drunkenbruno
Keyser Söze
Gladbach ist meine letzte Station
29.03.2005
Von Andreas Böni
SPORT BILD: Herr Advocaat, stimmt es, dass Sie im Altenheim wohnen?
Dick Advocaat: (lacht) Nein, es ist kein Altenheim, sondern eine Wohnresidenz, wo auch betreutes Wohnen angeboten wird.
Aber Sie sind doch erst 57. Der Altersschnitt in Objekten, in denen betreutes Wohnen angeboten wird, liegt bundesweit bei 79.
Da habe ich ja noch einige Jahre. Im Ernst: Ich habe mir in Gladbach nur zwei Wohnungen angeschaut. Die eine war möbliert, die andere nicht. Ich nahm die unmöblierte, weil ich meinen eigenen Stil in die Wohnung bringen wollte. Die lag zufällig in jener Residenz.
Das heißt, Sie essen da mit anderen Bewohnern pürierte Steaks?
Oh nein, zu Hause arbeite ich nur, schaue DVD oder Fernsehen. Ich esse entweder im argentinischen Restaurant La Pampa oder im Dorint-Hotel. Da ist es gut. Wenn ich abends zu Hause bin, esse ich meist nur Brot. Von den Leuten in meiner Residenz kriege ich nicht viel mit – wenn ich morgens um acht gehe, schlafen sie noch. Wenn ich abends um sechs nach Hause komme, schlafen sie wieder. (lacht) Übrigens staubsauge ich auch selbst, da habe ich kein Problem. Das traut man mir nicht zu, oder?
Die Öffentlichkeit hat ein anderes Bild. Auf einer holländischen Webseite gibt es ein Spiel, bei dem Sie Journalisten platt machen.
Darüber kann ich lachen, das ist nicht schlimm. Ich bin einfach ein sehr ehrlicher und direkter Mensch. Das passt nicht allen.
Auch einigen Reportern nicht. Bei den Pressekonferenzen haben Sie zuletzt zu Journalisten gesagt, sie hätten keine Ahnung. Das ist nicht die feine Art.
Ich könnte sicher manchmal ruhiger und diplomatischer sein. Das ist aber nicht Dick Advocaat. Wenn ich denke, dass eine Frage Schwachsinn ist, dann sage ich auch, dass der Journalist keine Ahnung hat. Schließlich schreibt er ja auch, dass ich keine Ahnung habe. Das ist nur fair.
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'Fußball-Trainer bist du sieben Tage die Woche'
29.03.2005
Sie sprechen sehr wenig mit der Presse. Warum?
Dick Advocaat engagiert an der Seitenlinie (imago)
Das ist ein Prinzip von mir. Es hat keinen Sinn, jeden Tag mit der Presse zu sprechen. Ich weiß, dass Journalisten Dinge besser verstehen könnten, wenn man öfter sprechen und sich öfter sehen würde. Aber das hat damit zu tun, wie ich arbeite. Von mir wird nie ein Journalist eine Telefonnummer haben.
Sie sind ein direkter Mensch. Mögen Sie Spieler, die auch direkt zu Ihnen sind?
Ja.
Und sind Spieler direkt zu Ihnen?
Nein. Sie haben zu großen Respekt, auch wenn meine Tür immer offen ist. Aber ich will nicht, dass Spieler zu mir kommen und fragen: Trainer, warum spiele ich nicht? Dann sage ich nur: Weil ich denke, dass der andere jetzt besser ist als du. Dann hat es doch keinen Zweck weiterzureden. Aber wenn einer ein persönliches Problem hat, helfe ich sehr gerne.
Spannend ist, dass Sie Werbung machten – mit Schweiß.
Das war unfreiwillig. Bei der EM 2004 in Portugal trug ich ein blaues Hemd, darunter ein Shirt. Es war da 40 Grad warm, das Shirt hat sich mit Wasser vollgesogen, man sah die Schweißflecken. Rexona hat dann eine Werbung daraus gemacht.
"Können wir Ihnen für die linke und rechte Seite eine Verstärkung anbieten?", lautete der Slogan.
Ja. Das wurde in Holland als beste Werbung ausgezeichnet. (lacht)
Kommen Sie auch in der Halbzeitpause ins Schwitzen, wenn Sie Ihr Team aufwecken müssen?
Ich bin in der Kabine nie laut. Ich erzähle ganz ruhig, was gut und was schlecht war. Ich habe genug Trainer erlebt, die wie verrückte Männer in der Kabine rumgesprungen sind, Getränkeflaschen rumgeschmissen haben und so. Das sind Schauspieler. Das nützt nichts, ist nur Theater. Das mache ich nicht. Ich bin ich selbst. Fußball ist nur auf dem Platz Entertainment, nicht in der Kabine.
Sie haben einmal gesagt, Sie wollen nicht bist 70 an der Linie rumturnen. Ist das so?
Wenn ich meinen Vertrag in Gladbach (bis 2007; d. Red.) erfülle, dann wird die Borussia meine letzte Station sein. Ich liebe Fußball – aber ich habe viele Pläne im Leben.
Zum Beispiel?
Wissen Sie, jetzt ist alles durchgeplant, jede Minute. Fußball-Trainer bist du sieben Tage die Woche. Du denkst immer nach: Wie könnte man das verbessern? Du kannst nie richtig abschalten.
Aber was möchten Sie denn konkret nachher machen?
Ich bin ein großer Amerika-Fan. Wenn ich dort ankomme, atme ich tief ein und spüre: Es riecht einfach anders hier. Ich liebe die Küste da. Ich möchte ein Auto mieten, von Seattle nach Malibu fahren. Einfach Zeit haben. Keine enge Krawatte um den Hals tragen, einfach kurze Hosen, wie alle da. Einfach dasitzen, Kaffee trinken, Zeitung lesen. Den ganzen Tag.
Weitere Pläne?
Ich habe so viel von St. Moritz in der Schweiz gehört. Ich habe aber keine Idee, was Wintersport ist. Solche Dinge möchte ich nachholen.
Und dann kommt das Angebot aus Katar.
Wenn man Stopp sagt, muss Stopp sein. Dann darf man nicht die Idee haben: Vielleicht kommt noch ein Verein. Geld habe ich genug. Nach Katar würde ich höchstens wegen des Abenteuers gehen.
Na dann frohen Vorruhestand.....