Erwin Teufel: „Ich schweige nicht länger“ - Inland - Politik - FAZ.NET
Ein aus meiner Sicht denkwürdiger Vortrag von Erwin Teufel, der viele Schwierigkeiten innerhalb der Union verdeutlicht. Die alte kleine-Leute-Volkspartei CDU ist tot. Die neue CDU hat noch kein Konzept gefunden, um wieder als Integrationskraft der Massen dienen zu können.
Bin zwar insbesondere mit der engen religiösen Verzahnung zu vielen Kernfragen (insbesondere das "Verdunsten des Glaubens" als einer der Gründe für die gesellschaftlichen Probleme des 21. Jahrhunderts) überhaupt nicht einverstanden, hier zeigen sich doch die Auswirkungen langer kleinbürgerlich-katholischer Prägung seiner (und auch meiner) schwäbischen Heimat, auf der anderen Seite nötigt mir das Maß an (Selbst-)erkenntnis über die momentan alles dominierende gesellschaftliche Krise Deutschlands im allgemeinen, sowie der vollkommen unzureichenden Programmtik und Orientierung seiner Partei im besonderen, großen Respekt ab.
So etwas würde man auch gerne mal von noch aktiven Politikern seiner Partei lesen, bzw. überhaupt lesen, denn mit vielen seiner Aussagen hat er einfach recht. Ein paar Semester Philosophiestudium in München scheint ihm wirklich gut getan zu tun. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Erwin Teufel überhaupt zu so etwas in der Lage ist, aber scheinbar hat man ihn immer zu unrecht unterschätzt. Mit seiner Fixierung eben auch auf die Festlegung der sozialen Aspekte innerhalb einer christlich geprägten Partei, wie sie die CDU eigentlich sein müsste, legt er den Finger genau die Wunde der Partei. Dort hat man doch, auch wenn es manchmal anders wahrgenommen wird, viel an Kernkompetenz liegen lassen und gar nicht mehr besetzt. Wo ist denn der Einfluss der CDA (CDU-Sozialausschüsse) geblieben? Wer legt denn die Fixierung auf das reine Wirtschaftsdenken, gerade in Erwins Bundesland Baden-Württemberg anhand der Agenden von Öttinger und Mappus deutlich erkennbar, fest? Wo ist die, möglicherweise auch süddeutsch agrarisch geprägte, menschliche "Heimeligkeit" der preußisch disziplinierten Merkel-CDU geblieben, oder gibt es für sie keinen Platz mehr?
Insbesondere diese Punkte sind definitiv nachdenkenswert. Schön, dass sie von einem konservativen Politiker stammen. Alles andere hätte hier ja gleich wieder ideologische Gräben geöffnet, die wir in der momentanen Situation wirklich nicht gebrauchen können und die im Endeffekt alle interessanten Diskurse schon von vornherein vergiften, weil sie die Quintessenz der Gedanken hinter schon bereits bestehenden Meinungen allerorten vernebeln.
Aber: Die Erziehung einer Mutter, die Erziehung eines Vaters geht nicht ins Bruttosozialprodukt ein. Eines hat sich jedoch verändert in diesen 160 Jahren. Heute ist etwas nur noch etwas wert, wenn es in Geldwert ausgedrückt werden kann. Und was nicht im Geldwert ausgedrückt werden kann, ist nichts wert. Und deswegen ist die Erziehung in einer Familie nichts wert, obwohl von ihr alles abhängt und für alles der Grund gelegt wird. Ein Kind wird zum Leser in der Familie oder nicht. Ein Kind gewinnt Sprachkompetenz in der Familie. Das kann gar nicht mehr in der Grundschule nachgeholt werden oder im Kindergarten. Ein Kind lernt spielen, ein Kind lernt teilen, ein Kind lernt streiten und versöhnen, ein Kind lernt ein Urvertrauen in der Familie - oder nicht.
Man muss sich mal wirklich hineindenken in die Situation dieser Familien. Sie sind auch besonders betroffen von der Steigerung der Nahrungsmittelpreise, von der Erhöhung der Mehrwertsteuer, von der geplanten starken Erhöhung der Strompreise.
In der Familienpolitik muss sich das "C" zeigen: Das Wohl des Kindes muss Vorrang haben vor den Interessen der Wirtschaft. In einer Anerkennung und finanziellen Anerkennung der Erziehungsleistung der Eltern, in einer vorrangigen Hilfe für Familien mit einem Normaleinkommen und mehreren Kindern. Früher gab es ein von der CDU eingeführtes Bundeserziehungsgeld für zwei Jahre. Es war von niedrigen Einkommensgrenzen abhängig. Das Erziehungsgeld ging also an Eltern, die es am dringendsten brauchten.
Heute hat die CDU ein Elterngeld geschaffen. Es wird aber nur noch ein Jahr gewährt und ist an das letzte Nettoeinkommen gekoppelt. Eine Mutter, die als Kassiererin im Supermarkt arbeitet, erhält also etwa 600 Euro im Monat, eine Bankkauffrau 1200 Euro und eine Akademikerin 1800 Euro. Mütter mit dem geringsten Einkommen erhalten den niedrigsten Betrag. Das ist die größte Ungerechtigkeit, die man sich denken kann.
