Pim Verbeek Interview

drunkenbruno

Keyser Söze
Jan Leeuwen TORFABRIK

»Ich bereue nicht eine Sekunde«

(19.04.2005 - 09:11 Uhr) Im NOS-Radio-Interview fuer die
Sendung “langs de lijn” (an der Linie) stand Pim Verbeek Rede
und Antwort. Auch Dick Advocaat war gefragt worden –
dieser sah es jedoch vor, keine Stellungnahme abzugeben.
von Jan van Leeuwen

Frage: Pim, guten Abend! Kannst du zum Anfang mal kurz
erzaehlen, warum ihr zurueckgetreten seid?

Pim Verbeek: Wegen einer Vielfalt von Faktoren - muss ich
ehrlich sagen. Ausschlaggebend ist, dass wir in den letzten
zwei Wochen, Bochum und Mainz zuhause, zwei
Sechs-Punkte-Spiele voellig unnoetig aus der Hand gegeben
haben. Also zweimal einen Vorsprung in den allerletzten
Sekunden weggegeben haben. Gegen Bochum fangen wir in der 93.
Minute ein Eigentor ein, dadurch spielten wir ein
Sechs-Punkte-Spiel nur Unentschieden und am vergangenen
Samstag gegen Mainz kassierten wir in der allerletzten Sekunde
ein Scheiss-Gegentor. Es wurde nicht mal mehr angepfiffen!
Wieder ein Sechs-Punkte-Spiel, welches du aus Haenden gibst.

Frage: Aber es gibt doch mehrere Trainer, die mal zwei Spielen
hintereinander auf unglueckliche Weise Punkte verlieren...

Pim Verbeek: Sicherlich, aber die Folgen sind viel groesser.
Anstatt neun Punkte Vorsprung hast du ploetzlich nur noch
einen auf die Konkurrenten. Und der Druck bei diesem Klub ist
so gigantisch. Die Erwartungshaltung ist von Anfang an, als
Dick gekommen ist, so gigantisch gewesen. Man dachte, wir
haben jetzt ein neues Stadion, wir haben jede Woche 50.000
Leute, wir haben einen sehr erfahrenen und international
anerkannten Trainer und jetzt wird es passieren.

Frage: War er dem Druck nicht mehr gewachsen ?

Pim Verbeek: Er schon, aber das Team nicht! Fuer Dick ist das
nichts Neues, der laeuft vor dem Druck nicht weg. Es ging um
den Druck, der auf der Mannschaft lastet und das haben wir
auch am vergangenen Samstag wieder gesehen, als wir noch einen
Wechsel in der Hinterhand hatten. Vier Spieler wollten zu
diesem Zeitpunkt ausgewechselt werden. Worueber reden wir
dann? Vier Spieler, die zwanzig Minuten vor Spielende mit
physischen Problemen runterwollen, weil wir in dem Moment mit
1:0 fuehren. Das sagt eigentlich alles. Das kann mit der
fehlenden Qualitaet zusammenhaengen. Es hat auch damit zu tun,
dass jeder weiss, wie wichtig es ist, dass Borussia
Moenchengladbach jetzt den Klassenerhalt schafft.

Frage: Dick Advocaat ist doch keiner, der das sinkende Schiff
verlassen wuerde. Da riecht es jetzt aber doch ein bisschen nach ...

Pim Verbeek: Er hat eigentlich vom ersten Tag an von den
Medien keine faire Chance bekommen. Er ist hart rangenommen
worden. Alles was er vorher in Holland gemacht hatte, wurde in
den Boulevardblaettern gleich gross platziert. Kein Text, nur
grosse Bilder und grelle Titelkoepfe und nichtssagende Sachen,
die aber von ganz Deutschland gelesen werden. Es wurde eine
Atmosphaere kreiert, in der ein Arbeiten sehr schwer war.

Frage: Hing das auch noch mit seiner Vergangenheit als
‘bondcoach’ zusammen?

Pim Verbeek: Absolut, und das voellig zu Unrecht! So fing es
schon an und dann kam eine arrogante Hollaender-Story,
worueber gesprochen wurde. Dann weiss man, dass man ein paar
gute Resultate erzielen muss. Die haben wir am Anfang geholt
und auf einmal dachte jeder, dass wir mit ein paar Einkaeufen
die Spitze der Bundesliga stuermen wuerden. Nichts war
natuerlich weniger wahr, denn wir hatten immer noch vier,
fuenf Spieler, die eingepasst werden mussten. Und unsere
beiden wichtigsten Spieler haben nie gespielt – die Rede ist
von Elber und Sonck. Damit wurden wir staendig konfrontiert.
Also der Druck lag auf dem Team und auf Advocaat. Nun, der
kann damit prima umgehen. Das Team jedoch nicht und das wurde
nur schlimmer und schlimmer und es wurde immer haeufiger gegen
Advocaat geschrieben. Da haben wir uns gesagt, wenn das so
weiterlaeuft, dann leiden die Resultate darunter. Das war dann
auch in den letzten Wochen der Fall. Die Spieler standen steif
vor Angst. Dick Advocaat hatte daraufhin stets prima erklaert,
was sie zu tun haben, wie sie es zu tun haetten, dass sie vor
nichts Angst haben brauchen... trotzdem passierte nichts. Da
hat er gesagt »wenn es so laeuft, dann ist es vielleicht doch
vernuenftig, eine Wahl zu treffen. Geht es so weiter, dann
hoere ich auf«.

Frage: Fiel ihm das schwer? Hat er dich bei diesen
UEberlegungen miteinbezogen? Soll ich oder soll ich nicht?

