Spitzensportförderung in Deutschland

derMoralapostel

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Das Thema wurde hier ja schon während der Spiele in Rio immer wieder diskutiert. Jetzt basteln Innenministerium und DOSB an einer Neuausrichtung der Spitzensportförderung in Deutschland. Dazu gibts natürlich auch schon reichlich Kritik, insbesondere von denen, die um ihre bisherige Förderung fürchten.

Thomas de Maizieres Spitzensportreform zielt auf mehr Medaillen
Thomas de Maizière und Alfons Hörmann über Spitzensport - Sport - Süddeutsche.de

Spitzensportler entsetzt über Plan des Innenministers zur Spitzensportförderung
 

gary

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Also die gleichen Pläne wie in Österreich.

Oder wie damals in der DDR :zwinker3:

derMoralapostel schrieb:
Dazu gibts natürlich auch schon reichlich Kritik, insbesondere von denen, die um ihre bisherige Förderung fürchten.

Aber auch von erfolgreichen Olympioniken, also förderungswürdigen.
Wie z.b. Kanu-Olympiasieger Max Hoff, der meinte:

Ich glaube, ich wäre als Athlet in dem System definitiv durchgefallen. Man darf junge Athleten nicht zu früh abschreiben.
 

derMoralapostel

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weiter geht's mit Kritik am neuen Konzept:
Neues Spitzensportkonzept erinnert an Großmachtträume zu DDR-Zeiten
Das neue Spitzensportkonzept von Staat und Sport soll Deutschland mehr Medaillen bescheren. Aber die neue Struktur erinnert eher an Großmachtträume zu DDR-Zeiten als an eine Antwort auf die Krise des Leistungssports.
...
Eine straffere Führung, mehr Medaillen, weniger Stützpunkte: Max Hartung, Säbelfechter, Olympiateilnehmer und Athletensprecher, vermisst das Wichtigste in den Dokumenten von Innenministerium und vom Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB. „In dem Konzept ist allein von Effizienzsteigerung die Rede“, sagt er. „Von den Werten des Sports und der Begeisterung für den Sport habe ich nichts gefunden.“
...
„Ich glaube nicht, dass eine Zukunftsorientierung und die Beurteilung nach einer Vielzahl von Attributen erfolgreich sein werden“, sagt Wolfgang Maennig, Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied des siegreichen Deutschland-Achters 1988. „Ich sehe schon die Experten Konzepte schreiben, um Punkte zu ergattern. Durch die Exzellenzinitiative an den Hochschulen schreiben ganze Abteilungen nur noch Konzepte statt zu publizieren.“

Wer keine Aussicht auf Gold, Silber oder Bronze hat, fährt künftig nicht zu Olympischen Spielen. „Exzellenz heißt Auszeichnung“, führte de Maizière am Mittwoch aus. „Diejenigen, die exzellent sind, bekommen mehr Geld als die, die nicht exzellent sind. Wer diesen Weg nicht gehen will, soll die Finger lassen von der Spitzensportförderung.“
 

gary

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Das deutsche System von Staatsprofis in olympischen Sportarten ist zumindest medaillentechnisch ein Erfolgsmodell.
Rund 71% aller deutschen Olympiateilnehmer wurden aus Etats von Bundeswehr, Polizei und Zoll bezahlt (Gelder und Planstellen die dort allerdings wieder für eigentliche Aufgaben fehlen).
Immerhin 52% aller deutschen Medaillengewinner sind aus Bundeswehretats bezahlte Staatsprofis. Wenn man die große Anzahl der Eishockeyprofis rausrechnet, ist diese Quote halt noch einiges höher.

Aber über angeblich schlechte Förderung wird natürlich trotzdem ständig gejammert.
 

FCK-Fan-Simone

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Bei "Ewige Helden" hat Moritz Fürste gesagt, dass er während seiner Karriere gerade so viel verdient hat, dass am Ende des Monats die schwarze Null stand.
Ich kann mit meinem Gehalt problemlos Geld ansparen und ich bin keine begnadete Hockeyspielerin.
 

lowi2000

Maailmanmestari
Bei "Ewige Helden" hat Moritz Fürste gesagt, dass er während seiner Karriere gerade so viel verdient hat, dass am Ende des Monats die schwarze Null stand.
Ich kann mit meinem Gehalt problemlos Geld ansparen und ich bin keine begnadete Hockeyspielerin.

Ich habe die letzte Sendung nicht gesehen - aber ein Sportler hat tw. auch bedeutend höhere Aufwendungen als Ottonormalverbraucher.

Während den Olympischen Spielen gab es z.B. ein Interview mit dem öst. Bobpiolten - der wohnt mit 24 noch bei seinen Eltern um Geld für Miete etc. zu sparen. Denn sämtliches Geld ging in den letzten 30 Monaten für den Kredit für den 70.000€ teuren Bob drauf.
 

