Wieder ist ein Blauer in die Isar gesprungen

Der Rudi hätt den Marienplatzkiosk nicht pachten dürfen, als Blauer den Marienplatzkiosk pachten ist eine gefährliche Verrücktheit, das hat sogar der Doktor gsagt, wundern täts mich nicht, hat der Doktor gsagt, wenn der Rudi den Verstand verliert, die Nervenkliniken sind voll mit Löwenfans, nicht einmal aufm Land ist noch ein Bett frei, die Bürgermeister und Kreisräte beschweren sich, sie haben keinen Platz mehr für die Einheimischen, die Landbevölkerung muss jahrelang warten bis sie eingwiesen wird, nur weil sämtliche Nervenklinikbetten und Gummizellen mit Löwenfans bsetzt sind.
Im Endeffekt hätten unsere bayrischen Nervenkliniken schon längst wegen Überfüllung gschlossen werden müssen, behördlich gschlossen und zugsperrt, wenn sich die meisten Sechzger nicht sowieso umbringen täten, hat der Doktor gsagt, die Sechzger sind Selbstmordweltmeister und in dieser Disziplin seit Jahrzehnten ungeschlagen, das ist wissenschaftlich erwiesen.
Von klein auf hassen sie den FC Bayern und sie müssen sich von der ganzen Welt auslachen lassen, dafür dass sie Sechzger sind. Warum halten sie nicht zu die Bayern, wo die Bayern immer alles gwinnen? Das ist doch für einen Fan viel schöner, wenn seine Mannschaft immer alles gwinnt, aber das ist die Löwen wurscht und sie nehmen diesen Leidensweg auf sich, bloß, dass sie am Ende feststellen müssen, aus ihre geliebten Sechzger ist im Endeffekt nichts anderes worden als wie ein billiger Abklatsch der verhassten Bayern und alles war umsonst und sie stelln sich auf die Reichenbachbrücke und singen We are blue, we are white, we are FC BAYERN LIGHT, vielleicht singens auch den Sechzgermarsch, weil sie im letzten Moment von einer sentimentalen Anwandlung überfallen werden, und es heißt: 57-58-59-60, das Wasser spritzt und schon wieder ist ein Blauer in die Isar gsprungen oder die ganze Tegernseer Landstraße ist voller Blut, weil ihm die Trambahn lieber gwesen ist, keine Stunde vergeht, wo sich nicht ein Blauer vor die Tram schmeißt, ein jeder Trambahnschaffner, der wo durch Giesing fahren muss, ist desweng in psychiatrischer Behandlung oder er bsucht ein Antiaggressionstraining, es ist ein Wunder, dass in Giesing überhaupt noch eine Trambahn fahrt.
Ein jedes Jahr sinds noch mehr Blaue, die wo sich aus enttäuschter Liebe umbringen, hat der Doktor oiwei gsagt, der Ostfriedhofplatz platzt aus alle Nähte, auf den Ostfriedhof kommt man nur durch Beziehungen oder vielleicht, man heißt Moshammer, die Aufnahmekapazität ist erschöpft, seit 30 Jahren, wenn nicht mehr, ist kein einziger Löwenfan eines natürlichen Todes gestorben, außer, wenn man davon absieht, dass Selbstmord und plötzlicher Herzinfarkt für einen Löwenfan ein natürlicher Tod ist. Hat sich ein Blauer nicht sowieso schon lang umbracht, wird er vom Herzinfarkt überrascht und bricht zsamm und is hi, obwohl es im Endeffekt keine Überraschung ist, als Blauer muss man jederzeit mit einem Herzkasperl rechnen, schon in frühester Jugend muss man als Blauer mit einem tödlichen Herzkasperl rechnen.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, hat der Doktor oiwei gsagt, von alle Fangemeinschaften weltweit haben die Sechzgerfans die mit Abstand geringste Lebenserwartung überhaupt, und dabei sind sämtliche Vereine und Sportarten und Kontinente schon längst miteingrechnet. Ein 40 oder sogar 50jähriger Löwenfan wird von seine Kinder und Enkel wie ein Weltwunder bestaunt, 60jährige Löwenfans sind mir in meiner langjährigen medizinischen Praxis überhaupt noch nicht untergekommen, hat der Doktor gsagt, nicht einmal in der Fachliteratur wird ein solcher Fall erwähnt, so lang hat diesen Verein noch nie einer ausghalten.
Stefan Weigl
Der Text stammt aus dem Buch: Stefan Weigl: Marienplatz Einmal Löwe, immer Löwe Huraxdax Verlag Index Preis 9.90€
 

jens

Giovane forever!
Amüsant - aber wenn's stimmt wären die Blauen längst ausgestorben. Es sei denn die haben so eine heimliche Karnickel-Farm irgendwo im Untergrund.
 
Oben