Der Druck wird enorm sein"
Miroslav Klose über die WM 2006, seine Zusatzschichten und seinen Sturmpartner Lukas Podolski
BREMENDer 9. Juni 2006 ist für Miroslav Klose gleich in doppelter Hinsicht ein magisches Datum. In München steigt dann das Eröffnungsspiel der WM, und Klose feiert seinen 28. Geburtstag. Vermutlich auf dem Platz, denn der Bremer, mit zwölf Toren nach zwölf Spieltagen bester Stürmer der Bundesliga, gilt in der Nationalmannschaft als gesetzt.
Noch etwas mehr als ein halbes Jahr bis zur WM - spüren Sie schon den Druck?
"Noch nicht. Aber der Druck wird kommen, und er wird enorm sein. Schon jetzt wird vieles hochgepuscht, und je näher die WM rückt, umso klarer wird einem, was nächstes Jahr los sein wird."
Und zwar?
"Die Erwartungen an uns werden groß sein . . ."
... um nicht zu sagen riesengroß. Der Anspruch der Öffentlichkeit ist klar: der Titel soll her.
"Das ist auch unser Anspruch. Und wir sind alle davon überzeugt, dass wir es schaffen können."
Woher nehmen Sie diesen Glauben? Die deutsche Elf hat in den vergangenen fünf Jahren und in nunmehr 16 Anläufen nicht mehr gegen eine der großen Fußball-Nationen gewonnen.
"Aber wir haben gezeigt, dass wir mithalten können. Wichtig ist doch, dass wir zuletzt beim 0:0 in Frankreich wieder eine Steigerung gesehen haben. Es hat sich gezeigt, dass sich die Mannschaft mehr und mehr findet. Und jetzt muss jeder noch ein Stückchen besser werden, dann können wir auch viel erreichen. Aber nur, wenn wir uns wieder so als Einheit präsentieren wie bei der WM 2002."
Was tun Sie, um das angesprochene Stückchen besser zu werden?
"Das fängt mit den von Jürgen Klinsmann verordneten Zusatzübungen an. Die sind wichtig für mich, machen mich körperlich stabiler. Es sind zwar 20, 30 Minuten am Tag und das auch nur zwei- bis dreimal die Woche, aber man fühlt sich tatsächlich besser."
Sind Sie in dieser Hinsicht ein Vorzeige-Nationalspieler oder machen es die anderen auch?
"Soviel kann ich sagen: Es ist erfreulich, wie oft ich Torsten Frings, Tim Borowski und Patrick Owomoyela in unserem Kraftraum treffe."
Wie bereiten Sie sich mental auf das Mega-Ereignis "WM im eigenen Land" vor? Haben Sie keine Angst, die Mannschaft könne dem Erfolgsdruck eventuell nicht standhalten?
"Da denke ich gar nicht drüber nach. Natürlich ist eine WM auch Kopfsache. Aber dem Druck müssen wir uns stellen. Dafür ist es wichtig, dass wir die Spiele bis zur WM erfolgreich bestreiten, damit wir selbstbewusst in das Turnier gehen können. Es hat sich doch gezeigt, dass wir viel leisten können, wenn wir mit breiter Brust auftreten und nicht so einen Angsthasenfußball spielen wie in der Türkei (1:2-Niederlage, d. Red.)."
Sie haben sich unlängst beim 0:0 in Frankreich ihre gute Note nicht durch Tore, sondern durch viel Defensivarbeit verdient. Ist das nach Ihrem Geschmack?
"In Frankreich haben wir die taktischen Vorgaben hervorragend umgesetzt. Wir wollten kompakt stehen, die Räume gut dichtmachen. Dazu gehört, dass die Stürmer viel mitarbeiten. Ich denke, dass wir das sehr gut gemacht haben."
Aber Sie hatten nicht eine Torchance.
"Normalerweise erarbeite ich mir meine Möglichkeiten, indem ich viel laufe, die Löcher selbst reiße. Aber in Frankreich haben wir insgesamt 30 Meter weiter hinten gespielt als normal."
Außerdem hatten Sie den "Spezialauftrag", Lukas Podolski anzuleiten . . .
"Jürgen Klinsmann und Joachim Löw sagen immer wieder, ich solle ihm helfen. Aber auch Michael Ballack und Torsten Frings geben Kommandos. Das hilft Lukas zwar, aber man hat auch gesehen, dass er mehr damit beschäftigt war, das zu tun, was ihm gesagt wurde, als befreit sein Spiel aufzuziehen. Doch das ist ein Lernprozess, den er durchlaufen muss. Das ging mir in Kaiserslautern genauso. Damals hatte ich einen Olaf Marschall, der mir unheimlich weitergeholfen hat."
Können Sie Podolski auch helfen, mit seiner Situation als großer Hoffnungsträger des 1. FC Köln besser umzugehen?
"Schwierig. Ich habe es in Kaiserslautern ganz ähnlich erlebt wie er jetzt in Köln. Wenn man immer unter dem Druck steht, gewinnen zu müssen, ist es schwer, die Unbeschwertheit zu bewahren. Ich habe auch sehr, sehr schlechte Spiele gemacht, weil ich am Anfang mit diesem Druck nicht umgehen konnte. Du denkst, wenn du einen Fehler machst, dann spielst du nie wieder, dann bist du kaputt."
Um Podolski ranken sich ständig irgendwelche Wechselgerüchte. Möchten Sie auch welche, oder warum haben Sie kürzlich in einem Interview angedeutet, gerne mal im Ausland spielen zu wollen?
"In absehbarer Zeit kommt es für mich überhaupt nicht in Frage, Werder Bremen zu verlassen. Irgendwann - und das ist es, was ich gesagt habe - kann ich es mir aber sehr gut vorstellen, im Ausland zu spielen. Im Moment gilt jedoch: Ich fühle mich in Bremen richtig wohl."