Fairer" Klose verzichtet auf Elfmeter
Es fiel kein Tor, es gab keinen Platzverweis und doch riss die Szene in der 28. Minute jeden Zuschauer von der Sitzschale. Die 39.000 Werder-Fans entfachten ein gellendes Pfeifkonzert. Gerade hatte Schiedsrichter Fandel eine Elfmeter-Entscheidung für Werder verworfen und ließ die grün-weißen Anhänger vor Wut kochen. Was die wenigsten auf den Rängen ahnen konnten: Der Grund dafür war Werder-Stürmer Miroslav Klose, der ein leuchtendes Beispiel für "Fair Play" lieferte.
Was war genau passiert? Ivan Klasnic hatte kurz zuvor den Ball auf Miroslav Klose "durchgesteckt", der unmittelbar danach im Strafraum zu Fall kam – vermeintlich gefoult von Bielefelds Schlussmann Mathias Hain. Das Spiel lief zunächst weiter, der Ball kam wieder zu Klasnic – doch der "Killer" traf nur die Latte. Dann der Pfiff von Schiedsrichter Herbert Fandel: Elfmeter für Werder! Vorfreude auf das mögliche 1:0 auf den Rängen. Doch während Valérien Ismaël gemächlich in Richtung Elfmeterpunkt trabte, beriet sich "Schieri" Fandel noch einmal mit seinem Assistenten Thorsten Schiffner, sprach mit Miro Klose – und nahm dann die Elfmeterentscheidung zurück.
Nach dem Spiel leistete Miroslav Klose Aufklärung: "Der Schiedsrichter hat mich gefragt, ob Hain den Ball gespielt hat. Das habe ich ihm bestätigt." Eine faire und vorbildliche Geste von Werders Torjäger, die seinem Bielefelder Kontrahenten Mathias Hain beinahe die Sprache verschlug. "Ich habe einen riesigen Respekt vor Miro. Er ist nicht nur ein sehr guter Fußballer, sondern auch ein fairer Sportsmann", lobte Hain. Und Herbert Fandel meinte: "Ich hatte zuvor in meiner 25-jährigen Tätigkeit als Schiedsrichter noch nie einen Elfmeter zurückgenommen. Aber diesmal waren die Anzeichen nach dem Gespräch mit meinem Assistenten und dem Spieler klar, deshalb habe ich entsprechend gehandelt."
Doch Klarheit herrschte nach der kniffligen Entscheidung lange Zeit nicht. So wunderte sich Miro Kloses Sturmpartner Ivan Klasnic noch nach dem Schlusspfiff: "Ich weiß nicht genau, was der Schiedsrichter da gepfiffen hat. Er hat mir aber unmittelbar danach gesagt, dass er mein Tor, wenn ich es denn erzielt hätte, nicht gegeben hätte. Fandel sagte, dass wir dann eine ganz knifflige Situation gehabt hätten." Wohl wahr – doch die Entscheidung des Schiedsrichters wäre vertretbar gewesen. Denn Fandel wollte Elfmeter pfeifen, anstatt auf Vorteil für Werder zu entscheiden. Somit hätte ein mögliches Klasnic-Tor nicht gegolten.
So verwirrend die Szene aber auf die meisten Beteiligten anfangs wirkte – im Nachhinein erntete der Unparteiische aus Kyllburg dafür Verständnis: "Wir finden die Vorgehensweise des Schiedsrichters absolut in Ordnung", betonte Werders Geschäftsführer Klaus Allofs, "er pfeift, macht sich dann schlau und entscheidet sich anders. Das ist legitim und ich fand es gut, dass er den Spieler mit einbezogen hat." Arminia Bielefelds Trainer Uwe Rapolder bewertete die Situation ähnlich: "Mir war es unbegreiflich, wie der Schiedsrichter nach dieser Szene Elfmeter pfeifen konnte. Dass er die Entscheidung dann zurückgenommen hat, halte ich für bemerkenswerten Mut."
Für die Arminen brachte der zurückgenommene Elfmeter noch einen weiteren positiven Aspekt mit sich, da auch die von Fandel verhängte Gelbe Karte für Mathias Hain wieder hinfällig wurde. Pikant: Es wäre seine "Fünfte" gewesen. Dadurch konnte Uwe Rapolder der Situation auch für die Bremer noch etwas Gutes abgewinnen. "Werder sollte sich nicht ärgern", grinste der Bielefelder Trainer, "Dass Hain nächste Woche nicht gesperrt ist, könnte auch für die Bremer von Vorteil sein. Schließlich spielen wir gegen Schalke." Miro Klose und alle Werderaner werden Mathias Hain und seinen Arminen für diese Partie nun ganz fest die Daumen drücken.