FCK-Fan-Simone

Lehrerin und Mutter
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Eben. Ich kann mir Auto, Wohnung und Arbeitsmaterialien locker leisten.
2 deutsche Snowboarderinnen haben es ohne Förderung zu Olympia geschafft, aber auch mit viel finanziellem Aufwand.
 

gary

Bekanntes Mitglied
Bei "Ewige Helden" hat Moritz Fürste gesagt, dass er während seiner Karriere gerade so viel verdient hat, dass am Ende des Monats die schwarze Null stand.
Ich kann mit meinem Gehalt problemlos Geld ansparen und ich bin keine begnadete Hockeyspielerin.

lowi2000 schrieb:
Während den Olympischen Spielen gab es z.B. ein Interview mit dem öst. Bobpiolten - der wohnt mit 24 noch bei seinen Eltern um Geld für Miete etc. zu sparen. Denn sämtliches Geld ging in den letzten 30 Monaten für den Kredit für den 70.000€ teuren Bob drauf.

Solche Fälle gibt es, klar. Wenn man genauer hinschaut, ist es manchmal auch die Zweitwohnung bei den Eltern. Die Erstwohnung ist dann in München, Berlin o.ä. Die weitaus meisten (eben rund 71% der Winterolympioniken bei Bundeswehr, Polizei, Zoll) sind halt über den Staat versorgt und werden dort nicht schlecht bezahlt, ohne während ihrer Leistungssportkarriere zum regulären Dienst antreten zu müssen (was einer der Gründe sein dürfte, weshalb z.b. eine Claudia Pechstein weitermachen will, obwohl sie sportlich auf internationaler Bühne so langsam nicht mehr konkurrenzfähig ist). Auch was die Zukunft anbelangt. Daneben gibt es Einrichtungen wie das staatliche Institut zur Forschung und Entwicklung von Sportgeräten. Von dem insbesondere auch die Bob- und Rodelsportler profitieren.
Olympiastützpunkte kosten ein Vermögen etc etc

Es ist schon in Ordnung. Deutschland kann es sich leisten, keineswegs geringe Steuergelder auch in Exotensportarten zu pumpen, die selbst im eindeutig dominierenden Deutschland nur von ein paar Dutzend Freaks betrieben werden.

Auch in sommerolympischen Exotensportarten ist die Versorgung i.d.R. gut. Ich habe im Laufe der Jahre selber ein paar kennengelernt. Ein Auto bekamen die sowieso alle gestellt, z.b. auch im Nachwuchstrainerbereich, und braucht sich niemand vom Mund absparen. In irgendeinem Loch musste auch keiner von denen wohnen.

Bei Hockeyspielern ist es auch mehr als nur ein Klischee, dass die fast ausschließlich aus sog. bürgerlichen Kreisen stammen und zumindest deren Familien finanzielle Nöte höchstens vom Hörensagen kennen. Ich bin im Hamburg oft genug beim Hockey gewesen oder an den Anlagen vorbeigekommen. Ein Mittelklasseauto wirkt auf dortigen Parkplätzen wie ein Loserauto und so fühlen die sich vielleicht auch, wenn sie erst mal nur einen Golf o.ä. fahren.
Aber klar, es gibt immer solche und solche.

Nur ist Gejammer über mangelnde staatliche Unterstützung oder auch Unsinnsvergleiche wie der staatlichen Zusatzprämie für Medaillen mit der Prämie für den Dschungelkönig eines Privatsenders sehr oft heuchlerisch und deplatziert.
Erst recht, wenn es mit Sportlern aus vielen anderen Ländern ohne solche teils indirekten Versorgungs- und Förderungssysteme verglichen wird.
 

FCK-Fan-Simone

Lehrerin und Mutter
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Nur um das klarzustellen: Moritz Fürste hat sich nicht beschwert oder gejammert. Er hat es nur erwähnt als es darum ging, was er jetzt nach Karriereende arbeitet.
 

derMoralapostel

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sehr lesenswertes Interview hinter der Schranke mit den Eltern (und Trainern) von Niklas Kaul zum Thema
ein kleiner Auszug als Einsteiger:
Wie empfinden Sie aus dieser Perspektive die Forderung, dass Deutschland mehr Medaillen gewinnen müsse bei Olympischen Spielen?

Michael Kaul: Wir müssten erst mal diskutieren, was wir als Gesellschaft wollen. Mehr Medaillen sind kein unmittelbares Ziel. Das Ergebnis muss doch sein, mehr Kinder und Jugendliche zum Sport zu bringen, und zwar nachhaltig. Wettkampfsport ist dafür sehr hilfreich. Hier nehmen sich Jugendliche etwas vor und trainieren regelmäßig dafür. Erst geht es um regionale Wettkämpfe, dann um überregionale und letztlich auch um Olympische Spiele. Dabei dürfen wir keine isolierte Zirkustruppe werden. Ziel ist es nicht, Olympiasieger um jeden Preis zu produzieren und Athleten als Objekte zu behandeln, also Talent zu identifizieren, Geld und Zeit zu investieren und zu versuchen, sie nach ganz oben zu bringen, und alles andere ist egal. Das wäre das DDR-System.
Achtung @Beatrix Kiddo nicht noch ein Abo abschließen bitte :zwinker3:
 
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