Hier mal zum Vergleich einen ausgewogeneren Artikel:
12.04.2005
"Bei uns ist immer Hektik"
am. Auf bedrohliche drei Punkte ist nach dem 28. Spieltag der Vorsprung auf die Abstiegsränge geschmolzen. Mehr denn je machen Städte-Namen wie Burghausen – Synonym für Zweitliga-Tristesse – die Runde durch den Borussia-Park.
Von ACHIM MÜLLER
Nach zuletzt äußerst dürftigen Leistungen zeigte das Team von Trainer Dick Advocaat ausgerechnet beim Liga-Krösus FC Bayern, der stärksten Heimmannschaft dieser Spielzeit, eine ordentliche Partie. Spieler wie Fukal, Heinz und Keller deuteten im Olympiastadion erstmals an, warum der VfL sie als „Top-Verstärkungen“ geholt hat. Für einen kurzen Augenblick durften die Borussen unter dem altehrwürdigen Zeltdach sogar von der perfekten Welle träumen, als nämlich Gladbachs Youngster Marcell Jansen in der 65. Minute rotzfrech Willy Sangnol an der Eckfahne die Kugel abgejagte, auf den kleinen Ivo Ulich flankte und der per Kopf zum 1:0 einnickte. Wer weiß, wie die Partie verlaufen wäre, wenn nicht im direkten Gegenzug der überragende Mehmet Scholl das 1:1 (66.) erzielt hätte. Michael Ballack sorgte schließlich in der 84. Minute für die Entscheidung zu Gunsten des Rekordmeisters.
Sei’s drum - erneut stehen die Borussen nach einem Auswärtsspiel mit leeren Händen da und müssen nun vor dem Abstiegs-Finale an diesem Samstag gegen Mainz gewaltig zittern. „Es sind nur noch drei Punkte Vorsprung. Jetzt brennt’s bei uns richtig“, erklärte Ivo Ulich. Der Druck auf den ersten ausländischen Chef-Trainer beim VfL Borussia, Dick Advocaat, wird trotz des neuerdings couragierten Auftretens seiner Mannschaft immer größer.
Mit dem Rauswurf des Trios Pletsch/Hausweiler/Demo hat der bei einem Großteil der Fans eh schon unbeliebte Niederländer den letzten Sympathiebonus verspielt.
Da passt es in Bild, dass im jüngsten Stammtisch-Talk des Privatsenders DSF der tumbe Dampf-Plauderer Lothar Matthäus von zahlreichen VfL-Anhängern im Publikum wie einen Erlöser gefeiert wurde, als dieser sich geschickt im verbalen Doppelpass mit Moderator Frank Buschmann als neuer Trainer bei Borussia ins Gespräch brachte.
Ausgerechnet Matthäus - den hat man in Gladbach seit dem Pokalfinale 1984 nur noch Judas oder Verräter genannt!
Und der so unangenehm von sich selbst überzeugte Trainer-Guru Udo Lattek stellte in der gleichen Sendung gar die Diagnose, die Borussia leide an dem „Jara-Syndrom“. Eine Trennung vom ungeliebten Advocaat sei daher die logische Konsequenz.
Bemerkenswert, dass die vermeintlichen Fachleute ihren Verbal-Müll unwidersprochen einem Millionen-Publikum unterbreiten durften. Die von Präsident Königs so oft zitierte „Marke Borussia“ wurde auf übelste Weise durch den Kakao gezogen, und keiner der Borussen-Granden legte sein Veto ein. Rainer Calmund beispielsweise wäre dies zu seinen Zeiten als Manager bei Bayer Leverkusen sicherlich nicht passiert.
„Wenn es nicht so gut klappen würde zwischen Mannschaft und dem Trainer, hätten wir in München nicht so stark gespielt“, hält Advocaat, allein auf weiter Flur, tapfer dagegen. Kaum ein Tag vergeht inzwischen, an dem nicht Deutschlands größte Boulevard-Zeitung den Kopf von Borussias leitendem Angestellten fordert. „Das Umfeld ist ein Problem“, sagt Kapitän Oliver Neuville und hält dies für Borussias größten Nachteil im Abstiegskampf. „Wenn man sieht, wie ruhig es in Bochum zugeht, obwohl der VfL weitaus schlechter dasteht als wir, dann würde ich mir so was aus mal wünschen. Bei uns ist immer Hektik, während die anderen in Ruhe weiterarbeiten dürfen“, so Neuville im „Kicker-Sportmagazin“. Sein Mannschaftskollege Jörg Böhme betont: „Bei uns wird viel von außen reingetragen. Dabei stimmt es in der Mannschaft.“ Nur die Ergebnisse stimmen eben nicht: Einen mageren Sieg gab es in den vergangenen acht Bundesliga-Spielen. Einen Ausrutscher gegen Mainz kann sich der VfL daher nicht erlauben.“ Wer von den Abstiegskandidaten das nächste Spiel verliert, den wird es wohl erwischen“, sagt Mittelfeldmann Peer Kluge. Der Psycho-Krimi Abstiegskampf ist somit für den VfL vollends im Gange.
Quelle:
http://www.stadt-spiegel-moenchengladbach.de/pages/99_moen_bor.jsp?id=45436