Wundert mich, dass das hier noch nicht thematisiert wurde.
Leipzig-Fans gehen auf Polizisten los
Von Alasdair Thompson und Pavo Prskalo
Rauchbomben, Feuerwerkskörper, fliegende Pflastersteine: Erneut ist es in Ostdeutschland zu schweren Ausschreitungen bei einem Fußballspiel gekommen. Rund 200 gewaltbereite Anhänger leisteten sich mit der Polizei nach der Partie Lokomotive Leipzig gegen Erzgebirge Aue II eine Straßenschlacht.
Leipzig - Aufgebrachte Lokomotive-Fans gingen kurz nach Spielschluss auf die vor dem Bruno-Plache-Stadion stationierten Polizisten los. Diese gerieten schnell in Unterzahl und konnten die Angreifer erst mit Hilfe von weiteren Einsatzkräften an eine nahe gelegene Kreuzung vertreiben.
Dort allerdings begannen die Fans, die zuvor eine 0:3-Niederlage ihres Teams im Viertelfinale des Sachsenpokals gegen Aue II erlebt hatten, die Polizisten mit Pflastersteinen und Holzbrettern zu beschmeißen. Außerdem flogen Metallstangen und Flaschen.
Die Situation eskalierte, als die Lok-Anhänger Rauchbomben und Feuerwerkskörper Richtung Polizei warfen und mehrere Mülltonnen in Brand steckten. Die Beamten reagierten und schmissen die Rauchbomben zurück zu den Fans.
Erst nach 20 Minuten konnten die Einsatzkräfte die Situation beruhigen. Einer Reiterstaffel der Polizei gelang es, den harten Kern der Rowdies Richtung Völkerschlacht-Denkmal zu vertreiben. Die rund 300 mitgereisten Auer Anhänger wurden mit einem Sonderbus Richtung Hauptbahnhof eskortiert.
Bereits während der Partie hatte die Polizei eingreifen müssen. Kurz nach Beginn der zweiten Hälfte beim Spielstand von 0:1 versuchten beide Lager aufeinander loszugehen, es flogen Rauchbomben und Feuerwerkskörper zwischen den Gruppierungen. Wie SPIEGEL ONLINE erfuhr, skandierten die Lok-Fans "Juden Aue" in Richtung Gästeblock. Die Partie musste für knapp eine Viertelstunde unterbrochen werden.
Die Ausschreitungen sind die neuesten in einer Serie von Problemen mit Lokomotive-Fans. In November 2005 kam es zu einer schweren Randale während der Partie bei ATSV "Frisch Auf" Wurzen, wobei ein Polizeiauto demoliert wurde. Ein Jahr später tauchten Lok-Fans bei der Partie zwischen Eilenburg und Sachsen Leipzig auf und attackierten Anhänger des Stadtrivalen.
Nach dem Ligaspiel in Bad Lausick griff ein Gruppierung von Leipzig-Anhängern linke Jugendliche an, einer davon musste mit einem gebrochenen Kiefer ins Krankenhaus transportiert werden. Letzter trauriger Höhepunkt war Ende Januar eine Geldstrafe von 200 Euro und drei Punkten Abzug für die A-Jugend, nachdem bei der Partie Lokomotive gegen Sachsen Leipzig Anhänger das Spielfeld gestürmt hatten und das Spiel unterbrochen werden musste.
Quelle: spiegel.de
Schlimme Ausschreitungen nach Fußballspiel in Leipzig
Nach dem Spiel von Lok Leipzig gegen Erzgebirge Aue II greifen 800 Hooligans 300 Polizisten an - mit Steinen und Betonteilen.
Schwere Ausschreitungen nach dem Spiel des 1. FC Lokomotive Leipzig gegen den FC Erzgebirge Aue II im Viertelfinale des sächsischen Fußball-Landespokals haben am Samstag in Leipzig 42 Verletzte gefordert.
Nach Auskunft der Polizei wurden 36 Beamte und sechs Zivilisten verletzt. Auch Pferde und Hunde waren Ziel der Attacken. An 21 Polizei-Autos seien Schäden in zunächst unbekannter Höhe entstanden. Fünf mutmaßliche Gewalttäter wurden vorübergehend festgenommen.
Eine neue Qualität
Da gegen sie keine Haftbefehle beantragt wurden, kamen sie am Sonntag wieder auf freien Fuß. Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) forderte am Sonntag „deutlichere Signale“. Er werde mit der Polizei und den Ministerien für Justiz, Sport und Soziales erörtern, was die Politik tun könne.
Das Problem habe eine neue Qualität bekommen. „Mir reicht es nicht, wenn sich die Verantwortlichen der Vereine jedes Mal nach solchen Ereignissen lediglich distanzieren. Ich werde keine italienischen Verhältnisse in und um die sächsischen Stadien zulassen.“ Vorstand und Aufsichtsrat des Leipziger Traditionsvereins verurteilten die Vorkommnisse.