Pim Verbeek: Absolut! Wir hatten dies Samstag schon dem
Vorstand vorgelegt. »Wenn ihr es besser findet« und wir waren
bereit, weiter zu machen, »dann entscheidet und wir hoeren
auf«. Der Verein nahm das Angebot nicht an und sagte »nein,
wir gehen absolut weiter«. Aber durch die sehr unerwarteten
Siege von Bochum und Nuernberg ist der Druck enorm gestiegen.
Statt vier Punkte Vorsprung stehst du nur noch einen Punkt vor
dem Abstiegsplatz bei noch fuenf ausstehenden Spielen. Da kam
noch groessere Unruhe auf. Wir dachten, dass es immer noch gut
enden koennte.

Frage: Du bist zusammen mit Dick zurueckgetreten. Gab es
keine Moeglichkeit fuer dich, zu bleiben?

Pim Verbeek: Nein, daran habe ich keinen Gedanken
verschwendet. Ich war immer komplett einverstanden mit allen
Entscheidungen, die in Bezug auf Aufstellungen und
Neuerwerbungen getroffen wurden. Auch diese Entscheidung, die
Dick Advocaat jetzt getroffen hat, teile ich. Es ging halt
nicht mehr. Wir hatten das Gefuehl, dass es mit uns nicht mehr
gehen wuerde. Vielleicht zu Recht, vielleicht auch nicht, das
wird die Zukunft zeigen. Deshalb habe ich gesagt, wenn Dick
Advocaat diesen Verein verlaesst, bleibe ich auch nicht. Der
Verein haette sowieso nicht mit mir weitergearbeitet,
hoechstens als Assistent, der die Huetchen aufstellen darf.
Dieser Taetigkeit bin ich vor 20 Jahre nachgegangen...
Im Endeffekt beurteile ich die Zeit in Moenchengladbach so:
Zusammen hin, zusammen zurueck! Ich bereue nicht eine Sekunde.

Frage: Und jetzt zusammen auf der Suche nach einem neuen Verein?

Pim Verbeek: Beide, ich bin 49 Jahre alt und habe noch 10 bis
13 Jahre vor mir ...

Frage: Dick wollte doch nach Borussia seine Karriere beenden ...

Pim Verbeek: Ja, aber das war nach 2 ½ Jahren geplant! Diese
Erfahrung haelt ihn nicht vom Fussball weg. Wir haben trotz
allem die Bundesliga genossen. Es ist eine fantastische
Meisterschaft, wir waren bei einem tollen Verein und hatten
grossartige Trainingsbedingungen. Das haben wir genossen. Das
Problem waren die Resultate und dadurch waren es sehr schwere
Monate. Aber es bleibt nach wie vor eine Herausforderung, aus
solch einem Verein etwas zu machen. Ich habe das Gefuehl, dass
Dick denkt, dass dies noch nicht sein letztes Kunststueck
gewesen sein kann. Ich glaube, er hat trotz dieser doch fuer
uns alle grossen Enttaeuschung noch Lust und geht seinen Weg
weiter. Ob dies nun alleine, oder wir zusammen – um das zu
beurteilen, ist es etwas zu frueh nach unserem Ruecktrittsentschluss.

Frage: Glaubst du, dass euer Weggang bei der Mannschaft einen
Effekt erzielen wird?

Pim Verbeek: Ich hoffe es! Ich hoffe es von ganzem Herzen und
muss auch ehrlich sagen, dass ich es auch denke. Auf jeden
Fall ist der Druck jetzt weg ist und die Spieler bekommen
hoffentlich etwas mehr Gelegenheit zu zeigen, was sie koennen.
Denn sie koennen natuerlich Fussball spielen! Das Pech bleibt,
dass die wichtigen Spieler Elber und Sonck auch in den
kommenden Wochen nicht spielen werden. Die haben wir
natuerlich schmerzlich vermisst, weil das sind die Jungs, die
den Unterschied ausmachen koennen. Die sind auch in den
kommenden Wochen nicht einsetzbar, also qualitativ wird es
doch schwer werden. Deshalb hoffen wir, dass der Druck weg ist
und dass man es im mentalen Bereich packt. Wenn du dann gegen
Nuernberg vielleicht gewinnst, dann kannst du zuhause gegen
Stuttgart auch gewinnen. Denn die Fans sind einmalig,
fantastisch, das moechte ich noch einmal extra betonen. Es gab
keine negativen Rufe gegen Dick im Stadion. Ein kleines
Transparent gab es, aber es war nicht so, dass es
Mega-Probleme gab oder mehrere tausend Leute vor dem Zaun
gestanden und die Entlassung von Advocaat gefordert haetten.
Das waren nur die Boulevardzeitungen, denen eigentlich keiner
glaubt, die aber doch einen grossen Einfluss haben.

Frage: Die werden jetzt wieder grosse Schlagzeilen haben. Wir
werden sie lesen …

Pim Verbeek: Ich nicht!
 
Zuletzt bearbeitet:

marky

Wir kommen zurück !!!
drunkenbruno schrieb:
Das waren nur die Boulevardzeitungen, denen eigentlich keiner
glaubt, die aber doch einen grossen Einfluss haben.

Frage: Die werden jetzt wieder grosse Schlagzeilen haben. Wir
werden sie lesen …

Pim Verbeek: Ich nicht!
Ich auch nicht :schmoll2:
 
Aussagen eines Arztes, der die Krankheit erkannt hat.Nur die Pillen waren die falschen oder zumindest falsch dosiert.Schade.Hoffentlich kommt der Patient wieder auf die Beine.
 
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