Nur Trainer Sammer jubelt über das neue Reizklima
Hildebrands Kritik spaltet den VfB
Stuttgart - Beim VfB Stuttgart stößt die harsche Kritik, die Timo Hildebrand nach dem 1:1 in Leverkusen geübt hat, einigen sauer auf.
Trainer Matthias Sammer jubelt
dagegen über das neue Reizklima. Und Hildebrand
hofft auf eine Reaktion auf dem Platz.
Krachend fuhr die Faust von Matthias Sammer auf den Tisch - nicht aus Frust, sondern aus Freude und Erleichterung
. Der VfB-Trainer strahlte, als hätte er gerade einen Werbevertrag mit einer Zahnpastafirma unterschrieben. Endlich! Endlich macht es einer wie er, der Feuerkopf
, der als Spieler selten ein Blatt vor den Mund nahm. Endlich übt einer schonungslos Kritik - "und sagt Dinge, die man als Trainer nicht in dieser Form öffentlich sagen darf". Der Grund: Nach dem 1:1 in Leverkusen hatte Timo Hildebrand losgeledert:
"Der Punkt ist glücklich. Das ist nicht der VfB, den ich kenne. Wir reißen uns zu wenig den A. . . auf."
An Sammers Laune hat sich über Nacht nichts geändert. Auch am Montag war er hoch erfreut über das neue Reizklima.
"Ich bin froh, dass sich die Dinge bewegen. Dass Führungsspieler Verantwortung übernehmen wollen und mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg halten. Ich finde es klasse, ich finde es prima. Das soll ein Anfang sein." Angst, dass der Schuss nach hinten losgehen könnte und sich die Mannschaft zerfleischt, hat er nicht:
"
Reibung bringt den Fortschritt. Lethargie bringt nichts."
Das Hauptargument des Trainers: seine Erfahrung. "
Ich habe als Spieler auch Gas gegeben. Das, was Timo gesagt hat, war noch harmlos." Die Folge seiner Attacken damals: "
Es gab richtig Theater, und ich stand oft alleine da. Als Führungsspieler bist du eben manchmal einsam. Und du denkst, alle sind gegen dich. Man muss nur aufpassen, dass es nicht zu weit auseinander driftet. Reizklima ist immer förderlicher als dieses Rumhängen." Sammer kann beruhigt sein. Noch gibt es in der Mannschaft keine tiefe Gräben - aber der Ton wird schärfer. Es gibt drei verschiedene Reaktionen auf Hildebrands Worte:
Pro Hildebrand: Silvio Meißner gibt seinem Torwart Rückendeckung: "Timo hat das Recht, den Mund aufzumachen. Da werden sich schon ein paar auf den Schlips getreten fühlen. Aber ein Profi muss mit so etwas leben können."
Die Neutralen: Andreas Hinkel schaut ratlos drein: "Ich habe keine Zeitung gelesen. Wenn das Timos Meinung ist
, muss er dies auch intern ansprechen." Hinkel kann beruhigt sein. "Das werden wir tun. Das müssen wir auch", sagt Sammer. "Wir brauchen schließlich nicht lauter Außenminister."
Contra Hildebrand: Bei einigen Spielern rumort es. Der Tenor: "Was erlaubt sich Hildebrand?
Er spielt
monatelang unter seinen Möglichkeiten, sorgt durch seinen Vertragspoker für Unruhe und negative Schlagzeilen und reißt nach zwei guten Spielen die Klappe auf." Sammers Konter: "Die, die es betrifft, schreien eben nicht Hallelujah."
Und was sagt Hildebrand? Der Torwart findet es "gut, dass der Trainer das Ganze so positiv sieht". Er steht nach wie vor zu seiner Meinung. "
Und ich habe auch kein Problem damit, alleine dazustehen. Ich will hier den Erfolg." Reaktionen hat er noch keine bekommen. Aber das kratzt ihn wenig. "Die Reaktion muss auf dem Platz kommen - am Samstag gegen Bielefeld." Von denjenigen, die er kritisiert hat - aber auch von ihm.
STN