Achillesferse
Achillesferse
Argentinien ist das Land in dem man auch Italienisch versteht. Die Provokation nach seinem Spiel gegen Deutschland war fein lanciert, denn eines dürfen die Deutschen nicht mehr, mit Gewalt Probleme lösen, reagieren.
Frings, die Seele in dem Kampfspiel der Deutschen, außer dem Torwart der ‚Typ’ in Team, mit zotteligem langen Haar, großflächiger Tätowierung, verwegenem Ausdruck fehlte also dann dem Spiel gegen Italien, vom Ausdruck her ein gezähmtes Rudel Wölfe mit optisch einem Samurai, Camuranesi, gegen lebhafte Jungs. Beide Teams hoch motiviert und top-eingestellt, die Deutschen zusätzlich durch moderne Psychologie Lieder, Musik, affirmative Ritualen und hartem Körpertraining. Offensivfußball, möglichst schnell geradlinig nach vorne und kämpfen bis zum Ende, mit dem schnellen hübschen Odonkor als späte Erfrischung. Der war nach dem Viertelfinale erwartet und so kam es auch und damit konnte Marcello Lippi fest rechnen:
Ein heißes schnelles Spiel mit dauerndem Hin und Her zweier spielerisch mittlerweile annähernd gleichstarker Mannschaften, bis zur Erschöpfung. ‚Und dann?’ fragte sich der Herr des Feldes. Jeder halbwegs gebildete Chinese kennt die (in einem Buch von Steger zusammengestellten) 34 Strategeme, das sind aus Bildergeschichten abgeleitete Strategien, und manche haben den Anspruch sie nicht nur passiv anzuwenden (merken wenn jemand ein Strategem gebraucht sondern auch aktiv). Lippi machte es noch ein wenig gründlicher, beschäftigte sich mit den schwer zu lesenden und noch schwerer umzusetzenden martialischen Strategien eines chinesischen Generals 2000 v. Chr.
Das Spiel Deutschland-Italien wurde durch den Einsatz von Strategemen entschieden und gewonnen. In Italien zähmt man eigene Wilde, schießt sie nicht ab, gibt ihnen Aufgaben. Nicht nur dass der erfahrene 64-jährige Trainer zum Schluss zwei Stürmer brachte, er wandte auch das Strategem <den Gegner einnebeln> an, die eigene Absicht verschleiern. Gute Stürmer können rel. leicht Eckstösse erzielen, zur Not das Schienbein anschießen. Von den 14 Eckstössen der Italiener kamen 12 knapp vors Tor, Lehmann hüpft und fängt den Ball sicher mit seinen beiden Händen. Immer wieder, wie vor der Hypnose wenn sich die Hand vor den Augen hin und her bewegt. Das aktiv angewandte Strategem brachte den Italienern in dem hitzigen Gefecht, eine Oase der Erholung und den Deutschen eine Fatahmorgana, eine falsche Erwartung: Die letzte Ecke wurde anders ausgeführt und mit ihr fiel das Tor.
Wenig empfindsam und in der Konsequenz falsch war davor die Einwechslung des labilen Schweinsteigers, in einer Situation der totalen Erhitztheit, eines Spielers, der sein goldenes Dribbel- und Schuss-Talent bringt, wenn die Situation rel. entspannt ist und er sich wohl fühlt. Schweinsteiger ist eigentlich ein Soul-Typ, der im Gefühl muffig langsam reagiert und mental mit Ironie, wenn man ihn, wie es in der Nationalmannschaft auch geschah, zurücksetzt. Man sollte ihn frei aufspielen lassen oder gar nicht. Unter Stress macht er Anfänger-Fehler und er braucht ziemlich lang bis er ins Spiel kommt, im Spielerprofil genau das Gegenteil eines Jokers.
