Stell' Dir vor, es ist WM, und keiner kommt rein - so könnte man vor allem aus Sicht der deutschen Fans die Situation bei den Eintrittskarten beschreiben.
Denn die meisten Anhänger werden bei der WM 2006 wohl draußen bleiben müssen. Insgesamt 3,37 Millionen Tickets stehen für die 64 Endrundenspiele zur Verfügung.
Doch davon entfallen ein Großteil auf die offiziellen WM-Sponsoren (555.000), die teuren VIP-Pakete (347.000) sowie Medien und Ehrengäste (440.000).
Außerdem gehen 389.000 Karten an die so genannte "deutsche Fußball-Familie" (DFB, Lizenzvereine, WM-Städte). Angesichts von mehr als 30 Millionen zu erwartenden Anfragen, benötigt der einfache Fan daher vor allem Glück.
"Von 80 Millionen Deutschen wollen sicher 30 Millionen ein Ticket haben", sagte Fifa-Präsident Jospeh Blatter der "Frankfurter Rundschau". "Das ist nicht möglich." Zumal es kein Vorkaufsrecht für die Gastgeber gibt.
"Es wird Enttäuschungen geben. Um alle zufriedenstellen zu können, bräuchten wir Stadien mit einer Kapazität von 200.000 Plätzen. Aber die haben wir leider nicht", sagte OK-Präsident Franz beckenbauer, der folgerichtig von "unserer vielleicht schwierigsten Herausforderung überhaupt" spricht.
"Die schwierigste Mission ist das Ticketing", meinte auch OK-Vize Wolfgang Niersbach im Sport1-Interview. "Wir wissen, dass wir mehr Frust als Freude verbreiten müssen."
Blatter bat die deutschen Anhänger daher bereits um Verständnis: "Deutschland hat die WM unter dem Motto platziert: Zu Gast bei Freunden. Also, wenn man Gäste hat, muss man auch die Tore öffnen."
Die erste Phase des öffentlichen Verkaufs beginnt am 1. Februar ausschließlich im Internet unter
www.FIFAworldcup.com und wird bis zum 31. März dauern. Vorher eingegangene Bestellungen werden nicht berücksichtigt.
Im ersten Abschnitt werden 812.000 Karten verkauft. Jeder Fan kann dabei maximal 28 Tickets ordern, jeweils bis zu vier Karten für bis zu sieben Spiele. Erstmals in der WM-Geschichte werden diese persönlich zugeteilt und zur Kontrolle mit dem Namen des Inhabers versehen.
Das Problem ist allerdings, dass die Endrundenteilnehmer und die Einteilung der acht Vorrundengruppen - bis auf Deutschland (Gruppe A) und bei Qualifikation Titelverteidiger Brasilien (Gruppe F) - noch nicht feststehen.
Der Zeitpunkt der Bestellungen in der ersten Phase ist unerheblich. Es erfolgt keine chronologische Bearbeitung, sondern ein Losverfahren am 15. April. Die schriftliche Benachrichtigung ist für den Sommer vorgesehen.
"Jeder Interessent soll die gleichen Chancen haben, deshalb wird jeder gleich behandelt - egal, wann er innerhalb der achtwöchigen Verkaufsphase seine Karten bestellt", erklärte Horst R. Schmidt, DFB-Generalsekretär und ebenfalls OK-Vizepräsident. Die Gesamteinnahmen aus dem Kartenverkauf von etwa 230 Millionen Euro fließen dem Organisationskomitee zu.
Weitere Verkaufsphasen sind vom 1. Mai bis 15. November, vom 1. Dezember bis 15. Januar 2006, vom 1. Februar bis 15. Apil 2006 und vom 1. Mai bis 9. Juli 2006. Hinzu kommt die Verteilung über die Fifa-Mitglieder.
Jeder der 32 teilnehmenden Nationen erhält acht Prozent der Eintrittskarten, vier Prozent gehen in einen Gemeinschaftspool für alle 32 Teams. Insgesamt sind das ohne DFB 468.000 Tickets. Die nicht teilnehmenden Verbände erhalten zudem 191.000 Karten.
Die Preise sind im Vergleich zur WM 2002 in Japan und Korea moderat. Die niedrigste Kategorie beträgt 35 Euro - in Asien lag sie noch bei 75 Euro. Die teuerste Summe muss man für eine Finalkarte bezahlen: 600 Euro.
Darüber hinaus gibt es die VIP-Pakete für besonders zahlungskräftige Kunden. Die Plätze in den rund 500 Logen kosten zwischen 115.000 und 428.000 Euro. Der höchste Einzelpreis beträgt 25.000 Euro für alle sechs Spiele in der "Sky Box" des Dortmunder Westfalenstadions.
Gleichzeitig warnte Schmidt vor dubiosen Ticketanbietern: "Wir können vor Trittbrettfahrern, die vorwiegend die Plattform Internet nutzen, nur dringend warnen. Jeder, der sich auf solche Angebote einlässt, läuft Gefahr, viel Geld zu verlieren und nicht ins Stadion zu kommen."
Martin Volkmar