DÄN-de-Borussia
Pottkind im Norden
28.09.2004 Wir köcheln auf kleiner Flamme
Erinnert sich noch jemand an den Frosch im Kochtopf, der vor unseren Augen langsam gekocht wurde? Das war ein Werbespot im Kino. Greenpeace war es, glaube ich, das uns Mitte der 90er auf den Klimawandel hinweisen wollte. Das Klima beim BVB hat sich in den letzten Wochen gehörig gewandelt. Begonnen hat dieser Prozess jedoch schon viel früher. Damals, als der BVB das war, was er heute ist: Mittelmaß.
Für alle, die noch nie von dem Werbefilmchen gehört haben. Der Deal ist folgender: Setzt man einen Frosch in heißes Wasser, springt er sofort raus. Logisch. Setzt man einen Frosch jedoch in einen Topf mit kaltem Wasser und erhitzt den Topf langsam, dann bleibt der Frosch seelenruhig sitzen, bis er irgendwann leblos und weichgekocht im blubbernden Wasser treibt, weil er nicht merkt, dass sich da allmählich etwas schleichend verändert.
Besser könnte man metaphorisch den Wandel des Ballspielvereins Borussia von 1909 Dortmund kaum umschreiben. Als sich irgendwann zwischen 1989 und 1990 der schwarz-gelbe Virus bei mir breitmachte, da war der BVB ein Überraschungs-Pokalsieger mit einer Menge Durchschnittsfußballern, einer treuen Fangemeinde und einer grauen Zukunft. Heute ist Borussia Dortmund ein Wirtschaftsunternehmen mit einem durchschnittlichen Tabellenplatz, einem überdurchschnittlichen Schuldenstand, treuen, aber mehrheitlich eingeschüchterten Anhängern und einer grauen Zukunft.
Eingeschüchtert, warum? Für mich wird ein Gerücht zu einer Nachricht, in dem Moment, in dem es die Seiten der Bild-Zeitung verlässt und sich in ausladende Reportagen und Features verwandelt. Die stehen dann in Blättern wie der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen, der Welt oder der Frankfurter Rundschau. Was dort geschrieben wird, sollte zig-fach gegenrecherchiert, geprüft und abgesichert sein. Qualitätsjournalismus eben.
Nun haben diese Zeitungen Borussia Dortmund zuletzt erfreulich viel Platz auf ihren Seiten eingeräumt. Gefreut hat sich darüber im BVB-Vorstand trotzdem niemand. Denn es sind Artikel, die immer wieder mit dem Hinweis enden „Siehe auch Bericht im Wirtschaftsteil". Sprich: Es geht nicht um Tore und Punkte, sondern um Kohle und Kurse. Seit neustem konzentriert sich die Debatte dabei auf eine Person: den Präsidenten höchstselbst, Dr. Gerd Niebaum.
Jetzt zurück zum Frosch. Ist der Groschen schon gefallen? Nein?
Ich frage mich, ob Niebaum der Frosch ist, der da im Topf sitzt und nicht merkt, dass es längst zu spät ist für den rettenden Sprung raus aus der Soße. Weiß er, dass die Entwicklung, die er einst selbst mit dem Rückkauf deutscher Spieler und dem Einkauf internationaler Stars angekurbelt hat, nun im finanziellen Desaster enden könnte?! Ich gebe offen zu: Ich kenne die BVB-Bilanzen nicht. Selbst wenn, ich könnte sie nicht so interpretieren, dass es mich in der Sache auch nur einen Deut voran brächten. Trotzdem erkennt doch jeder Laie, dass Niebaum und/oder Meier selbst seit den erfolgreichen 90ern immer wieder am Hitzeregler gedreht haben? Sind der Börsengang, das Zurückleasen des ehemals eigenen Stadions, die angedachte Verpfändung künftiger Zuschauereinnahmen und die jetzt geplante Kapitalerhöhung nicht immer die nächsthöhere Stufe?
Dies sind schwere Tage für Gerd. (Für den Gerd S. von der SPD auch. Aber ich meine hier wirklich nur Gerd N. aus DO.) Tage, in denen er die SZ und den ehemaligen „BVB-Medienpartner" Ruhr Nachrichten verklagt hat, weil die einen anerkannten Börsenprofi zitiert haben. Zum Trost mag er vielleicht auf seinen Weltpokal von 1997 schauen, der langsam Staub ansetzt, und sich fragen, warum das nicht mehr so klappt wie damals mit Möller, Sammer, Kohler, Cesar und Riedle. „Was man vorne reinsteckt, kommt hinten raus", wird Gerd murmeln in seinem Büro an der B1. Je weniger zur Jahrtausendwende hinten raus kam, desto mehr hat der Gerd vorne wie wild reingeschaufelt. 150 Millionen alleine durch den Börsengang. Mehr als wahrscheinlich, dass längst alles weg ist...
