Moonracker
Grenzwertig Biertrinkend
David vs. Goliath: Wie der HD-DVD-Schlüssel im Netz kursiert
(10.05.2007)
Als die Herstellerfirma des HD-DVD-Verschlüsselungssystems die Internetseite Digg.com zur Löschung eines Beitrags aufforderte, wusste sie nicht, welche Lawine sie lostrat. Die Leser der Seite liefen Sturm. Der Inhalt der beanstandeten Seite tauchte millionenfach im Internet auf...
Eine unscheinbare 16-stellige Hexadezimalzahl (Lexikon) sorgt seit Anfang Mai in Blogs, Foren und auf Internetseiten für Trubel. Zunächst war diese Zahl weitgehend unbeachtet in Hacker-Foren aufgetaucht. Die Aufregung begann, als es diese Zahl auf die Startseite von Digg.com schaffte. Digg.com ist eine Social-Bookmarks-Seite (Lexikon), auf der Artikel aus Technik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur verlinkt werden, wenn genügend Surfer diese "diggen" (Lexikon).
Nun ist diese Zahl nicht irgendeine beliebige Zahlenfolge, sondern der Key, mit dem alle bisher erschienenen HD-DVDs kopiergeschützt sind und die Herstellerfirma des Schlüssels, AACS LA (Advanced Access Content System Licensing Administrator), fand das breite Interesse überhaupt nicht witzig. Als Folge der Veröffentlichung auf Digg.com forderten die Anwälte der AACS LA die Löschung des Beitrags unter Androhung, Digg abschalten zu lassen. Natürlich kamen die Betreiber, Kevin Rose und Daniel Burka, dieser Aufforderung nach.
Aufstand der User
Allerdings hatten Rose und Burka die Rechnung ohne ihre Leser gemacht. Die sahen in der Löschung des Artikels nämlich eine Zensur und sich in ihrer freien Meinungsäußerung beschnitten. Und so tauchten auf der Digg-Seite Tausende Beiträge auf, die in irgendeiner Form den Schlüssel enthielten. Dabei waren einige Schreiber überaus erfinderisch. So rechnete ein User die Hexadezimalzahlen in Binärzahlen um - ein leichtes, daraus wieder die originale Zahlenfolge zu errechnen.
Andere User bildeten aus der Zahlenfolge leicht zu entschlüsselnde Sätze wie: "09 Surfer drückten die F9-Taste und brachten damit 11 Computer zum Absturz, während 02 Schüler der Klasse 9D erzählten, ihre Väter seien 74 Jahre alt. ..." Die Digg-Betreiber verbrachten eine schlaflose Nacht damit, alle Beiträge zu löschen, die auf den Schlüssel hinwiesen... vergebens. Angesichts der Beitragsflut kapitulierten sie schließlich. Kevin Rose an seine Leser: "Nachdem ich Hunderte von Beiträgen und Tausende von Kommentaren gelesen habe, habt ihr mir gezeigt: Ihr wollt, dass Digg eher kämpfend untergeht, als sich dem Willen eines großen Unternehmens zu beugen. Wir haben Euch gehört; ab sofort werden von uns keine Artikel oder Kommentare mehr gelöscht, die den Code enthalten und wir werden uns den Konsequenzen stellen, wie immer diese auch sein mögen. Wenn wir verlieren - dann, zum Teufel, sind wir mit wehenden Fahnen untergegangen."
Copyright-Verletzung - Ja oder Nein?
In der Folge entbrannte eine heiße Diskussion darüber, ob eine 16-stellige Hexadezimalzahl copyrightgeschützt werden kann. Schließlich könnte diese Zahlenfolge durch Zufall - auch wenn das recht unwahrscheinlich ist - im Quellcode eines Computerprogramms oder in einer verschlüsselten E-Mail auftauchen. Und damit würde der Programmierer oder der Versender der betreffenden Mail dann das Copyright von AACS verletzen. p
Natürlich kann eine Zahl oder auch Zahlenfolge nicht geschützt werden - genauso wenig wie die Farbe Magenta (wie der rosa Riese Telekom vor einigen Jahren vor Gericht erfahren musste). Aber AACS LA beruft sich auf ein anderes Gesetz, den so genannten "Digital Millennium Copyright Act" (DMCA) der USA: Im DMCA wird nicht nur des Umgehen eines Kopierschutzes unter Strafe gestellt, sondern schon das Verbreitung von Informationen, die den Kopierschutz aushebeln könnten. Mit diesem Schlüssel, so die Argumentation von AACS LA, könnten Hacker Software oder Geräte entwickeln, um den Kopierschutz zu knacken: Die Zahlenfolge, also der Schlüssel, ist für sich allein wertlos. Niemand kann nur mit Hilfe des Schlüssels den Kopierschutz einer HD-DVD umgehen. Aber der Schlüssel kann von Hackern dazu benutzt werden, ein Programm zu schreiben, mit dem der Kopierschutz aller schon erschienenen HD-DVDs ausgetrickst werden kann. Ein ähnliches Gesetz gibt es übrigens auch in der EU.
