der hat eben aufmerksam Hans Esser gelesenMein lieber Scholli. Das sind ja ganz schöne Ausmaße. Einzelfall oder ist sowas weiter verbreitet?
Einzelfall oder ist sowas weiter verbreitet?
Ich hab vor vielen Jahren aufgehört. den Spiegel regelmäßig zu lesen, weil ich ein großes Glaubwürdigkeitsproblem mit dem Magazin hatte. Dass auf so banale Weise dort Stories erfunden werden, hätte ich allerdings auch nicht erwartet.
Die Opferrolle, die sich der Spiegel in dem Artikel gibt, mag in dem Fall so stimmen, meistens stinkt der Fisch aber nicht vom Schwanz.
Mir ist beim Lesen allerdings etwas bewusst geworden, was ich bisher nicht so konkret erkannt hatte: Ich kann mit dieser Belletristik im Journalismus nichts anfangen. Was interessiert es mich, ob das Mädchen ein Lied gesungen hat? Was interessiert mich, was der Grenzschützer auf seine Hände tätowiert hat? Ob Kaepernicks Mutter am Telefon lachte oder weinte?
Wenn ich drüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich diese Absätze immer überfliege, weil ich sie so belanglos finde. Diese unnötigen Portraits, diese Charakterstudien, die geschriebenen Bilder... was soll das bringen? Welchen journalistischen Mehrwert hat das? Gibt es nicht genügend Fakten, nach denen man recherchieren könnte?
Anscheinend nicht, daher der ErfindungsreichtumGibt es nicht genügend Fakten, nach denen man recherchieren könnte?
Ja, da haben halt alle Kontrollmechanismen versagt. Wobei in dem Artikel ja aufgezeigt wird dass es diese so ja gar nicht gibt und jeder was erfinden könnte. Die Dokumentation prüft ja nur ob Entfernungen stimmen, die Orte tatsächlich existieren. Ob dort dann drei Kirchen stehen oder nur eine oder ob Straße xy existiert geht ja anscheinend bereits zu weit. Den Organisationen kann man insofern kaum einen Vorwurf machen, da sie davon ausgehen dass Kontrolle bereits vorher stattfindet. Aber ok, vielleicht hätte die ein oder andere Story ja doch Fragezeichen aufwerfen können. Ansonsten stimme ich p.G. zu dass es mir egal ist ob die Person da Lieder singt oder ob da ein passendes Lied aus der Box kommt. Ich frag mich da auch desöfteren nach der Relevanz. Aber natürlich wird das dann irgendwie runder, das versteh ich schon. Aber wenn das immer und immer wieder in den Artikeln des Autors vorkommt hätte man da vielleicht auch schon mal ein Muster erkennen können. Denn das jedes mal das passende Lied herumträllert ist dann doch irgendwie unglaubwürdig.Die gespielte Entrüstung der Spiegel-Führung ist natürlich auch putzig.
Ebenso wie die der renommierten Organisationen, die für offensichtlich aufgehübschte "Investigativ-"Stories Preise verliehen haben.
Ich hab vor vielen Jahren aufgehört. den Spiegel regelmäßig zu lesen, weil ich ein großes Glaubwürdigkeitsproblem mit dem Magazin hatte. Dass auf so banale Weise dort Stories erfunden werden, hätte ich allerdings auch nicht erwartet.
Die Opferrolle, die sich der Spiegel in dem Artikel gibt, mag in dem Fall so stimmen, meistens stinkt der Fisch aber nicht vom Schwanz.
Mir ist beim Lesen allerdings etwas bewusst geworden, was ich bisher nicht so konkret erkannt hatte: Ich kann mit dieser Belletristik im Journalismus nichts anfangen. Was interessiert es mich, ob das Mädchen ein Lied gesungen hat? Was interessiert mich, was der Grenzschützer auf seine Hände tätowiert hat? Ob Kaepernicks Mutter am Telefon lachte oder weinte?
Wenn ich drüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich diese Absätze immer überfliege, weil ich sie so belanglos finde. Diese unnötigen Portraits, diese Charakterstudien, die geschriebenen Bilder... was soll das bringen? Welchen journalistischen Mehrwert hat das? Gibt es nicht genügend Fakten, nach denen man recherchieren könnte?
Doch nach der Überschrift kommt etwas völlig anderes. Es kommt ein Text, der für einen Außenstehenden völlig unerklärlich ist und Insider fassungslos machen muss. „Kurz vor dem Ende seiner Karriere kommen sich Glanz und Elend im Leben des Claas Relotius einmal ganz nah“, steht da. Ein sehr schöner Satz. Ein Romansatz. Der passende Einstieg in eine Reportergeschichte, in der wir die Büronummer von Claas Relotius erfahren und nach einer 40.000 Anschläge oder 20 Din-A4-Seiten langen Reise durch Relotius‘ beste Fake-Reportagen wiederum mit einem schönen Satz verabschiedet werden. „Und wenn es ihm gefällt, wie in ‚Jaegers Grenze‘, dann lässt er seine Hauptfigur auch einmal schießen, mit einem Sturmgewehr, mit scharfer Munition, in die Nacht hinein, einfach so, und weil es an den Schluss seines Märchens gerade so gut passte“, schreibt Fichtner. So endet ein Text, der als Nachricht angekündigt wurde, mit einem Märchen. Die W-Fragen sind irgendwo in dieses Stück verwoben, die Entschuldigung eingebaut zwischen Gefühlen und Beobachtungen des Reporters Ullrich Fichtner.
Ja, da haben halt alle Kontrollmechanismen versagt.
p.G. schrieb:Ich kann mit dieser Belletristik im Journalismus nichts anfangen. Was interessiert es mich, ob das Mädchen ein Lied gesungen hat? Was interessiert mich, was der Grenzschützer auf seine Hände tätowiert hat? Ob Kaepernicks Mutter am Telefon lachte oder weinte?