In einer Pressemitteilung hieß es, der Verein „wird die Behörden bei der Suche der Schuldigen in vollem Umfang unterstützen, damit diese zur Rechenschaft gezogen werden können“. Zudem denken Vorstand und Aufsichtsrat über „mögliche Konsequenzen bezüglich ihrer Ämter nach“.
Steine gegen Hunde und Pferde
Kurz nach dem Spiel, das mit einem 3:0-Sieg für Aue endete, hatten rund 800 Hooligans von Lok Leipzig die 300 eingesetzten Polizisten attackiert. Sie bewarfen die Beamten sowie Pferde und Hunde mit Steinen und Betonteilen. Mit Schlagstöcken und Pfefferspray setzten sich die Einsatzkräfte zur Wehr. Einige Angreifer wurden von Hunden gebissen.
Ein Zivilpolizist gab einen Warnschuss ab, als er von 20 Hooligans verfolgt und zu Boden geworfen wurde. Kollegen konnten ihn kurz darauf in Sicherheit bringen. Die Polizei sprach von gezielt geplanten Aktionen gegen die Beamten.
Schon während des Spiels hatten Anhänger beider Mannschaften Feuerwerkskörper gezündet und sich gegenseitig beschimpft. Der Schiedsrichter musste die Partie zwei Mal unterbrechen.
Sicherheitsbeamte und der Stadionsprecher versuchten die Fans währenddessen zu beruhigen. Zu dem Spiel waren 350 Anhänger des FC Erzgebirge Aue II und 5000 Anhänger des Lok Leipzig gekommen.
Quelle: sueddeutsche.de
Ob 200 oder 800 ist letztendlich egal, aber mal wieder typisch.
Kommentar von Rudi Bartlitz in der "Volksstimme" (12.02.07):
Entsetzen und Ratlosigkeit
Nach all dem, was der Mob in Leipzig angerichtet hat besitzen wird Deutschen wahrlich kein Recht mehr, auf die Zuschauer in Italien mit Fingern zu zeigen. Was da in Sachsen passierte, beweist, dass offenbar eine neue Stufe auf der nach oben offenen Gewalt-Skala erreicht ist. Das ist das eigentlich Alarmierende.
Exzesse in der Messestadt, wir wissen es, sind längst keine inneres Problem des Fußballs mehr. Die Horror-Szenen vom Sonnabend zeigen vielmehr kranke Auswüchse einer Gesellschaft auf, in der bestimmte Strukturen einfach nicht mehr greifen, in der Schule und Familie oft überfordert sind.
Neben Abscheu und Entsetzen macht sich immer mehr Ratlosikgkeit breit: Wie soll man Chaoten, die selbst vor bewaffneten Einsatzkräften, vor Pferden und Hunden nicht zurückschrecken, denn in den Griff bekommen?
Diese Brutalos sind weder zu bekehren noch zu erziehen. Ihnen kann man - und das sicher auch nur als erste Maßnahme - höchstens beikommen, wenn man ihnen die "Spielwiese" nimmt.
Deutlich gesagt: Der Verein Lok Leipzig muss aufgelöst werden.
Und zwar ganz schnell.
Den Worten von Bartlitz kann ich mich, leider, nur voll und ganz anschließen. Das Fass ist am Wochenende übergelaufen, die Allgemeinheit, Unschuldige wurden gezielt angegriffen, jetzt muss die Reißleine gezogen werden. Wenn nicht vom Verein selbst, dann von den Verbänden. Wenn man sieht, was in Cottbus geschehen ist, hautnah miterlebt, wie in Magdeburg sich das Fansituation entspannt, dann macht es umso trauriger und wütender zugleich, dass wiederholt ein Verein in Sachsen den ganzen Osten Deutschtlands bzw. allgemein den deutschen Fußball in Misskredit bringt. Wenn man jetzt nicht handelt, ein Exempel statuiert, dann braucht man sich nicht wundern, wenn in einigen Jahren in Deutschland ähnliche Verhältnisse herrschen wie nun in Italien, das man sich in Leipzig am vergangenen Wochenende anscheinend zum Vorbild nahm.
Lok Leipzig weist Kritik zurück
Der 1. FC Lok Leipzig wehrt sich gegen Vorwürfe, vor den Ausschreitungen am vergangenen Samstag Sicherheitsstandards nicht eingehalten zu haben.
Nach einer Sitzung des Präsidiums und des Aufsichtsrates am späten Montagabend teilte der Bezirksligist mit, dass er die Lage vor dem Pokalspiel gegen FC Erzgebirge Aue II nicht unterschätzt habe. „Wie seit drei Jahren wurde auch vor diesem Spiel eine Sicherheitskonferenz, wie sie jeder Oberligaverein machen muss, durchgeführt. Alle Sicherheitsmaßnahmen, auch strenge Einlasskontrollen, wurden einvernehmlich mit Vertretern der Stadt Leipzig sowie der Polizei abgestimmt“, teilte der Verein in einer schriftlichen Erklärung mit.