Am Ende die Mannschaft erschöpft, der Trainer hilflos. Das Strategem <sich tot stellen> aus dem früheren italienischen Standard, ein Spieler legt sich für 20/30 Sekunden hin, wäre für diese Situation nahe liegend gewesen, mag vielleicht nicht dem deutschen Stil entsprechen.
Das deutsche Trainer-Team hatte dennoch die Gelegenheit zu dem aktiven Strategem < Achillesferse treffen>, Rassismus. Absprachen mit Schiedsrichtern und Vereinsskandale können Spieler in dem Berlusconi-gelehrten Land nicht treffen. Im Gegenteil, mentales Training im Überschreiten von Mensch gemachten Regeln und diese Regelüberschreitungen erkennen spornt sie an. Aber Rassismus, die Nichtachtung der Natur und wer so glaubt Gott gemachter Regeln ist etwas anderes, geht tiefer. Italien hat dort noch eine Wandlung vor sich hat. In Deutschland gibt es Rassismus am Rande, rechts unten während er in Italien mitte/oben zu finden ist, auch und besonders bei den Trainern und Liga-Spielern (als Frankreich im Finale schon das Spiel kontrollierte entschied das Strategem <den Stolzen (Araber) in der Ehre verletzen> das Spiel, zusammen mit dem unterlegten Strategem <Kuckucksei> : Frankreich ist längst nicht mehr rassistisch, seine Schwäche ist Nationalismus).
Klinsmann/Löw (mit weißen Hemden!) konnten im Halbfinale mit der Einwechslung des dunkelschwarzen Assahmoa in der letzten Viertelstunde diese Achillesferse der Italiener treffen, Blickfang, Ablenkung, auf das sinnvolle Schuldgefühl zielen. A., ein stabiler und zweikampfstarker Spieler hätte auch fußballerisch in dieser Situation gepasst und wegen des bekennenden positiven Signals gegnerische Energien gebunden und eigene freigesetzt.
Das kraftvolle deutsche vorwärts gehen kann potenziert mit amerikanischer Selbstüberzeugung begeistern. Aber nur blauäugig oder mit Gewalt von seinem eigenen Wert überzeugt nach vorne gehen ist nicht zielführend, in der Vergangenheit nicht für Deutschland und in der Gegenwart nicht für Amerika. In Italien hat sich statt Behaviourismus, Freud, NLP und anderen Affirmationsschulen die weniger mächtige aber phantasievolle Transpersonale Psychologie durchgesetzt.
Der nationale Verschlussdeckel war im vereinten Deutschland geeinter Parteien nach 61 Jahren etwas angehoben, sodass die WM im eigenen Land bei schönem Wetter ein Selbstläufer an Temperament, Begeisterung und Kreativität wurde, ausgelöst von einer klidank hervorgezauberten frischen und erstaunlich homogenen Spitzenmannschaft.
Das war fußballerisch viel Aufwand. Wenn in Deutschland wieder eine gute Mannschaft mit starken Einzelspielern vorausgesetzt werden darf, können sich die Trainer der aktiven und passiven Anwendung von Strategemen zuwenden. Auch die im Land gerade erlebte Neuauflage der Einstellung <wir und alle > so schön sie auch war, sollte in Frage gestellt, erweitert, in einzelnen Ländern und Fußball-Philosophien subtile Verbündete gefunden werden.
Der italienische Schriftsteller Italo Calvino hat auf fünf Eigenschaften gesetzt die unser neues Jahrtausend kennzeichnen: Leichtigkeit, Schnelligkeit, Genauigkeit, Durchschaubarkeit und Vielschichtigkeit. M. Lippi, Trainer und charmanter Sozialist, wendet vielschichtig Meta-Strategien (Strategeme) an.
Meta Die Zahl 3 ist die gesunde Erfolgszahl.
Eins ist perfekt, das Maß, Zwei abgekämpft, Drei entspannt,
angesehen, beliebt, sodass man Ideen annimmt, die ideale
Position für den Impulsgeber. Der Welt Impulse zu geben ist eine
gegebene Fähigkeit Deutschlands.