest regional fest verwurzelt, während das "Zebra" nur durch die gestreiften Trikots Einzug erhalten hat. Zum anderen scheint dieser Slogan aber einer zu sein, der "aus dem Volk" heraus entstanden ist. Ob das tatsächlich so ist, weißt ich nicht, aber er besticht nicht durch ein außergewöhnliches Wortspiel, sondern eher durch das Trotzige, Lakonische. Wie wir später feststellen werden, ist insbesondere das Trotzige wohl eine regionale Sache.
Es gibt für mich kaum einen Slogan, den ich treffender finde. Es ist eine Durchhalte-Parole und jeder weiß, was die 60er in den letzten Jahren durchmachen mussten. Die Leidensfähigkeit ist vielleicht DAS Alleinstellungsmerkmal der 60er und manchmal habe ich den Eindruck, es prägt ihre Fan-Identität. Während andere Fans lauthals brüllen, wie geil ihr Verein ist und warum er der Beste und Tollste usw. ist, neigen 60-Fans vermehrt zum Fatalismus. "Ja, ist scheisse, aber was soll ich machen..."
Union Berlin haut mich nicht vom Hocker. Aber zumindest ist "Verliebt in Union" als Anspielung auf "Verliebt in Berlin" irgendwo nett. Wollte ich mal erwähnen.
Der für mich einfallsreichste und beste Slogan ist "Non established since 1910". Ich bin ja nun kein großer St. Pauli-Fan, aber in Sachen Selbstvermarktung spielen sie in meinen Augen Champions League. Das trifft auch auf den Slogan zu, der nicht nur witzig ist, sondern auch die vermeintliche Unangepasstheit des Vereins betont. Das ganze ist kurz und knackig zusammengefasst und ein echter Lichtblick zwischen den ganzem anderen Gedöns.
Kommen wir zu der Bundesliga. Die beiden markantesten sind sicher die Slogans vom FC Bayern München und von Borussia Dortmund. Interessant außerdem die vom Vfl Wolfsburg und Bayer Leverkusen sowie Fortuna Düsseldorf.
Vorneweg möchte ich aber noch anmerken, wie grottenschlecht ich die Slogans von Bremen und Hamburg finde. Die Slogans sind genauso uninspiriert wie der Fußball, den die beiden Vereine derzeit spielen. Und was ist mit Schalkes "Wir leben dich!" Ernsthaft? "Wir leben dich!"? Aus welchem Schlager haben die das geklaut? Es kann doch nicht sein, dass einem Verein von Schalkes Größe und Wesen nicht besseres einfällt als dieser schwuchtelige Spruch.
Über Nürnberg und Hannover lasse ich mich gar nicht mehr aus, die sind keinen Kommentar wert.
Stattdessen aber Fortuna Düsseldorf, die uns mit zwei Slogans bereichern, die man beide ansehen sollte. Da wäre "Einfach nur Fußball". Hier ist vor allem der Umkehrschluss interessant, einen Effekt, den auch der BVB nutzt. Die Fortuna betont ihre Einfachheit und Bescheidenheit, die Besinnung auf das Wesentliche. Im Gegenzug bedeutet das, dass dies bei anderen Vereinen nicht mehr gegeben ist. Zwischen all der Show und dem Tam-Tam, dem Millionengeschäft Profi-Fußball, Sponsoren und Werbefuzzies, Pressekonferenzen und Skandalen positioniert sich die Fortuna damit als Oase des Ursprünglichen, den Jungs, die einfach nur kicken wollen.
Slogan 2 ist dagegen direkt an die Fans gerichtet: "Wo ist deine Heimat?" zielt offensichtlich darauf ab, alte Fans wieder zu gewinnen, bzw. potentielle Neue aus der Region zu gewinnen. Ich bin mir nicht sicher, ob die regionale Lage des Vereins hier eine Rolle spielt. Düsseldorf ist ja geradezu umringt von anderen hochklassigen Vereinen, Köln, Duisburg, Leverkusen, Dortmund, Schalke und Möchengladbach liegen in unmittelbarer Nähe und bedienen sich an überschneidenden Fan-Pools. Würde mich interessieren, ob ich da überinterpretiere oder ob die Lage tatsächlich ein Problem für Düsseldorfs Fanrekrutierung ist. Wenn jemand dazu was weiß, möge er mich erleuchten.