76 Ordner vor Ort
Es sei unverständlich, dass der sächsische Innenminister Albrecht Buttulo und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung dem Verein im nachhinein ein Fehlverhalten anlasten wollten. „Nach dem Umfang des Kartenvorverkaufs wurde das Ordnerkontingent weiter aufgestockt. So waren insgesamt 45 gewerbliche, 20 vereinseigene und elf Ordner des Gastvereins im Einsatz, das sind ca. 40 Prozent mehr als die Spielordnung des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV) es fordert“, heißt es.
Keine Hinweise auf Straßenschlacht
Aus den bestehenden Kontakten des Vereins mit der Fanszene und aus anderen Quellen gab es nach Club-Angaben keinerlei Hinweise auf besonderes Gewaltpotenzial (Kategorie C). Nach vom Verein ermittelten Informationen waren zu dem Spiel Fans aus Chemnitz, Zwickau, Halle, Berlin und wohl auch aus Westdeutschland angereist. Das spreche aus der Sicht des Vereins dafür, dass die Straßenschlacht, bei der insgesamt 42 Personen verletzt wurden, lange und detailliert geplant wurde.
Man gehe nicht davon aus, dass die Ausschreitungen in Zusammenhang mit Aufnahmen eines Kamerateams stünden, das derzeit einen Film über Hooligans dreht und regelmäßig in Leipzig vor Ort ist.
Quelle: focus.de
Lok Leipzig droht Ausschluss aus Verband
Mit seiner Aktion „Spielabsagen in Sachsen“ will der DFB am Wochenende ein Zeichen gegen Gewalt setzen. Noch in diesem Monat soll das zuständige Sportgericht spezielle Sanktionen gegen den 1. FC Lok Leipzig verhandeln.
Leipzig - DFB-Boss Theo Zwanziger zögert noch mit der Roten Karte für den 1. FC Lok Leipzig, das Sportgericht des sächsischen Fußball-Verbandes kündigte aber bereits eine „harte Linie“ an. Dem Ex-Europacupfinalisten und jetzigen Sechstliga-Vereins droht nach den schweren Krawallen laut Strafenkatalog sogar der Ausschluss aus dem Verband, eine Sperre oder der Entzug des Aufstiegsrechtes. Unabhängig davon will der DFB mit seiner Aktion „Spielabsagen in Sachsen“ am kommenden Wochenende ein Zeichen gegen Gewalt setzen.
Zwanziger sprach zwar von „Mitnehmen und Integration als erstem Ziel“, verwies bezüglich möglicher Sanktionen aber auf das zuständige sächsische Sportgericht. Dessen Vorsitzender Richter Stephan Oberholz (Leipzig) kündigte im sid-Gespräch an, dass er prüfen will, ob auch die Vorfälle nach dem Pokalspiel in das Urteil einbezogen werden können. Seiner Ansicht nach sei der 1. FC Lok auf Grund früherer Vorfälle aus tieferen Klassen zudem durchaus als vorbelastet einzustufen. Nach Möglichkeit soll noch im Februar verhandelt werden.
Eine „zügige Anklage“ versprach auch die Staatsanwaltschaft gegen drei Tatverdächtige. Laut des Sprechers der Leipziger Behörde, Staatsanwalt Ricardo Schulz, könne dies schon in ein bis zwei Wochen der Fall sein. Gegen drei Rowdies wird derzeit wegen schweren Landfriedensbruches ermittelt. Der Gesetzgeber sieht bei einer Verurteilung als Strafmaß eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.
„Der Tatverdacht liegt vor, aber einen Haftgrund haben wir nicht gesehen“, begründete Schulz die schnellen Freilassungen, die in der Öffentlichkeit für Empörung gesorgt hatten. Die drei Leipziger seien nicht vorbestraft und beruflich gebunden. Zwei weitere Personen, deren Personalien aufgenommen wurden, gehörten bereits nach Auffassung der Polizei nicht zum Täterkreis.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, der Hausrecht für das marode Bruno-Plache-Stadion besitzt, konnte sich noch nicht zu harten Maßnahmen durchringen. „Wir denken über eine Schließung des Stadions mit Blick auf öffentliche Sicherheit und Ordnung nach“, sagte er. Dies sei zwar keine Lösung, aber ein Instrument zum zeitweiligen Innehalten.
Zwanziger will prüfen lassen, ob die Satzung so verändert werden darf, dass der Deutschen Fußball-Bund (DFB) in solchen Fällen künftig direkt einschreiten kann. Der diesmal verantwortliche Oberholz wollte den konkreten Fall noch nicht bewerten. Schließlich würden die verschiedenen Berichte bisher nicht vorliegen, bis Donnerstag nächster Woche soll dies geschehen. Dann werde er den Termin der mündlichen Verhandlung festlegen.
Während der Partie hatte es Tumulte gegeben. Nach dem Abpfiff griffen dann rund 800 Gewalttäter in Stadionnähe die Polizei an, 36 Beamte wurden verletzt. Es fiel ein Warnschuss, ein Polizist wurde mit einer Schreckschusspistole verletzt.
