London (dpa) - Eigentlich hat die UEFA für Chelseas Trainer José Mourinho nur eine Nebenrolle für das Champions-League-Duell gegen Bayern München vorgesehen. Doch der Portugiese heizt im Vorfeld mit neuen Psychotricks die Stimmung kräftig an und wird so wieder zur zentralen Figur.
Wegen der Zwei-Spiele-Sperre hat sich der 42-jährige Coach offiziell einen Maulkorb verpasst, hetzt jedoch via Zeitungskolumne gegen die UEFA. Seit er vor neun Monaten an die Stamford Bridge gekommen ist, inszeniert sich Mourinho wie kein anderer Fußball-Trainer auf dem Erdball. «Erst kommt Gott, doch danach komme ich», stellte er gleich bei seiner Ankunft klar und meinte: «Chelsea hat jetzt vor allem eines - einen Top-Trainer.»
Zumindest in diesem Punkt stimmen auch Bundestrainer Jürgen Klinsmann und Fußball-«Kaiser» Franz Beckenbauer mit dem Portugiesen überein. «Man muss Mourinho ein Kompliment machen. Er hat bei Chelsea gezeigt, was er kann», sagte Beckenbauer. Klinsmann gestand: «Was ich bewundere, ist die Art und Weise, wie Chelsea Fußball spielt.» Der frühere Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld attestiert Mourinho ebenfalls, «zu den besten Trainern der Welt» zu gehören. Aber der «Premiere»- Experte sagte auch: «Jose Mourinho ist ein arroganter Trainer.»
Mit seinem ausgeprägten Selbstbewusstsein hat sich Mourinho auf jeden Fall Respekt verschafft. «So wird der Druck von der Mannschaft genommen. Wir Spieler haben nichts dagegen. Er stellt sich immer vor uns, kritisiert nur intern», sagte Robert Huth.
Der deutsche Nationalspieler vertrat seinen Chef nach dem Spiel gegen Southampton (3:1) auf der Pressekonferenz. Mourinho selbst verkroch sich lieber im Mannschaftsbus und will laut BBC «sein klösterliches Schweigen erst brechen, wenn Chelsea das Champions-League-Finale erreicht». Dann jedoch würde ihm erneuter Ärger mit der UEFA drohen. Ein Sprecher des Fußball-Verbandes stellte klar, dass er nach der Partie gegen die Bayern zur Pressekonferenz erscheinen muss.
Der mit jährlich 7,5 Millionen Euro bestbezahlte Trainer der Welt nutzt lieber seine wöchentliche Kolumne in der portugiesischen Zeitung «Dez Record» zur Selbstdarstellung. Dort beschreibt er sich als «Junge, der ehrgeizige Träume hat, mutige Entscheidungen trifft und furchtlos inmitten von Haien schwimmt». Als Coach, «der bewiesen hat, dass er einer der besten ist». Bildhaft stellt sich Mourinho als Opfer der übermächtigen UEFA dar: «Nach den Regeln der Unterwelt hat er ein Verbrechen begangen - nämlich zu viel Erfolg zu haben, speziell als Eindringling.»
Auf wort- und gestenreiche Einlagen wird Mourinho gegen Bayern München verzichten müssen. Er muss auf der Tribüne sitzen und darf nicht mit seinen Spielern reden. Die UEFA will ihm einen Aufpasser zur Seite stellen, damit er nicht wie vor zwei Jahren tricksen kann. Damals benutzte er als Trainer des FC Porto im UEFA-Cup-Halbfinale gegen Lazio Rom ein Funkgerät, um seine Kommandos an die Trainerbank weiterzugeben.
Dass Mourinho in beiden Viertelfinalspielen gegen den deutschen Rekordmeister nicht coachen darf, sehen seine englischen Kollegen als klaren Nachteil für Chelsea an. «Die Spieler fühlen sich selbstbewusster, wenn er auf der Bank sitzt, weil sie wissen, dass er eingreifen kann, wenn was falsch läuft», meinte Southampton-Coach Harry Redknapp: «Bei allem Respekt, aber Chelsea hat sonst keinen Lautstarken. Der Co-Trainer ist ein ruhiger Mann. Mourinho ist der Alleinunterhalter.» Als Vorteil sieht hingegen Huth die Sperre: «Das gibt uns Auftrieb. Jeder Spieler strengt sich an, um ihm Unterstützung zu zeigen.» (weltfussball.de)