Nick Hornby in der "Zeit" über Fußball (und Jens Lehmann)

ZEIT: Hat sich Ihr Fußball-Geschmack verändert?

Hornby: Das ist eine andere Geschichte. Im Profi-Fußball hat sich seit 1995, als ich Fever Pitch schrieb, mehr verändert als in den 100 Jahren zuvor. Die Fans meines Clubs Arsenal London können sich am wenigstens beschweren. Kein Arsenal-Fan hat je so guten Fußball seiner Mannschaft gesehen wie wir in den letzten fünf Jahren, mit Spielern wie Thierry Henry! Gleichzeitig ist die Atmosphäre im Stadion viel weniger intensiv als früher.

ZEIT: Wie erklären Sie sich das?

Hornby: Zum Teil natürlich, weil es heute viel zivilisierter zugeht. Ich wusste früher gar nicht, wie unzivilisiert die Stimmung in den Stadien war. Die Fans verschmolzen zu einem Organismus, der nur schwer zu kontrollieren war. Das ist vorbei, seitdem es nur noch Sitzplätze gibt. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das ist schon gut so, weil es nicht mehr so gefährlich ist. Der entscheidende Unterschied ist, dass es früher merkwürdig war, wenn ich einen Fußballspieler, den ich aus dem Stadion kannte, plötzlich im Fernsehen sah. Heute kommt es mir merkwürdig vor, wenn ich den realen Thierry Henry vor meinen Augen spiele sehe, weil Stars wie er durchinszenierte Medienfiguren sind, die einem nicht wie echte Menschen vorkommen.

ZEIT: Sie jammern ja! Sie trauern wie viele Erwachsene den guten alten Zeiten hinterher.

Hornby: Vielleicht, hm, vielleicht. Aber von guten alten Zeiten kann bei Arsenal nicht die Rede sein. Die alten Zeiten waren furchtbar schlecht.

ZEIT: Damit Arsenal London nicht ganz unschlagbar ist, haben wir euch unseren Torwart Jens Lehmann geschickt. :024:

Hornby: Sehr lustig, meine Herren! Viele Arsenal-Fans verwirrt er. Niemand hält ihn für einen großartigen Sportler, weil er sein Team jederzeit ein Tor kosten kann. Das Problem ist doch, dass mein Land sich nicht für Torhüter interessiert. Auf dem College war ich Mannschaftskapitän des ziemlich schlechten Reserveteams, und niemand wollte sich ins Tor stellen. Es kam also zum ersten Spiel, in dem ich Kapitän war. Wir liefen auf den Platz, elf Mann, aber wir hatten noch immer keinen Torhüter. Also ging ich von Spieler zu Spieler und fragte, aber jedesmal bekam ich zur Antwort: »Fuck off, Nick!« Der Erste, der zögerlich war und nicht sofort nein sagte, musste ins Tor. Und da stand er am Ende der Saison immer noch. Jens Lehmann erinnert mich sehr an diesen Spieler.

Nick Hornby ist einfach genial :spitze:

Grüße

chou
 

Stan-Kowa

Leide an Islamintoleranz
Und von einigen anderen höchst amüsanten Büchern.

An erster Stelle würde ich "High Fidelity" setzen. :spitze:
 

Baldrick

Póg mo thóin
Vatreni schrieb:
Da gibts doch auch den gleichnamigen Film. Haben die was miteinander zu tun? :gruebel:
Ja, das Buch ist die Filmvorlage. Allerdings sind viele Engländer auf die Umsetzung nicht allzugut zu sprechen, da man den Film mal kurz nach Chicago verlegt hat...
 

Schabbab

in Therapie
Vatreni schrieb:
Da gibts doch auch den gleichnamigen Film. Haben die was miteinander zu tun? :gruebel:
Jebb, das Buch ist von ihm, der Film wurde unter seiner "Aufsicht" danach gemacht...lediglich verlegte man die Location von England in die USA, aber das hat dem Film erstaunlicherweise in keinster Weise geschadet :zahn:
 

Schabbab

in Therapie
Baldrick schrieb:
Ja, das Buch ist die Filmvorlage. Allerdings sind viele Engländer auf die Umsetzung nicht allzugut zu sprechen, da man den Film mal kurz nach Chicago verlegt hat...
Man hätte den Film sicher auch in England machen können und vielleicht wäre er sogar noch besser geworden, aber dazu hätte man sich halt mal die Rechte sichern sollen :zwinker3: Und meines Wissens wusste Hornby schon vorab von der Verlegung und er war sogar dafür.
 

Stan-Kowa

Leide an Islamintoleranz
Baldrick schrieb:
Volle Zustimmung. Mir fällt aber spontan kein Film ein, der das schafft.

OK, die Geheimnisse von Lady Chatterley vielleicht.:floet:


Papillon*
Der Name der Rose
Die Verurteilten
Wer die Nachtigall stört
Alexis Zorbas
Coppolas "Dracula" mit Abstrichen
Barry Lyndon*
Das Schweigen der Lämmer
Der blaue Engel
Der Pate*
Die Brücken am Fuß*
Einer flog übers Kuckucksnest
Es geschah am hellichten Tag
Interview mit einem Vampir
Jenseits von Afrika*
Moby Dick*
Schiffsmeldungen


* diese Verfilmungen haben mir gar besser gefallen als das Buch. Die anderen halte ich für sehr gelungen.
 
ich habe das neue buch gerade in irland gesehen. aber titel vergessen. scheint gut zu laufen, habe mehrere iren das buch lesen gesehen.
 

Balla

Spielmacher
Da ich Fever Pitch noch nicht kenne, es aber von allen nur gelobt wird, werd ich es mir morgen zu legen. Hoffentlich mutier ich nicht zum Arsenalfan :zwinker3:
 

Schabbab

in Therapie
Stan-Kowa schrieb:
Der Film kommt nicht im entferntesten an die Buchvorlage ran. :frown:
Ansichtssache...ich fand die Verfilmung gerade aufgrund der Besetzung sehr gelungen. In meinen Augen war aber auch "Papillon" zwar ein guter Film, aber nur ein ziemlich müder Abklatsch des Buches :zwinker3:
 
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