Jetzt nur mit dem Finger auf den Präsi zu zeigen, damit würde ich es mir aber ein bisschen zu einfach machen. Denn was haben wir Fans zu diesem schleichenden Prozess beigetragen? Wir haben uns in den 90ern an den Erfolgen berauscht und nicht wirklich gefragt, warum Möller & Co. so gerne nach Dortmund kamen und eben nicht nach Mailand, Madrid oder München. Wegen der guten Dortmunder Luft jedenfalls nicht (und leider auch nicht wegen uns tollen Fans...).
Als dann der Börsengang kam, war unsere größte Sorge, ob wir denn auch so eine Aktie im Bilderrahmen kriegen können, die wir dann stolz in der Küche aufhängen. Dass es in Italien schon genug warnende Beispiele gab, wie man den Kurs einer Fußball-Aktie in den Keller treiben kann, das hat uns nur kurz gejuckt. Schließlich kam da ein Brasilianer mit der Nummer 22. Der schoss gleich so viele schöne Tore, dass wir völlig euphorisiert durch die Gegend taumelten. Genau wie der Aktienkurs. Ein Stück sitzen wir also mit drin, im dampfenden BVB-Kochtopf.
Verschafft es uns da seelische Entlastung, wenn wir zum blau-weißen Nachbarn rüber blicken, den die gleichen Sorgen quälen? Der Lack ist ab beim „Macher auf Schalke". Der „schöne Rudi" Assauer hat erst den DFB-Pokal verbeult (Pokal entgleitet Assauer) und danach sinnbildlich sich selbst (Assauer entgleitet auf Kellertreppe). Ein Mann, der mit seinem Fußballklub auf einem gigantischen Schuldenberg sitzt und trotz bester Aussicht von da oben den alten Erfolgsweg nicht wiederfinden kann. Was für eine Duplizität der Ereignisse! Wenn er mit dem Fernglas von Gelsenkirchen-Buer nach Osten guckt, müsste Rudi dem Gerd eigentlich zuwinken können.
Fortuna Düsseldorf hat Anfang September bei der Eröffnung der neuen Düsseldorfer Arena den Zuschauerrekord in der Regionalliga Nord auf 38.000 Besucher geschraubt. Daran sollten wir arbeiten, im alten Ruhrpott-Schlager, wenn wir uns eines Tages wiedersehen. Zwangsversetzt in der 3. Liga.
Greenpeace machte am Ende des Werbespots übrigens noch die Einblendung, dass bei den Dreharbeiten letztlich keine Frösche zu Schaden kamen. Ob wir einfach so davon kommen, bin ich mir allerdings nicht so sicher.
Quelle: blutgraetsche.de
Erinnert sich noch jemand an den Frosch im Kochtopf, der vor unseren Augen langsam gekocht wurde? Das war ein Werbespot im Kino. Greenpeace war es, glaube ich, das uns Mitte der 90er auf den Klimawandel hinweisen wollte. Das Klima beim BVB hat sich in den letzten Wochen gehörig gewandelt. Begonnen hat dieser Prozess jedoch schon viel früher. Damals, als der BVB das war, was er heute ist: Mittelmaß.
Für alle, die noch nie von dem Werbefilmchen gehört haben. Der Deal ist folgender: Setzt man einen Frosch in heißes Wasser, springt er sofort raus. Logisch. Setzt man einen Frosch jedoch in einen Topf mit kaltem Wasser und erhitzt den Topf langsam, dann bleibt der Frosch seelenruhig sitzen, bis er irgendwann leblos und weichgekocht im blubbernden Wasser treibt, weil er nicht merkt, dass sich da allmählich etwas schleichend verändert.
Besser könnte man metaphorisch den Wandel des Ballspielvereins Borussia von 1909 Dortmund kaum umschreiben. Als sich irgendwann zwischen 1989 und 1990 der schwarz-gelbe Virus bei mir breitmachte, da war der BVB ein Überraschungs-Pokalsieger mit einer Menge Durchschnittsfußballern, einer treuen Fangemeinde und einer grauen Zukunft. Heute ist Borussia Dortmund ein Wirtschaftsunternehmen mit einem durchschnittlichen Tabellenplatz, einem überdurchschnittlichen Schuldenstand, treuen, aber mehrheitlich eingeschüchterten Anhängern und einer grauen Zukunft.
Eingeschüchtert, warum? Für mich wird ein Gerücht zu einer Nachricht, in dem Moment, in dem es die Seiten der Bild-Zeitung verlässt und sich in ausladende Reportagen und Features verwandelt. Die stehen dann in Blättern wie der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen, der Welt oder der Frankfurter Rundschau. Was dort geschrieben wird, sollte zig-fach gegenrecherchiert, geprüft und abgesichert sein. Qualitätsjournalismus eben.
Nun haben diese Zeitungen Borussia Dortmund zuletzt erfreulich viel Platz auf ihren Seiten eingeräumt. Gefreut hat sich darüber im BVB-Vorstand trotzdem niemand. Denn es sind Artikel, die immer wieder mit dem Hinweis enden „Siehe auch Bericht im Wirtschaftsteil". Sprich: Es geht nicht um Tore und Punkte, sondern um Kohle und Kurse. Seit neustem konzentriert sich die Debatte dabei auf eine Person: den Präsidenten höchstselbst, Dr. Gerd Niebaum.
