DÄN-de-Borussia
Pottkind im Norden
Der Bundesliga-Kommentar
Meistertrainer van Marwijk
Von Peter Penders
10. April 2005 Nun also werden die Bayern vermutlich doch wieder Meister, und nachher hat es wieder jeder vorher gewußt. Und die Mainzer werden doch bis zum letzten Spieltag um den Klassenverbleib kämpfen müssen, was auch jeder vorher wußte - sogar der Mainzer Trainer Jürgen Klopp. Der allerdings hat das schon gesagt, als er zur Kultfigur erhoben und von Interview zu Interview gereicht wurde. Alles also nicht so überraschend, was da in der Bundesliga gerade passiert. Aber nun mal Hand aufs Herz, wer hätte sich diese Prognose im Dezember zugetraut: Nur der FC Bayern München holt in der Rückrunde bis zum 29. Spieltag mehr Punkte als ... Borussia Dortmund!
Wer immer das vorausgesagt hätte, wäre auf Jahre hinaus nicht mehr als Fußball-Fachmann haltbar gewesen, weder in Sportredaktionen noch am Tresen. Vor allem von letzteren gibt es in Dortmund viele, aber nicht einmal dort und nach ausgiebigem Genuß ortsüblicher Getränke wäre diese These wohl durchgegangen. Nach der Hinrunde war bei der Borussia nämlich die Insolvenz wahrscheinlicher als der nächste Bundesligasieg. Verwunderlich angesichts der negativen Schlagzeilen, die der Verein am Fließband produzierte, war allein die Treue der Zuschauer. Selbst als der Verein in Richtung zweite Liga schauen mußte, kamen die Fans in Massen. Und niemand außerhalb Dortmund verstand es.
Wie auch? Normalerweise ist in solchen und ähnlichen Situationen von einer Fußballmannschaft nicht mehr viel zu erwarten. Der Fisch stinkt vom Kopfe her, und wenn es oben im Vorstand nicht mehr paßt, läuft auch unten auf dem Rasen nur noch wenig zusammen. Nur Ruhe im Verein fördert im Normalfall die Leistung des so sensiblen wie hochbezahlten Personals. Ruhe aber war das einzige, was es in Dortmund so wenig gab wie Geld.
Erst ging Anfang des Jahres der Teammanager Reuter, dann folgte ihm im Februar der Vorstandsvorsitzende Niebaum, im März wurde verkündet, daß der Vertrag mit Geschäftsführer Meier nicht verlängert werde. Nebenbei stand Ricken im Januar nach einem Zwist mit dem Trainer zum Verkauf, weigerte sich aber zu gehen. Zudem wurde neben den täglichen Meldungen über den aktuellen Schuldenstand bekannt, daß die Borussia Markenrechte verkauft und die Transferrechte an Mittelfeldstar Rosicky teilverpfändet hat. Und über allem schwebte die drohende Insolvenz, die erst am 14. März abgewendet war, als eine Fondsgesellschaft dem Dortmunder Sanierungsplan zustimmte.
Das darf man alles nicht vergessen, wenn woanders über schwierige Zeiten gesprochen wird. Dicker als rund um das Westfalenstadion kann es nirgendwo kommen. Selbst der Hinweis, daß der Borussia einige in der Hinrunde verletzte Spieler wieder zur Verfügung stehen, taugt nur bedingt als Erklärung; beim Sieg in Leverkusen fehlten gerade Koller, Rosicky oder Ricken. Bei allem Respekt - selbst wenn Felix Magath mit den Bayern noch die Champions League gewinnt, selbst wenn Ralf Rangnick mit Schalke den Titel holt, oder wenn Jürgen Klopp und Uwe Rapolder mit Mainz und Bielefeld die Klasse halten: Vielleicht hat ihr Dortmunder Trainerkollege Bert van Marwijk unter den besonderen Umständen die größte Leistung vollbracht. Denn derzeit ist die Borussia nur noch drei Punkte vom sechsten Platz entfernt. Wenn sie in Dortmund darauf im Dezember ihr letztes Geld gesetzt hätten, wären sie nun ein paar Schulden los. Angesichts des bekanntgewordenen Geschäftsgebarens wundert es fast, daß niemand darauf gekommen ist.
