Interview mit Lucien Mettomo und Bill Tchato

"Der nächste Morgen kann nie kommen ..."
FUSSBALL: Die FCK-Nationalspieler aus Kamerun über ihre Ambitionen, Freunde, Trainer Winfried Schäfer und die Pfalz

KAISERSLAUTERN. Bill Tchato (29) und Lucien Mettomo (27) vom 1. FC Kaiserslautern treffen morgen (20.40 Uhr) mit der Nationalmannschaft Kameruns auf Deutschland. Redakteur Udo Schöpfer und Mitarbeiter Daniel Spieker sprachen mit den beiden Defensivspielern vor dem Freundschaftsspiel in Leipzig.


Bei Kamerun Stammspieler, beim 1. FC Kaiserslautern zuweilen nur Mitläufer: Nationaltrainer Winfried Schäfer versteht das nicht. Wie kommen Sie beide mit diesem Gegensatz zurecht?


Tchato: Ich habe in dieser Saison vier Spiele verpasst. Zweimal war ich verletzt, zweimal hat der Trainer anders entschieden. Man muss dem Trainer immer wieder zeigen, was man zu leisten imstande ist.


Mettomo: Es geht nur um den Klub. Ich arbeite im Training - und wenn ich spiele, gebe ich mein Bestes. Der Trainer entscheidet am Ende. Das muss ich respektieren, auch wenn ich natürlich nicht glücklich bin, wenn ich nicht spiele.


Kamerun ist mäßig in die WM-Qualifikation gestartet, hat nach fünf Spielen nur acht Punkte. Woran liegt das?


Mettomo: Wir haben nicht unseren Fußball gespielt. Wir müssen jeden Gegner ernster nehmen. Jetzt ist jedes Spiel wie ein Endspiel für uns. Aber die Qualifikation ist immer noch möglich.


Tchato: Man darf nicht vergessen: Gegen Kamerun, den früheren Afrika-Cup-Sieger, ist jeder besonders motiviert. Uns will jeder schlagen.


Winfried Schäfer schien im Sommer nicht abgeneigt, Bundestrainer zu werden? Hatten Sie ein Problem damit?


Tchato: Wenn er Bundestrainer wäre, hätten wir ein Problem. Spätestens dann, wenn wir gegen ihn spielen müssten. Schade, dass wir Stefan Mücke, der Co-Trainer bei Holger Fach in Gladbach war, verloren haben. Bei Mücke haben wir viel gelernt.


Mettomo: Ich wäre glücklich für ihn. Es wäre eine wundervolle Sache, wenn er Deutschland trainieren würde. Es gibt keinen Grund, warum er das nicht hätte tun können.


Sein Interesse bewirkte also keinen Vertrauensverlust bei Ihnen?


Mettomo: Nein, überhaupt nicht.


Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre schien es nur eine Frage der Zeit, bis der Weltmeister aus Afrika kommt. Warum ist das noch nicht geschehen?


Tchato: Es ist noch zu früh. Es gibt noch viel Arbeit zu tun. Wir haben noch zu viele Probleme, vor allen Dingen in Sachen Organisation. Zur WM 2002 sind wir ja sehr spät angereist.


Mettomo: Wir haben talentierte Spieler, ihnen fehlt aber noch die Erfahrung. Ich glaube, bei den nächsten drei Gelegenheiten spielt ein afrikanisches Team um den Titel mit.


2010 ist die WM in Afrika, in Südafrika. Sicher ein Vorteil?


Tchato (schmunzelnd): Südafrika ist nicht Afrika.


Herr Tchato, Sie waren 2002 im WM-Gruppenspiel gegen Deutschland mit dabei. Welche Erinnerungen haben Sie an die 0:2-Niederlage?


Tchato: Keine guten natürlich, wir haben verloren und mussten nach Hause fahren. Deutschland kam ins Endspiel, vielleicht hätten wir sonst den Part übernommen. Alle in Afrika waren damals sehr enttäuscht.


Was erwarten Sie für das Spiel am Mittwoch? Von Revanche kann man wohl nicht sprechen?


Tchato: Nein, es ist ein Freundschaftsspiel. Es ist Wettkampf, aber für uns ist es wichtiger, das nächste Spiel bei der WM zu gewinnen.


Mettomo: Wir können uns Selbstvertrauen für das nächste WM-Qualifikationsspiel im März holen. Es wird ein nettes Spiel, wir können sehen, wie weit wir schon sind.


Die deutsche Mannschaft ist im Umbruch, hat mit Jürgen Klinsmann einen neuen Trainer. Wie beurteilen Sie das aktuelle Leistungsvermögen der Deutschen.


Mettomo: Es ist normal, dass es manchmal Veränderungen gibt. Aber das deutsche Team hat genug Selbstvertrauen, so dass es damit keine Probleme hat.


Christian Nerlinger hat in der RHEINPFALZ betont, die Pfalz sei eine der am meisten unterschätzten Gegenden Deutschlands. Welchen Eindruck haben Sie? Wie gefällt es Ihnen?


Mettomo: Ich bin immer hier in Kaiserslautern. Ich habe keine Zeit, mich umzuschauen. Wenn Christian das sagt: Ich vertraue ihm.


Fühlen Sie sich in der Lauterer Mannschaft integriert?