Jetzt zurück zum Frosch. Ist der Groschen schon gefallen? Nein?
Ich frage mich, ob Niebaum der Frosch ist, der da im Topf sitzt und nicht merkt, dass es längst zu spät ist für den rettenden Sprung raus aus der Soße. Weiß er, dass die Entwicklung, die er einst selbst mit dem Rückkauf deutscher Spieler und dem Einkauf internationaler Stars angekurbelt hat, nun im finanziellen Desaster enden könnte?! Ich gebe offen zu: Ich kenne die BVB-Bilanzen nicht. Selbst wenn, ich könnte sie nicht so interpretieren, dass es mich in der Sache auch nur einen Deut voran brächten. Trotzdem erkennt doch jeder Laie, dass Niebaum und/oder Meier selbst seit den erfolgreichen 90ern immer wieder am Hitzeregler gedreht haben? Sind der Börsengang, das Zurückleasen des ehemals eigenen Stadions, die angedachte Verpfändung künftiger Zuschauereinnahmen und die jetzt geplante Kapitalerhöhung nicht immer die nächsthöhere Stufe?
Dies sind schwere Tage für Gerd. (Für den Gerd S. von der SPD auch. Aber ich meine hier wirklich nur Gerd N. aus DO.) Tage, in denen er die SZ und den ehemaligen „BVB-Medienpartner" Ruhr Nachrichten verklagt hat, weil die einen anerkannten Börsenprofi zitiert haben. Zum Trost mag er vielleicht auf seinen Weltpokal von 1997 schauen, der langsam Staub ansetzt, und sich fragen, warum das nicht mehr so klappt wie damals mit Möller, Sammer, Kohler, Cesar und Riedle. „Was man vorne reinsteckt, kommt hinten raus", wird Gerd murmeln in seinem Büro an der B1. Je weniger zur Jahrtausendwende hinten raus kam, desto mehr hat der Gerd vorne wie wild reingeschaufelt. 150 Millionen alleine durch den Börsengang. Mehr als wahrscheinlich, dass längst alles weg ist...
Jetzt nur mit dem Finger auf den Präsi zu zeigen, damit würde ich es mir aber ein bisschen zu einfach machen. Denn was haben wir Fans zu diesem schleichenden Prozess beigetragen? Wir haben uns in den 90ern an den Erfolgen berauscht und nicht wirklich gefragt, warum Möller & Co. so gerne nach Dortmund kamen und eben nicht nach Mailand, Madrid oder München. Wegen der guten Dortmunder Luft jedenfalls nicht (und leider auch nicht wegen uns tollen Fans...).
Als dann der Börsengang kam, war unsere größte Sorge, ob wir denn auch so eine Aktie im Bilderrahmen kriegen können, die wir dann stolz in der Küche aufhängen. Dass es in Italien schon genug warnende Beispiele gab, wie man den Kurs einer Fußball-Aktie in den Keller treiben kann, das hat uns nur kurz gejuckt. Schließlich kam da ein Brasilianer mit der Nummer 22. Der schoss gleich so viele schöne Tore, dass wir völlig euphorisiert durch die Gegend taumelten. Genau wie der Aktienkurs. Ein Stück sitzen wir also mit drin, im dampfenden BVB-Kochtopf.
Verschafft es uns da seelische Entlastung, wenn wir zum blau-weißen Nachbarn rüber blicken, den die gleichen Sorgen quälen? Der Lack ist ab beim „Macher auf Schalke". Der „schöne Rudi" Assauer hat erst den DFB-Pokal verbeult (Pokal entgleitet Assauer) und danach sinnbildlich sich selbst (Assauer entgleitet auf Kellertreppe). Ein Mann, der mit seinem Fußballklub auf einem gigantischen Schuldenberg sitzt und trotz bester Aussicht von da oben den alten Erfolgsweg nicht wiederfinden kann. Was für eine Duplizität der Ereignisse! Wenn er mit dem Fernglas von Gelsenkirchen-Buer nach Osten guckt, müsste Rudi dem Gerd eigentlich zuwinken können.
Fortuna Düsseldorf hat Anfang September bei der Eröffnung der neuen Düsseldorfer Arena den Zuschauerrekord in der Regionalliga Nord auf 38.000 Besucher geschraubt. Daran sollten wir arbeiten, im alten Ruhrpott-Schlager, wenn wir uns eines Tages wiedersehen. Zwangsversetzt in der 3. Liga.
Greenpeace machte am Ende des Werbespots übrigens noch die Einblendung, dass bei den Dreharbeiten letztlich keine Frösche zu Schaden kamen. Ob wir einfach so davon kommen, bin ich mir allerdings nicht so sicher.
Quelle: blutgraetsche.de