Kleine Anmerkung aus dem wohlverdienten Ruhestand
Engel_Aloisius schrieb:
Riecht stark nach Ruhigstellung kritischer Stimmen. Kann mich aber auch täuschen.
Du täuscht Dich nicht, außerdem sind die beiden Kirschenmails Fakes.
Die Fanabteilung: ein Etikettenschwindel
Wenn dem Deutschen nichts mehr einfällt, dann organisiert er sich. Kassenwart, Beisitzer, Schriftführer, Ober-, Assistenz- und Chefarzt: Organisation dient der Hierarchisierung, Pöstchengründung und Absicherungen vor Unwägbarkeiten infolge allzu großer innerer Ungebundenheit. Kurz: Organisation dient meist der Disziplinierung.
Wer nicht organisiert ist, hat nicht mitzureden. Wer organisiert ist, macht sich geschmeidig, um weiter am narzistischen Tau der Organisation mitschlecken zu dürfen.
So weit so gut.
Ein faszinierendes Moment am Fußball ist die Möglichkeit, alleine durch das Gefühl mit einem Verein verbunden zu sein, oder besser: mit der Seele eines Vereins. Die organisatorische Teilhabe am Verein seines Herzens ist möglich, aber in keiner Weise verbindlich. Und das ist gut, kann man doch so die eigene Leidenschaft über weite Strecken gegenüber den potentiell vergiftenden Einflüssen des aktuellen Vereinsgebarens immunisieren. Die Zuneigung gehört der Idee des Vereins, nicht aber zwangsläufig seiner aktuellen personellen und organisatorischen Repräsentanz. Das hat manchen, wenn auch nicht jeden BVB-Fan in den letzten Jahren vor allzu großem Kummer bewahrt.
In verblüffender Synchronität mit der Schimäre des schwarzgelben Befreiungsschlags kommt es nun zur schwatzgelben Organisationsbildung. Von Fans für Fans? Oder sollen da die Fans mal wieder funktionalisiert werden? Als würden die rhetorischen Vergewaltigungen der Niemeierschen Ära (die, man darf es nicht vergessen, nur leicht verändert anhält) nicht ausreichen, sollen die Fans jetzt als Faustpfand der schwatzgelben Jungschar genommen werden, die zum richtigen Zeitpunkt aus dem Windschatten ausgeschert ist, ohne auch nur einmal in den Rückspiegel zu blicken. Man glaubt sich infolge der unübersichtlichen Machtgemengelage beim BVB plötzlich in Reichweite attraktiver Futternäpfe, die man unter den Tischen der Niemeiers, Rauballs und Homms zu schnuppern wähnt.
Es riecht unter den Tischen nach echter Interessenkollusion. Der Faustpfand der organisierten schwatzgelben Gefolgschaft gegen ein paar trübe Lichtstrahlen aus Richtung der Vereinsführung? Kadavergehorsam gegen ein paar Pseudopöstchen? Puh, das stinkt aber unter´m Tisch…
Der Verein leidet seit viel zu langer Zeit daran, daß er im eigenen Filz erstickt. Jetzt, da ein echter Neubeginn aufgrund dieser vereinsinternen Verfilzung zu scheitern droht, jetzt da Niemeier unter dem Imageschutz Rauballs ihre Geschäfte weiter tätigen dürfen, jetzt, da die von Wirsching zunächst lautstark geforderte Änderung der Vereinssatzung wohl aus Rücksichtnahme auf dubiose Fremdinteressen kleinlaut wieder von der Agenda gestrichen wird, sollen die Fans sich innerhalb der Vereinsstrukturen organisieren.
Natürlich geht es nur um die längst überfällige Einflussnahme der Fans auf die Geschicke des BVB. Wir sind das Volk! Friede den Hütten, Krieg den Palästen! Alles in Form eines höflichen konstruktiven Dialogs selbstverständlich, wir wollen ja mal nicht übertreiben. Homm, Rauball und Niemeier schlottern vermutlich schon die Knie. Die Frage ist wohl nur, ob grenzenlose Naivität oder eiskalte Chuzpe hinter der Unternehmung a la „Marsch durch die Institutionen“ steckt. Die personellen Vorstellungen lassen eher letzteres befürchten. Im Moment lässt keiner der Protagonisten beim BVB die Maske fallen, außer den altbekannten Phrasen sind keine Linie, keine echte Vision zu erkennen. Taktik im Spiel um Einfluß und Macht bestimmt das Tagesgeschehen. Hinter den Kulissen werden die Pfründe verteidigt, gefordert und teils neu verteilt. Die man doch wohl noch ein paar Krümelchen auf dem Teppich finden?
Vielleicht hilft es, sich zu vergegenwärtigen, was sich an der desolaten Situation des BVB in den letzten Wochen wirklich geändert hat, worin die Hoffnung auf einen echten Neubeginn begründet liegen soll. Die Schechteranleihe hängt dem Verein nun wie ein Mühlstein um den Hals, der Großaktionär Homm hat offensichtlich wesentlichen Einfluß auf die Vereinspolitik erlangt und die Ära Niebaum ist weit entfernt von einer echten Beendigung, geschweige denn Aufarbeitung.
Geändert hat sich also bislang gar nichts Entscheidendes.
In dieser unverändert prekären Situation braucht der BVB keine in die Vereinsstrukturen eingebundene „Fanabteilung“, sondern Fans, die mit heißem Herzen, kühlem Kopf und wachem Blick denjenigen auf die Fingers schaun, die bereits die nächste Mauschelrunde eingeleitet haben. Wer aus eigenen Interessen einen großen Teil der Fans institutionalisieren und damit kastrieren will, handelt nicht im Interesse des BVB!
„Wenn Du lange in einen Abgrund hineinschaust, blickt der Abgrund auch in Dich hinein.“
Schönen Gruß noch und viel Spaß unterm Tisch beim Krümelsuchen.

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