Das Internet vergisst nichts
Als die Digg-Betreiber den von der AACS LA beanstandeten Beitrag löschten, hatten schon genügend Leser den HD-DVD-Schlüssel kopiert. Der Geist war aus der Flasche - und außer der AACS LA hatte niemand Interesse daran, ihn wieder dahin zurück zu bringen. So wurde nicht nur Digg mit Beiträgen überschwemmt, sondern auch Blogs und Foren; User registrierten Internetseiten wie "hddvdkey.com" oder komponierten den "Schlüssel-Blues" und stellten ihn bei YouTube ein. Auch T-Shirts und Hot-Pants mit der Zeichenfolge sind inzwischen im Handel.
Als Digg vor seinen Lesern kapitulierte, listete Google bereits mehr als 35.000 Links auf Seiten, die besagten Schlüssel enthielten. Zurückhaltender verhielten sich MSN und Yahoo. Dort hatte man sich wohl dem Diktat der AACS LA gebeugt. Nur vereinzelt tauchen ein oder zwei Links zu Seiten auf, die die Zahlenfolge enthalten. Anscheinend werden dort Seiten mit dem Schlüssel aus dem Index herausgeworfen. Und die englischsprachige Wikipedia hat das Editieren bestimmter Artikel für neu- und unregistrierte Benutzer gesperrt - zu viele User hatten die Zeichenfolge in Beiträge eingeschmuggelt.
Kampf gegen Windmühlen
Ob es sinnvoll ist, dass der Goliath AACS LA den Kampf gegen den David Digg weiterführt, ist fraglich. Aus einem David sind inzwischen Millionen geworden. Am 7. Mai listete Google 1,5 Millionen Seiten, die den Schlüssel enthielten, am 8. Mai 1,8 Millionen und am 9. Mai fast 2 Millionen. Aus Goliath wurde Don Quijote, der im Kampf gegen die Windmühlen der Digg-Community keine Chance hat. Das scheint AACS LA inzwischen selbst eingesehen zu haben.
In einer Pressemitteilung vom 7. Mai heißt es: "AACS LA erkennt den Wert der aktiven öffentlichen Diskussionen und Kommentare an, die diese Angelegenheit betreffen, und hat nicht gefordert, diese Diskussionsbeiträge oder Kommentare zu entfernen." Ein taktischer Rückzug? Aber weder AACS LA noch die Musik- und Filmindustrie haben begriffen, dass es nicht nur ein Aufschrei gegen die Zensur von Digg ist, sondern gleichzeitig eine Ablehnung des "Digital Rights Management", wie die meisten Beiträge und Kommentare zeigen.
Natürlich werden die neu erscheinenden HD-DVDs mit einem anderen Schlüssel geschützt werden. Aber aufgrund der Aufmerksamkeit, die diese Auseinandersetzung erhalten hat, wird auch der neue Schlüssel in Kürze im Internet auftauchen... Die Büchse der Pandora ist geöffnet und das Verschlüsselungssystem AACS damit praktisch wertlos geworden.
Von der Demokratie zur Anarchie?
Auch wenn diese Geschichte um die Machtstrukturen im Internet durchaus ihren Witz hat und Schadenfreude bei vielen Usern aufkommen lässt, sie zeigt noch einen ganz anderen Aspekt: Wie leicht es für die Mitglieder einer Community ist, eine Internetseite zu übernehmen. Die Digg-Leser fühlten sich ungerecht behandelt und überhäuften die Seiten mit Beiträgen und Kommentaren - ein durchaus als demokratisch zu verstehender Prozess. Aber es gibt im Internet nicht nur Demokraten, im World Wide Web tummeln sich auch Extremisten. Einige Hundert - bei größeren Seiten Tausend - User reichen aus, um Social-Network-Seiten wie Foren oder Blogs zu kapern und mit extremistischen Inhalten zu überschwemmen.
kopiert von freenet.de - normal ist das nicht! DSL Internet E-Mail Chat Shopping
Also mir gefällts . Zwar nur ein tropfen auf den Heißen Stein aber immerhin - Gemeinsamkeit hilft im Kampf gegen fast alles .
