Dem Nationalspieler liegt eine Anfrage von Premier-League-Club Manchester City vor - "Ich konzentriere mich voll auf Hamburg"
von Matthias Linnenbrügger
Beim HSV wurde Christian Rahn vor einigen Wochen aufs Abstellgleis geschoben. Seit Thomas Doll das Amt von Klaus Toppmöller übernommen hat, spielt der 25jährige beim Traditionsclub keine Rolle mehr. In Dortmund durfte er 14 Minuten mitmischen, neun waren es gegen Bremen. Vor der Partie gegen Freiburg strich Doll den Niendorfer aus dem Kader, zuletzt gegen Schalke ließ ihn der Trainer auf der Ersatzbank schmoren. Es sieht nach Abschied aus, zumal Rahns Vertrag im Sommer ausläuft und die Verantwortlichen des HSV derzeit nicht über die Fortsetzung der Zusammenarbeit verhandeln wollen. Nun wittern andere Vereine ihre Chance, den schußgewaltigen Linksfuß ablösefrei zu verpflichten. Allen voran Manchester City: Kevin Keegan will Rahn auf die Insel locken.
Das HSV-Idol - der Engländer erzielte für die Hamburger zwischen 1977 und 1980 in 90 Bundesligaspielen 32 Tore - ist Team-Manager in Manchester und möchte den deutschen Nationalspieler für seinen Premier-League-Club verpflichten. Nach Informationen der WELT haben die Briten Rahn bereits seit einigen Monaten auf dem Wunschzettel, ließen ihn schon in der vergangenen Saison - als er mit sieben Treffern und fünf Torvorlagen maßgeblich daran beteiligt war, daß sich der HSV zumindest für den UI-Cup qualifizierte - von ihren Scouts beobachten.
Rahn selbst möchte die Anfrage aus Manchester nicht kommentieren. Er habe derzeit andere Dinge im Kopf, so der Mittelfeld-Mann, seine persönliche sportliche Situation sei frustrierend, "daher konzentriere ich mich zu 100 Prozent darauf, das so schnell wie möglich zu ändern. Ich habe immer gesagt, daß für mich in erster Linie der HSV zählt. Ich bin Hamburger, das ist mein Verein, hier möchte ich weiterhin spielen. Und ich werde alles geben, um den Trainer möglichst schnell davon zu überzeugen, daß er nicht auf mich verzichten sollte."
Wenn man ihn läßt. Sowohl Doll als auch Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer haben taktische Mängel ausgemacht, beide vermissen zudem den nötigen Biß in den Duellen Mann gegen Mann. "Das sind Defizite, an denen Christian arbeiten muß, um in die Mannschaft zu kommen", erklärt der Trainer, das habe er ihm auch unter vier Augen deutlich gesagt.
Dabei sagt die Statistik das Gegenteil aus: Der frühere St.-Pauli-Profi gewann 55 Prozent seiner Zweikämpfe, damit liegt er im mannschaftsinternen Vergleich nach Kapitän Daniel van Buyten (66,8 Prozent), Bastian Reinhardt (60,6 Prozent) und Khalid Boulahrouz (56,5 Prozent), allesamt Innenverteidiger, auf Position vier.
Zahlen, hinter denen sich Rahn nicht verstecken will. Vielmehr hat er sich die Worte der Verantwortlichen zu Herzen genommen, schiebt zusätzliche Einheiten auf dem Trainingsplatz oder im Kraftraum, um den Anschluß wieder herzustellen. "Von mir kam zuletzt einfach zu wenig", gesteht er ein, daher habe Doll bisher auch keinen Grund gehabt, die Anfangsformation zu ändern. "Wenn ich meine Chance bekomme, werde ich sie nutzen", betont Rahn.
Über seine sportliche Zukunft macht sich der Familienvater trotz des auslaufenden Vertrages beim HSV momentan keine Gedanken. "Wenn ich spiele und die Leistung stimmt, kommt alles andere von selbst", meint er. Kevin Keegan muß sich noch gedulden.
http://www.welt.de/data/2004/11/10/358041.html