Bibel-Rezension von Amazon.

CouchCoach

Meister Fan
Leider wurde diese Rezension schon gelöscht, aber lest selber.

Ich kaufte mir die Bibel, weil sie als meistverkauftestes Buch der Welt angepriesen wurde. Angeblich im Bereich des Fantasy angesiedelt - konnte also nicht schlecht sein. Auch, dass fünf Autoren an dem Werk saßen, fand ich doch recht interessant.

Im Wesentlichen dreht sich der mehr als Tausend Seiten lange Schinken eigentlich nur um einen Gott, der die Erde, Tiere, Menschen und das alles erschaffen hat. Ein ziemlich dürftiger Plot für eine Kooperation von fünf Autoren. Etwas nervig ist, dass dieser eine Gott (der keinen richtigen Namen hat) ständig als gut und gütig und wahrhaftig beschrieben wird, nie aber die Dinge, die ihn dazu machen. Am Ende gehen die Autoren sogar davon aus, nicht sie hätten "Die Bibel" geschrieben, sondern dieser Gott selbst. Ich find's ja gut, wenn man seine Seele in einen Roman investiert, allerdings sollte man doch dabei auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Warum das Buch überhaupt so heißt, weiß ich nicht - "Der Gott" wäre glaub' ich ein treffenderer Name gewesen. Aber gut, Wikipedia heißt ja auch so und hat nix mit Wikingern zu tun.

An einen Charakter gewöhnen kann man sich leider nicht. Die Autoren geben ihren Protagonisten einfach nicht den Raum, sich zu entwickeln. Ohnehin gibt es keinen roten Faden, der sich durch die Geschichte zieht, sondern nur Kurzgeschichten, die sich alle mehr oder weniger um halt diesen einen Gott drehen. Kaum hat man sich mal an eine Hauptperson gewöhnt, so kommt es schon zu einem recht mageren Epilog und die nächste Geschichte wird angerissen. Nur ein Charakter, ein Friedensstifter namens Juses (oder irgendwie so, Verzeihung, das Buch ist voll von sovielen Namen, dass ich mir nicht alle merken konnte), darf sich mal etwas weiterentwickeln, wird allerdings dann von den Autoren Schlag auf Schlag einfach getötet. So als wollten die Schreiberlinge die Story so schnell wie möglich zum Abschluss bringen oder irgendwie noch Dramatik in die sonst recht seichte Handlung zu quetschen. Im Allgemeinen werden sehr viele Details, auf die ich zum Beispiel Wert lege, komplett ausgelassen: Wenn z. B. ein Charakter getötet wird, heißt es oft einfach "A erschlug B". Liebesszenen kamen auch offensichtlich unter den Rotstift der Lektoren: "A erkannte seine Frau." - das war's, mehr nicht. Charakteristik? Action? Spannung? Das sind alles so Sachen, die ich zum Teil komplett vermisse. Auch nervt ein wenig diese ständigen Eingriffe von dem einen Gott: Mal zieht ein Volksführer mit seinen Leuten durch die Wüste, hinter ihnen das ägyptische Heer. Anstatt, dass es jetzt zu einer spannenden Verfolgungsjagd kommt, teilt Gott einfach das Meer und Verfolgten können fliehen. Wo sich andere Autoren komplexe Lösungen einfallen lassen haben, kommt in der Bibel einfach der übermächtige Gott und rettet alle Guten. Seltsamerweise aber bei seinem Sohn Josos (oder so) nicht: Der wird von den Römern gekreuzigt, gerade als er endlich anfing, charakteristische Tiefe zu zeigen.
Die Person, um die es eigentlich geht, also der eine Gott, ist hingegen ein magerer Charakter. Von einer gottesgleichen Gestalt wünsche ich mir einfach sowas wie unendliche Weisheit und Erhabenheit, allerdings wirkt die Kreation der fünf Autoren eher wie ein kleines Kind auf einem Ameisenhaufen. Mal erzählt er, er wäre das gütigste aller Wesen und löscht im nächsten Moment alle Erstgeborenen eines ganzen Volkes aus. Ich dachte ja zuerst, die Autoren wollten ihren Gott ein wenig chizophren machen und damit die Menschheit sozusagen, in eine schwierige Lage stecken, aber irgendwie kam das auch nicht so rüber.

Auch das Ende ist eigentlich ziemlich unbefriedigend: Es gibt keines. Nur so ein paar Prophezeiungen. Der eine Gott, um den sich das halbe Buch dreht, soll dann irgendwann zusammen mit seinem Sohn Jasus wiederkommen, alle ungläubigen Menschen ausradieren (Stichwort: Gütigkeit) und 1000 Jahre des Friedens einleiten ... sorry, Jungs, aber da hatte sogar schon die Höhlenwelt-Saga ein besseres Ende.

Fazit: Die Fantasy-Elemente sind eigentlich ziemlich schwach. Alles in allem nur eine Sammlung von Kurzgeschichten ohne jeden Gesamtplot. Die Autoren haben - auch wenn sie etwas wirr schreiben - jede Menge Potenzial. Ich hoffe, sie bringen demnächst einen Nachfolger raus. Andernfalls ist das hier halt leider nur ein Buch, das irgendwie im Mainstream der "Herr der Ringe"-Produkte mitschwimmen will, aber dazu einfach das Potenzial fehlt.

