Schaaf Interview im Kicker

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Weltenbummler
Sicherlich habe ich Fehler gemacht"

Sportlich geht's bergab, sogar der Sturz aus den UEFA-Cup-Rängen droht. Auf der Krisensitzung liest der Sportdirektor Bremens Profis die Leviten. Trainer Thomas Schaaf sagt, wie es dazu kam.

kicker: Wie haben Sie geschlafen, Thomas Schaaf?

Thomas Schaaf: Normal, wie immer.

kicker: Keine Albträume, dass Bremens Absturz sich fortsetzen könnte bis in den UI-Cup?

Schaaf: Nein, es geht nicht darum, immer wieder Ziele in Frage zu stellen, so weit vorauszudenken, Fünf-Jahres-Pläne zu entwerfen. Es geht um die Aktualität. Die müssen wir in den Griff bekommen. Damit haben wir genug zu tun.

kicker: War die gut halbstündige Ansprache vor der Elf ein neuer Anfang?

Schaaf: Diese Maßnahme war nicht außergewöhnlich. Wir reden immer.

kicker: Sportdirektor Allofs war dabei, hat den Spielern auch die Leviten gelesen. Nichts Besonderes?

Schaaf: Klaus ist öfter dabei, er gehört dazu, steht genauso in der Verantwortung wie ich.

kicker: Dennoch: Gab es eine klare Ansage an die Mannschaft?

Schaaf: Es nützt nichts, um den heißen Brei herumzureden. Es müssen die Punkte angesprochen werden, die falsch gemacht wurden.

kicker: Als da wären?

Schaaf: In der ersten Halbzeit in Leverkusen haben wir nach diesem Hieb des 0:1 nach drei Minuten zu wenig Gegenwehr geleistet. Schlechtes Zweikampfverhalten, keine Bewegung, kaum Aggressivität.

kicker: Sie sprechen die Fehler der Spieler an. Haben Sie auch Fehler gemacht?

Schaaf: Sicherlich habe ich Fehler gemacht. Ich sitze mit im Boot.

kicker: Welche Fehler?

Schaaf: Es geht nicht um die Spielvorbereitung, auch nicht um die eine oder andere Personalmaßnahme. Vielmehr laste ich mir an, das eine oder andere zu sehr in die Verantwortung der Spieler gelegt zu haben. Ich hätte mehr Vorgaben machen müssen.

kicker: Zu lange die lange Leine?

Schaaf: Nein, das meine ich nicht.

kicker: Zu viel Selbstzufriedenheit nach dem Double, zu starkes Ausnutzen der Eigenverantwortung?

Schaaf: Schon eher, es ist schwer zu verdeutlichen. Auch wenn wir gut gespielt haben, so sind doch teilweise Dinge nicht so umgesetzt worden, wie ich es normalerweise erwarte. Ich hätte noch energischer dazwischenhauen müssen.

kicker: Also wäre es besser gewesen, eher so deutliche und deftige Worte zu finden, wie sie in dieser Woche bei der Aussprache fielen?

Schaaf: Ja, ich hatte gehofft, dass Eigenverantwortung besser greift. Dies trifft leider nicht auf alle zu.

kicker: Zu Personalien: Ist Johan Micoud ein Problemfall?

Schaaf: Was ist ein Problemfall? Nein, Jo ist ein auffälliger Spieler, bei dem die Kritik sowohl positiv als auch negativ immer ins Extreme geht, gehen wird.

kicker: Micoud bringt nicht die Leistung wie im Double-Jahr.

Schaaf: Richtig, doch die gesamte Elf ist nicht so stark wie in der Vorsaison.

kicker: Genießt Micoud bei Ihnen Sonderrechte?

Schaaf: Er hat die gleichen Rechte wie alle. Er steht darüber hinaus mehr in der Verantwortung, hat mehr Aufgaben als andere.

kicker: Keine Extrawürste, wie Sie Basler bei Otto Rehhagel hatte, was Sie aus eigener Anschauung kennen?

Schaaf: Sie können sich die Frage doch selbst beantworten, falls Sie aufmerksamer Beobachter des Übungsbetriebs sind: Micoud ist bei jedem Training dabei.

kicker: Ist Werder von Micoud abhängig?

Schaaf: Klaus Allofs hat es gut formuliert: Micoud hat eine wichtige Position inne, ist jedoch ein Teil der Mannschaft. Mehr als ein Elftel, vielleicht zwei oder drei Elftel. Doch er braucht die Hilfe der anderen. Ohne sie ist er nichts.

kicker: Kritik entzündet sich an der Personalpolitik. Sind Sie mit den Neuen zufrieden?

Schaaf: Wir können uns sehen lassen, mit dem was wir getan haben. Wenn ich sehe, dass nun selbst ein Mann wie Pasanen als Fehleinkauf abgestempelt wird, dann lache ich.

kicker: Aber was ist mit Nery?

Schaaf: Ein Spieler, der die besten Empfehlungen hatte, um den uns alle beneidet haben. Leider ist er verletzt worden, gerade in der Phase der Integration. So machte es keinen Sinn mehr.

kicker: Klose ist ein Volltreffer. Aber Fahrenhorst? Jensen?

Schaaf: Fahrenhorsts Entwicklung muss man differenziert betrachten. Er hatte einiges zu verkraften. Die Verletzung, die Last des Sprungs in die Nationalelf, der große Schritt von Bochum zu Bremen. Aber ich bin sicher, wir werden an ihm noch viel Freude haben. Genauso wie mit Jensen, der seine Fähigkeiten immer wieder hat aufblitzen lassen, aber nicht konstant genug war.

kicker: Abwehr oder Sturm? Wo liegt das Kardinalproblem?

Schaaf: Es kann nicht an einzelnen Mannschaftsteilen festgemacht werden. Alle sind beteiligt. Wir haben mit einigen Problemen zu kämpfen. Zum Beispiel haben wir es nicht geschafft, auf so konstant hohem Niveau zu spielen wie im Vorjahr. Unser Spiel unterliegt leider zu starken Schwankungen.
 
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