Tchato: In Deutschland ist es anders als beispielsweise in Frankreich. In Frankreich waren wir eine große Familie. Für die Fans hier ist es auf jeden Fall toll: Das Stadion ist immer voll, die Stimmung gut, das war in Frankreich nicht so.


Mettomo: In der Bundesliga denken die Spieler zunächst an sich selbst. Die Spieler hier machen ihr eigenes Ding. Wenn einer mal nicht spielt, dann zieht er sich zurück.


Haben Sie Freunde im Team?


Mettomo: Billy ist mein Freund. Aber wenn ich mal einen anrufe, dann hoffe ich, dass er mir hilft. Wenn mich einer anruft, dann versuche ich ihm zu helfen.


Herr Tchato, Ihr Vertrag läuft zum Saisonende aus. Wie sind Ihre Überlegungen? Möchten Sie in Kaiserslautern bleiben, möchten Sie wechseln?


Zunächst denke ich mal an unsere Mannschaft und diese Saison. Das allerwichtigste für mich ist, dass ich spiele. Je mehr ich spiele, desto mehr Chancen habe ich, mich zu präsentieren. Ich weiß noch nicht, was ich mache. Ein großes Ziel von mir ist, einmal in England zu spielen.


Sie beide sind schon lange Profi und damit weit weg von zu Hause. Haben Sie eigentlich noch Heimweh?


Mettomo: Nein, für mich ist das kein Thema mehr.


Tchato: Wir haben den Vorteil, dass wir als Nationalspieler ein paar Mal im Jahr in Kamerun spielen. Und dann ist es ja auch so, dass uns Freunde und Bekannte hier besuchen.


Gestatten Sie mir noch eine persönliche Frage: Wie hat der Tod Ihres Freundes Marc-Vivien Foé beim Confederations Cup Ihr Leben verändert?


Tchato: Ich habe gesehen, dass alles in einer Sekunde vorbei sein kann. Und dann lässt Du alles zurück. Wir haben einen gefährlichen Job. Aber wir müssen ihn genießen. Mir wurde bewusst: Der nächste Morgen kann nie kommen.


Mettomo: Das ist eine sehr spezielle Angelegenheit für mich. Ich kann nicht antworten.

rheinpfalz.de
 

Kerpinho

FL-Pate
Teammitglied
Interessante Aussagen. Besonders diejenigen, die Deutschland bzw. seine Einwohner in die etwas "unterkühltere Ecke" (mentalitäts-und charakterbezogen) stellen wollen, werden sich bestätigt fühlen. ^^

MFG!
 
Kerpinho schrieb:
Interessante Aussagen. Besonders diejenigen, die Deutschland bzw. seine Einwohner in die etwas "unterkühltere Ecke" (mentalitäts-und charakterbezogen) stellen wollen, werden sich bestätigt fühlen. ^^

MFG!

ja, aber damit müssen wir deutschen doch schon immer leben.
und wir leben doch ganz gut damit...
es zählt eben nicht immer nur samba im leben... :zwinker3:
 

Kerpinho

FL-Pate
Teammitglied
In Bezug auf Integration stimmen einige Aussagen (bspw. das sein einziger Freund/Bekannter sein NM-Kollege Chato sei) ein wenig nachdenklich. Aber offenbar scheint beim FCK allgemeinhin kein allzugroßer Wert auf Kameradschaft gelegt zu werden. :zucken:

MFG!
 

Schabbab

in Therapie
Kerpinho schrieb:
Interessante Aussagen. Besonders diejenigen, die Deutschland bzw. seine Einwohner in die etwas "unterkühltere Ecke" (mentalitäts-und charakterbezogen) stellen wollen, werden sich bestätigt fühlen. ^^

MFG!
Braucht man dazu wirklich die Aussagen zweier Kameruner? Ich denke nicht. Es ist kein Geheimnis das in jedem Land eine andere Mentalität vorherrscht, so unterscheidet sich eben Deutschland von Frankreich, Frankreich von Italien und Italien von England...das ist weder positiv noch negativ zu sehen. Ausserdem gibt es auch innerhalb von Deutschland gravierende Unterschiede. Vergleiche Köln mit Stuttgart oder Berlin mit München und Du wirst unterschiedliche Nuancen an "Kälte" erkennen :zwinker3:
 
Kerpinho schrieb:
In Bezug auf Integration stimmen einige Aussagen (bspw. das sein einziger Freund/Bekannter sein NM-Kollege Chato sei) ein wenig nachdenklich. Aber offenbar scheint beim FCK allgemeinhin kein allzugroßer Wert auf Kameradschaft gelegt zu werden. :zucken:

MFG!


also wenn man diversen aussagen der spieler glauben schenken darf, hat seit dem großen schnitt zu beginn dieser saison ein umdenken stattgefunden.
stinkstiefel wie knavs, hengen oder hristov konnte man (endlich) abgeben.

ich denke auch, das jara da seinen anteil daran hat.
obwohl ich ein großer kritiker der jara`schen auffassung von modernem fußball bin, so hat der ösi anscheinend im zwischenmenschlichen bereich ein feines fingerspitzengefühl.
vielleicht auch deswegen die deutliche leistungssteigerung der beiden kameruner.
 
Oben