Selbst der FC Bayern kann bei den Einnahmen international nicht mithalten
Kampf ums Geld
Von Michael Maisch und Marcus Pfeil
Deutschlands Profifußball braucht laut einer Studie mehr Geld aus der Vermarktung von Fernsehrechten, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Chancen dafür stehen gut. Die Zuschauer müssen sich auf höhere Kosten und andere Sehgewohnheiten einstellen.
Der deutsche Pay-TV-Sender Premiere zählt derzeit 3,35 Millionen Kunden
FRANKFURT/BERLIN. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist in diesen Tagen kaum wiederzuerkennen. Trotz der knappen Niederlage gegen Weltmeister Brasilien im Halbfinale des Confederations Cup verzückt die Klinsmann-Truppe die Fans im Land mit ihren Auftritten. Ein Jahr vor der Weltmeisterschaft im eigenen Land macht sich im Land kollektive Euphorie breit – die Stadien sind voll, wenn Deutschland spielt, die Straßen leer und die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten freuen sich über Rekordquoten.
Vom WM-Fieber wollen auch die Vereine der Fußballbundesliga profitieren. Nach einer am Montag von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vorgelegten Studie rechnet die Mehrheit der Vereinsmanager (53 Prozent) in der WM-Saison mit steigenden Einnahmen. Dabei setzen Hoeneß, Assauer und Co. vor allem auf die noch in diesem Jahr anstehenden Verhandlungen um die TV-Verwertungsrechte. „Die Kirch-Delle ist langsam, aber sicher ausgebügelt. Das wird der nächste Fernsehvertrag deutlich bestätigen“, heißt es in der Studie.
Das Säbelrasseln zwischen Vereinen und TV-Sendern hat längst vor den offiziellen Verhandlungen begonnen. „500 Mill. Euro“ ist eine Zahl, die zum Beispiel Karl-Heinz Rummenigge, Vorstand des FC Bayern München, gern in die Runde wirft, wenn er seine Wunschvorstellungen stellvertretend für die Liga deutlich macht. Hoffnung macht dabei vor allem der Blick ins Nachbarland. Die französische Ligue 1 hat die TV-Rechte für die nächsten drei Jahre für satte 1,8 Mrd. Euro an den Pay-TV-Sender Canal+ verkauft.
In Deutschland hingegen sind die Preise nach der Pleite des Kirch-Imperiums um 100 Mill. Euro auf 280 Mill. Euro pro Spielzeit gefallen – das ist nicht einmal die Hälfte dessen, was in England, Spanien, Italien oder eben in Frankreich bezahlt wird.
Und wie in diesen Ländern ist der Schlüssel zum finanziellen Glück der Vereine das Bezahlfernsehen. „Signifikante Einnahmesteigerungen werden nur über Pay-TV erreichbar sein“, sagt Arnd Hovemann von Ernst & Young. „Allerdings wird auch der neue TV-Vertrag bei 3,35 Millionen Premiere-Abonnenten nicht solch hohe Summen erzielen wie in England oder Frankreich“, sagt Robert Müller von Vultejus, Geschäftsführer der Vermarktungsfirma Sportfive. Hinzu komme, dass die Bereitschaft, für Fußball im Fernsehen zu zahlen, durch die Sendevielfalt im Free-TV nachlässt. „Wenn die Sportschau eine Stunde nach Abpfiff die Spielzusammenfassungen zeigt, ist das nicht optimal für das Pay-TV“, sagt von Vultejus. Um die Exklusivität im Pay-TV und damit die Preise zu steigern, müssen die Highlights im Free-TV später ausgestrahlt werden. Zudem müsse die Liga den Spieltag aufteilen, um mehr Spiele live zeigen zu können, fordert von Vultejus.
Das allerdings würde bedeuten, dass es in Zukunft wohl deutlich weniger Fußball zu deutlich ungünstigeren Zeiten im Free-TV zu sehen gäbe, sagt Hovemann. Gelingen diese Maßnahmen der Liga aber nicht, „droht der Bundesliga, finanziell international den Anschluss zu verlieren“. Denn noch immer seien die meisten deutschen Klubs ausgesprochen kapitalschwach, sagt Stefan Pfeiffer, der mit Hovemann die Studie erarbeitet hat. „Sieht man mal von Bayern München ab, bewegt sich die große Mehrheit der Klubs beim Gewinn um die Null-Linie herum“, sagt Pfeiffer.