Quelle: welt.de
Zuletzt noch ein interessantes Interview ("Sachsen ist für die Ausschreitungen mitverantwortlich") mit dem DFB-Sicherheitsbeauftragten Helmut Spahn:
WELT.de: Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo von der CDU hat die Ausschreitungen in Leipzig, bei denen am Samstag nach einem Amateurspiel durch Ausschreitungen von 800 Hooligans 42 Menschen verletzt wurden, mit den tödlichen Krawallen im italienischen Fußball verglichen. Haben wir italienische Verhältnisse in Deutschland?
Helmut Spahn (45): Das ist schnell dahergesagt. Dieses Spiel steht nicht stellvertretend für den Fußball im Osten. Die Art und Weise aber, mit der die Polizei angegriffen wurde, hatte eine Qualität, die es in den vergangenen Jahren so nicht gegeben hat. Die Anzahl der gewaltbereiten Leute bei diesem Spiel ist schon mehr als beunruhigend. Da ist viel Frust im Spiel, und für das Verhalten dieser Randalierer spielt sicherlich insgesamt die Situation im Osten Deutschlands eine Rolle.
WELT.de: Für die Ausschreitungen machen Politiker wie Buttolo aber vor allem die Vereine verantwortlich. Können Sechstligaklubs wie der 1. FC Lokomotive Leipzig einem so umfassenden gesellschaftlichen Problem überhaupt Herr werden?
Spahn: Allein schaffen das die Vereine nicht. Aber wenn ich als Veranstalter weiß, dass 5000 Zuschauer zu einem Heimspiel kommen, muss ich einen gewissen Standard an Sicherheitsmaßnahmen haben. Den gab es am Samstag in Leipzig nicht. Schon vor den Ausschreitungen wurden im Stadion Feuerwerkskörper abgefeuert. Wir werden am Dienstag in Gesprächen mit den Vereinsvertretern besprechen, wie es dazu kommen konnte.
WELT.de: Stehen Strafen wie Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit zur Debatte?
Spahn: Wir erwägen auch solche Ultima-Ratio-Maßnahmen. Es wäre aber generell zu kurz gegriffen, wenn wir uns allein mit den Vereinen auseinandersetzen. In Sachsen hat auch die Landesregierung eine Mitverantwortung für die Ausschreitungen. Das Land beteiligt sich nicht an der Finanzierung von präventiven Fanprojekten, außer Baden-Württemberg machen das sonst alle Bundesländer. All diese Einzelpunkte können dann zu einer solchen Situation führen.
WELT.de: Fühlen Sie sich von Politikern in Ihrer präventiven Arbeit sabotiert?
Spahn: So etwas ist in Teilbereichen ärgerlich, aber wir reagieren nicht beleidigt. Der DFB versucht bei der Politik Überzeugungsarbeit zu leisten, sie darf sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Wir versuchen verstärkt, auf allen Ebenen in dieser Frage Einfluss zu nehmen. Wenn etwas passiert ist, zeigt derzeit jeder mit dem Finger auf den anderen. In diesem Punkt müssen Politik und Sport künftig mehr mit einer Zunge sprechen.
WELT.de: Ihre Arbeitsgruppe für den Kampf gegen Gewalt und Rassismus besteht aus 21 Vertretern von Verbänden, Vereinen und Fanprojekten. Warum keine Politiker?
Spahn: Das ist schwierig: Nimmt man einen CDU-Experten dazu, gibt es Misstöne bei der SPD und umgekehrt natürlich auch. Sobald man einen in einer Arbeitsgruppe integriert, will die andere Seite auch repräsentiert sein.
WELT.de: Geplante Maßnahmen des DFB, wie die Installation von Überwachungskameras, betreffen die ersten vier Ligen. Ist die Sicherheit in diesen Klassen überhaupt zu garantieren.
Spahn: Nicht zu 100 Prozent. Ab der Oberliga sind die Landes- und Regionalverbände mit teilweise ganz unterschiedlichen Regeln zuständig. Hier wollen wir jetzt einheitliche Standards festlegen. Wir müssen uns einfach an bestimmte Sicherheitsmaßnahmen gewöhnen, die bisweilen Standards in Flughäfen gleichen können.
WELT.de: Die Bilder aus einigen ostdeutschen Amateurligen erinnern an die Szenen in den italienischen Profiligen. Sind solche Szenen in der Bundesliga vorstellbar?
Spahn: Man muss immer vorsichtig sein wenn man sagt: "Das kann es bei uns nicht geben." Aber es gibt schon wesentliche Unterschiede in der Sicherheitskonzeption in Italien und Deutschland. Unser nationales Konzept für Sport und Sicherheit, moderne Stadien, die Qualität der Ordnungsdienste und der Informationsfluss zwischen Vereinen und Polizei sprechen dafür, dass so etwas in deutschen Profiligen äußerst unwahrscheinlich ist. Zusammen mit England sind wir derzeit beim Thema Stadionsicherheit europaweit führend.
