Der Fassenachter und der Klassiker
FUSSBALL: Die Stadionsprecher Klaus Hafner und Horst Schömbs sind Kultfiguren der Bundesliga
Von Christine Kamm
und Horst Konzok
MAINZ. Unterschiedlicher könnten die beiden nicht sein, vielleicht verstehen sie sich deshalb so gut. Vor dem ersten rheinland-pfälzischen Derby in der Fußball-Bundesliga zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem FSV Mainz 05 steht die Freundschaft zwischen den Stadionsprechern Horst Schömbs (47) vom FCK und dem Mainzer Klaus Hafner (50) nicht wirklich auf dem Prüfstand. Beide glauben an einem Sieg ¸¸ihres" Vereins. ¸¸Wir gewinnen 2:1", tippt der Mainzer Klaus Hafner, sein Gegenüber, dem er Trost verspricht, drückt sich vorsichtiger aus. ¸¸Ich bin überzeugt davon, dass wir das Spiel gewinnen", sagt Schömbs. Warum? ¸¸Das ist eine gute Frage", greift Hafner, die Frohnatur, den Ball gerne auf.
Seit 14 Jahren kennen sich die ¸¸Stimme vom Betzenberg" und der Kult-Stadionsprecher vom Bruchweg. Zu Urzeiten hatten sie sich drei Jahre lang den Job in Mainz geteilt, als der FCK noch ein ganz großer Verein war und Mainz in der Zweiten Liga vor 3000 Zuschauern das Überleben probte. ¸¸Horst Schömbs hat dann Sprecher-Kultur nach Kaiserslautern gebracht, für mich ist er einer der besten in der Bundesliga", sagt Hafner, von berufs wegen bei der Mainzer LBS in der Werbeabteilung beschäftigt, privat ein echter Mainzer Fassenachter. Im Karnevalsclub Weisenau ist er Vize-Präsident, gemeinsam mit Schömbs ist er dem viertältesten Karnevalvereins Deutschlands, dem Binger Karnevalsverein, beigetreten. Mitglied im Fanclub ¸¸Auf geht"s" musste er zwangsläufig werden. Wenn es mal nicht so richtig läuft bei den ¸¸Nullfünfern" oder die Fans in der Endphase einer Partie etwas klatschmüde werden, kommt von Hafner ein kurzes ¸¸auf geht"s" und schon ist wieder Stimmung in der Bude. Einen eigenen Fanclub hat er - entgegen anderslautender Gerüchte - nicht, ¸¸aber ein paar Mädchen laufen schon mit meinem Konterfei herum, ach, das tut richtig gut." Wer sät, erntet. Und was Hafner in der kurzen Zeit, die er vor einem Spiel hat, im Bruchwegstadion rüber bringt, ist enorm. Seine Art, wippend vor der Südtribüne, dem Mainzer Pendant zur Westkurve in Kaiserslautern, zu stehen, ist einmalig. Stolz ist der eingefleischte ¸¸Määnzer", dass Gäste bei den Rheinhessen mit einem freundlichen Applaus begrüßt werden. Und staunen. ¸¸Die denken doch immer, was ist denn hier los, das kann man in den Gesichtern lesen", meint Hafner, für den es nach 16 Jahren immer noch etwas Besonderes ist, die Mannschafts-Aufstellung vorzulesen und vor der Wand aus Schals zu stehen, wenn die Fußball-Hymne ¸¸you never walk alone" läuft. ¸¸Da bekomme ich Gänsehaut." Natürlich brauche man einen gewissen Hang zur Selbstdarstellung, meint Hafner, ¸¸aber ich stelle mich nicht vor den Spiegel und sage mir, wie toll ich bin." Vor Jahren habe der Mainzer Präsident Harald Strutz zu ihm gesagt, wir bekommen das Stadion nur voll, wenn dein Rosenmontagszug - den Hafner sechs Jahre lang moderierte - durchs Stadion fährt. Nun ist jedes Spiel ausverkauft ...
Ein bisschen Oberwasser hat der Mainzer zurzeit natürlich schon, wähnt die ¸¸Nullfünfer" am FCK vorbeigezogen. Doch der stillere Schömbs, dessen Markenzeichen die dunkle, sonore, unverwechselbare Stimme ist, wuchert mit dem Pfund der Tradition. ¸¸Die 54er Mannschaft ist meine große Liebe, von den Meistermannschaften von 51 und 53 habe ich unheimlich viel gesammelt", erzählt Schömbs, der die persönlichen Begegnungen mit Fritz und Ottmar Walter sowie Horst Eckel als etwas Einmaliges empfindet. Deshalb kommt der Binger, Direktor der Mainzer Volksbank, für sich zu dem Schluss, dass ¸¸man es nicht vergleichen kann". Schömbs, ein großer Fan von Trainer Kurt Jara und dem Vorstandsvorsitzendem René C. Jäggi, hat die letzten drei Jahre - in denen die Mainzer Anlauf fürs Oberhaus genommen haben - mit dem FCK unglaublich mitgelitten. Die Angst um den Verein war quälend. Nun wähnt er seine große Liebe auf einem guten Weg. Schömbs: ¸¸Der Verein hat erkannt, dass er wieder die Nähe zu den Fans suchen muss."
Was beide eint, ist der Respekt vor der Aufgabe. Hellmut Krug habe einmal gesagt, ¸¸das Mikro ist ein Waffe", erzählt Schömbs, für den der frühere Kölner Stadionsprecher Hans-Gerhard König ein großes Vorbild war. Schömbs hat die Erfahrung gemacht, ¸¸dass die Fans sich nichts vorschreiben lassen". Eine Moderation will er mit der ¸¸gebotenen Emotion, mit viel Emotion machen", aber Fairplay müsse immer im Vordergrund stehen.
Egal, wie das Spiel am Sonntag ausgeht, hinterher ¸¸machen wir doch was, oder?", sagt Hafner, der Ende der Saison das Mikrofon zur Seite legen möchte. ¸¸Mir ist lieber die sagen, ach schade, als der kommt zum Sterben noch ins Stadion", will die Kultfigur einen Schluss-Strich ziehen. Sein Wunsch: Von Horst Schömbs beim Rückspiel verabschiedet zu werden.
ron.de