Europäischer Handballverband verklagt eigenen Weltverband

Aimar

Frauensportbeauftragter
Die Europäische Handball-Föderation mit Sitz in Wien hat den Weltverband, die Internationale Handball-Föderation, mit Sitz in Basel vor dem Zivilgericht Basel-Stadt verklagt. Wie das "Handelsblatt" in seiner Dienstagsausgabe berichtet, geht es bei der Anfechtungsklage um die Qualifikationsspiele zur Handball-WM 2008, die die IHF ab diesem Datum in eigener Regie und Verantwortung organisieren will. Bisher waren dafür die kontinentalen Verbände zuständig.

"Die Klageschrift wurde am 1. September eingereicht und ist uns am 7. September zugestellt worden", bestätigte IHF-Direktor Frank Birkefeld dem Handelsblatt. Was sich nüchtern anhört ist in der Sportgeschichte etwas nie Dagewesenes. Noch nie hat ein kontinentaler Verband seinen Weltverband vor einem ordentlichen Gericht verklagt.

Da die EHF demnächst selber Qualifikationsspiele für die Europameisterschaften durchführen will und eine Ausweitung der Champions League plant, befürchtet der europäische Verband durch die Vielzahl der nötigen Länderspiele Widerstand bei den Ligen in Europa. Da die nächste Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz stattfindet, haben sich offenkundig aus formaljuristischen Gründen die beiden nationalen Verbände ÖHB und SHV an der Klage beteiligt.

Wie das Handelsblatt weiter berichtet, habe der IHF-Rat Anfang August beschlossen, jeweils im Juni WM-Qualifikationsturniere auszutragen. Nur in den jeweiligen Olympiajahren sollen die Spiele erst im Oktober stattfinden, da der Juni bereits den Olympia-Qualifikationsturnieren vorbehalten ist. Zudem will der IHF-Rat eine "World League" für Klubmeisterschaften einführen, Details hierüber sind aber noch nicht bekannt.

Die Beschlüsse führen in Europa, wo Handball als einzigem Kontinent professionell betrieben wird, zu einer weiteren Aufblähung des Terminkalenders. Während die EHF einen Großteil der europäischen WM-Teilnehmer bisher in einem Play-Off-System mit Hin- und Rückspiel ermittelte, kommen nach den Vorstellungen der IHF auf diese Länder nun deutlich mehr Qualifikationsspiele zu.

Dagegen will sich auch die Bundesliga (HBL) zur Wehr setzen. "Wir sind gegen jede weitere Aufstockung des Terminkalenders", sagte der HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann dem Handelsblatt, "wir stehen doch jetzt schon bei Oberkante Unterlippe". Bereits in der vergangenen Woche sagte Frank Bohmann gegenüber Handball-world.com, dass die Forderung nach Abstellungsprämien für Nationalspieler immer akuter würden, wenn die Verbände immer häufiger dauf die Spieler zugreifen würden.

Begründet wird die Klage der EHF damit, dass der IHF-Rat derartige Beschlüsse gar nicht fassen dürfe. "Das darf ausschließlich der IHF-Kongress", sagte EHF-Generalsekretär Michael Wiederer dem Handelsblatt. Der IHF-Kongress, an dem alle Mitglieder teilnehmen, findet alle zwei Jahre statt und ist das höchste Organ des Weltverbandes. Der Rat ist die Exekutive und hat 24 Mitglieder.

Auf dem Kongress im Jahr 1994 wurde einstimmig beschlossen, dass die Zuständigkeit für die Qualifikationen eindeutig bei den Kontinenten liege. Darauf beruft sich die EHF nach Angaben des Handelsblattes nun. Der Weltverband hingegen beruft sich seinerseits auf die eigene Rechtsordnung. Danach seien alle Mitgliedsverbände (auch die Kontinentalverbände) dazu verpflichtet, gerichtliche Auseinandersetzungen vor der IHF-Sportgerichtsbarkeit zu führen. Höchste Instanz ist der Internationale Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne. "Das ist so festgelegt, das kann man nicht ignorieren“, zitiert das Handelsblatt den IHF-Generalsekretär Birkefeld. Auch vor einem ordentlichen Gericht sehe die IHF der Klage gelassen entgegen. Denn der IHF-Rat dürfe "zwischen zwei Kongressen die Geschäfte weiterführen." Zudem seien die neuesten Beschlüsse satzungskonform, da sie nach Angaben von Birkefeld "ohnehin nicht in die Zuständigkeit des Kongresses fallen".

Quelle:http://www.handball-world.com
 
Oben