Wolfsburg ist offensichtlich auf der Suche nach Identität. Während Slogan Nummer 1 noch darauf hinweisen musste, was der VfL da eigentlich macht ("Das ist Fußball"), versucht Slogan 2 nun zu mobilisieren. "Wecke den Wolf in dir!" ist eine klare Aufforderung an bisher Nicht-Interessierte, eine Leidenschaft für den Verein zu wecken. Auffällig: Die Stadt Wolfsburg spielt dabei keine Rolle. Nicht der "Wolfsburger" soll geweckt werden, sondern nur der "Wolf". Klingt komisch, aber das passt zu der Rolle Wolfsburgs als Retortenstadt.
Anders Bayer Leverkusen: Mit dem etwas holprigen "Wir 04 - für Leverkusen" gibt der Verein nicht nur seine regionale Verbundenheit bekannt, er geht weiter: Er macht etwas für Leverkusen. Das bedeutet, wer Bayer Leverkusen unterstützt, unterstützt auch seine Stadt. Könnte das vielleicht daran liegen, dass Leverkusen ein Werksverein ist, d.h. der erste Bezug ein Konzern ist, während die meisten Vereine in erster Linie ihren Ort als Identitätsstifter haben?
Der auffälligste Slogan der letzten Jahre war sicherlich "Echte Liebe" vom BVB. Dafür gabs auch relativ viel Spott, auf der anderen Seite muss man anerkennen, dass es in Deutschland wohl keinen bekannteren Slogan als diesen gibt.
Zunächst mal zitiere ich mal den oben verlinkten Blog:
Ich halte das für sehr plausibel. Dieser eingängige und sehr gute Slogan, der vom BVB sehr stark in den Vordergrund gerückt wird, ist der eines Spitzenvereins, verliert aber seinen regionalen Bezug.Es fällt dann auch die Frage an, ob man als „Global Player“ seine regionale Verbundenheit heutzutage noch allzu sehr in den Vordergrund stellen sollte. Hat auch Borussia Dortmund erkannt und verließ sein regional anknüpfendes „Wieder hier im Revier“, hin zu einem generellen Blabla. Wichtiger ist mittlerweile nun mal, das Universale an einem Verein zu betonen. „Echte Liebe“ (z. B.) kennt man schließlich sowohl auf den Philippinen als auch in Chile.
Ich möchte dazu aber noch etwas anmerken: Ich glaube, dass die Macher dieses Slogans sich sehr gut überlegt haben, warum sie diesen Slogan gewählt haben, und auch wenn sich jetzt wieder welche auf die Füße getreten fühlen werden, sei es gesagt: Er trifft den BVB-Nerv. Er spiegelt auch sehr deutlich das wieder, was andere Gruppen den BVB-Fans "vorwerfen". Ich möchte das auch gerne ausführen: Was ist "Echte Liebe?" Viele Vereine schreiben von Liebe, nur der BVB schreibt von "Echter Liebe". Das interessante ist dabei wieder das, was NICHT geschrieben wird. Wenn man für den BVB "Echte Liebe" empfindet, wie ist das dann bei den anderen Vereinen? Das ist dann wohl "Falsche Liebe". Der BVB wählt mit dem Slogan nicht die Quantität der Liebe, sondern die Qualität, und diese Qualität ist sein Alleinstellungsmerkmal.
Kann man dazu auch lesen: “Mia san mia” vs. “Echte Liebe” | clownfisch unchained
Es bleibt der FC Bayern München und das komisch anwirkende "Mia san Mia".
Dieser Slogan ist vor allem deshalb interessant, weil er der geschichtsträchtigste ist. Dazu zitiere ich zunächst mal aus diesem Artikel:
Ursprung des FC Bayern-Mottos: Woher das Mia san Mia stammt - Bayern - Süddeutsche.de
"Mia san mia!" hat schon die k.-u.-k. Armee zu Zeiten des Kaisers Franz Joseph getönt und so ihrem Überlegenheitsgefühl Ausdruck verliehen.
[...]