Quelle: welt.de
Leipzig-Fans gehen auf Polizisten los
Von Alasdair Thompson und Pavo Prskalo
Rauchbomben, Feuerwerkskörper, fliegende Pflastersteine: Erneut ist es in Ostdeutschland zu schweren Ausschreitungen bei einem Fußballspiel gekommen. Rund 200 gewaltbereite Anhänger leisteten sich mit der Polizei nach der Partie Lokomotive Leipzig gegen Erzgebirge Aue II eine Straßenschlacht.
Leipzig - Aufgebrachte Lokomotive-Fans gingen kurz nach Spielschluss auf die vor dem Bruno-Plache-Stadion stationierten Polizisten los. Diese gerieten schnell in Unterzahl und konnten die Angreifer erst mit Hilfe von weiteren Einsatzkräften an eine nahe gelegene Kreuzung vertreiben.
Dort allerdings begannen die Fans, die zuvor eine 0:3-Niederlage ihres Teams im Viertelfinale des Sachsenpokals gegen Aue II erlebt hatten, die Polizisten mit Pflastersteinen und Holzbrettern zu beschmeißen. Außerdem flogen Metallstangen und Flaschen.
Die Situation eskalierte, als die Lok-Anhänger Rauchbomben und Feuerwerkskörper Richtung Polizei warfen und mehrere Mülltonnen in Brand steckten. Die Beamten reagierten und schmissen die Rauchbomben zurück zu den Fans.
Erst nach 20 Minuten konnten die Einsatzkräfte die Situation beruhigen. Einer Reiterstaffel der Polizei gelang es, den harten Kern der Rowdies Richtung Völkerschlacht-Denkmal zu vertreiben. Die rund 300 mitgereisten Auer Anhänger wurden mit einem Sonderbus Richtung Hauptbahnhof eskortiert.
Bereits während der Partie hatte die Polizei eingreifen müssen. Kurz nach Beginn der zweiten Hälfte beim Spielstand von 0:1 versuchten beide Lager aufeinander loszugehen, es flogen Rauchbomben und Feuerwerkskörper zwischen den Gruppierungen. Wie SPIEGEL ONLINE erfuhr, skandierten die Lok-Fans "Juden Aue" in Richtung Gästeblock. Die Partie musste für knapp eine Viertelstunde unterbrochen werden.
Die Ausschreitungen sind die neuesten in einer Serie von Problemen mit Lokomotive-Fans. In November 2005 kam es zu einer schweren Randale während der Partie bei ATSV "Frisch Auf" Wurzen, wobei ein Polizeiauto demoliert wurde. Ein Jahr später tauchten Lok-Fans bei der Partie zwischen Eilenburg und Sachsen Leipzig auf und attackierten Anhänger des Stadtrivalen.
Nach dem Ligaspiel in Bad Lausick griff ein Gruppierung von Leipzig-Anhängern linke Jugendliche an, einer davon musste mit einem gebrochenen Kiefer ins Krankenhaus transportiert werden. Letzter trauriger Höhepunkt war Ende Januar eine Geldstrafe von 200 Euro und drei Punkten Abzug für die A-Jugend, nachdem bei der Partie Lokomotive gegen Sachsen Leipzig Anhänger das Spielfeld gestürmt hatten und das Spiel unterbrochen werden musste.
Quelle: spiegel.de
Schlimme Ausschreitungen nach Fußballspiel in Leipzig
Nach dem Spiel von Lok Leipzig gegen Erzgebirge Aue II greifen 800 Hooligans 300 Polizisten an - mit Steinen und Betonteilen.
Schwere Ausschreitungen nach dem Spiel des 1. FC Lokomotive Leipzig gegen den FC Erzgebirge Aue II im Viertelfinale des sächsischen Fußball-Landespokals haben am Samstag in Leipzig 42 Verletzte gefordert.
Nach Auskunft der Polizei wurden 36 Beamte und sechs Zivilisten verletzt. Auch Pferde und Hunde waren Ziel der Attacken. An 21 Polizei-Autos seien Schäden in zunächst unbekannter Höhe entstanden. Fünf mutmaßliche Gewalttäter wurden vorübergehend festgenommen.
Eine neue Qualität
Da gegen sie keine Haftbefehle beantragt wurden, kamen sie am Sonntag wieder auf freien Fuß. Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) forderte am Sonntag „deutlichere Signale“. Er werde mit der Polizei und den Ministerien für Justiz, Sport und Soziales erörtern, was die Politik tun könne.
Das Problem habe eine neue Qualität bekommen. „Mir reicht es nicht, wenn sich die Verantwortlichen der Vereine jedes Mal nach solchen Ereignissen lediglich distanzieren. Ich werde keine italienischen Verhältnisse in und um die sächsischen Stadien zulassen.“ Vorstand und Aufsichtsrat des Leipziger Traditionsvereins verurteilten die Vorkommnisse.
