Erfahrungsbericht eines Bayern-Fans

Das nächste Mal nehme ich wieder die Bahn. Definitiv. Seit Stunden bin ich bereits mit dem Auto unterwegs und habe das Gefühl, mich ganz heftig verfahren zu haben. Es ist stockfinster und es regnet junge Hunde. Die Straße ist seit einiger Zeit nur noch notdürftig befestigt. Ich habe keine Ahnung, wo ich mich befinde und zu alledem hat auch das Handy keinen Empfang. Ich beschließe, die Nacht abzuwarten und erst nach Tagesanbruch weiterzufahren.
Ich werde unsanft geweckt. Ein Mann mittleren Alters mit Landsermütze steht an meinem Auto und klopft gegen die Scheibe. Ich freue mich. Endlich jemand, den ich nach dem Weg fragen könnte. Ich drehe das Fenster herunter und freue mich nicht mehr. Ein beißender Ammoniakgestank schlägt mir entgegen und irgendwo in der Ferne wird gerade ein Schwein abgestochen. Der Mann spricht in einem seltsamen Dialekt zu mir, der irgendwo zwischen urwald-hessisch und alkoholiker-schwäbisch liegt. Ich verstehe kein Wort, weiß aber die erhobenen Fäuste und die auf mich gerichtete Mistgabel durchaus zu deuten und gebe Gas. Man scheint Fremde hier nicht sonderlich zu schätzen.
Endlich funktioniert das Autoradio wieder. Der Sender berichtet in seiner "Weltnachrichten" genannten Sendung in aller Ausführlichkeit über die Auswirkungen der verheerenden Kartoffelkäferplage und den Verfall der Preise für Schweinehälften an den Warenterminbörsen der Welt. Unter Kurzmeldungen wird noch vom Regierungswechsel in Berlin und vom drohenden Ausbruch des 3. Weltkrieges berichtet. Ich atme auf, denn endlich weiß ich, wo ich bin. Willkommen in der Pfalz.
Dieser öde Landstrich war lange hart umgekämpft. Aber nachdem sich im Laufe der Jahrhunderte sowohl Bayern als auch Frankreich hartnäckig geweigert hatten, den Krempel zu verwalten, machte man ein eigenes Bundesland daraus. Die wichtigsten – nun ja – Städte heißen Blausäuren-Runkelbach und Eberkoben. Der Rest der Bevölkerung lebt in verlassenen amerikanischen Kasernen oder im Wald. Einnahmequellen sind der Anbau von Kartoffeln und die Schweinezucht sowie die Veredelung dieser Rohprodukte zu Chips oder Saumagen.
Berühmte Pfälzer waren der umtriebige und schweigsame Politiker Helmut Kohl, dem wir u.a. die Zone und deren Finanzierung zu verdanken haben, sowie Fußballer. Ja, in der Tat Fußballer!
Es war die Zeit kurz nach dem Krieg. Deutschland lag in Trümmern - mit Ausnahme der Pfalz, denn dort gab es nichts, was sich kaputtzumachen gelohnt hätte. Dies sollte sich als Standortvorteil für den Fußball erweisen, zumal der dort heimische Dorfclub aus Kaiserslautern einer der wenigen war, die elf Spieler mit einem kompletten Satz Gliedmaßen zusammenbringen konnten. So waren sie damals recht erfolgreich und die Einheimischen fanden Gefallen an dem Sport und bauten ein Stadion – idiotischerweise auf die Kuppe eines Hügels. Immer wenn einer der "Bubbn", wie die Spieler alsbald genannt wurden, den Ball neben das Tor geschossenen hatte, kullerte dieser den Hügel herunter und die Bubbn mussten ihn mühsam zurückholen.
Dadurch bekamen die Pfälzer Kicker allerdings ziemlich kräftige Beine und passten ihre Spielweise dementsprechend an. Was auch nötig war, denn mittlerweile bestanden die Gegner nicht mehr nur aus Kriegsversehrten. Die Bubbn waren so kräftig, dass sie sogar deutscher Meister wurden. Stolz fuhren Sie auf dem Heuwagen sitzend durchs Dorf und zeigten ihren Pfälzern die schöne Schale, die sie vom DFB bekommen hatten.
So hätte es weitergehen sollen, doch leider waren die Bubbn nicht bereit ihre Erfolgstaktik in den letzten 50 Jahren anzupassen. So laufen und grätschen die kernigen Bauernburschen bis heute wie die Wahnsinnigen. Wenn das alles nicht hilft, kommt die Kriegslist zum Einsatz: da Gummistiefel bekanntlich keine Stollen haben, fallen die Spieler leider sehr oft hin. Bei den dann laut jammernden und um die letzte Ölung bittenden Kickern, gibt so mancher Schiedsrichter seinem Herzen einen Ruck und pfeift Elfmeter – notfalls in der 95. Minute. Dass auf der Tribüne die gleiche DNS in 30.000 Körpern wild gestikulierend und drohend dem Schiri bei Zuwiderhandlung mit einer Verlängerung des Pfalz-Aufenthaltes droht, ist für die meisten Unparteiischen äußerst hilfreich bei der Entscheidungsfindung.

