Artikel aus den
Stuttgarter Nachrichten
vom 02.02.2006
VfB: Konkrete Pläne nach der WM
Stadträte werten Brief des OB als Grundlage für Verhandlungen mit dem Club
Der VfB Stuttgart will nach der WM seine Pläne für den Umbau des Daimlerstadions in eine Fußballarena vorlegen. Die Stadträte zeigen sich gesprächsbereit: Grundlage sei der Brief des OB. Wolfgang Schuster hat dem Club den Kauf des Stadions für 83,9 Millionen Euro angeboten.
VON FRANK ROTHFUSS
Verwaltung und Stadträte erklärten die Debatte für beendet: Mit dem Bau des Carl-Benz-Centers sei die Diskussion vorüber. "Ein reines Fußballstadion ist in diesem Jahrhundert kein Thema mehr", sagte im November 2004 Bürgermeister Michael Föll. Das Jahrhundert währte 14 Monate, nun beschäftigt die Zukunft des Daimlerstadions erneut Stadtspitze und Gemeinderat. In einem Brief an VfB-Präsident Erwin Staudt und Aufsichtsratschef Dieter Hundt hat OB Wolfgang Schuster dem Club den Kauf des Stadions zum 31. Dezember 2007 für 83,9 Millionen Euro angeboten.
Die Summe errechne sich aus den Kosten für die letzten Bauabschnitte in Höhe von 134,6 Millionen Euro. Davon bezahlte das Land 28,1 Millionen Euro, DaimlerChrysler und die EnBW steuerten 7,8 Millionen Euro bei. Durch den Stadiongroschen und aus der Miete des VfB werden bis Ende 2007 rund 15 Millionen Euro refinanziert. Schuster schreibt: "Somit verbleibt bei der Stadt ein Aufwand von 83,9 Millionen Euro. Dieser Betrag entspricht dem Kaufpreis."
Weiter heißt es: "Beim Bau anderer Stadien haben sich Länder wie Kommunen beteiligt." Nachdem das Land 28,1 Millionen Euro gezahlt habe, sei die Stadt gehalten, sich vergleichbar zu engagieren. Deshalb wolle man das sieben Hektar große Areal mindestens 40 Jahre im Erbbaurecht an den VfB abgeben. Als ihren Beitrag wolle die Stadt auf den Erbbauzins von 33 Millionen Euro verzichten.
Der VfB müsse garantieren, dass nach einem Umbau die Kapazität bei mindestens 50 000 Sitzplätzen liege, dass die Mineralquellen geschützt werden, dass ein zweiter Stuttgarter Erstligaclub ebenfalls im Daimlerstadion spielen dürfe. Und: "Beim Eigentumsübergang gehen alle Rechte und Pflichten über. Dies betrifft auch das Namensrecht. Inwieweit es gelingt, mit der DaimlerChrysler AG eine Veränderung über das Namensrecht zu erzielen, ist Sache des VfB."
Im Sommer 2003 scheiterte der VfB daran, die vom Gemeinderat geforderten 15 Millionen Euro für den Umbau aufzutreiben. Kann man nun 83,9 Millionen Euro bezahlen? Und zusätzlich den auf gut 50 Millionen Euro geschätzten Umbau finanzieren? "So weit sind wir noch nicht", sagt VfB-Sprecher Oliver Schraft. "Derzeit arbeiten wir Schritt um Schritt unsere Hausaufgaben ab." Im Frühjahr werde es konkretere Pläne geben, "mit einem schlüssigen Konzept werden wir nach der WM das Gespräch mit der Stadt und dem Gemeinderat suchen."
In einer ersten Studie hatte der VfB geklärt, dass es möglich sei, das Spielfeld vier Meter abzusenken. Auf den neuen und steileren Kurven, die bis zu 7,50 Meter ans Feld heranrücken, sollen je 10 000 Zuschauer Platz finden. Haupt- und Gegentribüne würden nach unten gezogen. Auf der Haupttribüne würden so 2400 neue Plätze entstehen, auf der Gegengerade 3600. Man prüfe derzeit auch eine Variante, in der man das Spielfeld nicht oder nur wenig tiefer legen müsse.
Jetzt warte man auf die Vorschläge des VfB, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Reinhold Uhl, "dann muss das Thema vom Tisch". Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er nichts vom Kaufpreis nachlassen möchte. Für Jürgen Zeeb, Chef der Freien Wähler, "ist der Brief ein Angebot, über das der VfB nachdenken sollte". Werner Wölfle, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sieht den Brief des OB als "Maximalforderung". Damit steige man ein in Verhandlungen. Aber, so sagt er, "unsere Karten werden nicht besser, nach dem World Athletics Final 2008 wird 20 Jahre keine Leichtathletik hier stattfinden". Manfred Kanzleiter, Chef der SPD-Fraktion: "Wir sind völlig offen." Man müsse sehen, wie erfolgreich das Athletics Final in den nächsten drei Jahren werde, "ob es eine Perspektive gibt oder ob es dahindümpelt".