In einer Pressemitteilung hieß es, der Verein „wird die Behörden bei der Suche der Schuldigen in vollem Umfang unterstützen, damit diese zur Rechenschaft gezogen werden können“. Zudem denken Vorstand und Aufsichtsrat über „mögliche Konsequenzen bezüglich ihrer Ämter nach“.
Steine gegen Hunde und Pferde
Kurz nach dem Spiel, das mit einem 3:0-Sieg für Aue endete, hatten rund 800 Hooligans von Lok Leipzig die 300 eingesetzten Polizisten attackiert. Sie bewarfen die Beamten sowie Pferde und Hunde mit Steinen und Betonteilen. Mit Schlagstöcken und Pfefferspray setzten sich die Einsatzkräfte zur Wehr. Einige Angreifer wurden von Hunden gebissen.
Ein Zivilpolizist gab einen Warnschuss ab, als er von 20 Hooligans verfolgt und zu Boden geworfen wurde. Kollegen konnten ihn kurz darauf in Sicherheit bringen. Die Polizei sprach von gezielt geplanten Aktionen gegen die Beamten.
Schon während des Spiels hatten Anhänger beider Mannschaften Feuerwerkskörper gezündet und sich gegenseitig beschimpft. Der Schiedsrichter musste die Partie zwei Mal unterbrechen.
Sicherheitsbeamte und der Stadionsprecher versuchten die Fans währenddessen zu beruhigen. Zu dem Spiel waren 350 Anhänger des FC Erzgebirge Aue II und 5000 Anhänger des Lok Leipzig gekommen.
Quelle: sueddeutsche.de
Ob 200 oder 800 ist letztendlich egal, aber mal wieder typisch.
Kommentar von Rudi Bartlitz in der "Volksstimme" (12.02.07):
Entsetzen und Ratlosigkeit
Nach all dem, was der Mob in Leipzig angerichtet hat besitzen wird Deutschen wahrlich kein Recht mehr, auf die Zuschauer in Italien mit Fingern zu zeigen. Was da in Sachsen passierte, beweist, dass offenbar eine neue Stufe auf der nach oben offenen Gewalt-Skala erreicht ist. Das ist das eigentlich Alarmierende.
Exzesse in der Messestadt, wir wissen es, sind längst keine inneres Problem des Fußballs mehr. Die Horror-Szenen vom Sonnabend zeigen vielmehr kranke Auswüchse einer Gesellschaft auf, in der bestimmte Strukturen einfach nicht mehr greifen, in der Schule und Familie oft überfordert sind.
Neben Abscheu und Entsetzen macht sich immer mehr Ratlosikgkeit breit: Wie soll man Chaoten, die selbst vor bewaffneten Einsatzkräften, vor Pferden und Hunden nicht zurückschrecken, denn in den Griff bekommen?
Diese Brutalos sind weder zu bekehren noch zu erziehen. Ihnen kann man - und das sicher auch nur als erste Maßnahme - höchstens beikommen, wenn man ihnen die "Spielwiese" nimmt.
Deutlich gesagt: Der Verein Lok Leipzig muss aufgelöst werden.
Und zwar ganz schnell.
Den Worten von Bartlitz kann ich mich, leider, nur voll und ganz anschließen. Das Fass ist am Wochenende übergelaufen, die Allgemeinheit, Unschuldige wurden gezielt angegriffen, jetzt muss die Reißleine gezogen werden. Wenn nicht vom Verein selbst, dann von den Verbänden. Wenn man sieht, was in Cottbus geschehen ist, hautnah miterlebt, wie in Magdeburg sich das Fansituation entspannt, dann macht es umso trauriger und wütender zugleich, dass wiederholt ein Verein in Sachsen den ganzen Osten Deutschtlands bzw. allgemein den deutschen Fußball in Misskredit bringt. Wenn man jetzt nicht handelt, ein Exempel statuiert, dann braucht man sich nicht wundern, wenn in einigen Jahren in Deutschland ähnliche Verhältnisse herrschen wie nun in Italien, das man sich in Leipzig am vergangenen Wochenende anscheinend zum Vorbild nahm.
Lok Leipzig weist Kritik zurück
Der 1. FC Lok Leipzig wehrt sich gegen Vorwürfe, vor den Ausschreitungen am vergangenen Samstag Sicherheitsstandards nicht eingehalten zu haben.
Nach einer Sitzung des Präsidiums und des Aufsichtsrates am späten Montagabend teilte der Bezirksligist mit, dass er die Lage vor dem Pokalspiel gegen FC Erzgebirge Aue II nicht unterschätzt habe. „Wie seit drei Jahren wurde auch vor diesem Spiel eine Sicherheitskonferenz, wie sie jeder Oberligaverein machen muss, durchgeführt. Alle Sicherheitsmaßnahmen, auch strenge Einlasskontrollen, wurden einvernehmlich mit Vertretern der Stadt Leipzig sowie der Polizei abgestimmt“, teilte der Verein in einer schriftlichen Erklärung mit.