„Und selbst Vereine wie der FC Bayern können realistisch betrachtet bei einer deutlichen Steigerung des TV-Vertrages nicht mit den Einnahmen der anderen europäischen Topklubs mithalten“, sagt Hovemann. Denn das Dilemma der Bundesliga ist die zentrale TV-Vermarktung und vor allem deren Verteilungsschlüssel. Einerseits versucht sie für Gerechtigkeit zwischen großen und kleinen Klubs zu sorgen, auf der anderen Seite sollen die deutschen Spitzenklubs auch auf internationaler Bühne wettbewerbsfähig sein. Aus dieser Zwickmühle gebe es keinen leichten Ausweg, sagt Hovemann. „Die Verantwortlichen werden sich für eines der beiden Ziele entscheiden müssen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit dürfte am Ende wichtiger sein.“ Sollte die Liga den derzeitigen Verteilungsschlüssel beibehalten, müssten sich die Einnahmen aus TV-Rechten verdreifachen, damit der deutsche Meister finanziell mit dem englischen mithalten kann.
Europas Spitzenklubs sahnen kräftig ab
England
Das Mutterland des Fußballs ist auch das Mutterland des Pay-TV. Jeder zweite der 24,6 Millionen englischen Haushalte abonniert einen der drei Bezahlsender BskyB, NTL oder Telewest. Die Zuschauer sind bereit, bis zu 60 Euro im Monat für Fußball auszugeben, weil sie im Free-TV keine Livespiele sehen können. Die TV-Rechte werden zentral vermarktet. Insgesamt zahlen die Sender seit diesem Jahr pro Saison 553 Mill. Euro für die nationalen Rechte. Das sind zwar 190 Mill. Euro weniger als noch in der Spielzeit 2003/04. Die Mindereinnahmen kompensiert die Liga aber nahezu durch die Vermarktung im Ausland, die zusätzliche 157 Mill. Euro einbringt.
Italien
Neben der spanischen Primera Division ist die italienische Serie A die einzige der großen europäischen Ligen, die ihre TV-Rechte dezentral vermarkten darf. Auch wenn in Italien nur 3,5 Millionen Zuschauer Pay-TV abonnieren, erlösen die italienischen Spitzenvereine dadurch deutlich mehr als deutsche oder englische Clubs. Rekordmeister Juventus Turin ist dabei auch der Kassenprimus. Die „alte Dame“ erhält seit dieser Saison knapp 111 Mill. Euro pro Jahr – mehr als fünfmal so viel wie der deutsche Rekordchampion Bayern München. Der Nachteil an der dezentralen Vermarktung: Die „kleinen“ Vereine werden mit fünf bis sieben Mill. Euro pro Saison abgespeist. Kein Wunder, dass die Forderungen nach einer zentralen Vermarktung in Italien lauter werden. Insgesamt erhalten die Vereine der Serie A in der kommenden Saison 550 Mill. Euro und im Jahr danach 560 Mill. Euro.
Frankreich
Die Ligue 1 hat für die kommenden drei Spielzeiten einen Rekordvertrag ausgehandelt. Dieser beschert der Liga allein im Bereich Pay-TV Einnahmen in Höhe von 1,6 Mrd. Euro. Insgesamt zahlt Marktführer Canal+ pro Saison im Schnitt 600 Mill. Euro an die Liga, die die Verwertungsrechte zentral vermarktet. Das sind 47 Prozent mehr als in der vergangenen Saison. Grund für den überraschend hohen Preis war auch ein Bietergefecht zwischen Canal+ und Konkurrent TPS. Zudem genießt Canal+ die nötige Exklusivität gegenüber den frei empfangbaren Programmen. Wer in Frankreich Tore im Free-TV sehen will, muss sich einen halben Tag gedulden.
Quelle: handelsblatt.com (unter dieser Adresse sind auch weiterführende Informationen, wie bspw. eine sehr informative Grafik über den Einfluss des Pay-TV, zu finden)
MFG!
