Entsetzen über Krawallszenen
Leuchtraketen und Rauchbomben auf der einen, Pfefferspray und Schlagstöcke auf der anderen Seite: Die Krawallszenen beim Derby Ka-Ess-Zeh - VfB sorgen für Entsetzen. Der VfB übt Kritik an der Karlsruher Polizei: "Sie hat nicht gut reagiert", sagt der Fanbeauftragte Peter Reichert.
Es waren Szenen, die niemand sehen will. Schon gar nicht beim Fußball. Wer sie ausgelöst hat, ist abschließend noch nicht geklärt. Anton Gramlich, der Pressesprecher der Karlsruher Polizei, warnt vor voreiligen Schlüssen: "Wir müssen das noch analysieren. Aber die eine Seite war nicht besser als die andere. Beide haben sich nichts geschenkt." Es sei am Mittwochabend "nur mit massivem Aufwand gelungen, die Situation stabil zu halten". 300 Beamte und 250 Ordner waren im Einsatz. Drei Polizisten wurden leicht verletzt.
Zehn Minuten vor Spielende brach sich die Gewalt Bahn. Der VfB lag 0:3 zurück. Lange Zeit verfolgte der Anhang der Roten das Geschehen emotionslos. Plötzlich kam Hektik auf. Im VfB-Block qualmte eine Rauchbombe, Stuttgarter Anhänger rannten gegen den Trennzaun zum Ka-Ess-Zeh-Block. Ordner zogen auf, dann die Polizei. Eine Leuchtrakete flog mitten in die Ka-Ess-Zeh-Fans. Die Polizei spricht von "tumultartigen Szenen". Verletzt wurde zum Glück niemand.
Nach dem Spiel kam es am Ausgang des VfB-Blocks zu weiteren Krawallen. "Mehrere hundert Ka-Ess-Zeh-Fans", so der Polizeibericht, zogen auf und versuchten, Zaun und Trenntor niederzureißen. Die Polizei ging mit Hunden und Pferden dazwischen. Die Ka-Ess-Zeh-Fraktion attackierte die Beamten mit Stein- und Flaschenwürfen, später taten es ihnen VfB-Fans nach. Auch die Busse, in denen der Stuttgarter Anhang zum Hauptbahnhof befördert wurde, waren Zielscheiben. Die Polizei stellte bei 160 Personen wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs die Personalien fest.
Peter Reichert, der Fanbeauftragte der Roten, erlebte die Szenen mitten im VfB-Block live mit. Für ihn steht fest: "Die Ka-Ess-Zeh-Fans haben provoziert." Erst durch Sprechgesänge, dann durch die Rauchbombe, die in den VfB-Block geschleudert worden sei. Reichert richtet schwer wiegende Vorwürfe an die Karlsruher Polizei. Sie habe die Provokateure gar nicht beachtet, sondern sei nur gegen VfB-Fans vorgegangen. Sie habe vor Spielschluss die Tore abgesperrt, so dass Stuttgarter Anhänger, die den Krawallen ausweichen wollten, das Stadion nicht verlassen konnten. Sie habe die Gästefans über Gebühr im Stadion gehalten - erst 70 Minuten nach Spielende öffneten sich die Tore. Die Abfahrt am Durlacher Tor war erst gegen 23 Uhr, fast zwei Stunden nach dem Abpfiff, möglich. "Unsere Fans sind bestimmt auch kein unbeschriebenes Blatt, sie waren auch nicht ganz anständig", sagt Reichert. Doch die Polizei habe mit ihrem Verhalten die Lage nicht gerade beruhigt. "Das war schlecht organisiert", sagt Reichert.
Polizeisprecher Gramlich weist die Kritik zurück. Die Fangruppen seien "höchst problematisch" zu trennen gewesen. Man habe "bewusst auf Zeit gespielt" und die VfB-Fans so lange in ihrem Block gehalten, bis sich die Karlsruher Anhänger zerstreut hätten. Leider blieb es beim Wunsch."
Stuttgarter Nachrichten 14. Juli 2005