Lemke entfesselt Machtkampf
Bildungssenator plant Comeback in Bremens Geschäftsführung
An der Wand des Büros von Bremens Bildungssenator Willi Lemke hängen rechts neben der Tür zwei kleine Ölgemälde, die Triumphe von Werder Bremen zeigen. Von seinem Schreibtisch aus hat der 59jährige SPD-Politiker seinen Lieblingsklub, in dem er seit einem Jahr Vorsitzender des Aufsichtsrates ist, stets im Blick. Und wenn es nach Lemke geht, wird er den hanseatischen Verein bald nicht mehr nur beobachten und kontrollieren, sondern dessen Geschicke mitbestimmen.
Denn der Senator für Bildung und Wissenschaft plant sein Comeback bei Werder, es drängt ihn wieder ins operative Bundesligageschäft, genauer: in die Bremer Geschäftsführung. Offiziell formuliert er das noch vorsichtig: "Natürlich lockt der Fußball immer", sagte Lemke der "Welt am Sonntag". In Hintergrundgesprächen formulierte er das deutlicher, da redete er ganz offen über eine Rückkehr in die Vereinsführung, weil sein Herz an Werder hänge.
Bereits von 1981 bis 1999 arbeitete Lemke als Manager bei den Norddeutschen, wechselte dann in den Aufsichtsrat des Vereins und ging parallel als Bildungssenator in die Politik. Nachdem er es jedoch am 15. Oktober nicht schaffte, von seiner Partei als neuer Bürgermeister nominiert zu werden, will er in seinem alten Gewerbe aktiv werden. Bei Werder jedoch stößt dieser Plan des Politikers nicht auf uneingeschränkte Gegenliebe. Denn die amtierenden vier Geschäftsführer Jürgen Ludger Born (Vorsitzender der Geschäftsführung, Finanzen), Klaus Allofs (Sport), Klaus-Dieter Fischer (Präsident SV Werder e.V.) und Manfred Müller (Marketing) werten die Ankündigung als Attacke auf ihre Posten, sie wollen ein Lemke-Comeback verhindern.
Das Quartett besitzt zwar noch Verträge bis 2007, muß Lemke aber dennoch fürchten. Denn der begabte Strippenzieher ernennt und entläßt als Aufsichtsratchef die Geschäftsführer. Eine pikante Situation, die sich schnell zu einem unappetitlichen Machtkampf entwickeln könnte. Lemke muß den gesamten Aufsichtsrat hinter sich bringen, um sich selbst ins Amt zu heben. Das scheint momentan schwierig. Zwar verfügt der Senator im Verein über zahlreiche Fürsprecher. Die aber dürften sich jetzt kaum offen aus der Deckung wagen, weil die aktuelle Führung durch sportliche Erfolge und wirtschaftliche Rekordergebnisse unangreifbar ist.
Einen Putsch kann es daher nicht geben, dennoch stößt den verantwortlichen Managern Lemkes Vorstoß sauer auf. "Das ist ein aggressiver Angriff von Willi", sagte einer der Geschäftsführer der "Welt am Sonntag". "Wir hätten erwartet, daß er seine Pläne mit uns an einem Tisch beredet. Die Medien zu suchen, ist jedenfalls nicht der richtige Weg." Überraschend käme Lemkes Anliegen allerdings nicht, unmittelbar nach seiner Niederlage im Erbstreit um den Posten des Bürgermeisters Henning Scherf hätten erste Hinweise die Geschäftsführung erreicht, daß Lemke in die Werder-Führung zurückwill: "Uns war klar, daß er so etwas plant, wenn er nicht Bürgermeister wird."
Sorgen macht den Beteiligten auch, daß Lemke aus taktischem Kalkül die Vertragsverhandlungen mit Sportdirektor Allofs verschleppen könnte. Lemke kündigte bereits an, mit den Gesprächen mit Allofs erst vor Beginn der kommenden Saison zu beginnen. Das sei hochgradig fahrlässig, wie ein Verantwortlicher findet, da Allofs auf dem Markt ein gefragter Mann ist und es als sicher gilt, daß bald große Klubs um den bis 2007 gebundenen Sportdirektor buhlen. "Wir wissen nicht, was Lemke antreibt, aber es scheint, als wenn er die Verhandlungen mit Allofs aus gutem Grund hinauszögert", so ein Werder-Geschäftsführer. Lemke allerdings dementierte, daß er Allofs vergraulen wolle, um sich dann selbst als Sportdirektor einzusetzen: "Als Manager in der Funktion von Allofs will ich auf keinen Fall wieder arbeiten."
Wahrscheinlicher ist, daß es ihm um den Posten des Marketing-Chefs geht. Nach Informationen dieser Zeitung plant Amtsinhaber Manfred Müller ohnehin, sich 2007 zurückzuziehen. Einige der Werder-Verantwortlichen glauben aber, daß Lemke so lange nicht warten will und seinen Vorstoß startet, um den einflußreichen Posten schon im nächsten Jahr zu übernehmen. Kai Niels Bogena