(10.05.2007)
Als die Herstellerfirma des HD-DVD-Verschlüsselungssystems die Internetseite Digg.com zur Löschung eines Beitrags aufforderte, wusste sie nicht, welche Lawine sie lostrat. Die Leser der Seite liefen Sturm. Der Inhalt der beanstandeten Seite tauchte millionenfach im Internet auf...
Eine unscheinbare 16-stellige Hexadezimalzahl (Lexikon) sorgt seit Anfang Mai in Blogs, Foren und auf Internetseiten für Trubel. Zunächst war diese Zahl weitgehend unbeachtet in Hacker-Foren aufgetaucht. Die Aufregung begann, als es diese Zahl auf die Startseite von Digg.com schaffte. Digg.com ist eine Social-Bookmarks-Seite (Lexikon), auf der Artikel aus Technik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur verlinkt werden, wenn genügend Surfer diese "diggen" (Lexikon).
Nun ist diese Zahl nicht irgendeine beliebige Zahlenfolge, sondern der Key, mit dem alle bisher erschienenen HD-DVDs kopiergeschützt sind und die Herstellerfirma des Schlüssels, AACS LA (Advanced Access Content System Licensing Administrator), fand das breite Interesse überhaupt nicht witzig. Als Folge der Veröffentlichung auf Digg.com forderten die Anwälte der AACS LA die Löschung des Beitrags unter Androhung, Digg abschalten zu lassen. Natürlich kamen die Betreiber, Kevin Rose und Daniel Burka, dieser Aufforderung nach.
Aufstand der User
Allerdings hatten Rose und Burka die Rechnung ohne ihre Leser gemacht. Die sahen in der Löschung des Artikels nämlich eine Zensur und sich in ihrer freien Meinungsäußerung beschnitten. Und so tauchten auf der Digg-Seite Tausende Beiträge auf, die in irgendeiner Form den Schlüssel enthielten. Dabei waren einige Schreiber überaus erfinderisch. So rechnete ein User die Hexadezimalzahlen in Binärzahlen um - ein leichtes, daraus wieder die originale Zahlenfolge zu errechnen.
Andere User bildeten aus der Zahlenfolge leicht zu entschlüsselnde Sätze wie: "09 Surfer drückten die F9-Taste und brachten damit 11 Computer zum Absturz, während 02 Schüler der Klasse 9D erzählten, ihre Väter seien 74 Jahre alt. ..." Die Digg-Betreiber verbrachten eine schlaflose Nacht damit, alle Beiträge zu löschen, die auf den Schlüssel hinwiesen... vergebens. Angesichts der Beitragsflut kapitulierten sie schließlich. Kevin Rose an seine Leser: "Nachdem ich Hunderte von Beiträgen und Tausende von Kommentaren gelesen habe, habt ihr mir gezeigt: Ihr wollt, dass Digg eher kämpfend untergeht, als sich dem Willen eines großen Unternehmens zu beugen. Wir haben Euch gehört; ab sofort werden von uns keine Artikel oder Kommentare mehr gelöscht, die den Code enthalten und wir werden uns den Konsequenzen stellen, wie immer diese auch sein mögen. Wenn wir verlieren - dann, zum Teufel, sind wir mit wehenden Fahnen untergegangen."
Copyright-Verletzung - Ja oder Nein?
In der Folge entbrannte eine heiße Diskussion darüber, ob eine 16-stellige Hexadezimalzahl copyrightgeschützt werden kann. Schließlich könnte diese Zahlenfolge durch Zufall - auch wenn das recht unwahrscheinlich ist - im Quellcode eines Computerprogramms oder in einer verschlüsselten E-Mail auftauchen. Und damit würde der Programmierer oder der Versender der betreffenden Mail dann das Copyright von AACS verletzen. p
Natürlich kann eine Zahl oder auch Zahlenfolge nicht geschützt werden - genauso wenig wie die Farbe Magenta (wie der rosa Riese Telekom vor einigen Jahren vor Gericht erfahren musste). Aber AACS LA beruft sich auf ein anderes Gesetz, den so genannten "Digital Millennium Copyright Act" (DMCA) der USA: Im DMCA wird nicht nur des Umgehen eines Kopierschutzes unter Strafe gestellt, sondern schon das Verbreitung von Informationen, die den Kopierschutz aushebeln könnten. Mit diesem Schlüssel, so die Argumentation von AACS LA, könnten Hacker Software oder Geräte entwickeln, um den Kopierschutz zu knacken: Die Zahlenfolge, also der Schlüssel, ist für sich allein wertlos. Niemand kann nur mit Hilfe des Schlüssels den Kopierschutz einer HD-DVD umgehen. Aber der Schlüssel kann von Hackern dazu benutzt werden, ein Programm zu schreiben, mit dem der Kopierschutz aller schon erschienenen HD-DVDs ausgetrickst werden kann. Ein ähnliches Gesetz gibt es übrigens auch in der EU.