Das auf der Bayernhymne basierende Lied war wunderbar anzuhören, und doch klang dieses symphonische Mia san mia wie ein vertontes Bayernklischee. Der früheste Hinweis auf eine diesbezügliche Mentalität begegnet uns bereits im frühen Mittelalter. "An den Rand einer Pergamenthandschrift hat um 800 ein Mönch das früheste Mir san mir gekritzelt", sagt der Literaturwissenschaftler Reinhard Wittmann. "Stulti sunt Romani, sapientes sunt Paioari." Auf gut Deutsch: Die Römer sind dumm, die Baiern gescheit.
Was bedeutet also dieses "Mia san Mia"?
Den Regisseur Marcus H. Rosenmüller, der die Bayernseele in seinen Filmen seziert hat, nervt dieses Selbstverständnis. In einem Playboy-Interview sagte der 39-Jährige: "Immer dieses Mia-san-mia-Schreien ist, als ob ich genau damit ein Problem habe. Ich brauch es nicht betonen. Das ist doch eh klar. I bin i, wer sonst?" "Mia san a wer!, das würde mir besser gefallen", ergänzt Sepp Obermeier vom Bund Bairische Sprache.
"Mia san mia" ist im Grunde der trotzige, ein wenig bäuerliche Ruf nach Beständigkeit. Er sagt: Wir sind, wie wir sind, und wir werden uns für euch nicht ändern." Dieses Trotzige ist bereits bei den 60ern aufgetaucht und ich habe den Verdacht, dass das kein Zufall ist.
Wen wundert es da, dass sich die Baiern schon in ihrer Frühzeit unbeliebt machten und als wegelagernde Grobiane galten. Die Hasstiraden kulminierten um das Jahr 1600 in dem Urteil, sie seien "ein wenig grob leut und nit seer ein höflich volck, sunder grober sitten und sprach". Geschert, grantig und mit rohem Dialekt, dieses Bayernklischee hat gleichsam die Schmähgesänge in den Fußballstadien vorweggenommen.
Im 19. Jahrhundert wurde der Ton noch schärfer. Vor allem die Preußen brandmarkten das rückständige Bayern als eine Schande für das aufgeklärte Deutschland. Noch 1896 behauptete die Allgemeine Deutsche Biographie, die Bayern seien unter den übrigen Völkerschaften geistig am meisten zurückgeblieben. Nach dem Eintritt ins Deutsche Reich 1871 hagelte es Kritik, Spott und Diffamierung: Die Bayern seien stur, eigenbrötlerisch und obrigkeitshörig, und so manche Spiegel-Kolumnistin glaubt das heute noch. Im Süden riefen diese Attacken eine Trotzreaktion hervor, deren Folgen Otto von Bismarck treffend einordnete: "Bayern ist vielleicht das einzige deutsche Land, dem es durch seine materielle Bedeutung, durch die bestimmt ausgeprägte Stammeseigentümlichkeit und die Begabung seiner Herrscher gelungen ist, ein wirkliches und in sich selbst befriedigtes Nationalgefühl auszubilden."
Die Bayern konterten das von ihnen gezeichnete Zerrbild durch vorbeugendes Auftrumpfen. Gleichzeitig vermarkteten sie ihr Hinterwäldlertum touristisch und lachten sich halb tot über die Preußen, die darauf hereinfielen. Vor allem die Figur des Gscherten, wie sie Ludwig Thoma im Abgeordneten Filser zeichnete, wurde zum Synonym für den Bayern, der sich von niemandem dreinreden lässt und auf seiner Andersartigkeit beharrt: Mia san mia!
Der FC Bayern, dem man nachsagt, vor allem Fans im Osten zu haben ("München ist blau" usw), legt Wert darauf, ein bayerischer Verein zu sein und rückt das mit Lederhosen-Trikots und Volkstümlichkeiten in den Vordergrund. "Seht her, wir sind nicht nur die Söldner und Millionäre, wir sind vor allem Bayern", so lautet offensichtlich die Parole. Ich finde es faszinierend, dass diese eigentlich inhaltslose Phrase "Mia san Mia" doch so polarisiert und mehr aussagt, als man zunächst annehmen könnte und das bestätigt, was sich Bayern-Fans (Freistaat und Verein) wie auch Bayernskeptiker (-kritiker, -hasser) schon immer dachten.