Fernab von Bundesliga und Profifußball Teil II

HorstNeumann

Majestät brauchen Sonne
Endlich war es mal wieder so weit: Ein Duell um Punkte zwischen dem SV Beuren und dem FC Isny. Vor sechs, sieben Jahren, als der FC Isny teilweise bis zu vier Mannschaften im Ligaspielbetrieb gemeldet hatte, lies es sich gar nicht vermeiden, dass sich die Klingen der Beurener und der Isnyer mindestens zwei Mal pro Saison kreuzten. Doch der Fußballboom in Isny ist vorüber, Beuren und Isny II spielten zumeist in verschiedenen Staffeln. Doch heute kam es endlich wieder zum Derby.

Für mich natürlich Grund genug mich auf den Weg nach Beuren zu machen. Bei mir mit im Auto: Hermann, Betreuer der ersten Mannschaft. „Die Erste“ hatte gestern einen überraschenden und ungemein wichtigen Sieg beim ruhmreichen FV Ravensburg eingefahren. Der Ex-Ravensburger Frank Schmuck schoss das 1:0 im Wiesental Stadion und hat seit gestern Nachmittag seinen neuen Spitznamen weg: Der König von Wiesental! Dementsprechend gelöst und locker die Stimmung bei Hermann. „Des isch jetzt au scho wiedr fünf Johr her dass ich I in Beira war. Abr do hot sich gwies nix g’ändert. Do isch Zeit schdanda blieba.“ Unrecht hat er mit dieser Aussage nicht. Beuren, ein kleines Kaff 10 km nordwestlich von Isny, ist der Inbegriff eines allgäuer Bauerndorfs. Eine Kirche, eine Dorfkneipe („Zum Kreuz“), eine Festhalle und ein Sportplatz. Der Rest: Bauernhöfe. Das war’s. Stopp, stimmt nicht ganz. Es gibt noch außerhalb des Dorfes einen Ausweichplatz. Und auf diesem Platz wurde heute also die Partie zwischen dem SV Beuren und dem FC Isny II in der Kreisliga B ausgetragen. Eigentlich viel zu klein zum Fußball spielen, Bodenwellen und Unebenheiten en masse. Wir kommen am Sportplatz an und ich erblicke sofort ein paar Beurener in ihrem typischen Outfit: Eng geschnittene Bluejeans, Cowboystiefel, Lederjacke, Rotzbremsen-Oberlippenbart, Vokuhila-Firsur. Auch Kult-Linienrichter Herbert, der grundsetzlich und unbeirrbar auf Einwurf für den SV Beuren entscheidet, ist da. Hermann und ich scheinen die Gewissheit zu haben: Es hat sich wirklich nichts verändert.

Es regnet wie verrückt. Dafür gibt es natürlich eine Begründung: „Immer wenn die Isnyer raus kommet dann schiffts“ weiß ein Beurener zu berichten. Beim Blick zur Isnyer Mannschaft fällt mir auf: Heute sind wir gut aufgestellt. Drei Spieler der Ersten Mannschaft sind dabei, unter anderem Torwart Christoph. Auf dem Weg zum Spielfeld witzelt er zu Hermann: „Hey, sag mir bitte Bescheid wenn ein Ball auf mein Tor kommt“. Hermann lacht und antwortet: „In Beira isch alls meglich.“ Ja, in Beuren ist alles möglich. Trotzdem muss der FC Isny II dieses Spiel ganz klar gewinnen. Der FC ist Siebter mit Anschluss nach oben, Beuren steckt unten drin, zudem noch die gute Aufstellung der Isnyer.
Schön langsam trudelt die Isnyer Fanprominenz ein, ein guter Besuch für ein Auswärtsspiel der Zweiten Mannschaft der Isnyer, es sind schätzungsweise 30 Fans dabei.
Das Spiel beginnt so, wie Torwart Christoph es vorausgesagt hatte: Dauerdruck auf das Tor der Heimmannschaft, doch Stürmer Leo und Mittelfeldmotor Bernd vergeben beste Chancen. Der erste Torschuss von Beuren etwa in der 25. Minute. Christoph hält, obwohl Hermann nicht gerufen hatte. Über die erste Halbzeit muss man nicht viel mehr berichten: Eigentlich muss es nach 45 Minuten bereits 4:0 für die Gäste aus der Stadt stehen, doch irgendwie konnte Beuren das Unentschieden halten. Selbst spielen sie auch für B-Klassen-Verhältnisse grausamen Fußball. Keiner in der Mannschaft, der auch nur halbwegs mit dem Ball umgehen kann. Während des Halbzeit-Tees am provisorischen Kiosk für 50 Cent unterhalte ich mich mit ein paar Umstehenden. Einhellige Meinung: „Wenn der FC das Spiel nicht gewinnt, dann gewinnen sie gar keines mehr“. Recht haben sie.

Weiter geht’s in die zweite Halbzeit. Und zwar mit zwei Paukenschlägen: Nach Unkonzentriertheiten in der FC Abwehr kommt Beuren zu zwei großen Torchanchen, die jedoch auf Grund mangelnder Klasse im Angriff der Beurener nicht verwertet werden können. Danach wurde es ein ganz schlimmes Fußballspiel, Isny furchtbar Ideenlos und unstrukturiert in den Angriffsbemühungen. Als dann auch noch Ewald Schmid, Oldie, Antreiber und bis vor zwei Wochen noch Trainer der Ersten Mannschaft, verletzungsbedingt raus muss („mir isch’s in d‘ Wade g’fahrn, des hot koin Wert mehr“) befürchte ich, dass es 0:0 ausgehen wird. Doch glücklicherweise kam es anders: In der 70. Minute setzte sich Außenspieler Martin glücklich durch, flankte in den Strafraum und am zweiten Pfosten stand der 1,65 Meter kleine Leo völlig frei und verwandelte per Kopfball aus kurzer Distanz. Großer Jubel und noch größere Erleichterung bei den Isnyern. Nachdem danach noch diverse Konterchancen vergeben wurden pfiff der Schiedsrichter die Partie pünktlich ab. Am Ende stand ein verdienter, aber keinesfalls überzeugender 1:0-Sieg der Städter über das Dorf. Inzwischen waren alle völlig durchnässt und froh, sich auf den Heimweg machen zu dürfen.

Nach dem wichtigen Auswärtssieg der Ersten Mannschaft gestern zieht also auch die Zweite nach. Ein erfolgreiches FC Wochenende. Es bleibt die Erkenntnis, dass in Beuren eigentlich alles so ist, wie es schon immer war. Obwohl die Derbys gegen Beuren früher mehr Brisanz hatten immer wieder amüsant, gegen die Dörfler zu spielen. Und zu gewinnen.
Nächste Woche geht es gegen Ellhofen, wieder so eine Dorfmannschaft, allerdings aus dem Bayrischen. Auch Ellhofen hängt unten drin. Also, werte Zweite: Wieder gewinnen und oben festzetzen.
 
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