Ach ja, ich weiß jetzt, wie ich wieder von hier weg komme. Ich folge einfach dem brennenden Luxusbus mit den eingeschlagenen Scheiben und dem Bayern-Logo, der gerade mit Vollgas an mir vorbei gefahren ist. Ich bin mir sicher, dass die auch aus der Pfalz verschwinden wollen...
 
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Sandmann

Europas Thron!!!
:lachtot::lachtot::lachtot::lachtot:
:spitze: Mit einer kleinen Änderung: Die Pfalz ist kein Bundesland. Sie wurde nur dem Rheinland ans Bein gebunden :floet:


Dass auf der Tribüne die gleiche DNS in 30.000 Körpern wild gestikulierend und drohend dem Schiri bei Zuwiderhandlung mit einer Verlängerung des Pfalz-Aufenthaltes droht, ist für die meisten Unparteiischen äußerst hilfreich bei der Entscheidungsfindung.
:lachtot:
 
Scheint da ähnlich wie in Südoldenburg und im Emsland zuzugehen - nur dass die dort keinen bekannten Fußballverein haben... :floet:
 

kahnsinn

Triple find ich gut
Obwohl mir Karten angeboten wurden und es nur einen Katzensprung nach Kaiserslautern ist: Ich habe dankend abgelehnt.

Den Betzenberg tue ich mir nicht nochmal an. Ich wusste zumindest bis zu meinem letzten Besuch noch nicht, dass man in jedem gestammelten Halbsatz der FCK-Fans das Wort Bastard unterbringen kann. Dahingehend muss ich Hoeneß etwas zurechtweisen: Tiere benehmen sich so nicht. :mahnen:
 
Obwohl mir Karten angeboten wurden und es nur einen Katzensprung nach Kaiserslautern ist: Ich habe dankend abgelehnt.

Den Betzenberg tue ich mir nicht nochmal an. Ich wusste zumindest bis zu meinem letzten Besuch noch nicht, dass man in jedem gestammelten Halbsatz der FCK-Fans das Wort Bastard unterbringen kann. Dahingehend muss ich Hoeneß etwas zurechtweisen: Tiere benehmen sich so nicht. :mahnen:
Als ob das in anderen Stadien großartig anders wäre. :rolleyes: Gerade wenn es gegen die verhassten Bayern geht.
 

Eischehornsche

Nussknacker
Fck_barcelona_01.jpg


:hand:
 
Nachtrag

Aus aktuellem Anlass:
Sämtliche Ladengeschäfte in der Fußgängerzone Kaiserslautern schließen heute bereits schon um 19.00 Uhr. Der Gewerbeverein geht geschlossen zum Betzenberg.

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Die Geschäftsführer der Ladengeschäfte.
 
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