Das Internet vergisst nichts
Als die Digg-Betreiber den von der AACS LA beanstandeten Beitrag löschten, hatten schon genügend Leser den HD-DVD-Schlüssel kopiert. Der Geist war aus der Flasche - und außer der AACS LA hatte niemand Interesse daran, ihn wieder dahin zurück zu bringen. So wurde nicht nur Digg mit Beiträgen überschwemmt, sondern auch Blogs und Foren; User registrierten Internetseiten wie "hddvdkey.com" oder komponierten den "Schlüssel-Blues" und stellten ihn bei YouTube ein. Auch T-Shirts und Hot-Pants mit der Zeichenfolge sind inzwischen im Handel.
Als Digg vor seinen Lesern kapitulierte, listete Google bereits mehr als 35.000 Links auf Seiten, die besagten Schlüssel enthielten. Zurückhaltender verhielten sich MSN und Yahoo. Dort hatte man sich wohl dem Diktat der AACS LA gebeugt. Nur vereinzelt tauchen ein oder zwei Links zu Seiten auf, die die Zahlenfolge enthalten. Anscheinend werden dort Seiten mit dem Schlüssel aus dem Index herausgeworfen. Und die englischsprachige Wikipedia hat das Editieren bestimmter Artikel für neu- und unregistrierte Benutzer gesperrt - zu viele User hatten die Zeichenfolge in Beiträge eingeschmuggelt.
Kampf gegen Windmühlen
Ob es sinnvoll ist, dass der Goliath AACS LA den Kampf gegen den David Digg weiterführt, ist fraglich. Aus einem David sind inzwischen Millionen geworden. Am 7. Mai listete Google 1,5 Millionen Seiten, die den Schlüssel enthielten, am 8. Mai 1,8 Millionen und am 9. Mai fast 2 Millionen. Aus Goliath wurde Don Quijote, der im Kampf gegen die Windmühlen der Digg-Community keine Chance hat. Das scheint AACS LA inzwischen selbst eingesehen zu haben.
In einer Pressemitteilung vom 7. Mai heißt es: "AACS LA erkennt den Wert der aktiven öffentlichen Diskussionen und Kommentare an, die diese Angelegenheit betreffen, und hat nicht gefordert, diese Diskussionsbeiträge oder Kommentare zu entfernen." Ein taktischer Rückzug? Aber weder AACS LA noch die Musik- und Filmindustrie haben begriffen, dass es nicht nur ein Aufschrei gegen die Zensur von Digg ist, sondern gleichzeitig eine Ablehnung des "Digital Rights Management", wie die meisten Beiträge und Kommentare zeigen.
Natürlich werden die neu erscheinenden HD-DVDs mit einem anderen Schlüssel geschützt werden. Aber aufgrund der Aufmerksamkeit, die diese Auseinandersetzung erhalten hat, wird auch der neue Schlüssel in Kürze im Internet auftauchen... Die Büchse der Pandora ist geöffnet und das Verschlüsselungssystem AACS damit praktisch wertlos geworden.
Von der Demokratie zur Anarchie?
Auch wenn diese Geschichte um die Machtstrukturen im Internet durchaus ihren Witz hat und Schadenfreude bei vielen Usern aufkommen lässt, sie zeigt noch einen ganz anderen Aspekt: Wie leicht es für die Mitglieder einer Community ist, eine Internetseite zu übernehmen. Die Digg-Leser fühlten sich ungerecht behandelt und überhäuften die Seiten mit Beiträgen und Kommentaren - ein durchaus als demokratisch zu verstehender Prozess. Aber es gibt im Internet nicht nur Demokraten, im World Wide Web tummeln sich auch Extremisten. Einige Hundert - bei größeren Seiten Tausend - User reichen aus, um Social-Network-Seiten wie Foren oder Blogs zu kapern und mit extremistischen Inhalten zu überschwemmen.
kopiert von freenet.de - normal ist das nicht! DSL Internet E-Mail Chat Shopping
Also mir gefällts . Zwar nur ein tropfen auf den Heißen Stein aber immerhin - Gemeinsamkeit hilft im Kampf gegen fast alles .