Kampf ums Geld
Von Michael Maisch und Marcus Pfeil
Deutschlands Profifußball braucht laut einer Studie mehr Geld aus der Vermarktung von Fernsehrechten, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Chancen dafür stehen gut. Die Zuschauer müssen sich auf höhere Kosten und andere Sehgewohnheiten einstellen.
FRANKFURT/BERLIN. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist in diesen Tagen kaum wiederzuerkennen. Trotz der knappen Niederlage gegen Weltmeister Brasilien im Halbfinale des Confederations Cup verzückt die Klinsmann-Truppe die Fans im Land mit ihren Auftritten. Ein Jahr vor der Weltmeisterschaft im eigenen Land macht sich im Land kollektive Euphorie breit – die Stadien sind voll, wenn Deutschland spielt, die Straßen leer und die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten freuen sich über Rekordquoten.
Vom WM-Fieber wollen auch die Vereine der Fußballbundesliga profitieren. Nach einer am Montag von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vorgelegten Studie rechnet die Mehrheit der Vereinsmanager (53 Prozent) in der WM-Saison mit steigenden Einnahmen. Dabei setzen Hoeneß, Assauer und Co. vor allem auf die noch in diesem Jahr anstehenden Verhandlungen um die TV-Verwertungsrechte. „Die Kirch-Delle ist langsam, aber sicher ausgebügelt. Das wird der nächste Fernsehvertrag deutlich bestätigen“, heißt es in der Studie.
Das Säbelrasseln zwischen Vereinen und TV-Sendern hat längst vor den offiziellen Verhandlungen begonnen. „500 Mill. Euro“ ist eine Zahl, die zum Beispiel Karl-Heinz Rummenigge, Vorstand des FC Bayern München, gern in die Runde wirft, wenn er seine Wunschvorstellungen stellvertretend für die Liga deutlich macht. Hoffnung macht dabei vor allem der Blick ins Nachbarland. Die französische Ligue 1 hat die TV-Rechte für die nächsten drei Jahre für satte 1,8 Mrd. Euro an den Pay-TV-Sender Canal+ verkauft.
In Deutschland hingegen sind die Preise nach der Pleite des Kirch-Imperiums um 100 Mill. Euro auf 280 Mill. Euro pro Spielzeit gefallen – das ist nicht einmal die Hälfte dessen, was in England, Spanien, Italien oder eben in Frankreich bezahlt wird.
Und wie in diesen Ländern ist der Schlüssel zum finanziellen Glück der Vereine das Bezahlfernsehen. „Signifikante Einnahmesteigerungen werden nur über Pay-TV erreichbar sein“, sagt Arnd Hovemann von Ernst & Young. „Allerdings wird auch der neue TV-Vertrag bei 3,35 Millionen Premiere-Abonnenten nicht solch hohe Summen erzielen wie in England oder Frankreich“, sagt Robert Müller von Vultejus, Geschäftsführer der Vermarktungsfirma Sportfive. Hinzu komme, dass die Bereitschaft, für Fußball im Fernsehen zu zahlen, durch die Sendevielfalt im Free-TV nachlässt. „Wenn die Sportschau eine Stunde nach Abpfiff die Spielzusammenfassungen zeigt, ist das nicht optimal für das Pay-TV“, sagt von Vultejus. Um die Exklusivität im Pay-TV und damit die Preise zu steigern, müssen die Highlights im Free-TV später ausgestrahlt werden. Zudem müsse die Liga den Spieltag aufteilen, um mehr Spiele live zeigen zu können, fordert von Vultejus.
Das allerdings würde bedeuten, dass es in Zukunft wohl deutlich weniger Fußball zu deutlich ungünstigeren Zeiten im Free-TV zu sehen gäbe, sagt Hovemann. Gelingen diese Maßnahmen der Liga aber nicht, „droht der Bundesliga, finanziell international den Anschluss zu verlieren“. Denn noch immer seien die meisten deutschen Klubs ausgesprochen kapitalschwach, sagt Stefan Pfeiffer, der mit Hovemann die Studie erarbeitet hat. „Sieht man mal von Bayern München ab, bewegt sich die große Mehrheit der Klubs beim Gewinn um die Null-Linie herum“, sagt Pfeiffer.