Text: F.A.Z., 11.04.2005, Nr. 83 / Seite 25
Meistertrainer van Marwijk
Von Peter Penders
10. April 2005 Nun also werden die Bayern vermutlich doch wieder Meister, und nachher hat es wieder jeder vorher gewußt. Und die Mainzer werden doch bis zum letzten Spieltag um den Klassenverbleib kämpfen müssen, was auch jeder vorher wußte - sogar der Mainzer Trainer Jürgen Klopp. Der allerdings hat das schon gesagt, als er zur Kultfigur erhoben und von Interview zu Interview gereicht wurde. Alles also nicht so überraschend, was da in der Bundesliga gerade passiert. Aber nun mal Hand aufs Herz, wer hätte sich diese Prognose im Dezember zugetraut: Nur der FC Bayern München holt in der Rückrunde bis zum 29. Spieltag mehr Punkte als ... Borussia Dortmund!
Wer immer das vorausgesagt hätte, wäre auf Jahre hinaus nicht mehr als Fußball-Fachmann haltbar gewesen, weder in Sportredaktionen noch am Tresen. Vor allem von letzteren gibt es in Dortmund viele, aber nicht einmal dort und nach ausgiebigem Genuß ortsüblicher Getränke wäre diese These wohl durchgegangen. Nach der Hinrunde war bei der Borussia nämlich die Insolvenz wahrscheinlicher als der nächste Bundesligasieg. Verwunderlich angesichts der negativen Schlagzeilen, die der Verein am Fließband produzierte, war allein die Treue der Zuschauer. Selbst als der Verein in Richtung zweite Liga schauen mußte, kamen die Fans in Massen. Und niemand außerhalb Dortmund verstand es.
Wie auch? Normalerweise ist in solchen und ähnlichen Situationen von einer Fußballmannschaft nicht mehr viel zu erwarten. Der Fisch stinkt vom Kopfe her, und wenn es oben im Vorstand nicht mehr paßt, läuft auch unten auf dem Rasen nur noch wenig zusammen. Nur Ruhe im Verein fördert im Normalfall die Leistung des so sensiblen wie hochbezahlten Personals. Ruhe aber war das einzige, was es in Dortmund so wenig gab wie Geld.
Erst ging Anfang des Jahres der Teammanager Reuter, dann folgte ihm im Februar der Vorstandsvorsitzende Niebaum, im März wurde verkündet, daß der Vertrag mit Geschäftsführer Meier nicht verlängert werde. Nebenbei stand Ricken im Januar nach einem Zwist mit dem Trainer zum Verkauf, weigerte sich aber zu gehen. Zudem wurde neben den täglichen Meldungen über den aktuellen Schuldenstand bekannt, daß die Borussia Markenrechte verkauft und die Transferrechte an Mittelfeldstar Rosicky teilverpfändet hat. Und über allem schwebte die drohende Insolvenz, die erst am 14. März abgewendet war, als eine Fondsgesellschaft dem Dortmunder Sanierungsplan zustimmte.
Das darf man alles nicht vergessen, wenn woanders über schwierige Zeiten gesprochen wird. Dicker als rund um das Westfalenstadion kann es nirgendwo kommen. Selbst der Hinweis, daß der Borussia einige in der Hinrunde verletzte Spieler wieder zur Verfügung stehen, taugt nur bedingt als Erklärung; beim Sieg in Leverkusen fehlten gerade Koller, Rosicky oder Ricken. Bei allem Respekt - selbst wenn Felix Magath mit den Bayern noch die Champions League gewinnt, selbst wenn Ralf Rangnick mit Schalke den Titel holt, oder wenn Jürgen Klopp und Uwe Rapolder mit Mainz und Bielefeld die Klasse halten: Vielleicht hat ihr Dortmunder Trainerkollege Bert van Marwijk unter den besonderen Umständen die größte Leistung vollbracht. Denn derzeit ist die Borussia nur noch drei Punkte vom sechsten Platz entfernt. Wenn sie in Dortmund darauf im Dezember ihr letztes Geld gesetzt hätten, wären sie nun ein paar Schulden los. Angesichts des bekanntgewordenen Geschäftsgebarens wundert es fast, daß niemand darauf gekommen ist.
Text: F.A.Z., 11.04.2005, Nr. 83 / Seite 25