Siegen im neuen Wettskandal im Visier der Fahnder
Im neuen Wettskandal des deutschen Fußballs sind die Sportfreunde Siegen ins Visier der Fahnder geraten. Die Geschäftsstelle des Zweitligisten erhielt Besuch von zwei Fahndern des hessischen Landeskriminalamtes (LKA).
Wie Vorstandsmitglied Holger Rathke der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte, wird gegen Torhüter Adnan Masic ermittelt. Der 30 Jahre alte Schlussmann aus Bosnien soll sich vor dem am 26. Februar ausgetragenen Spiel zwischen Hansa Rostock und Siegen (2:0) mit vermeintlichen Drahtziehern der neuen Affäre getroffen haben.
«Masic hat uns gegenüber bestätigt, dass er einen der vier Beteiligten kennt, gegen die bereits Haftbefehle erlassen wurden. Das hat er auch den Ermittlern mitgeteilt», sagte Rathke. Die durch die beiden LKA-Beamten vorgenommene Vernehmung des Torhüters fand am Freitagmorgen in der Geschäftsstelle des Vereins statt. Die Vereinsführung will vorerst keine Konsequenzen ziehen. «Masic hat uns gegenüber seine Unschuld beteuert. Für uns gilt die Unschuldsvermutung. Er bleibt deshalb bis auf weiteres unser Torhüter», sagte Rathke.
Deshalb nahm Masic nach der Vernehmung am Training der Sportfreunde in Waldgirmes teil. Dorthin war die Mannschaft von Trainer Hannes Bongartz ausgewichen, weil in Siegen auf Grund der problematischen Platzverhältnisse nicht trainiert werden kann. Ob der Keeper am Sonntag beim Spiel in Dresden zum Einsatz kommt, will Bongartz kurzfristig entscheiden: «Das ist einzig und allein Sache des Trainers», sagte Rathke. Der Verein sei an einer lückenlosen Aufklärung der Affäre interessiert. «Wir stehen in engem Kontakt zur Deutschen Fußball Liga und stimmen alle Schritte ab», so Rathke.
Oberstaatsanwalt Thomas Bechtel bestätigte in Frankfurt, dass im Zusammenhang mit Manipulationsversuchen gegen vier Beteiligte Haftbefehle erlassen worden sind. Der strafrechtliche Vorwurf lautet auf «gemeinschaftlich begangenen Versuch der Bestimmung anderer Personen zu gewerbsmäßigem und bandenmäßigem Betrug».
Nach Angaben von Bechtel führt die Anklagebehörde seit mehreren Wochen gemeinsam mit dem hessischen Landeskriminalamt ein Ermittlungsverfahren gegen eine Gruppe von Personen, die versucht habe, Ergebnisse von Spielen der 2. Bundesliga und der Regionalliga zu manipulieren. Auf diese Weise sollten hohe Gewinne bei Sportwetten erzielt werden. Die Manipulationen seien bei mindestens fünf Spielen versucht worden. Spielern seien für erwünschte Ergebnisse mehrere tausend Euro versprochen worden. In mindestens einem Fall habe ein Spieler das Geld angenommen.
Nach Informationen der «Bild»-Zeitung soll vor allem im Ausland darauf gewettet worden sein, wie viele Tore in einem bestimmten Spiel fallen. Zwei der Festgenommenen haben nach «Bild»-Angaben einen ausländischen Pass, bei den beiden anderen sei die Nationalität noch nicht bekannt. Ziel der Bestechungsversuche seien vor allem Torhüter und Verteidiger gewesen.
Der Geschäftsführende Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, hat eine saubere Aufklärung im Zusammenhang mit dem neuen Wettskandal im deutschen Fußball angekündigt. Im ARD-Morgenmagazin sagte Zwanziger am 10. März, die bisherigen Erkenntnisse zeigten, dass der Fall bei weitem nicht die Größenordnung der Affäre um den Ex-Schiedsrichter Robert Hoyzer im vergangenen Jahr habe. Zudem seien keine Schiedsrichter beteiligt.
dpa, 11:07 Uhr
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