„Und selbst Vereine wie der FC Bayern können realistisch betrachtet bei einer deutlichen Steigerung des TV-Vertrages nicht mit den Einnahmen der anderen europäischen Topklubs mithalten“, sagt Hovemann. Denn das Dilemma der Bundesliga ist die zentrale TV-Vermarktung und vor allem deren Verteilungsschlüssel. Einerseits versucht sie für Gerechtigkeit zwischen großen und kleinen Klubs zu sorgen, auf der anderen Seite sollen die deutschen Spitzenklubs auch auf internationaler Bühne wettbewerbsfähig sein. Aus dieser Zwickmühle gebe es keinen leichten Ausweg, sagt Hovemann. „Die Verantwortlichen werden sich für eines der beiden Ziele entscheiden müssen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit dürfte am Ende wichtiger sein.“ Sollte die Liga den derzeitigen Verteilungsschlüssel beibehalten, müssten sich die Einnahmen aus TV-Rechten verdreifachen, damit der deutsche Meister finanziell mit dem englischen mithalten kann.
Europas Spitzenklubs sahnen kräftig ab
England
Das Mutterland des Fußballs ist auch das Mutterland des Pay-TV. Jeder zweite der 24,6 Millionen englischen Haushalte abonniert einen der drei Bezahlsender BskyB, NTL oder Telewest. Die Zuschauer sind bereit, bis zu 60 Euro im Monat für Fußball auszugeben, weil sie im Free-TV keine Livespiele sehen können. Die TV-Rechte werden zentral vermarktet. Insgesamt zahlen die Sender seit diesem Jahr pro Saison 553 Mill. Euro für die nationalen Rechte. Das sind zwar 190 Mill. Euro weniger als noch in der Spielzeit 2003/04. Die Mindereinnahmen kompensiert die Liga aber nahezu durch die Vermarktung im Ausland, die zusätzliche 157 Mill. Euro einbringt.
Italien
Neben der spanischen Primera Division ist die italienische Serie A die einzige der großen europäischen Ligen, die ihre TV-Rechte dezentral vermarkten darf. Auch wenn in Italien nur 3,5 Millionen Zuschauer Pay-TV abonnieren, erlösen die italienischen Spitzenvereine dadurch deutlich mehr als deutsche oder englische Clubs. Rekordmeister Juventus Turin ist dabei auch der Kassenprimus. Die „alte Dame“ erhält seit dieser Saison knapp 111 Mill. Euro pro Jahr – mehr als fünfmal so viel wie der deutsche Rekordchampion Bayern München. Der Nachteil an der dezentralen Vermarktung: Die „kleinen“ Vereine werden mit fünf bis sieben Mill. Euro pro Saison abgespeist. Kein Wunder, dass die Forderungen nach einer zentralen Vermarktung in Italien lauter werden. Insgesamt erhalten die Vereine der Serie A in der kommenden Saison 550 Mill. Euro und im Jahr danach 560 Mill. Euro.
Frankreich
Die Ligue 1 hat für die kommenden drei Spielzeiten einen Rekordvertrag ausgehandelt. Dieser beschert der Liga allein im Bereich Pay-TV Einnahmen in Höhe von 1,6 Mrd. Euro. Insgesamt zahlt Marktführer Canal+ pro Saison im Schnitt 600 Mill. Euro an die Liga, die die Verwertungsrechte zentral vermarktet. Das sind 47 Prozent mehr als in der vergangenen Saison. Grund für den überraschend hohen Preis war auch ein Bietergefecht zwischen Canal+ und Konkurrent TPS. Zudem genießt Canal+ die nötige Exklusivität gegenüber den frei empfangbaren Programmen. Wer in Frankreich Tore im Free-TV sehen will, muss sich einen halben Tag gedulden.
Quelle: handelsblatt.com (unter dieser Adresse sind auch weiterführende Informationen, wie bspw. eine sehr informative Grafik über den Einfluss des Pay-TV, zu finden)
MFG!
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