Tookie Williams,"Staatlich organisierter Mord aus Rechthaberei"
Die Exekution des verurteilten Mehrfach-Mörders Stanley "Tookie" Williams hat nicht nur in Kalifornien zu wütenden Protesten geführt. In vielen europäischen Ländern äußerten sich Menschenrechtler entsetzt über die Hinrichtung.
San Francisco - Kritik an der Entscheidung kam unter anderem aus dem Vatikan. Der päpstliche Berater in Justiz-Angelegenheiten, Kardinal Renato Martino, nannte Williams Hinrichtung durch eine Giftspritze ein "schreckliches Ereignis". Die Todesstrafe verneine die menschliche Würde. "Für denjenigen, der zum Verbrecher geworden ist, gibt es dann keine Möglichkeit, sich zu bessern und ein guter Bürger zu werden."
Die italienische Sektion der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einem "Schlag ins Gesicht des Rehabilitationsprinzips". Williams sei durch seinen Gesinnungswandel im Gefängnis und sein Engagement gegen Gewalt für viele Jugendliche zum einem Symbol der Hoffnung geworden.
WUT NACH "TOOKIES" HINRICHTUNG: "STOP STATE MURDER!"
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Williams war einst ein gefürchteter Straßengangster aus South Central Los Angeles. Seine "Crips"-Gang lieferte sich in dem Armenviertel seit 1971 mit der rivalisierenden Bande "Bloods" blutige Straßenkämpfe. 1981 wurde Williams des vierfachen Mordes schuldig gesprochen. In der Todeszelle brachte er sich Lesen und Schreiben bei und machte sich als Schriftsteller einen Namen. In seinen Büchern warnte er seine jungen Leser davor, sich auf Drogen, Waffen und Gangs einzulassen. Für sein Engagement wurde er mehrmals für den Literatur- und Friedensnobelpreis nominiert.
Der 51-jährige Williams war kurz nach Mitternacht Ortszeit im Gefängnis von San Quentin durch eine tödliche Injektion getötet worden. Williams Anwälte hatten zuvor in einem Gandengesuch argumentiert, dass sich ihr Mandant in der Haft geläutert und einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Bandenkriminalität geleistet habe. Auch seine prominenten Unterstützer wie der Rapper Snoop Dogg, selbst früher ein Mitglied der von Williams mitbegründeten "Crips"-Bande, der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Bischof Desmond Tutu und Hollywoodstars wie Russell Crowe, Tim Robbins, Susan Sarandon und Jamie Foxx verwiesen auf das Engagement des Todeskandidaten gegen die Gewalt.
Heftige Kritik aus Deutschland
Sowohl ein Bundesgericht als auch der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger hatten das Gnadengesuch jedoch abgelehnt. Schwarzenegger erklärte, solange sich Williams nicht für die Morde entschuldige, könne es auch keine Gnade geben. Auch an der Richtigkeit des mehrfach überprüften Schuldspruchs gebe es keine Zweifel. Williams hatte immer wieder erklärt, er sei unschuldig. Ehemalige Komplizen hätten ihm die Morde angehängt. Er könne sich nicht für ein Verbrechen entschuldigen, das andere begangen hätten.
In Deutschland kritisierten Mitglieder der Grünen den Gouverneur und ehemaligen Schauspieler wegen seiner Ablehnung scharf. "Schwarzeneggers Entscheidung ist eine feige Entscheidung", sagte der Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Williams sei ein Beispiel für Resozialisierung und Umkehr. Er habe andere von einer kriminellen Karriere abgebracht. "Ihn dennoch zu töten, ist staatlich organisierter Mord aus Rechthaberei." Die österreichische Grünen forderten, dem gebürtigen Österreicher Schwarzenegger seine österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen - was Bundeskanzler Wolfgang Schüssel jedoch umgehend zurückwies. In Schwarzeneggers Geburtsstadt Graz verkündeten grüne Politiker, man werde sich dafür einsetzen, das städtische Arnold-Schwarzenegger-Stadion wieder umzubenennen.
"Es ist vorbei"
In einem Gespräch mit dem US-Bürgerrechtler Jesse Jackson hatte Williams vor seiner Hinrichtung dazu aufgerufen, seinen Tod nicht zum Anlass für Ausschreitungen zu nehmen. Jackson, der sich wie viele Prominente und Menschenrechtler für eine Begnadigung Williams' eingesetzte hatte, kommentierte die offizielle Todesnachricht mit den Worten: "Es ist vorbei, ist es aber nicht". Die Journalistin Barbara Becnel, mit deren Hilfe Williams Kinderbücher gegen Gewalt verfasst hatte, kündigte an, Beweise für dessen Unschuld zu sammeln und Schwarzenegger als "kaltblütigen Mörder" zu überführen. Mehrere tausend Gegner der Todesstrafe vor dem Gefängnis, unter ihnen die Musikerin Joan Baez, zeigten sich bestürzt.
Der letzte kalifornische Gouverneur, der einen Todeskandidaten begnadigt hatte, war Ronald Reagan im Jahr 1967. Nach dem die Todesstrafe in dem Bundesstaat einige Jahre ausgesetzt worden war, wurde sie 1977 wieder aufgenommen. Williams ist der zwölfte Verurteilte, der seitdem hingerichtet wurde.