76 Ordner vor Ort
Es sei unverständlich, dass der sächsische Innenminister Albrecht Buttulo und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung dem Verein im nachhinein ein Fehlverhalten anlasten wollten. „Nach dem Umfang des Kartenvorverkaufs wurde das Ordnerkontingent weiter aufgestockt. So waren insgesamt 45 gewerbliche, 20 vereinseigene und elf Ordner des Gastvereins im Einsatz, das sind ca. 40 Prozent mehr als die Spielordnung des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV) es fordert“, heißt es.
Keine Hinweise auf Straßenschlacht
Aus den bestehenden Kontakten des Vereins mit der Fanszene und aus anderen Quellen gab es nach Club-Angaben keinerlei Hinweise auf besonderes Gewaltpotenzial (Kategorie C). Nach vom Verein ermittelten Informationen waren zu dem Spiel Fans aus Chemnitz, Zwickau, Halle, Berlin und wohl auch aus Westdeutschland angereist. Das spreche aus der Sicht des Vereins dafür, dass die Straßenschlacht, bei der insgesamt 42 Personen verletzt wurden, lange und detailliert geplant wurde.
Man gehe nicht davon aus, dass die Ausschreitungen in Zusammenhang mit Aufnahmen eines Kamerateams stünden, das derzeit einen Film über Hooligans dreht und regelmäßig in Leipzig vor Ort ist.
Quelle: focus.de
Lok Leipzig droht Ausschluss aus Verband
Mit seiner Aktion „Spielabsagen in Sachsen“ will der DFB am Wochenende ein Zeichen gegen Gewalt setzen. Noch in diesem Monat soll das zuständige Sportgericht spezielle Sanktionen gegen den 1. FC Lok Leipzig verhandeln.
Leipzig - DFB-Boss Theo Zwanziger zögert noch mit der Roten Karte für den 1. FC Lok Leipzig, das Sportgericht des sächsischen Fußball-Verbandes kündigte aber bereits eine „harte Linie“ an. Dem Ex-Europacupfinalisten und jetzigen Sechstliga-Vereins droht nach den schweren Krawallen laut Strafenkatalog sogar der Ausschluss aus dem Verband, eine Sperre oder der Entzug des Aufstiegsrechtes. Unabhängig davon will der DFB mit seiner Aktion „Spielabsagen in Sachsen“ am kommenden Wochenende ein Zeichen gegen Gewalt setzen.
Zwanziger sprach zwar von „Mitnehmen und Integration als erstem Ziel“, verwies bezüglich möglicher Sanktionen aber auf das zuständige sächsische Sportgericht. Dessen Vorsitzender Richter Stephan Oberholz (Leipzig) kündigte im sid-Gespräch an, dass er prüfen will, ob auch die Vorfälle nach dem Pokalspiel in das Urteil einbezogen werden können. Seiner Ansicht nach sei der 1. FC Lok auf Grund früherer Vorfälle aus tieferen Klassen zudem durchaus als vorbelastet einzustufen. Nach Möglichkeit soll noch im Februar verhandelt werden.
Eine „zügige Anklage“ versprach auch die Staatsanwaltschaft gegen drei Tatverdächtige. Laut des Sprechers der Leipziger Behörde, Staatsanwalt Ricardo Schulz, könne dies schon in ein bis zwei Wochen der Fall sein. Gegen drei Rowdies wird derzeit wegen schweren Landfriedensbruches ermittelt. Der Gesetzgeber sieht bei einer Verurteilung als Strafmaß eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.
„Der Tatverdacht liegt vor, aber einen Haftgrund haben wir nicht gesehen“, begründete Schulz die schnellen Freilassungen, die in der Öffentlichkeit für Empörung gesorgt hatten. Die drei Leipziger seien nicht vorbestraft und beruflich gebunden. Zwei weitere Personen, deren Personalien aufgenommen wurden, gehörten bereits nach Auffassung der Polizei nicht zum Täterkreis.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, der Hausrecht für das marode Bruno-Plache-Stadion besitzt, konnte sich noch nicht zu harten Maßnahmen durchringen. „Wir denken über eine Schließung des Stadions mit Blick auf öffentliche Sicherheit und Ordnung nach“, sagte er. Dies sei zwar keine Lösung, aber ein Instrument zum zeitweiligen Innehalten.
Zwanziger will prüfen lassen, ob die Satzung so verändert werden darf, dass der Deutschen Fußball-Bund (DFB) in solchen Fällen künftig direkt einschreiten kann. Der diesmal verantwortliche Oberholz wollte den konkreten Fall noch nicht bewerten. Schließlich würden die verschiedenen Berichte bisher nicht vorliegen, bis Donnerstag nächster Woche soll dies geschehen. Dann werde er den Termin der mündlichen Verhandlung festlegen.
Während der Partie hatte es Tumulte gegeben. Nach dem Abpfiff griffen dann rund 800 Gewalttäter in Stadionnähe die Polizei an, 36 Beamte wurden verletzt. Es fiel ein Warnschuss, ein Polizist wurde mit einer Schreckschusspistole verletzt.
