24.12.
Meine Eltern stehen gegen 8 auf. Ihre drei Söhne und Anhang erholen sich noch eine Stunde von der gestrigen Geburtstagsfeier meines Vaters. Dann stehen diese auch auf. Mutter hat in der Zeit Frühstück gemacht, das wird gemeinsam eingenommen und man diskutiert, wer für was zuständig ist. Mein Vater nimmt seit Jahren die Küche für sich in Anspruch, wo er zwei XXL-Truthähne und Beilagen vorbereitet. Von da an wird er etwa 7-8 Stunden in der Küche stehen.
Meine Mutter ist wie immer die Chefin des Putzkommandos. Dem Putzkommando gehört an, wer sich nicht schnell genug zum Christbaumschmücken gemeldet hat, in der Regel ich und mein ältester Bruder.
Ausgenommen von Putzkommando ist vorerst jeder, der noch Besorgungen zu machen hat, was in der Regel jeder außer meiner Mutter ist.
Meist fängt das Geputze erst gegen 13 Uhr an, etwa zur gleichen Zeit fangen auch die Christbaumschmücker an, die bis dato diskutiert haben, welche Farbkombinationen man dieses Jahr nimmt (letztes Jahr Goldorange und tiefes Ultramarinblau).
Die nächsten Stunden sind eine Periode gottgefälligen Eifers, bei der die Gruppen (Schmücker, Putzkolonne, mein Vater) jeden Kontakt vermeiden, weil das die Konzentration hemmt! Einzig mein Vater stellt dann doch wieder Verbindungen her, entweder weil er aus der Küche flucht ("Kruzifix, des reicht ja nie") oder wenn er den Christbaumschmückern Ratschläge erteilt ("Die großen Kugeln nach innen!!!! Nicht soviel Lametta! Mehr Lametta!!!")
Gegen 17 Uhr ist dann im Endeffekt alles fertig, dann machen sich alle fertig, ziehen sich was einigermaßen anständiges an und setzen sich. Man wartet auf Oma und Opa, die kommen dann auch, und schließlich haut man sich lecker Truthahn rein (und ich schwöre bei Gott, einen besseren Truthahn hat keiner von je gegessen). Wenn fertig gegessen wurde, wartet man auf den Rest der Verwandtschaft, die bis dahin daheim alle schon mal im eigenen Kreis gefeiert haben, und wenn alle da sind (ca. 40 Leute), dann öffnet sich bei uns auch die Wohnzimmertür und während die Sternspritzer den Raum erleuchten, spazieren alle hinein. Dann wird bei Kerzenlicht gesungen, und jedes Kind singt dann noch ein eigenes Lied vor (und es werden immer mehr Kinder
), und nach dem letzten Lied (aus Prinzip "Stille Nacht") ist Bescherung, und die Kleinen (und ich mit dabei!!) stürzen sich auf ihre Geschenke, während mein Vater wieder in der Küche steht und Würstel kocht..
Dann wird nochmal gegessen, man umarmt sich, beglückwünscht sich, bedankt sich, umarmt sich noch mal, und quatscht noch ne Weile. Das geht bis Mitternacht so, und schließlich marschieren das Kollektiv noch zum Friedhof und lauscht den Turmbläsern
, während man Kerzen auf den Gräbern von Oma und Opa aufstellt (nein, nicht die vorhin beim Essen warn) und danach spaziert die Familie wieder heim, aber ohne Verwandtschaft. Dann erledigt jeder noch ein paar Telefonate und raucht gemeinsam eine Wasserpfeife (und das mit Blick auf die tief verschneiten Berge), bis meine Eltern totmüde ins Bett fallen und sich wie jedes Jahr vornehmen, das nächste mal nur noch im kleinen Kreis zu feiern.
Weihnachten hat für uns sehr viel Bedeutung, einfach deswegen, weil das manchmal der einzige Tag im Jahr ist, an dem es tatsächlich passiert, dass meine beiden Brüder (+Familie) und ich sowie unsere Eltern uns alle auf einmal sehen.
Mit Glauben hat das bei uns nichts zu tun, eher mit Tradition!