Hallo Frau Schröder! Sie sollten in ihrer absoluten Unfähigkeit mal kurz bei ihrem lang gedienten pensionierten Parteikollegen anrufen und sich von ihm eine kleine Lektion in Familienpolitik geben lassen.
In Bezug auf ihre Dummheit und allgemeine Inkompetenz wird das zwar wahrscheinlich nicht viel nutzen, aber zumindest ein Versuch wäre es wert.
Das dreigliedrige Schulsystem, das Begabung erkennt und Leistung fördert, hat über viele Jahre eindeutig bessere Ergebnisse erbracht als die integrierte Gesamtschule. Die Hauptschule - warum sagt das niemand?! - muss in Einheit mit der Berufsschule gesehen werden. Ich hätte überhaupt nicht die moralische Kompetenz, einem jungen Menschen mit zehn Jahren und seinen Eltern nach der Grundschule zu sagen: "Sie geben vernünftigerweise Ihr Kind lieber in die Hauptschule", wenn das die Entscheidung fürs Leben wäre. Aber ein Hauptschüler, der hat die Möglichkeit, nach der Hauptschule an einer zweijährigen Berufsfachschule auf seine Begabung bezogen zur mittleren Reife zu kommen. Er hat die Möglichkeit, zu einem beruflichen Abitur zu kommen. Bei uns kommen schon fast so viele Abiturienten auf diesem zweiten Weg zur Studienberechtigung wie aus dem allgemeinbildenden Gymnasium. Auch Meisterprüfungen müssen als Hochschulzugang gewertet werden. Wir brauchen ein offenes und differenziertes Hochschulsystem.
Ich lese, jetzt wird sich der Bundesparteitag mit der Hauptschule und der Auflösung der Hauptschule beschäftigen. Wissen Sie, ich frage mich auch, wofür wir in der Verfassung stehen haben, dass die Länder für die Schulen zuständig sind, warum wir vor fünf Jahren eine Föderalismusreform gemacht haben und in dieser Föderalismusreform alle Zuständigkeiten, die der Bund im Lauf von 40 Jahren an sich gezogen hatte in der Bildungspolitik, wieder zurückgegeben haben an die Länder. Und jetzt beschließt ein Bundesgremium der Partei, wie unsere Bildungspolitik in den Ländern aussehen soll.
Hallo Frau Schavan.....
Gegen die große Verunsicherung und Skepsis über die Hilfsmaßnahmen für überschuldete Euroländer helfen nur ein Schuldenschnitt und die konsequente Wiedereinführung der Stabilitätskriterien und der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, die Helmut Kohl und Theo Waigel erreicht haben - und die von den Staats- und Regierungschefs in wichtigen Teilen in einer einzigen Nacht weggeputzt worden sind. Wie soll man von den Bürgern Rechtstreue verlangen, wenn sich ihre Staats- und Regierungschefs nicht an das Recht und an abgeschlossene Verträge halten?
Die Regierungen in der Welt müssen auch dafür sorgen, dass durch internationale Vereinbarungen Raffgier nicht durch Boni belohnt wird. Es muss verhindert werden, dass durch Spekulieren weit mehr Geld verdient wird als durch Arbeit und durch Investitionen. Eine Finanztransaktionssteuer könnte dies alles verhindern. Wir brauchen Europa also heute so dringend wie in der Vergangenheit, davon hängen unsere Wettbewerbsfähigkeit, unser Wohlstand, unser Überleben ab.
Hallo Frau Merkel.....
Rechtstreue und Politik des 21. Jahrhunderts sind nicht unbedingt zwei Begriffe, die komplett übereinstimmen.
An die Transaktionssteuer hat man sich bislang ja auch immer noch nicht heran gewagt. Wieso eigentlich? ruft sonst Kollege Ackermann an und bestellt sie nach Frankfurt....
Die Union bleibt nur mehrheitsfähig, wenn sie für Christen, für Konservative, für Liberale und für suchende und offene junge Menschen wählbar bleibt. Wir hatten noch nie eine so offene junge Generation bar jeder Ideologie wie die heutige an der Oberstufe unserer Gymnasien und an unseren Universitäten. Die hören zu! Die überlassen das Feld der Diskussion nicht mehr einigen Ideologen, sondern die sind bereit, auch andere Meinungen zu übernehmen, die sie für glaubwürdig halten. Wir müssen ihnen zuhören und ihre Fragen beantworten.
Hier irrt Herr Teufel nicht. Dass ausgerechnet ein ausgedienter Politikveteran wie Erwin Teufel offen in einen Dialog mit jungen Menschen getreten ist und ihnen offenbar auch zugehört hat, sonst würde er nicht so denken, während man vom Rest seiner Partei (bzw. fast aller Parteien) davon gar nichts mitbekommt, spricht Bände.
Die Zeit der großen Ideologien und Utopien ist aber wohl vorläufig wirklich vorbei. Vorausgesetzt, die Politik schafft es, verträgliche Lösungen für die gravierendsten Gesellschaftsprobleme unserer Zeit zu finden, wonach es derzeit leider absolut nicht aussieht, wird es auch dabei bleiben. Andernfalls droht ein Rückfall in längst vergessen geglaubte Zeiten...