Quelle: welt.de
Zuletzt noch ein interessantes Interview ("Sachsen ist für die Ausschreitungen mitverantwortlich") mit dem DFB-Sicherheitsbeauftragten Helmut Spahn:
WELT.de: Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo von der CDU hat die Ausschreitungen in Leipzig, bei denen am Samstag nach einem Amateurspiel durch Ausschreitungen von 800 Hooligans 42 Menschen verletzt wurden, mit den tödlichen Krawallen im italienischen Fußball verglichen. Haben wir italienische Verhältnisse in Deutschland?
Helmut Spahn (45): Das ist schnell dahergesagt. Dieses Spiel steht nicht stellvertretend für den Fußball im Osten. Die Art und Weise aber, mit der die Polizei angegriffen wurde, hatte eine Qualität, die es in den vergangenen Jahren so nicht gegeben hat. Die Anzahl der gewaltbereiten Leute bei diesem Spiel ist schon mehr als beunruhigend. Da ist viel Frust im Spiel, und für das Verhalten dieser Randalierer spielt sicherlich insgesamt die Situation im Osten Deutschlands eine Rolle.
WELT.de: Für die Ausschreitungen machen Politiker wie Buttolo aber vor allem die Vereine verantwortlich. Können Sechstligaklubs wie der 1. FC Lokomotive Leipzig einem so umfassenden gesellschaftlichen Problem überhaupt Herr werden?
Spahn: Allein schaffen das die Vereine nicht. Aber wenn ich als Veranstalter weiß, dass 5000 Zuschauer zu einem Heimspiel kommen, muss ich einen gewissen Standard an Sicherheitsmaßnahmen haben. Den gab es am Samstag in Leipzig nicht. Schon vor den Ausschreitungen wurden im Stadion Feuerwerkskörper abgefeuert. Wir werden am Dienstag in Gesprächen mit den Vereinsvertretern besprechen, wie es dazu kommen konnte.
WELT.de: Stehen Strafen wie Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit zur Debatte?
Spahn: Wir erwägen auch solche Ultima-Ratio-Maßnahmen. Es wäre aber generell zu kurz gegriffen, wenn wir uns allein mit den Vereinen auseinandersetzen. In Sachsen hat auch die Landesregierung eine Mitverantwortung für die Ausschreitungen. Das Land beteiligt sich nicht an der Finanzierung von präventiven Fanprojekten, außer Baden-Württemberg machen das sonst alle Bundesländer. All diese Einzelpunkte können dann zu einer solchen Situation führen.
WELT.de: Fühlen Sie sich von Politikern in Ihrer präventiven Arbeit sabotiert?
Spahn: So etwas ist in Teilbereichen ärgerlich, aber wir reagieren nicht beleidigt. Der DFB versucht bei der Politik Überzeugungsarbeit zu leisten, sie darf sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Wir versuchen verstärkt, auf allen Ebenen in dieser Frage Einfluss zu nehmen. Wenn etwas passiert ist, zeigt derzeit jeder mit dem Finger auf den anderen. In diesem Punkt müssen Politik und Sport künftig mehr mit einer Zunge sprechen.
WELT.de: Ihre Arbeitsgruppe für den Kampf gegen Gewalt und Rassismus besteht aus 21 Vertretern von Verbänden, Vereinen und Fanprojekten. Warum keine Politiker?
Spahn: Das ist schwierig: Nimmt man einen CDU-Experten dazu, gibt es Misstöne bei der SPD und umgekehrt natürlich auch. Sobald man einen in einer Arbeitsgruppe integriert, will die andere Seite auch repräsentiert sein.
WELT.de: Geplante Maßnahmen des DFB, wie die Installation von Überwachungskameras, betreffen die ersten vier Ligen. Ist die Sicherheit in diesen Klassen überhaupt zu garantieren.
Spahn: Nicht zu 100 Prozent. Ab der Oberliga sind die Landes- und Regionalverbände mit teilweise ganz unterschiedlichen Regeln zuständig. Hier wollen wir jetzt einheitliche Standards festlegen. Wir müssen uns einfach an bestimmte Sicherheitsmaßnahmen gewöhnen, die bisweilen Standards in Flughäfen gleichen können.
WELT.de: Die Bilder aus einigen ostdeutschen Amateurligen erinnern an die Szenen in den italienischen Profiligen. Sind solche Szenen in der Bundesliga vorstellbar?
Spahn: Man muss immer vorsichtig sein wenn man sagt: "Das kann es bei uns nicht geben." Aber es gibt schon wesentliche Unterschiede in der Sicherheitskonzeption in Italien und Deutschland. Unser nationales Konzept für Sport und Sicherheit, moderne Stadien, die Qualität der Ordnungsdienste und der Informationsfluss zwischen Vereinen und Polizei sprechen dafür, dass so etwas in deutschen Profiligen äußerst unwahrscheinlich ist. Zusammen mit England sind wir derzeit beim Thema Stadionsicherheit europaweit führend.
Quelle: welt.de