Die Franzosen sind arrogant
Er ist Franzose, aber auf seine Landsleute nicht gut zu sprechen. Werder-Verteidiger Valerien Ismael vermisst vor dem Champions-League-Knüller gegen Olympique Lyon den nötigen Respekt. "Die Franzosen sind arrogant. Die glauben, dass sie schon eine Runde weiter sind", sagt Ismael mit Blick auf das morgige Achtelfinal-Hinspiel im Weserstadion (20.45 Uhr/live bei Premiere). Oh là là - das werden sie in Frankreich gar nicht gerne hören. Doch Ismael ist das egal. Mit seinem Heimatland hat er - zumindest fußballerisch - abgeschlossen. "Ich würde nie wieder in Frankreich spielen", legt er sich fest. Vor zweieinhalb Jahren war er aus Strasbourg nach Bremen geflüchtet, weil ihm die Disziplinlosigkeit seiner Mitspieler mächtig wurmte. Ein Beispiel: "Immer wieder kamen Spieler zu spät zum Training. Das geht einfach nicht." In Deutschland sei das ganz anders, alles viel professioneller. "Mit meiner Mentalität passe ich hier besser hin", glaubt Ismael und schließt dabei gleich noch einen Wechsel in eine andere europäische Topliga aus: "In England war ich schon, das passte gar nicht. Italien und Spanien sind auch nichts für mich." Ohnehin denkt der 29-Jährige derzeit nur an Werder - und dabei an die "schwere Aufgabe" gegen Lyon: "Die Chancen für ein Weiterkommen stehen bei 50:50." Anders als seine Landsleute unterschätzt er den Gegner nicht. "Olympique ist wirklich gut. Die haben ein starkes Kollektiv und können sehr schnell nach vorne spielen", lobt er den französischen Meister - vor allem den Brasilianer Juninho: "Der ist ein großer Spielmacher und mit seinen Freistößen sehr gefährlich. Den müssen wir neutralisieren." Die Entwicklung von Lyon hat Ismael ganz genau verfolgt. "Die Mannschaft wurde langsam aufgebaut und hat sich Schritt für Schritt weiterentwickelt. Das ist vergleichbar mit dem VfB Stuttgart. Es wurde auch mit jungen Spielern begonnen, und durch die Champions-League-Teilnahme konnten neue Spieler verpflichtet werden." Dadurch habe sich auch die gesamte Einstellung im Club verändert. "Das ist jetzt dort wie bei den Bayern: Die Spieler wissen, sie müssen jedes Spiel gewinnen." Zum einen findet Ismael das richtig gut, zum anderen sieht er darin für Werder auch eine große Chance: "Lyon steht viel mehr unter Druck als wir. Die müssen sich endlich auch mal international beweisen." Denn trotz der drei Meisterschaften in Folge habe Olympique längst nicht den Stellenwert in Frankreich wie "Olympique Marseille oder Paris St. Germain". Für Ismael hat Lyon dagegen eine ganz große Bedeutung, denn mit diesem Gegner verbindet er die schwärzeste Stunde als Fußballer. Das war vor drei Jahren. Damals spielte der Verteidiger noch für den RC Lens. "Wir hatten in der Meisterschaft schon sieben Punkte Vorsprung und haben dann am letzten Spieltag mit einer 1:3-Niederlage in Lyon den Titel noch verspielt. Das war so bitter." Nun brennt er auf Revanche: "Ein klarer Sieg wäre richtig toll für mich." Insgeheim hofft er auch, dem französischen Publikum seine Klasse zu beweisen. "Das wird dort als Topspiel im Free-TV gezeigt. Das ist natürlich eine sehr große Bühne für mich." Er sagt es zwar nicht, aber es ärgert ihn ganz offensichtlich, dass ihn Nationalcoach Raymond Domenech überhaupt nicht auf dem Zettel hat. Denn trotz aller Vorbehalte gegen sein Heimatland - eine WM-Teilnahme gerade in Deutschland reizt ihn natürlich schon. Wenngleich er auch da so seine ganz eigenen Ansichten entwickelt hat: "Ich habe viele Interviews mit den französischen Weltmeistern gesehen. Und die haben sich beklagt, dass sie damals groß gefeiert wurden und jetzt nach Niederlagen einfach wie Servietten weggeworfen werden." Das sei eben typisch Frankreich.