:lachtot: :lachtot:



Ich hoffe die gab es noch nicht, ist ja schon etwas älter :suspekt:
 
Zuletzt bearbeitet:

die bunte Kuh

unbefleckte Erkenntnis
Ich kenne etwas ähnliches von Umberto Eco (allerdings aus den sechziger Jahren):
...müssen wir mir Bedauern ablehnen/Lektoratsgutachten

Anonym: Die Bibel


Ich muß sagen, als ich den Anfang dieses Manuskripts und die ersten hundert Seiten las, war ich begeistert. Alles Action, prallvoll mit allem, was die Leute von einem richtigen Schmöker erwarten: Sex (jede Menge), Ehebrüche, Sodomie, Mord und Totschlag, Inzest, Kriege, Massaker usw.
Die Episode in Sodom und Gomorra mit den Schwulen, die die zwei Engel vernaschen wollen, könnte von Rabelais sein; die Geschichten von Noah sind reinster Karl May, die Flucht aus Ägypten schreit geradezu nach einer Verfilmung...Kurz, ein echter Reißer, gut konstruiert, mit effektsicheren Theatercoups, voller Fantasy, dazu genau die richtige Prise Messianismus, ohne die Sache ins tragische kippen zu lassen.
Beim Weiterlesen habe ich dann gemerkt, dass es sich um eine Anthologie diverser Autoren handelt, eine Zusammenstellung sehr heterogener Texte mit vielen, zu vielen poetischen Stellen, von denen manche auch ganz schön fade und larmoyant sind, echte Jeremiaden ohne Sinn und Verstand.
Was dabei herauskommt, ist ein monströses Sammelsurium, ein Buch, das alle bedienen will und am Ende keinem gefällt. Außerdem wäre es eine Heidenarbeit, die Rechte von all den Autoren einzuholen, es sei denn, der Herausgeber stünde dafür gerade. Aber dieser Herausgeber wird leider nirgends genannt, nicht mal im Register, als ob es irgendwie Hemmungen gäbe, seinen Namen zu nennen.
Ich würde vorschlagen zu verhandeln, ob man nicht die ersten fünf Bücher allein herausgeben kann. Das wäre ein sicherer Erfolg. Mit einem Titel wie „Die verlorene Schar von Roten Meer“ oder so.
 

zariz

Bekanntes Mitglied
CouchCoach schrieb:
Ich finds witzig :schmoll2:Ich habe keine Tränen gelacht, aber geschmuzelt habe ich schon.

Wobei ich eher die Kreativität des Verfassers lobend in den Vordergrund stellen möchte.
ich finde es nicht kreativ, sondern eher billig nachgeahmt bzw. sich dümmer stellen als man ist.

das leben des brian ist kreativ und witzig, aber das verfassen eines derartigen textes!? :zucken:

@emma: ja, ich bin gläubig... hat aber so ziemlich 0% damit zu tun.
 

CouchCoach

Meister Fan
zariz schrieb:
ich finde es nicht kreativ, sondern eher billig nachgeahmt bzw. sich dümmer stellen als man ist.

das leben des brian ist kreativ und witzig, aber das verfassen eines derartigen textes!? :zucken:

@emma: ja, ich bin gläubig... hat aber so ziemlich 0% damit zu tun.

Dann haben wir halt verschiedene Ansichten von kreativ oder witzig. Geschmäcker sind halt verschieden. :zucken:

Den Text von Umberto Eco kannte ich noch nicht, falls du darauf angespielt hast. :schmoll2:
 

die bunte Kuh

unbefleckte Erkenntnis
CouchCoach schrieb:
Da hat der Verfasser dann schön geklaut, das kannte ich noch nicht. Ist aber auch gut.
Geklaut würde ich jetzt nicht sagen. Nur die Idee, Klassiker mal völlig anders zu bewerten, ist eben nicht gerade neu. Deshalb muss es noch lange nicht schlecht sein...
 

Kurz-de-Borussia

Dortmunder.
die bunte Kuh schrieb:
Ich kenne etwas ähnliches von Umberto Eco (allerdings aus den sechziger Jahren):

den guten alten umberto eco habe ich letztens mal als aufhänger für ne anzeigenserie zu ner "lese-kampagne", die wir in der uni gestalten mussten, benutzt. sehr guter mann :spitze:
 
G

g.P.

Guest
die bunte Kuh schrieb:
Ich kenne etwas ähnliches von Umberto Eco (allerdings aus den sechziger Jahren):

beim lesen vom ersten text hab ich mir gedach, da hätt man mehr draus machen können... ecos text dagegen gefällt mir ganz gut...
 
borible schrieb:
hat der auf englisch geschreiben?

Warum nicht? Hat ja lange genug in London gelebt und auch fuer die New York Daily Tribune geschrieben. Also schon vorstellbar.

Hier die komplette quote:

"Religious suffering is, at one and the same time, the expression of real suffering and a protest against real suffering. Religion is the sigh of the oppressed creature, the heart of a heartless world, and the soul of soulless conditions. It is the opium of the people."
 
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