Mopo 02.09
»Roberto Carlos?
SVEN TÖLLNER
Ich bin mein eigenes Vorbild«
Seine Zeit bei Feyenoord Rotterdam würde Jean Carlos Dondé am liebsten aus dem Gedächtnis streichen. Mit großen Ambitionen war der junge Mann aus Brasilien nach Holland gekommen. Doch dann ging alles schief. Eine Serie von Muskelfaserrissen setzte ihn ein Jahr lang matt, der Trainer ignorierte ihn. Beim HSV soll für den 21-jährigen Linksverteidiger eine neue, eine bessere Zeit beginnen.
Seit knapp drei Wochen trainiert Dondé in Hamburg und ist begeistert von der Art und Weise, wie hier mit ihm umgegangen wird. "Ich kam verletzt und ohne Vertrag hier an, aber ich wurde behandelt wie ein vollwertiger Spieler." Der HSV hat den technisch starken Abwehrmann bis zum Saisonende ausgeliehen, besitzt danach eine Kaufoption. Ob der Verein diese Möglichkeit in Anspruch nimmt, liegt vor allem an Dondé selbst. "Er wird in den nächsten paar Wochen sicherlich noch keine Alternative sein", sagt Klaus Toppmöller, "aber er ist ein großes Talent, flankt und schießt gut. Nur in den Zweikämpfen muss er rigoroser werden. Mal sehen, wie schnell er das umsetzt."
Damit ihm die zügige Integration gelingt, will Dondé, der mit Ehefrau Paula (seit 1 1/2 Jahren verheiratet) derzeit noch im Hotel wohnt, möglichst schnell die deutsche Sprache lernen. Ein gesundes Selbstbewusstsein hat er jedenfalls schon. Dondé: "Roberto Carlos ist ein guter Spieler - aber nicht mein Idol. Ich bin selbst mein eigenes Vorbild."
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HSV hat wieder eine »Drecksau«
SVEN TÖLLNER
Toppmöller wartet sehnsüchtig auf »Khalid, den Kannibalen«
Klaus Toppmöller kennt das Problem. Seit Wochen versucht er, dem Team einzuimpfen, dass man sich auf dem Platz mehr helfen muss, dass taktische Fouls manchmal nötig sind. Seine Spieler sind ihm zu brav, zu leise. In Kürze stößt ein Mann zum Kader, der das Problem aus der Welt schaffen soll. Khalid Boulahrouz wird die klassische "Drecksau-Mentalität" attestiert.
Er sei einer - behaupten manche -, bei dem man automatisch die Straßenseite wechselt, wenn man ihm begegnet. Boulahrouz selbst sagt von sich, dass er seine "Gegenspieler auffressen will". Klingt vielversprechend. "Ich möchte nicht gegen den spielen", bestätigt Toppmöller. Der "HSV-Kannibale" ist momentan noch mit Hollands Nationalelf unterwegs. Morgen trifft er mit dem Team von Bondscoach Marco van Basten in einem Testspiel auf Liechtenstein. Danach streicht van Basten den 23-Mann-Kader zusammen. Für Boulahrouz, der sein Debüt im Oranje-Team gibt, steht allerdings schon fest, dass er auch am kommenden Mittwoch in der WM-Qualifikation gegen Tschechien dabei ist. Toppmöller: "Der Junge ist wirklich ein sehr selbstbewusster Kerl. Ich würde es ihm natürlich gönnen, wenn er gegen die Tschechen auflaufen darf. Für uns wäre es allerdings schöner, wenn er früher nach Hamburg kommen würde." Die Dreier-Abwehrkette, die der HSV-Coach in der Vorbereitung einstudiert hatte und nach Ujfalusis Abgang wieder verwarf, könnte mit Boulahrouz eine Renaissance erleben. "Der kann Dreier- und Viererkette spielen. Aber das muss selbstverständlich einstudiert werden", erklärt Toppi.
Abgesehen von den flexibleren Möglichkeiten in der Defensive erhofft sich die sportliche Leitung vom HSV-Neuzugang vor allem einen Impuls, was die Aggressivität anbelangt. "Khalid hat sich in Holland längst einen Namen gemacht. Er ist enorm schnell und aggressiv und auch noch stark im Spielaufbau", beschreibt Sportchef Dietmar Beiersdorfer den 22-Jährigen. Situationen wie gegen Nürnberg, als die Club-Angreifer mehrmals ungehindert durch die HSV-Reihen kurven konnten, soll es in Zukunft nicht mehr geben. "Khalid, der Kannibale" soll möglichst schon beim nächsten Bundesliga-Spiel in Stuttgart sein Debüt geben. Bei den Spätzle-Kickern gäbe es auch gleich was zu fressen. Denn im VfB-Sturm wartet Cacau ...