"Ich werde nie laut, ich bin Niedersachse"
Der Liebling der Fans: Mainz-Keeper Dimo Wache
Hamburg - Er ist der Kapitän des "Karnevals-Vereins" - die Rede ist von Dimo Wache. Seit 10 Jahren hütet der Hüne das Tor des Bundesliga-Aufsteigers. Redet man bei dem Verhältnis von Mannschaft zu Fans in Mainz von einer ganz besonderen Beziehung, ist Dimo Wache ein echter Sonderfall. Der eigentliche Leisetreter entwickelte sich nach drei missglückten Aufstiegsversuchen zum wahren Publikums-Liebling. Im Interview mit hsv.de spricht der gebürtige Niedersachse über seine Liebe zu Mainz, den Fans und über die Rolle des Aufsteigers in deutschlands höchster Spielklasse.
Herr Wache, am Samstag spielen Sie mit Mainz in der AOL Arena. Ist es für Sie und die Mannschaft immer noch etwas Besonderes, in den großen Stadien der Bundesliga zu spielen?
Wache: Natürlich ist es für uns noch etwas Besonderes. Wir haben uns die Berechtigung, Woche für Woche in den schönsten Stadien Deutschlands zu spielen, hart erarbeitet, deshalb genießen wir es jetzt auch. Allerdings stehen wir nicht mit großen Augen in den Stadien und erstarren in Ehrfurcht, die meisten kennen das Gefühl vor vielen Zuschauern zu spielen. Es ist vielmehr ein besonderer Reiz, in diesen Stadien auch erfolgreich zu spielen.
Das Verhältnis des Teams zu den Fans scheint in Mainz ein ganz besonderes zu sein. Liegt es daran, dass alle gemeinsam bereits eine Menge durchgemacht haben?
Wache: Es ist wirklich so, dass vor allem Negativerlebnisse zusammenschweißen. Wir haben mit unseren Fans drei Mal, 1997, 2002 und 2003 in letzter Sekunde den Aufstieg verpasst. Das ist eine in Deutschland einmalige Geschichte, auf die Mannschaft und Fans sensationell reagiert haben. Die Aufmunterung von 10.000 Fans in Mainz am Tag nach dem verpassten Aufstieg vor zwei Jahren wird keiner von uns vergessen. Ich vermute, das war die größte Nichtaufstiegsparty aller Zeiten. Von diesem Moment an war klar, dass wir gemeinsam wieder angreifen. Das ohnehin sehr enge Verhältnis zu unseren Fans haben diese Erlebnisse noch einmal intensiviert. Den Aufstieg vor einem halben Jahr haben wir entsprechend würdig gefeiert.
Dimo Wache ist bei den Anhängern ganz besonders beliebt. Jeder Fußball-Fan hat immer noch das Bild mit dem Megaphon auf dem Zaum im Kopf.
Wache: Die Beliebtheit rührt sicherlich auch von den vielen gemeinsamen Erlebnissen her, schließlich bin ich seit zehn Jahren bei Mainz 05. Mainz ist zu meiner Heimat geworden, ich fühle mich dem Verein und der Stadt sehr verbunden. Meine Aktion nach dem Heimsieg gegen Bayer Leverkusen ist für mich eher untypisch. Ich stehe zwar auf dem Feld unter Strom, für die großen Gefühlsausbrüche bin ich aber eher nicht bekannt. Ich habe bei der Aktion auch nicht viel nachgedacht. Die Stimmung im Stadion war so euphorisiert, der Ludwisch, unser Vorsänger, hat mich zu sich gewunken, und plötzlich stand ich auf dem Zaun und habe die Fans dirigiert. Eine nette, spontane Geschichte, eine Wiederholung ist nicht geplant.
Einen bitteren Moment mussten Sie am vergangen Spieltag erleiden. Wie haben Sie den Patzer aus der Stuttgart-Partie weggesteckt?
Wache: Diese Momente gehören einfach zum Sport. Als ich den Ball habe ins Tor trudeln sehen, habe ich nur gedacht: Warum jetzt? Wir haben gegen den VfB Stuttgart ein so gutes Spiel gemacht, durch mein Eigentor ist das Spiel gekippt. Ein solcher Fehler ist aber normalerweise ein einmaliges Ereignis und nicht durch Training abzustellen. Fehler passieren, bei einem Torhüter ist der Ball dann halt mit hoher Wahrscheinlichkeit im Tor. Weiter geht’s. Im Spiel beim HSV denke ich daran überhaupt nicht mehr.
Wer hilft Dimo Wache in solchen (schwierigen) Situationen?
Wache: Die Fans im Stadion haben mich sofort angefeuert, die Spieler und Trainer haben mich aufgemuntert und meine Frau ist ja auch noch da. Aber ich komme auch alleine ganz gut mit der Situation klar.
Auf dem Platz stehen Sie immer unter Strom. Läuft Dimo Wache auch privat brüllend durchs Wohnzimmer?
Wache: Ich werde nie laut und bin meist sehr gelassen. Ich bin Niedersachse.
Der Schiedsrichterskandal um Robert Hoyzer betrifft nicht nur den HSV, sondern den gesamten deutschen Fußball. Hätten Sie gedacht, dass so etwas möglich ist?
Wache: Nein. Wenn man solche Geschichten aus dem Ausland mitbekommt, denkt man eigentlich nicht daran, dass so etwas auch hier passieren könnte. Diese Geschichte ist natürlich ein Schock, gerade für die betroffenen Vereine. Für die Schiedsrichter wünsche ich mir, dass nun nicht jede strittige Entscheidung vor dem Hintergrund möglicher Wetteinsätze diskutiert wird.
Sie haben mit Mainz vier Spiele in Folge verloren. Liegt es vielleicht daran, dass die anderen Mannschaften Ihr Team jetzt ernster nehmen als zu Beginn der Saison?
Wache: Je häufiger man gegeneinander spielt, desto besser lernt man sich kennen. Das ist nicht ungewöhnlich. Die vier Niederlagen haben damit aber nichts zu tun. Zu großen Teilen haben wir die Niederlagen selbst zu verantworten, weil wir nicht mehr die Leistung gebracht haben, zu der wir eigentlich in der Lage sind.
Thomas Doll und Jürgen Klopp gehören beide zu den "Jungen Wilden" der Trainergilde. Können Sie erklären, warum gerade diese Trainer zur Zeit so gefragt sind?
Wache: Ich weiß nicht, ob man beide Trainer vergleichen kann, dazu kenne ich Thomas Doll zu wenig. Jeder Klub wünscht sich einen Trainer, der von seinem Fußballverständnis, seiner Leidenschaft und seiner Verbundenheit zum Verein und den Fans genau zu ihm passt. Der Hamburger SV und Mainz 05 haben offenbar die richtige Wahl getroffen. Mit jung oder gar wild hat das nichts zu tun.
Können Sie abschließend die Gründe für den Klassenerhalt des FSV Mainz 05 nennen?
Wache: Wir sind gut genug und lassen mindestens drei Teams in der Tabelle hinter uns.