Weser-Kurier 07.06.2005
"Null Bock" auf Bayerns Show-Welt
Torsten Frings klagt bei der Nationalmannschaft über Münchener Trubel - und schweigt zum Thema Werder
Von unserem Mitarbeiter Helmut Frankmann
DÜSSELDORF. Es war eine neue Aufgabe, die Jürgen Klinsmann seinen Nationalspielern gestern in ihrem Düsseldorfer Hotel aufgetragen hat. "Get together" stand an offenen Türen. Nicht dem Kontakt der Nationalspieler untereinander war diese Stunde dienlich, sondern dem persönlichen Gespräch zwischen Fußballprofis und Berichterstattern von Presse, Funk und Fernsehen.Das gemütliche Beisammensein mit Journalisten ist nicht jedermanns Sache. Aber selbst Torsten Frings hat, bevor er am freien Nachmittag seinen Vater in Aachen besuchte, dabei mitgemacht, "obwohl es derzeit nicht so einfach ist und mir bestimmt keinen Spaß macht", wie er sagte. Denn neben dem wechselwilligen Kevin Kuranyi ist der 28-Jährige der nächste aus Klinsmanns Kreis, der wohl vor einem Klubwechsel steht. In so einer Situation redet man nicht gern. Frings erst recht nicht. Doch Frings nutzte den Termin, er sagte, was ihn wurmt - am FC Bayern.Dass er die entscheidenden Spiele im Saisonfinish bei den Münchnern nicht bestritten hat, ärgert ihn etwa weniger als das Ballyhoo beim Rekordmeister über eine ganze Spielzeit. "Dieser Verein steht permanent in der Öffentlichkeit. Darauf habe ich null Bock", erklärt er - und es klingt genervt."Ich werde aber nicht einen überfahren oder sonst was tun, um in der Zeitung zu stehen." Er sei halt nicht der Typ, der für Inszenierungen außerhalb des Platzes zu haben sei. "Das ist nicht mein Stil: Ich will einfach meine Ruhe haben und werde mich auch nicht mehr ändern. Ich muss mich nicht jeden Tag für die Medien präsentieren." Ob da einer seine Rolle als Bayern-Star fehlinterpretiert? Nicht wenige werten das Münchner Engagement des vergangenen Sommer für 9,5 Millionen Euro von Borussia Dortmund losgeeisten Mittelfeldspieler schlicht als Missverständnis, weil der Mann nicht kompatibel ist mit der Show-Welt an der Säbener Straße. Auf Einsicht des Protagonisten ist nicht mehr zu hoffen. Frings sagt lapidar: "So einer bin ich halt nicht."Frings, der sich in der Freizeit mit aller Art von Haustieren beschäftigt, sagt über sich: "Ich bin halt ein ruhiger Typ." Der zurückgezogen mit Ehefrau Petra am Starnberger See lebt, "meiner Oase", wie er es nennt. In diesem Bild ist die Bayern-Welt wohl so angenehm wie eine Wüste, von Michael Ballack habe er im Übrigen ja gleich den Tipp erhalten, sich ein Schutzschild im ersten Jahr zuzulegen. "Er hat mir gesagt, dass die Kritik heftig kommt." Zuletzt beispielsweise von Seiten des Managers Uli Hoeneß, der den 38-fachen Nationalspieler als zu bequem und kaum kritikfähig an den Pranger stellte. Antwort des Beschuldigten: "Dazu sage ich besser nichts."Wohl aber zu seiner Rolle in der DFB-Auswahl, wo er unter Jürgen Klinsmann eine höhere Wertschätzung genießt. "Er hat mir gleich beim ersten Länderspiel gesagt, dass ich für ihn gesetzt bin." Zudem auf seiner Lieblingsposition im zentralen defensiven Mittelfeld, "da spiele ich am besten, aber bei Bayern durfte ich das ja nur selten."Es ist jene Rolle, die in München seit geraumer Zeit Martin Demichelis bekleidet, die aber in Bremen durch den Weggang von Fabian Ernst neu zu besetzen ist. Manche behaupten, Frings sei sich längst mit Werders Verantwortlichen über die Rückkehr einig, was diese dementieren. Entscheidend scheint ohnehin zu sein, ob Bayern überhaupt bereit ist, ihn abzugeben. Eine konkrete Aussage dazu gibt es bislang genausowenig wie eine Absichtserklärung des Nationalspielers, München verlassen zu wollen. Frings verabschiedete sich gestern aus dem Gesprächskreis mit den vielsagenden Worten: "Wenn es so weit ist, können wir gerne die Runde noch mal machen."